Urteil des OLG Oldenburg vom 06.02.1990
OLG Oldenburg: elterliche sorge, zwangsgeld, wochenende, androhung, verfügung, zukunft, gefährdung, vollstreckung, vereitelung, sorgerecht
Gericht:
OLG Oldenburg, 03. Familiensenat
Typ, AZ:
Beschluß, 3 WF 11/90
Datum:
06.02.1990
Sachgebiet:
Normen:
FGG Art. 33, KOSTO § 131 ABS 3
Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen der Festsetzung eines Zwangsgeldes, wenn der sor- geberechtigte Elternteil
dem umgangsberechtigten Elternteil die Ausübung des persönlichen Umgangs mit dem
gemeinschaftlichen Kind vereitelt.
Volltext:
Das Zwangsgeld ist gemäß § 33 Abs. 1 FGG zu Recht festgesetzt worden.
Die Parteien hatten sich am 15. März 1989 vor dem Amtsgericht Osnabrück darüber geeinigt, daß der Antragsgegner
seine Befugnis zum Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind Jens ab dem 08./09. April 1989 alle zwei Wochen
ausüben kann. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, daß der Antragsgegner nach dem
Wortlaut des Vergleichs berechtigt war, Jens am Wochenende vom 04. zum 05. November 1989 zu sich zu nehmen.
Die Durchführung des Umgangsrechts an jenem Wochenende hat die Antragstellerin dadurch verhindert, daß sie
Jens nicht hat mitgehen lassen.
Damit die Antragstellerin in Zukunft ihrer Verpflichtung nachkommt, Jens an den Besuchswochenenden zur
Abholung durch den Antragsgegner bereit zu halten, war gegen sie auf Antrag des Antragsgegners gemäß § 33
Abs.1 FGG ein Zwangsgeld festzusetzen, - das das Amtsgericht - Familiengericht - Osnabrück im übrigen bereits
am 15. März 1989 für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die in diesem Zusammenhang bestehenden Pflichten
der Parteien angedroht hatte (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 FGG).
Soweit die Zwangsgeldfestsetzung nach § 33 Abs. 1 FGG voraussetzt, daß dem Pflichtigen durch eine "Verfügung
des Gerichts" die Vornahme eine Handlung - wie hier das Bereithalten des Kindes zum Abholen durch den
Antragsgegner (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 4. Aufl., § 33 Anm. 2 a aa) - auferlegt worden ist, ist diese Verfügung
vorliegend in der Androhung des Zwangsgeldes unmittelbar im Anschluß an die Protokollierung des Vergleichs zu
erblicken. Diese Androhung enthält zugleich die gerichtliche Entscheidung des Amtsgerichts über die Verpflichtung
der Antragstellerin, das Kind an jedem zweiten Wochenende ab dem 08./09. April 1989 sonnabends um 10.00 Uhr für
den Antragsgegner zum Abholen bereitzuhalten (vgl. auch OLG Stuttgart, FamRZ 1979, 342/343).
Denn durch die Zwangsgeldandrohung hat der Familienrichter deutlich gemacht, daß er die von den Eltern
vergleichsweise zu Protokoll gegebene Einigung billigt und sie damit für verbindlich erklärt (vgl. dazu OLG Hamm
FamRZ 1980, 932/933; OLG Zweibrücken, FamRZ 1982, 429/ 430).
Die Antragstellerin hat auch schuldhaft ihrer Verpflichtung, das Kind zum Abholen bereitzuhalten, zuwidergehandelt.
Sie durfte nicht davon ausgehen, daß die Umgangsregelung vom 15. März 1989 durch die Sorgerechtsregelung vom
01. Juni 1989 außer Kraft getreten war. Durch die Sorgerechtsregelung vom 01. Juni 1989 hat das Amtsgericht -
Familiengericht - der Antragstellerin für die Dauer der Trennung endgültig die elterliche Sorge für Jens übertragen,
während der Antragsgegner sich am 15. März 1989 lediglich damit einverstanden erklärt hatte, daß das Sorgerecht
bis auf weiteres von der Antragstellerin ausgeübt werde. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat in seinem Beschluß
vom 01. Juni 1989 demgegenüber keine anderweitige Umgangsregelung zwischen dem Antragsgegner und dem Kind
getroffen, - und zwar offensichtlich deshalb, weil wegen der bereits getroffenen Regelung kein weiterer
Regelungsbedarf bestand. Hätte das Amtsgericht die bisherige Umgangsregelung nicht aufrechterhalten wollen, hätte
es bei Regelung der elterlichen Sorge gleichzeitig eine andere Umgangsregelung verfügt.
