Urteil des OLG Köln vom 03.06.1997

OLG Köln (zpo, antragsteller, verlängerung, antrag, bestellung, falle, partei, notwendigkeit, beschwerde, begründung)

Oberlandesgericht Köln, 25 WF 63/97
Datum:
03.06.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
25. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 WF 63/97
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 314 F 137/96
Schlagworte:
keine Kostenerstattung fristwahrende Berufung
Normen:
KEINE KOSTENENTSCHEIDUNG BEI NUR; FRISTWAHRENDER
BERUFUNG;
Leitsätze:
1. Legt der Berufungsführer die Berufung nur zur Fristwahrung ein, stellt
zunächst noch keine Sachanträge und bittet den Berufungsgegner,
zunächst von der Bestellung eines zweitinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten abzusehen, so steht dem Berufungsgegner im
Falle der Berufungsrücknahme kein Kostenerstattungsanspruch zu,
wenn er vor Eingang der Berufungsbegründung oder der Ankündigung
von Sachanträgen einen Anwalts bestellt. 2. Dies gilt auch im Falle der
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und selbst dann, wenn der
erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Berufungsgegners für den
Fall der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist die Bestellung von
zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten angekündigt hatte.
Tenor:
Auf die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der
Antragsgegnerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht -
Köln vom 20. Februar 1997 abgeändert und der
Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers vom 7.1.1997
zurückgewiesen; die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der
Antragsteller zu tragen.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Antragsgegnerin hat mit am 10. Oktober 1996 beim Senat eingegangenen
Schriftsatz gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 19. August
1996 Berufung eingelegt,
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ohne zugleich einen Antrag zu stellen. In diesem Schriftsatz, der den erstinstanz-lichen
Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers am 15.10.1996 zugestellt worden ist, wurde
der Antragsteller gebeten, noch keine zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zu
bestellen. Mit Schreiben vom 23.10.1996 teilten die erstinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers den Prozeßbevollmächtigten der
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Antragsgegnerin mit, daß sie zunächst noch keine zweitinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten bestellen werden. Desweiteren heißt es in dem Schreiben:
"Wie Sie von Herrn Kollegen F. wahrscheinlich erfahren haben, ist mit
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der Rechtskraft der Ehescheidung allerdings von Seiten Ihrer Mandantin
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an unseren Mandanten ein Betrag von 40.000, 00 zu zahlen. Mit Rücksicht
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auf diesen Umstand weisen wir deshalb bereits jetzt darauf hin, daß wir
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uns nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 10.11.1996 zu zweit-
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instanzlichen Prozeßbevollmächtigten bestellen werden, unabhängig ob das
Oberlandesgericht die Berufungsbegründungsfrist verlängern wird oder nicht."
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Mit Schriftsatz vom 8.11.1996 baten die Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin,
die Berufungsfrist um einen Monat zu verlängern, was am 12.11.1996 erfolgte. Mit
Schriftsatz vom 25.11.1996 bestellten sich die Rechtsanwälte Sch. pp. und beantragten
zugleich, die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen und stellten Antrag gem. §
515 Abs. 3 ZPO. Mit Schriftsatz vom 9.12.1996 nahm die Antragsgegnerin ihre Berufung
zurück.
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Auf entsprechenden Antrag setzte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts durch Beschluß
vom 20.2.1997 die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden Kosten
der II. Instanz mit 1.578, 38 DM fest. Der Beschluß ist den Prozeßbevollmächtigten der
Antragsgegnerin am 26.2.1997 zugestellt worden. Mit am 7.3.1997 eingegangenen
Schriftsatz haben diese Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß eingelegt
mit Hinweis auf eine Entscheidung des 17. Zivilsenats des OLG Köln, abgedruckt in
AnwBl. 1993, 294. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung mit der Begründung nicht
abgeholfen, der Rechtsprechung des OLG Köln könne nicht gefolgt werden, weil die
Gegenseite im Falle der verlängerten Berufungsfrist (gemeint:
Berufungsbegründungsfrist) zeitlich in Nachteil gerate. Dem hat sich der Amtsrichter
angeschlossen, nicht abgeholfen und die Sache deshalb dem Senat zur Entscheidung
vorgelegt.
12
II.
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Die gem. §§ 21 Nr. 1, 11 RPflG als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung ist
zulässig und begründet.
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Der Senat teilt die Auffassung des 17. Zivilsenates des OLG Köln (AnwBl. 1993, 294),
wonach bei einer nur fristwahrend eingelegten Berufung und der damit verbundenen
Bitte an den Berufungsgegner, zunächst keinen zweitinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, die Kosten eines vor Einreichung der
Berufungsbegründung bzw. des Berufungsantrags bestellten Prozeßbevollmächtigten
auch dann nicht zu den notwendigen und damit erstattungsfähigen Kosten des
Rechtsstreits gehören, wenn die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden ist.
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Gem. § 91 Abs. 1 ZPO muß die unterliegende Partei alle in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Rechtsstreit entstandenen Kosten der obsiegenden Partei
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erstatten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig
waren. Zentraler Gesichtspunkt der Kostenerstattungspflicht ist daher die Notwendigkeit
der geltend gemachten Kosten. Notwendig sind nur solche Kosten, die zur Zeit ihrer
Entstehung objektiv erforderlich und geeignet erscheinen, das in Rede stehende Recht
zu verfolgen oder zu verteidigen (Thomas / Putzo, ZPO, 20. Aufl., § 91 ZPO Rn. 9).
