Urteil des OLG Köln vom 21.04.1998
OLG Köln (kläger, scientology, partei, abgrenzung zu, mitgliedschaft, bewertung, nulla poena sine lege, organisation, drittwirkung der grundrechte, inhalt)
Oberlandesgericht Köln, 22 U 190/97
Datum:
21.04.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 190/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 7 0 55/97
Normen:
PARTG § 10 IV
Leitsätze:
1. Die zivilgerichtliche Überprüfung eines Ausschlusses aus einer
politischen Partei (§ 10 IV PartG.) hat sich wegen der Parteiautonomie u.
a. darauf zu beschränken, ob der Ausschluß grob unbillig oder
willkürlich ist. 2. Der Beschluß der Beklagten (C 47) über die
Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft bei Scientology und der
Mitgliedschaft bei der Beklagten konkretisiert einen Grundsatz der
Beklagten im Sinne von § 10 IV PartG. Ein derartiger Beschluß ist in
dem gerichtlichen Verfahren wegen des Ausschlusses eines
Parteimitgliedes, der auf Unvereinbarkeitsbeschluß gestützt wird,
derselben Rechtsmäßigkeitsprüfung unterworfen, wie die
Ausschließung selbst. 3. Der Unvereinbarkeitsbeschluß C 47 und die
Entscheidungen der Beklagten über die Ausschließung der Kläger sind
unter Berücksichtigung der Wertungen des Grundgesetzes nicht
willkürlich, sie sind vielmehr sachlich gerechtfertigt. Die den
Entscheidungen zugrundegelegten Tatsachen sind zutreffend
festgestellt worden. Die Beurteilung und Wertung dieser Tatsachen als
mit den Grundsätzen der Beklagten unvereinbar unterliegt nur der
eingeschränkten Nachprüfung durch das erkennende Gericht.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom
9. Juli 1997 - 7 0 55/97 - werden zurückgewiesen. Die Kosten des
Berufungsverfahrens tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
1
Nach vorangegangenen Diskussionen innerhalb der Partei beschloß die Beklagte, die
Christlich Demokratische Union, auf ihrem Bundesparteitag in D. im Dezember 1991
unter der Beschluß-Nr. C 47: "Die Mitgliedschaft in der Scientology Church (Sekte) ist
mit der CDU-Mitgliedschaft unvereinbar."
2
Die Kläger sind sämtlich jahrelange Mitglieder der CDU gewesen, sie waren
gleichzeitig Mitglied in der "Scientology Church.". Am 2.12.1994 beschloß das
3
Kreisparteigericht E. den Ausschluß des Klägers zu 1) aus der Beklagten. Diese
Entscheidung wurde durch das Landes- und Bundesparteigericht (CDU-BPG 3/95 v.
24.9.1996) bestätigt. Die Kläger zu 2) und 3) wurden durch Beschluß des
Kreisparteigerichts Mittelhessen vom 16.7.1994 aus der CDU ausgeschlossen. Diese
Entscheidung wurde vom Landes- und Bundesparteigericht (CDU-BPG 1/96 v.
24.9.1996) bestätigt. In seinen Entscheidungen führte das Bundesparteigericht im
wesentlichen aus, eine Partei müsse zur Wahrung ihres Meinungsprofils befugt sein,
Gruppierungen mit fundamental anderen Auffassungen auszugrenzen.
Mit den hiergegen erhobenen Klagen begehren die Kläger die Feststellung, daß das
Mitgliedschaftsverhältnis zwischen ihnen und der Beklagten durch die jeweiligen
Parteiausschlußbeschlüsse nicht beendet worden sei. Sie haben die Auffassung
vertreten, Parteiausschlußentscheidungen seien durch die staatlichen Gerichte auf
ihre sachliche Rechtfertigung hin zu kontrollieren. Bei Anwendung dieser Grundsätze
sei der Parteiausschluß der Kläger unwirksam. Er verletze die Grundrechte der Kläger.
4
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Parteiausschlußentscheidungen
dürften in der Sache selbst nur in den durch die Vereinsautonomie gezogenen
Grenzen überprüft und damit nur einer Willkürkontrolle unterzogen werden. Dies gelte
auch für die Einschätzung der Beklagten, daß in wesentlichen Bereichen die
Grundauffassungen von Scientology und das Programm der Beklagten grundsätzlich
verschieden seien. Zum Beleg für ihre Einschätzung beruft sie sich auf eine Vielzahl
von Zitaten aus Textstellen von Scientology, deren Bewertung durch die Beklagte die
Kläger entgegengetreten sind.
