Urteil des HessVGH vom 26.01.1995
VGH Kassel: amnesty international, flughafen, indien, asylbewerber, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, quelle, auskunft, gefahr, anerkennung
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UZ 91/95
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 78 Abs 3 Nr 3 AsylVfG
1992, § 138 Nr 3 VwGO, §
138 Nr 6 VwGO
(Berufungszulassung: keine Berufung auf die Verletzung
des rechtlichen Gehörs bei Nichtausschöpfung aller
prozessualen und faktischen Möglichkeiten; zum Verstoß
gegen VwGO § 138 Nr 6; Beweiserhebung)
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 10. November 1994 ist abzulehnen, denn die
vom Kläger gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG geltend gemachten
Verfahrensmängel liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat weder das
rechtliche Gehör des Klägers verletzt (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Ziff. 3 VwGO)
noch ist die Entscheidung nicht mit Gründen versehen (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG
i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO).
Soweit der Kläger eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs darin sieht, daß ihm
vor der Urteilsverkündung keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu der Frage
Stellung nehmen zu können, inwieweit gerade er sich im Falle einer Rückkehr nach
D von korrupten Polizeikräften und Ordnungskräften bedroht fühle, so ist dem
entgegenzuhalten, daß sich derjenige nicht auf eine Verletzung seines rechtlichen
Gehörs berufen kann, der nicht alle prozessualen und faktischen Möglichkeiten
wahrnimmt, sich Gehör zu verschaffen (vgl. Hess. VGH, 19.07.1988 - 12 TE 760/88
-). Ausweislich Blatt 4 der Sitzungsniederschrift hat der Bevollmächtigte des
Klägers auf Fälle hingewiesen, in denen zurückkehrende Asylbewerber in Indien
bereits am Flughafen verhaftet und inhaftiert worden seien, und angeregt, eine
Auskunft von amnesty international einzuholen. Es ist nicht nachvollziehbar
dargetan, daß dem Kläger bei der Erörterung dieses Themenkomplexes die
Gelegenheit genommen worden ist, seine persönliche Verfolgungsfurcht
darzulegen oder entsprechende Beweisanträge zu stellen.
Soweit er eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs darin sieht, daß das
Verwaltungsgericht über diesen Fragenkomplex entschieden hat, ohne selbst
einen entsprechenden Beweis einzuholen, ist auch dies nicht geeignet, einen
Verstoß Art. 103 Abs. 1 GG zu belegen. Die Behauptung, das Gericht habe einen
tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder
rechtliche Folgerungen beigemessen, oder das Gericht habe es versäumt, Beweis
zu erheben, vermag einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung
rechtlichen Gehörs nicht zu begründen (vgl. BVerfGE 27, 248, 251).
Der Kläger macht auch ohne Erfolg gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138
Nr. 6 VwGO geltend, daß das Urteil nicht mit Gründen versehen ist, weil es im
Hinblick auf die Frage der Rückkehrsituation am Flughafen D widersprüchlich sei
und das Verwaltungsgericht das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 53
AuslG zu "lapidar" festgestellt habe.
Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO sind nur
Entscheidungen, bei denen wesentliche Entscheidungsgründe entweder gänzlich
fehlen oder so formelhaft, unverständlich oder in sich widersprüchlich abgefaßt
sind, daß nicht erkennbar ist, welche Überlegungen für die Entscheidung
insgesamt - also nicht nur hinsichtlich einzelner Teilfragen - maßgeblich waren.
insgesamt - also nicht nur hinsichtlich einzelner Teilfragen - maßgeblich waren.
Gleiches gilt für zwar oberflächliche, aber inhaltlich noch auf den konkreten Fall
abgestellte Begründungen, und zwar auch dann, wenn auf einzelne Angriffsmittel
oder Verteidigungsmittel oder auf bestimmtes Parteivorbringen nicht eingegangen
worden ist (vgl. Hess. VGH, 15.01.1990 - 12 TE 3516/88 -). Gemessen daran kann
ein Verstoß gegen § 138 Nr. 6 VwGO nicht festgestellt werden. Das
Verwaltungsgericht hat zu der hier maßgeblichen Frage ausgeführt, daß es zu der
Überzeugung gelangt sei, es handele sich bei den Vorfällen am Flughafen D um
äußerst seltene Einzelfälle, die zudem von der indischen Regierung nicht veranlaßt
worden seien, bzw. ihr angelastet werden könnten. Daraus wird deutlich, daß es
eine konkrete Gefahr im Sinne des § 53 AuslG und damit eine Voraussetzung für
die Anerkennung eines Abschiebungshindernisses nicht für gegeben erachtet hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.