Urteil des OLG Stuttgart vom 19.12.2005
OLG Stuttgart: einzelrichter, ausnahme, verhaftung, unterbringung, anfechtung, eng, verfügung, rechtsberatung
OLG Stuttgart Beschluß vom 19.12.2005, 1 Ws 300/05
Bußgeldverfahren: Besetzung der Bußgeldsenate beim OLG
Leitsätze
Über eine weitere Beschwerde entscheidet im Bußgeldverfahren der Einzelrichter (§ 80 a Abs. 1 OWiG) des Bußgeldsenats, falls nicht die
Voraussetzungen des § 80 a Abs. 2 oder 3 OWiG vorliegen.
Tenor
Die (weitere) Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2005 wird als unzulässig
verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
1 Das Amtsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 11. April 2005 den Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Kosten
und Auslagen des vorliegenden Bußgeldverfahrens zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit dem
angefochtenen Beschluss vom 10. Juni 2005 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner weiteren Beschwerde.
II.
2 1. Für die hier zu treffende Entscheidung ist ausschließlich der Einzelrichter des Rechtsbeschwerdegerichts zuständig.
3
Durch die Regelung des § 80 a Abs. 1 OWiG in der Fassung des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom 24. August 2004 (BGBl I, S.
2198), welches am 1. September 2004 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber den Grundsatz für die Besetzung der Bußgeldsenate der
Oberlandesgerichte neu festgelegt: In Umkehrung der bisherigen Rechtslage sind die Senate nunmehr „mit einem Richter besetzt, soweit
nichts anderes bestimmt ist“. Die Besetzung mit drei Richtern ist jetzt die Ausnahme. In den Absätzen 2 und 3 des § 80 a OWiG hat der
Gesetzgeber diese Ausnahmefälle abschließend geregelt. Danach soll der gesamte Senat nur noch in den wirklich bedeutenden Fällen
entscheiden, wenn eine Geldbuße und/oder eine vermögensrechtliche Nebenfolge festgesetzt oder beantragt worden ist, deren Wert -
allein oder zusammengerechnet - 5.000,00 EUR übersteigt (Abs. 2), oder wenn dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern die
Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung übertragen worden ist (Abs. 3).
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Dieser gesetzgeberische Wille wird auch in der Stellungnahme der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (BTDrucks. 15/780 S. 7, 8) und in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf
des Justizmodernisierungsgesetzes (BTDrucks. 15/3482 S. 23) deutlich. Hieraus erschließt sich, dass eine weitere Ausnahme von der
Regel des § 80 a Abs. 1 OWiG (auch) für Nebenentscheidungen nicht geschaffen werden sollte; dies sollte unabhängig davon gelten, ob
mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde ein Zusammenhang bestand (vgl. BGHR OWiG § 80 a Besetzung 2(Gründe); OLG Rostock,
Beschluss vom 14. September 2005 - 1 Ws 293/05 (zitiert nach juris)).
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Angesichts dieses gesetzgeberischen Willens und angesichts des Grundsatzes, dass Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind, ist die
Neuregelung des § 80 a Abs. 1 OWiG, die § 122 Abs. 1 GVG konkretisiert, keiner weiteren einschränkenden Auslegung zugänglich.
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Die frühere Senatsrechtsprechung, wonach bei weiteren Beschwerden in Bußgeldverfahren der Senat in der Besetzung mit drei Richtern
zu entscheiden hat, ist durch die Neufassung des § 80 a Abs. 1 OWiG überholt. Eine Pflicht zur Vorlage der Sache an den mit drei
Richtern besetzten Senat zur grundsätzlichen Entscheidung über die Senatsbesetzung in den Fällen der weiteren Beschwerde besteht
nicht, da § 80 a Abs. 3 OWiG nur erstinstanzliche Urteile oder Beschlüsse nach § 72 OWiG erfasst.
7 2. Die weitere Beschwerde des Betroffenen ist nicht statthaft, da §§ 46 Abs. 1 OWiG, 310 StPO eine weitere Anfechtung des auf Beschwerde hin
ergangenen Beschlusses ausschließen, soweit es sich nicht um eine Verhaftung oder einstweilige Unterbringung handelt. Letzteres ist hier nicht
der Fall.
8 3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.