5
Durch Urteil vom 9.7.1997 - 7 0 55/97 -, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat
das Landgericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen
ausgeführt, die Entscheidungen des Bundesparteigerichts der Beklagten über den
Ausschluß der Kläger aus der CDU seien nicht fehlerhaft. Der Ausschluß der Kläger
verstoße bei der gebotenen Abwägung sämtlicher Umstände nicht gegen die
Grundrechte der Kläger, er sei auch nicht willkürlich. Die Einschätzung der Beklagten,
daß das Selbstverständnis von Scientology, so wie es objektiv in deren
programmatischen Grundsätzen und Publikationen seinen Niederschlag finde, zu den
Grundüberzeugungen der Beklagten in Widerspruch stehe, sei vertretbar. Nach
willkürfreier Bewertung durch die Beklagte hätten die Kläger wegen ihres Beharrens
auf der Mitgliedschaft zu Scientology erheblich gegen die Grundsätze der Partei
verstoßen und hierdurch der Beklagten einen schweren Schaden zugefügt.
6
Gegen dieses, ihnen am 18.7.1997 zugestellte Urteil haben die Kläger am 18.8.1997
Berufung eingelegt, die sie am 17.10.1997 nach entsprechender Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist begründet haben.
7
Die Kläger wenden sich gegen das erstinstanzliche Urteil im wesentlichen mit der
Begründung, das Landgericht habe ihre Grundrechte, insbesondere auch das
Grundrecht aus Art 4 I, II GG nicht hinreichend bewertet. Sie meinen, auch die
Bewertung der Lehren und Ziele von Scientology sei unrichtig und werde
insbesondere durch die von der Beklagten vorgelegten Textstellen aus den
Veröffentlichungen von Scientology nicht gedeckt.
8
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie hält ihre Einschätzung der
Scientology-Organisation und die Unvereinbarkeit von deren Grundüberzeugungen mit
9
ihren Grundsätzen für hinreichend belegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und
eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
10
Entscheidungsgründe
11
Die form- und fristgerecht eingelegten und auch im übrigen zulässigen Berufungen der
Kläger haben in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts, auf dessen
Ausführungen der Senat Bezug nimmt, entspricht in vollem Umfang der Sach- und
Rechtslage, das Berufungsvorbringen der Kläger rechtfertigt keine andere Beurteilung.
12
A.
13
Die von den Klägern erhobenen Klagen auf Feststellung, daß ihr jeweiliges
Mitgliedschaftsverhältnis zur Beklagten nicht durch Parteiausschluß beendet worden
sei, sind unbegründet. Die Kläger sind durch die entsprechenden Entscheidungen des
Bundesparteigerichts der Beklagten wirksam nach § 11 I der Statuten der CDU
Deutschlands, § 10 IV PartG aus der Beklagten ausgeschlossen worden.
14
I.
15
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Überprüfung der
Entscheidungen des Bundesparteigerichts der Kläger nicht unbegrenzt vorgenommen
werden darf.
16
1.
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen vereinsrechtliche
Disziplinarmaßnahmen zwar der Kontrolle durch die Gerichte; diese muß jedoch in
grundsätzlicher Anerkennung der Vereinsautonomie bestimmte Grenzen einhalten.
Dabei können die Gerichte jedenfalls nachprüfen, ob die verhängte Maßnahme eine
Stütze im Gesetz oder der Satzung hat, ob das satzungsmäßig vorgeschriebene
Verfahren beachtet ist, sonst keine Gesetzes- oder Satzungsverstöße vorgekommen
sind und ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich ist (BGH NJW 1984,
918; NJW 1980, 443). Dabei haben die Gerichte auch darüber zu befinden, ob die
Tatsachen, die der Ausschließungsentscheidung zugrundegelegt wurden, bei
objektiver und an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung
zutreffend festgestellt worden sind. Die Subsumption des festgestellten Sachverhalts
unter die herangezogene Vorschrift gehört danach zu den Maßnahmen, die ein Verein
in Ausübung seiner Vereinsgewalt eigenverantwortlich zu treffen hat und die
gerichtlich daher nur in den vorgenannten engen Grenzen nachprüfbar sind (BGH aaO;
Pieroth in Jarass/Pieroth Art 21 Rn 19; Sachs Art 21 Rn 83).
