Urteil des OLG Stuttgart vom 19.09.2008
OLG Stuttgart (zpo, aug, beschwerde, partei, einkommen, zahlung, württemberg, baden, sache, ausdrücklich)
OLG Stuttgart Beschluß vom 19.9.2008, 8 WF 139/08
Prozesskostenhilfe: Berücksichtigung des Bezugs von Arbeitslosengeld 2 als Einkommen
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts
Heilbronn - Familiengericht - vom 9. Mai 2008, Az. 6 F 2859/05, wird
zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten.
Gründe
1.
1
Im Ehescheidungsverfahren, das durch Urteil vom 29. April 2008 beendet wurde, war dem Antragsgegner mit
Beschluss vom 26. September 2007 Prozesskostenhilfe mit einer monatlichen Ratenzahlungspflicht ab 1.
November 2007 von 115 EUR bewilligt worden. Zahlungen auf die Prozesskosten erfolgten keine trotz
Anmahnungen und schließlich Fristsetzung mit der Androhung der PKH-Aufhebung.
2
Diese erfolgte mit Beschluss vom 9. Mai 2008. Gegen die am 20. Mai 2008 zugestellte Entscheidung hat der
Antragsgegner am 13. Juni 2008 Beschwerde eingelegt und diese nunmehr - am 15. September 2008 - damit
begründet, dass der Antragsgegner kein Krankengeld von 1.547 EUR mehr beziehe, sondern Arbeitslosengeld
von 1.181,40 EUR seit 19. Oktober 2007 bis 17. Januar 2009.
3
Die Bezirksrevisorin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und der Rechtspfleger hat die Akte ohne Abhilfe
dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
2.
4
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO, § 11
Abs. 1 RpflG), in der Sache jedoch nicht begründet.
5
Der Rechtspfleger hat die Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben, weil der
Antragsgegner mit der Zahlung (von mehr als) einer Monatsrate länger als drei Monate im Rückstand ist.
6
Der von § 124 Nr. 4 ZPO geforderte Zahlungsrückstand liegt bis heute vor und ist auch nicht unverschuldet,
weil der Antragsgegner selbst unter Zugrundelegung des geringeren Arbeitslosengeldes leistungsfähig ist zur
Zahlung der festgesetzten Monatsrate von 115 EUR.
7
Ausgehend von dem monatlich bezogenen Arbeitslosengeld von 1.181,40 EUR und unter Berücksichtigung des
Freibetrages für die Partei von 382 EUR sowie der Kosten für Unterkunft und Heizung von 470 EUR verbleibt
ein einzusetzendes Einkommen von 329,40 EUR, aus dem nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO eine
Monatsrate von 115 EUR zu begleichen ist.
8
Ob der alleinige Bezug von Arbeitslosengeld II (§ 19 SGB II) Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 2
ZPO darstellt, wird vom BGH (MDR 2008, 523) in dem Beschluss vom 8. Januar 2008, Az. VIII ZB 18/06, zwar
ausdrücklich offen gelassen. Die wohl herrschende Meinung behandelt jedoch das Arbeitslosengeld II generell
als Einkommen. Dem ist zuzustimmen, da die Sozialleistungen beziehende Partei nicht besser gestellt werden
darf als eine Partei, die ihren Lebensunterhalt vollständig aus eigener Kraft sichert. Der Einkommensbegriff des
§ 115 ZPO lässt zudem keine Einschränkungen erkennen, sodass es auf die Bezugsquelle des Einkommens
nicht ankommen kann (Anm. von Frank Götsche zur obigen BGH-Entscheidung in JurisPR-FamR 9/2008 und
BGH MDR 2008, 253; OLGR Stuttgart 2007, 967 und 2008, 390; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs,
Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rdnr. 218 und 238; je m. w. N.).
9
Nichts anderes hat zu gelten für das von dem Antragsgegner nach § 117 SGB III bezogene Arbeitslosengeld.
10 Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners war deshalb mit der Kostenfolge von Nr. 1812 GKG-KV als
unbegründet zurückzuweisen.
11 Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).