Urteil des OLG Saarbrücken vom 13.04.2010

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OLG Saarbrücken Beschluß vom 13.4.2010, 9 WF 28/10
Leitsätze
Der Senat schließt sich der Auffassung an, wonach der berufsmäßige Verfahrensbeistand
bei Bestellung für mehrere Geschwister als Vergütung aus der Staatskasse die
Fallpauschale des § 158 Abs. 2 S. 2 FamFG für jedes Kind gesondert erhält.
Tenor
Auf die Beschwerde des Verfahrensbeistands wird der Beschluss des Amtsgerichts –
Familiengericht – in Neunkirchen vom 26. Januar 2010 teilweise dahin abgeändert, dass die
dem Verfahrensbeistand Rechtsanwalt R. M. für die Wahrnehmung seiner Aufgaben aus
der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.100 EUR festgesetzt wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
In der am 8. September 2009 aufgrund einer Mitteilung des beteiligten Jugendamtes
gemäß §§ 8 a, 3 SGB VIII/1666 BGB vor dem Amtsgericht – Familiengericht – in
Neunkirchen eingeleiteten Kindschaftssache wurde der Rechtsanwalt R. M. mit Beschluss
vom 9. September 2009 zum Verfahrensbeistand der betroffenen Kinder bestellt. Dem
Verfahrensbeistand waren Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen.
Nach Abschluss des Verfahrens hat der Verfahrensbeistand beantragt, seine Vergütung
gemäß § 158 Abs. 7 FamFG auf (2 * 550 EUR =) 1.100 EUR festzusetzen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts nach
Abschluss des Verfahrens den dem Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit aus der
Staatskasse zu erstattenden Anspruch auf 550 EUR festgesetzt und gegen diese
Entscheidung die Beschwerde zugelassen.
Gegen die teilweise Nichtfestsetzung wendet sich der Verfahrensbeistand mit seiner
Beschwerde, mit der er seinen Antrag weiterverfolgt. Er vertritt die Auffassung, dass die
gemäß § 158 Abs. 7 FamFG vorgesehene Fallpauschale für jedes der beiden Kinder in
Ansatz kommen müsse.
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht in Saarbrücken bittet um Zurückweisung der
Beschwerde.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem
Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die vom Gericht des ersten Rechtszuges zugelassene (§ 61 Abs. 2 FamFG) Beschwerde
des Verfahrensbeistands ist auch im Übrigen zulässig (§§ 11 RPflG, 58 Abs. 1, 63 Abs. 1,
64 FamFG).
Die Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Die dem Verfahrensbeistand aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung ist auf 1.100
EUR festzusetzen.
Gemäß § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung
seiner Aufgaben nach § 158 Abs. 4 FamFG bei - wie hier -berufsmäßiger Führung der
Verfahrensbeistandschaft in jedem Rechtszug eine einmalige Vergütung in Höhe von 350,-
EUR, die sich gemäß § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG im Falle der Übertragung von Aufgaben
nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG - wie vorliegend - auf 550,- EUR erhöht. Diese
Fallpauschale ist indes nicht nur einmal, sondern für jedes der beiden Kinder gesondert
anzusetzen. Der auf der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 23. Dezember 2009
beruhenden gegenteiligen Auffassung des Familiengerichts vermag der Senat nicht
beizutreten. Nach der zu § 158 Abs. 7 FamFG bislang ergangenen obergerichtlichen
Rechtsprechung – eine unmittelbar gegen § 158 Abs. 7 FamFG gerichtete
Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9.
November 2009 – 1 BvR 2146/09 – unter Verweis auf die vorrangige fachgerichtliche
Klärung nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, FamRZ 2010, 185) - erhält der
berufsmäßige Verfahrensbeistand bei Bestellung für mehrere Geschwister als aus der
Staatskasse zu zahlende Vergütung für die Wahrnehmung seiner Aufgaben die
Fallpauschale des § 158 Abs. 2 Satz 2 FamFG für jedes Kind gesondert (OLG Stuttgart,
Beschluss vom 21. Januar 2010 – 8 WF 14/10 -, zitiert nach juris; OLG Celle, Beschluss
vom 8. März 2010 – 10 UF 44/10 -, zitiert nach juris; OLG Rostock, Beschluss vom 18.
März 2010 – 10 WF 44/10 -, zitiert nach juris; vgl. auch Keidel/Engelhardt, FamFG, 16.
Aufl., § 158, Rz. 47; FA-FamR/Maier, 7. Aufl., Kap 4, Rz. 334). Dieser Auffassung schließt
sich der Senat an. Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG wird der Verfahrensbeistand dem
minderjährigen Kind in einer Kindschaftssache bestellt. Er hat gemäß § 158 Abs. 4 Satz 1
und 2 FamFG das Interesse des Kindes festzustellen, im gerichtlichen Verfahren zur
Geltung zu bringen und das Kind über Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens zu
informieren. Bei Bestellung für mehrere Kinder hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes
festzustellen und zur Geltung zu bringen, die nicht notwendig deckungsgleich sein müssen,
sondern einander widersprechen können. Das bedeutet, dass der Verfahrensbeistand für
jedes Kind grundsätzlich in gleichem Umfang tätig werden muss. Er mag eine gewisse
Zeitersparnis dadurch haben, dass er mehrere Kinder in einem Haushalt - in Einzelfällen
auch gemeinsam - anhören kann. Die wesentliche Arbeit muss der Verfahrensbeistand
aber für jedes Kind leisten. Da es sich bei einer Fallpauschale um eine Mischkalkulation ohne
Bezug zum tatsächlichen Aufwand des Einzelfalles handelt, kann es nicht entscheidend
darauf ankommen, dass der Verfahrensbeistand durch zufällige Konstellationen im Einzelfall
Arbeitserleichterungen hat. Andererseits kann insoweit – nicht zuletzt auch unter
verfassungsrechtlichen Aspekten – der Gesichtspunkt zu berücksichtigen sein, dass ein
mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für in einem Verfahren betroffene
Geschwisterkinder im Rahmen dieser Mischkalkulation unzulängliche Einnahmen in anderen
Fällen ausgleichen könnte (BVerfG, a.a.O.). Dem entspricht es auch, dass die Fallpauschale
für jede Instanz in gleicher Höhe zu zahlen ist, obwohl im Durchschnitt der Aufwand des
Verfahrensbeistandes in der Beschwerdeinstanz geringer sein dürfte als in der ersten
Instanz (OLG Celle, a.a.O.).
Nach alldem war der angefochtene Beschluss wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich
abzuändern.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 70 FamFG).