18
2.
19
Für die Ordnungsmaßnahmen einer politischen Partei, insbesondere den
Parteiausschluß, kann nichts anderes gelten (BGH NJW 1980, 443, 44; offen gelassen
in BGH NJW 1994, 2610).
20
Zwar ist die eingeschränkte Überprüfung auf grobe Unbilligkeit oder Willkür der
Ausschlußmaßnahme bei Monopolverbänden sowie Vereinigungen mit überragender
Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, bei denen die Mitgliedschaft
für den Betroffenen aus beruflichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von
erheblicher Bedeutung ist, und die deshalb einem Aufnahmezwang unterliegen, nicht
gerechtfertigt (BGH NJW 1988, 552 = BGHZ 102, 265 ff.; BGH ZIP 1997, 1591). In
diesen Fällen dürfen an die Nachprüfbarkeit keine geringeren Anforderungen gestellt
werden als an die Entscheidung, einen Aufnahmeantrag abzulehnen. Der Ausschluß
muß daher durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein, er darf also nicht unbillig sein.
21
Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, daß der genannte erweiterte
Prüfungsmaßstab auf politische Parteien nicht anwendbar ist. Neben dem vom
Landgericht hervorgehobenen Gesichtspunkt der grundgesetzlichen
Parteiendemokratie, die den Parteien als Privatvereinen einen weitgehend staatsfreien
Raum zur Bündelung und Vertretung von Meinungen in der Gesellschaft gewährleisten
soll, der daher einer weitgehenden Kontrolle, auch bei
Parteiausschlußentscheidungen, durch staatliche Gerichte entzogen sein soll, ist zu
berücksichtigen, daß auch nach dem Zweck der Bestimmung des § 10 IV PartG die
dort aufgestellten Voraussetzungen nur festlegen sollen, welche
Mindestanforderungen die Parteisatzung an den Ausschluß eines Mitglieds zu stellen
hat, sie verfolgen darüber hinaus aber nicht den Zweck, den staatlichen Gerichten die
uneingeschränkte Nachprüfung von Parteiausschlüssen zu eröffnen (vgl. BGH NJW
1980, 443, 444). Den Parteigerichten kommt gerade auch beim Erlaß von
Ordnungsmaßnahmen und insbesondere bei Parteiausschlüssen, die für das innere
Gefüge einer Partei von großer Bedeutung sind, ein eigener Beurteilungsspielraum zu.
Soweit nicht allgemeine Grundsätze verletzt werden, kann es nicht Sache der
staatlichen Gerichte sein, ihre Beurteilung an die Stelle derjenigen politischen und
sonstigen, an innerparteilichen Maßstäben ausgerichteten Wertungen zu setzen, nach
denen eine politische Partei lebt und ihre im Staatswesen verfolgte Ziele erkämpfen
will.
22
Hinzu kommt, daß politische Parteien, anders als Monopolvereinigungen, keinem
Aufnahmezwang ausgesetzt sind. Nach § 10 I S. 1 PartG entscheiden die zuständigen
Organe der Partei nach näherer Bestimmung der Satzung frei über die Aufnahme von
Mitgliedern. Diese Vorschrift ist auch unter Berücksichtigung der
verfassungsrechtlichen Stellung der Parteien mit dem Grundgesetz vereinbar, sie
bedarf auch keiner einschränkenden verfassungskonformen Auslegung (BGH NJW
1987, 2504 ff). Ein Aufnahmezwang ist weder im Grundgesetz vorgesehen noch läßt er
sich aus dem Gebot der innerparteilichen Demokratie nach Art 21 I S. 3 GG noch als
Teil des staatsbürgerlichen status activus aus dem Grundrechtskatalog ableiten. Die
Tragweite des Demokratiegebots beschränkt sich nämlich auf die innerparteiliche
Willensbildung, die aus dem Grundrechtskatalog abzuleitenden staatsbürgerlichen
Teilnahmerechte richten sich gegen den Staat. Die politischen Parteien sind jedoch
nach der Konzeption des Grundgesetzes nicht Teil der staatlichen Organisation,
sondern frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde
Vereinigungen des bürgerlichen Rechts (BGH aaO S. 2505; BverfG NJW 1966, 1499).