Hinsichtlich der Kosten für einen von der Partei beauftragten Rechtsanwalt geht § 92
Abs. 1 Satz 1 ZPO von der grundsätzlichen Erstattungspflicht aus. Das kann allerdings
nicht uneingeschränkt gelten, weil auch im Rahmen des § 92 Abs. 2 ZPO der Grundsatz
zur Anwendung kommt, daß nur notwendige Kosten zu ersetzen sind.
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht (vgl. OLG Karlsruhe JurBüro 1995, 88) gilt dies
jedenfalls für die II. Instanz auch schon für die Frage der Inanspruchnahme eines
Anwalts, nicht nur im Hinblick auf die von diesem entfaltete Tätigkeit. Der
Berufungsgegner hat zwar ein anerkennens- und schützenswertes Interesse an einer
möglichst frühzeitigen Vorbereitung seiner Rechtsverteidigung. Eine Rechtsverteidigung
und die damit verbundene sachliche Prüfung bzw. Auseinandersetzung mit dem
angefochtenen Urteil sowie der Berufungs-begründung findet aber vor dem Zeitpunkt
der Ankündigung des Berufungsantrags bzw. der Einreichung der
Berufungsbegründung nicht statt. Dementsprechend verneint die wohl h.M. auch die
Notwendigkeit der Stellung eines Sachantrages vor diesen Zeitpunkten (vgl. OLG
Karlsruhe aaO sowie JurBüro 1994, 159; OLG Frankfurt OLGReport 1993, 90). Auch das
Gebot der Gleichbehandlung beider Parteien verlangt nicht, daß der Berufungsbeklagte
- i.S. der Erstattungsfähigkeit derartiger Kosten - berechtigt ist, vor diesen Zeitpunkten
einen Anwalt zu beauftragen. Zwar wird in diesem Zusammenhang immer wieder - und
so auch in dem vorliegenden Kostenfestsetzungsbeschluß - davon gesprochen, dem
Berufungsgegner könnten Rechtsnachteile entstehen, wenn er nicht sofort einen Anwalt
beauftragen und dieser seine Vertretung anzeigen könne (vgl. OLG Karlsruhe JurBüro
1995, 89). Beispiele oder Begründungen für derartige Rechtsnachteile werden
allerdings nicht gegeben, die Argumentation beschränkt sich vielmehr auf
entsprechende pauschale Behauptungen. Der Senat vermag derartige Rechtsnachteile
nicht zu erkennen, zumal die sachliche Befassung mit der Berufung ohnehin erst nach
Vorliegen der Berufungsbegründung bzw. Berufungsanträge angezeigt ist. Eine andere
Verfahrensweise wäre unsachgemäß und unwirtschaftlich, jedenfalls nicht
schützenswert. Diesem Ergebnis entspricht es im übrigen, daß einem
Berufungsbeklagten Prozeßkostenhilfe erst bewilligt wird, wenn die
Berufungsbegründung vorliegt und damit feststeht, daß die Berufung durchgeführt wird
(BGH NJW 1982, 446).
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Die Sachlage ist vorliegend nicht etwa deshalb anders zu beurteilen, weil der
Antragsteller bereits angekündigt hatte, im Falle der Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist einen Anwalt zu mandatieren. Denn es ist nicht erkennbar,
daß sich an der Situation des Berufungsgegners zu dessen Lasten allein durch die
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist etwas geändert haben könnte. Die
Verlängerung allein besagt auch noch nicht, daß die Berufung tatsächlich durchgeführt
werden wird.
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Hinzu kommt, daß ausweislich des Schreibens der Prozeßbevollmächtigten des
Antragstellers 1. Instanz vom 23.10.1996 im konkreten Fall die frühzeitige Bestellung
zweitinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter durch den Antragsteller offensichtlich dazu
dienen sollte, die Antrags-gegnerin von der Durchführung der Berufung abzuhalten,
damit der Antragsteller möglichst schnell an den Betrag von 40.000,- DM kam, dessen
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Fälligkeit von der Rechtskraft des Urteils abhing. Die Bestellung erfolgte auch aus der
Sicht des Antragstellers also lediglich als Druckmittel zur Erlangung der 40.000,- DM
und nicht im Hinblick auf von ihm vermutete eventuelle Rechtsnachteile bei einer
späteren Mandatierung. Diese Interessenlage vermag eine Notwendigkeit der Kosten
und damit eine Erstattungspflicht jedoch nicht zu begründen.
Auch für den Antrag gem. § 515 Abs. 3 ZPO bedurfte es keiner Beauftragung eines
zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten. Bei richtiger Verfahrensweise wären für
den Antragsteller als Berufungsbeklagten keine zweitinstanzlichen Kosten entstanden,
somit bestand auch kein schützenswertes Interesse an der Stellung eines Antrages, der
offensichtlich ins Leere geht.
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Der angefochtene Beschluß war daher abzuändern und der Antrag des Antragstellers
auf Festsetzung der Anwaltskosten für die II. Instanz zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Beschwerdewert: 1.578, 38 DM.
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