Urteil des OLG Oldenburg vom 22.05.1991

OLG Oldenburg: allgemeine gütergemeinschaft, qualifiziertes miteigentum, gesamtgut, grundstück, grundbuch, verfügungsbefugnis, eigentümer, berg, auflösung, lieferung

Gericht:
OLG Oldenburg, 05. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 5 W 55/91
Datum:
22.05.1991
Sachgebiet:
Normen:
BURGERLIJK . § 93, BURGERLIJK . § 94, BURGERLIJK . § 97
Leitsatz:
Bei einem Grundstück, das in die zwischen Eheleuten bestehende Güterge- meinschaft nach
niederländ. Recht fällt, ist das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältn. gem. § 47 GBO im
Grundbuch zu bezeichnen.
Volltext:
Nach den von der weiteren Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen der Beschwerdekammer sind der
Antragsteller und seine Ehefrau niederländische Staatsangehörige, so daß die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe
gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 EGBGB dem niederländischen Recht unterliegen. Gesetzlicher Güterstand in
den Niederlanden ist die allgemeine Gütergemeinschaft gemäß Art. 93 des Burgerlijk Wetboek (BW), die mit der
Eheschließung begründet wird, sofern keine abweichende güterrechtliche Vereinbarung, die hier nicht vorliegt,
getroffen wird.
Das von dem Antragsteller gekaufte Grundstück fällt in das Gesamtgut der Gütergemeinschaft, so daß es dem
Antragsteller nur gemeinschaftlich im Sinne des § 47 GBO mit seiner Ehefrau zusteht. Nach Art. 94 BW umfaßt das
Gesamtgut der allgemeinen Gütergemeinschaft grundsätzlich das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen,
das die Ehegatten bei Beginn der Gütergemeinschaft bereits besitzen oder während des Bestehens der Ehe
hinzuerwerben. In das davon zu unterscheidende Privatgut eines Ehegatten können Vermögensgegenstände nur
aufgrund einer ehevertraglichen Regelung oder in den in Art. 94 Abs. 1 und 3 BW bezeichneten
Ausnahmetatbeständen fallen; nach den vorliegenden Feststellungen bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür,
daß das Grundstück zum Privatgut des Antragstellers gehört.
Die sich aus der Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht ergebenden Bindungen des Grundeigentums, also
Art und Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses, sind gemäß § 47 GBO im Grundbuch zu bezeichnen. Insoweit ist
maßgebend, daß der Antragsteller nur ein "gebundenes Miteigentum" nach niederländischem Recht an dem
Grundstück erhält. Beide Ehegatten erwerben an den Gegenständen des Gesamtgutes ein sog. qualifiziertes
Miteigentum sui generis, dessen Gebundenheit vor allem darin besteht, daß jeder Ehegatte während des Bestehens
der Gütergemeinschaft einen nicht übertragbaren und ziffernmäßig nicht auszudrückenden Anteil am Gesamtgut
besitzt (Fritz Sielemann, Das geltende niederländische Ehegüterrecht, 1971, S. 17; LG Köln, MittRhNotK 1978, S.
113; s. auch Bergemann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 98. Lieferung 1989, Bd. 7, S. 35, Fußnote
93, jeweils m.w.Nachw.). Die Ehegatten sind daher weder Eigentümer nach Bruchteilen gemäß §§ 1008 - 1111 BGB,
so daß im Grundbuch auch keine Miteigentumsquoten anzugeben ist (LG Köln a.a.O.), noch besteht eine
gesamthänderische Bindung (Fritz Sielemann, a.a.O.).
Wie auch aus der vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahme des niederländischen Notars van den Berg vom
13.09.1990 hervorgeht, besitzt jeder der Ehegatten allerdings nach Art. 97 BW die Verwaltungs- und
Verfügungsbefugnis über diejenigen Gegenstände, die er bei Eheschließung in das Gesamtgut eingebracht hat (so
auch Fritz Sielemann, a.a.O., S. 3). Er erlangt sie ferner an denjenigen Gegenständen, die er während des
Bestehhens der Ehe erwirbt. Die hiernach dem Antragsteller zukommende Verfügungsbefugnis über das von ihm
erworbene Grundstück rechtfertigt es jedoch bereits im Hinblick auf die Gebundenheit des Miteigentums nicht, von
der Eintragung des Gemeinschaftsverhältnisses gemäß § 47 GBO abzusehen. Wesentliche Auswirkungen dieser
personenrechtlichen Verbundenheit werden überdies bei der Auflösung der Gütergemeinschaft deutlich; in diesem
Fall wird das Gesamtgut grundsätzlich zwischen den Ehegatten oder deren Erben geteilt. Im übrigen ist jeder
Ehegatte auch berechtigt, zu Lasten des Gesamtgutes Verbindlichkeiten einzugeben (Fritz Sielemann, a.a.O., S. 3).