Für die Erfüllung ihrer selbst gesetzten, vom Grundgesetz anerkannten Aufgabe, als
staatsfreie Vereinigung politisch gleichgesinnter Bürger um Einfluß auf die Besetzung
politischer Staatsämter und staatlicher Entscheidungen zu kämpfen, ist es
entscheidend wichtig, daß sie selbst von staatlicher Beeinflussung und gerichtlicher
Kontrolle möglichst frei bleiben. Ein Aufnahmezwang wäre hiermit unvereinbar.
23
Bereits aufgrund des aus der Funktion der Parteien gerechtfertigten fehlenden
Aufnahmezwanges fehlt ein entscheidendes Kriterium zur Gleichsetzung der
politischen Parteien mit den Monopolverbänden. Die bei der Ausschlußentscheidung
zu beachtenden strengeren Voraussetzungen des § 10 IV PartG und insbesondere die
Beachtung des innerparteilichen Demokratiegebots, verbunden mit der -
eingeschränkten - gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich der Bewertung durch die
Parteigerichte, gewährleisten einerseits den hinreichenden Schutz des Mitglieds vor
gesetzwidrigen und willkürlichen Ausschlußentscheidungen, sie gewährleisten
andererseits aber auch die Handlungsfähigkeit und Funktion der politschen Parteien.
24
3.
25
Letzlich kann diese Frage offen bleiben. Auch bei Anwendung des für
Monopolverbände geltenden Prüfungsmaßstabs muß der Ausschluß zwar durch
sachliche Gründe gerechtfertigt, er darf also nicht unbillig sein, auch hier ist aber der
Vereinigung in Anerkennung ihrer Autonomie zur Wert- und Zielsetzung ein - wenn
auch enger zu ziehender -Beurteilungsspielraum zuzubilligen, den das Gericht nicht
ohne weiteres durch seine Überzeugungen und Wertmaßstäbe ersetzen kann (BGH
NJW 1988, 552; NJW 1994, 2610, 2611). Selbst bei Anlegung dieses Maßstabs kann
eine Fehlerhaftigkeit des Parteiausschlusses der Kläger nicht festgestellt werden.
26
II.
27
Die Entscheidungen des Bundesparteigerichts, die Kläger hätten durch ihre
Zugehörigkeit zu Scientology und ihr Festhalten hieran erheblich gegen die
Grundsätze, jedenfalls aber gegen die Ordnung der Beklagten verstoßen und der
Beklagten hierdurch einen schweren Schaden zugefügt, verletzen weder die
Grundrechte der Kläger noch sonstige Gesetzes- oder Satzungsbestimmungen; sie
sind jedenfalls nicht grob unbillig oder willkürlich, aber auch, bei Anwendung des oben
genannten erweiterten Kontrollmaßstabs nicht unbillig, sondern durch sachliche
Gründe gerechtfertigt.
28
1.)
29
Der Beschluß des Bundesparteitags C-47 konkretisiert einen Grundsatz der Beklagten
im Sinne von § 10 IV PartG in Verbindung mit § 11 der Statuten der Beklagten.
30
Hat, wie vorliegend, das zuständige Organ, nämlich der Bundesparteitag, einen
Beschluß gefaßt, der nach seinem Inhalt zum Kernbereich der Programmatik der Partei
gehört, muß davon ausgegangen werden, daß es sich um einen Grundsatz der Partei
handelt (vgl. Risse, Der Parteiausschluß, 1985, S. 78). Ein Beschluß, der wie der vom
Bundesparteitag gefaßte Beschluß die Unvereinbarkeit mit einer außerhalb der Partei
stehenden Organisation formuliert, ist bereits seinem Wesen nach Grundsatz der
Partei. Unvereinbar kann die Mitgliedschaft in einer Organisation nach richtigem
Verständnis nur sein, wenn sie in grundsätzlichem Gegensatz zur Mitgliedschaft in der
Partei steht, also mit deren Grundsätzen in wesentlichen Punkten nicht übereinstimmt.