Die Antragstellerin ist ferner nicht etwa deshalb entschuldigt, weil Jens bei seinen Besuchen an den Wochenenden
am 29. und 30. Juli 1989, am 09. und 10. September 1989 sowie am 21. und 22. Oktober 1989 unerfreuliche
Erlebnisse hatte, - wie sie sich in den außergerichtlichen Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der
Antragstellerin vom 7. August und vom 25. Oktober 1989 im einzelnen aufgeführt finden, worauf hiermit Bezug
genommen wird.
Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, kann die Durchsetzung einer Umgangsregelung nicht abgelehnt werden
(noch strikter OLG Frankfurt, FamRZ 1979, 75/76). Allerdings ist in jedem Stadium der Vollstreckung zu prüfen, ob
die Durchführung des Umgangsrechts dem Wohle des Kindes zuwiderläuft (Stau- dinger/Peschel-Gutzeit, BGB, 12.
Aufl., § 1634, Rndnr. 434, m.weit.Nachw.). Indessen entschuldigen die in den außergerichtlichen Schreiben vom 7.
August und vom 25. Oktober 1989 genannten Begebenheiten, - die vom Antragsgegner nicht bestritten worden sind -
, nicht die Vereitelung des Umgangsrechts durch die Antragstellerin. Diese Begebenheiten sind unerfreulich und
mögen das Kind auch irritiert haben. Es wird jedoch nicht ersichtlich, daß durch sie eine seelische oder psychische
Gefährdung des Kindes zu befürchten steht. Die Antragstellerin behauptet selbst nicht, daß jene Begebenheiten
Fortwirkungen hatten. Nur gravierende Vorkommnisse, die zu einer unmittelbaren Gefährdung des Kindeswohls
geführt haben, können es im Einzelfall rechtfertigen, daß das Kind dem nicht sorgeberechtigten Elternteil
vorenthalten wird. Um solche Vorkommnisse handelte es sich vorliegend nicht.
Schließlich steht auch der Einwand der Antragstellerin, mit künftigen Zuwiderhandlungen gegen ihre Verpflichtung
zur Bereithaltung des Kindes sei nicht zu rechnen, der Zwangsgeldfestsetzung nicht entgegen. Das Zwangsgeld ist
keine Sühne oder Buße für begangene Pflichtwidrigkeiten, sondern ein Beugemittel, das ausschließlich dazu dient,
die Befolgung gerichtlicher Anordnungen zu erzwingen. Seine Festsetzung ist daher bereits dann zulässig, wenn
eine Zuwiderhandlung erfolgt ist und weitere Zuwiderhandlungen zu befürchten sind (vgl. BayObLG, FamRZ 1984,
197, 198 mit weit. Nachw.).
Dies ist hier der Fall. Insbesondere sind weitere Zuwiderhandlungen zu befürchten. So hat der Antragsgegner mit
Schriftsatz vom 14. Dezember 1989 die Festsetzung zweier weiterer Zwangsgelder beantragt, weil ihm an zwei
weiteren Wochenenden das Umgangsrecht mit Jens verwehrt worden sei. In seiner Beschwerdeerwiderung vom 22.
Januar 1990 hat der Antragsgegner darüber hinaus unter Beweisantritt behauptet, daß es ihm seit November nicht
mehr gelungen sei, das Kind an den Besuchswochenenden zu sich zu nehmen, weil ihm das Umgangsrecht
verweigert worden sei. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Antragstellerin in
Zukunft ohne dieses Zwangsgeld ihre Verpflichtung erfüllen wird, Jens zu den Besuchszeiten zum Abholen durch
den Antragsgegner bereitzuhalten. Die Zwangsgeldfestsetzung ist nach allem geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 131 Abs.3 KostO, 13a Abs.1 S.2 FGG.