Es sind im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß maßgeblich für
den Unvereinbarkeitsbeschluß nicht derartige Erwägungen waren. Im Gegenteil
spricht für eine Grundsatzentscheidung des Bundesparteitages weiter, daß der
Beschlußfassung eingehende Diskussionen über Scientology vorausgegangen waren.
31
Der seinem Inhalt nach auf Abgrenzung zu Scientology und damit zu deren Lehren
und Zielen ausgerichtete Parteitagsbeschluß stellte damit eine Ausprägung und
Konkretisierung der Grundsätze der Partei dar. In diesem Sinne hat ihn nicht zuletzt
auch das Bundesparteigericht der Beklagten gesehen.
Eine Partei kann Unvereinbarkeitsbeschlüsse in Abgrenzung zu anderen
Organisationen und deren Zielen und Grundsätzen treffen (vgl. v. Münch Art 21 GG Rn
46). Derartige Beschlüsse sind nicht auf Abgrenzung zu konkurrierenden politischen
Parteien oder jedenfalls nach ihrem Selbstverständnis politischen Organisationen
beschränkt. Eine Partei muß sich vielmehr ihrer Funktion nach auch von sonstigen
Vereinigungen abgrenzen können, die Ziele verfolgen, die den Grundsätzen und
Zielen der Partei zuwiderlaufen. Derartige Beschlüsse sind allerdings, wenn auf sie
der Ausschluß aus der Partei gestützt wird, denselben Rechtmäßigkeitsüberprüfungen
unterworfen wie die Ausschlußentscheidung selbst.
32
2)
33
Der C-47-Beschluß der Beklagten und die auf seiner Basis getroffenen
Einzelfallentscheidungen im Hinblick auf die Kläger verletzen weder gesetzliche
Bestimmungen, insbesondere nicht Grundrechte der Kläger, noch sind sie unbillig oder
gar mißbräuchlich.
34
a)
35
Der Ausschluß der Kläger verstößt nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine lege".
Der C-47-Beschluß, auf dessen Grundlage die Ausschlußentscheidungen ergangen
sind, stellt seinem Inhalt nach, wie ausgeführt, eine Konkretisierung der Grundsätze
der Beklagten dar. Rechtfertigen diese Grundsätze den C-47-Beschluß, wie noch
auszuführen sein wird, beruht dieser, ebenso wie die Ausschließungsentscheidungen,
letztlich auf den den Klägern von vornherein bekannten Grundsätzen der Partei. Die
Ausschlußentscheidungen des Bundesparteigerichts knüpfen im übrigen daran an,
daß die Kläger sich von ihrer Mitgliedschaft bei Scientology nach Fassung des
Unvereinbarkeitsbeschlusses nicht distanziert haben. Wie die Partei ihre Grundsätze
konkret verstand, war den Klägern aber spätestens nach Fassung des
Unvereinbarkeitsbeschlusses klar, jedenfalls mußte es ihnen klar sein.
36
b)
37
Ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot liegt gleichfalls nicht vor.
Die Grundsätze der Beklagten sind hinreichend klar. Derartige Grundsätze können im
übrigen ihrem Wesen nach nur allgemein formuliert werden. Im übrigen entspricht
jedenfalls der Unvereinbarkeitsbeschluß C-47 dem Bestimmtheitsgebot in vollem
Umfang. Demgegenüber braucht eine Partei die einzelnen Ausschlußgründe,
insbesondere, welche Verhaltensweisen sie als mit ihren Grundsätzen nicht vereinbar
ansieht, nicht im einzelnen festzulegen. Es genügt vielmehr in materieller Hinsicht die
Aufnahme der Voraussetzungen des § 10 IV PartG in die Satzung, wie dies in § 11 der
Statuten der Beklagten geschehen ist.
38
c)
39
Auch im Lichte der grundgesetzlich geschützten Freiheitsrechte der Kläger können
40
weder der C-47 Beschluß noch die Ausschließungsentscheidungen als solche als
willkürlich angesehen werden. Sie sind vielmehr auch unter Berücksichtigung der
Wertungen des Grundgesetzes sachlich gerechtfertigt.
aa)
41
Die Grundrechte gelten im Verhältnis der Partei zu ihren Mitgliedern nicht unmittelbar,
da dieses Verhältnis ein Rechtsverhältnis des privaten Rechts ist. Sie finden vielmehr
als objektive Wertprinzipien nur Anwendung im Rahmen der sog. Drittwirkung der
Grundrechte (vgl. v. Münch/Kunig Vor Art 1-19 Rn 28, 31 m.w.N.; Schmidt-Bleibtreu Art
21 Rn 72 ff.). Nach differenzierender Auffassung gelten im Rahmen des nach § 21 I S.
3 GG gewährleisteten innerparteilichen Demokratiegebots die hierdurch geschützten
Freiheitsrechte des Mietglieds unmittelbar in der Partei (vgl. im einzelnen zum
Meinungsstand: Risse aaO, S. 125 ff). Unabhängig davon, ob von einer unmittelbaren
oder nur mittelbaren Wirkung der Grundrechte auszugehen ist, ist jedenfalls die
Ausstrahlungswirkung der Grundrechte im Rahmen der Ausschlußentscheidung der
Partei zu berücksichtigen. Es hat danach eine Abwägung der jeweils betroffenen
Positionen und Grundrechte des Mitglieds einerseits und der verfassungsrechtlichen
Stellung der Parteien, die selbst Grundrechtsträger sind, andererseits unter
Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Die von den
Klägern genannten Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention sind
demgegenüber geltendes Bundesrecht. Sie beinhalten im übrigen, ebenso wie die des
Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966, keinen
weitergehenden Schutz als die Bestimmungen des Grundgesetzes (vgl. v.
Münch/Kunig Vor Art 1-19 Rn 76 f.).
42
bb)
43
Die dem C-47-Beschluß und den Ausschlußentscheidungen zugrundegelegten
Tatsachen, deren Feststellung der uneingeschränkten Überprüfung durch staatliche
Gerichte unterliegt, sind zutreffend festgestellt worden.
44
Demgegenüber unterliegt die Bewertung, ob diese Tatsachen den Schluß auf eine
Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen der Beklagten und eine Mitgliedschaft bei ihr
zulassen und den Klägern ein erheblicher Verstoß gegen die Grundsätze der Partei
und die Zufügung eines schweren Schadens vorzuwerfen ist, nur der genannten
eingeschränkten Beurteilung durch das staatliche Gericht.
45
aaa)
46
Das von der Beklagten vorgelegte Material, insbesondere sämtliche Textstellen, aber
auch die von ihr vorgelegten Stellungnahmen und Beurteilungen von gesellschaftlich
und politisch relevanten Institutionen können der Beurteilung zugrundegelegt werden.
47
Zwar unterliegt der Ausschließungsbeschluß der gerichtlichen Nachprüfung nur mit
dem Inhalt und der Begründung, wie er im verbandsrechtlichen Ausschlußverfahren
zustandegekommen ist. Eine nachträgliche Klärung im Zivilprozeß mit dem Ziel des
Beweises von Ausschlußtatsachen, die im Ausschlußverfahren nicht festgestellt
worden sind, liefe auf eine nachgeschobene Begründung des Beschlusses hinaus, auf
der dieser Beschluß nicht beruht, und ist daher unzulässig (BGH NJW 1988, 552, 554).
48
Anders ist dies zu beurteilen, wenn neue Tatsachen nur zur Bestätigung des bereits
der Ausschlußentscheidung zugrunde liegenden Tatsachenkomplexes vorgebracht
werden (BGH aaO, S. 554). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat bereits im
Ausschlußverfahren den Inhalt der Lehre von Scientology und deren Zielsetzung als
Tatsache angeführt, die dem Ausschluß zugrundeliegt. Der Nachweis der Richtigkeit
dieser Auffassung anhand weiterer Textstellen, Gutachten etc. ist daher kein
Nachschieben von Gründen, sondern belegt den dem Ausschluß zugrunde gelegten
Tatbestand, der in der Zielsetzung von Scientology liegt. Insgesamt handelt es sich
daher nur um weitere Belege für die im Zeitpunkt der Ausschlußentscheidung
zugrunde gelegten Ausschlußgründe.
49
bbb)
50
Die Beklagte stützt ihre Wertung auf von Scientology verbreitete Texte, insbesondere
auf verschiedene Briefe und Richtlinien des Gründers R. H., die das Landgericht
exemplarisch in seinem Urteil wiedergegeben hat und auf deren Inhalt der Senat
Bezug nimmt. Diese sind mit Ausnahme einiger weniger Punkte entsprechend der von
Scientology autorisierten Übersetzung von der Beklagten wiedergegeben. So
entspricht die Übersetzung des Wortes "dismantling" durch das Wort "Zerschlagung"
der von Scientology autorisierten Übersetzung, sie ist daher dieser Organisation und
ihrer Selbstdarstellung zuzurechnen. Sowohl in diesem Fall, als auch in den übrigen
von den Klägern beanstandeten Übersetzungsteilen, betreffen die Unterschiede in den
Übersetzungen durch die Kläger auch nicht den Kern der jeweiligen Aussage. Dies gilt
etwa für die Anweisung vom 5.1.1968, die von den Klägern so übersetzt wird: "Machen
Sie die Strafen für die Nichtbefolgung (von Anweisungen) zu grausig, als daß man sie
sich ansehen könnte und setzen Sie sie durch."
51
Auch die im erstinstanzlichen Urteil zitierte Passage "Feinde in der Dunkelheit dumpf
aufs Straßenpflaster klatschen" oder "ganze feindliche Lager als
Geburtstagsüberraschung in riesigen Flammen aufgehen" entspricht nach dem von
den Klägern selbst vorgelegten Gutachten S. (Anlage K 65) der von Scientology
autorisierten Übersetzung aus dem Jahre 1989 (vgl. S. 16, 17 d. Gutachtens. Bl. 391
d.A.). Die eigene Übersetzung des Autors ergibt im übrigen keinen wesentlich anderen
Sinngehalt.
52
Daneben haben die Kläger behauptet, die von der Beklagten im Verfahren genannten
Textstellen und die den vorgelegten Stellungnahmen von verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppierungen zu entnehmenden weiteren Textstellen seien aus
dem Zusammenhang gerissen. Ihre Bedeutung, insbesondere als interne Anweisung
an Mitarbeiter, sei völlig verkannt worden. Daß dies richtig ist, daß also bereits das
objektive Sinnverständnis der von der Beklagten zitierten Textstellen aus dem
Zusammenhang heraus objektiv unrichtig wäre, ergibt sich aus dem Vorbringen der
Kläger nicht nachvollziehbar. Demgegenüber ist die Bewertung, ob die zitierten
Textstellen im Widerspruch zu den Grundsätzen und Zielen der Beklagten zählen,
nicht zur Tatsachenfeststellung, sondern zur nur beschränkt überprüfbaren Bewertung
durch die Beklagte, zu rechnen.
53
cc)
54
Die Bewertung durch den C-47-Beschluß und das Bundesparteigericht in den
Ausschlußentscheidungen, daß die Lehren von Scientology und deren Ziele mit den
55
Grundsätzen der Partei unvereinbar sind, ist nicht willkürlich und nicht mißbräuchlich;
sie ist darüberhinaus sachlich gerechtfertigt und nicht unbillig.
aaa)
56
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, entspricht die Einschätzung der
Beklagten, daß die Selbstdarstellung von Scientology, so wie sie in deren
Publikationen ihren Niederschlag findet, zu den Grundüberzeugungen der Beklagten
in deutlichem Gegensatz steht, dem objektiven Sinngehalt der von der Beklagten
zitierten Textstellen. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen in
vollem Umfang Bezug auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
57
Soweit die Kläger hiergegen einwenden, die Texte richteten sich nur an Mitarbeiter,
und nicht an die Mitglieder von Scientology, ändert dies an der Beurteilung nichts.
Auch die Darlegung der Kläger zu dem Verhalten sozial Schwachen gegenüber (FSM
News Letter 1993, S. 23 des erstinstanzlichen Urteils), die zitierten Äußerungen des
Gründers von Scientology seien nur für eine Übergangszeit gedacht gewesen,
während Scientology tatsächlich umfangreiche Hilfsprogramme für sozial Schwache
anbiete, ändert nichts daran, daß inhaltlich und sprachlich nach dem objektiven
Erklärungswert eine Einstellung erkennbar wird, die mit dem im Grundsatzprogramm
der Beklagten zum Sozialstaatsgebot verankerten Grundsatz, daß soziale
Gerechtigkeit sich insbesondere gegenüber den Schwachen zu bewähren hat, in
grundsätzlichem Gegensatz steht. Im übrigen soll nach dem objektiven Inhalt der
Textstelle die Übergangszeit, in der "die Unfähigen vorerst sich selbst überlassen
bleiben" solange dauern, "bis wir richtige Anstalten für sie gebaut haben". Auch das
Vorbringen der Kläger zu dem Kontext der bereits genannten Passage "Feinde in der
Dunkelheit dumpf aufs Straßenpflaster klatschen" oder "ganze feindliche Lager als
Geburtstagsüberraschung in riesigen Flammen aufgehen" läßt nicht nachvollziehbar
erkennen, daß dieser Kontext die Äußerung in ihrem objektiven Sinngehalt
entscheidend abmildern könnte. Soweit die Kläger insgesamt zur von Scientology
verwendeten aggressiven Sprache meinen, es sei die Bildhaftigkeit dieser Sprache zu
berücksichtigen, ist festzustellen, daß derartige Bilder keinesfalls den üblichen und
angemessenen in einer demokratischen Gesellschaft entsprechen. Ein Vergleich mit
der Sprache althergebrachter Religionen ist bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil
diese aus einem völlig anderen historischen Hintergrund und anderen kulturellen und
gesellschaftlichen Formen herrühren.
58
Sind danach die von der Beklagten vorgelegten Textstellen mit der Wertung der
Beklagten im Hinblick auf die hieraus erkennbaren Ziele und den Widerspruch zu
ihren Zielen nicht nur ohne weiteres vereinbar, sondern entsprechen sie einem am
Wortlaut ausgerichteten objektiven Verständnis, kommt entscheidend hinzu die
Bewertung durch eine Vielzahl von Stellungnahmen gesellschaftlich relevanter Kräfte,
wie etwa der Kirchen, staatlicher und offizieller Stellen, teilweise von diesen
beauftragter Gutachter sowie durch Gerichtsentscheidungen (vgl. insb. BAG NJW
1996, 143 ff.; auch A 1, A 3, A 8 u. A 14 zur Klageerwiderung), die die von der
Beklagten vorgenommenen Bewertungen teilen, daß Scientology eine Gesellschaft
anstrebe, die mit den Wertordnungen des Grundgesetzes nicht vereinbar sei. Dabei ist
auch zu berücksichtigen, daß die Konferenz der Innenminister des Bundes und der
Länder am 6.6.1997 beschlossen hat, die Verfassungsschutzbehörden mit der
Beobachtung von Scientology zu beauftragen (vgl. hierzu Albert DÖV 1997, 810 ff.).
59
Demgegenüber haben die Kläger sich auf eine Reihe von Stellungnahmen bezogen,
aus denen sich ergeben soll, daß bei einer Gesamtschau eine andere Bewertung der
Ziele und Grundsätze von Scientology geboten sei. Sie haben sich auch auf die
jeweiligen Satzungen der Scientology-Organisationen, denen die Kläger angehören,
auf das Glaubensbekenntnis von Scientology sowie weitere Schriften wie etwa "Der
Weg zum Glücklichsein" gestützt. Soweit sich aus den genannten eigenen
Veröffentlichungen von Scientology ein anderer Inhalt, eine andere Sprache und
andere Ziele der Organisation ergeben als aus den von der Beklagten zitierten
Textstellen, läßt sich ein relativierender Bezug zu diesen nicht herstellen. Vielmehr
kann hieraus nachvollziehbar nur abgeleitet werden, daß die Selbstdarstellung von
Scientology Widersprüche aufweist. Das nimmt aber der Einschätzung der Beklagten
und der genannten gesellschaftlich relevanten Stellen nicht ihre sachliche
Rechtfertigung. Den Nachweis, daß Scientology in seinem Selbstverständnis die von
der Beklagten angenommenen Ziele auch tatsächlich und insbesondere auf
politischem Wege verfolgt und daß diese tatsächlich mit den Grundsätzen der
Beklagten oder der Verfassung nicht vereinbar sind, braucht die Beklagte nicht zu
führen. Maßgeblich für das Verständnis ist vielmehr die Selbstdarstellung der
Organisation und deren jedenfalls durch nachvollziehbare, sachlich Gründe
gerechtfertigte Bewertung durch die Beklagte und weite Teile der gesellschaftlich
relevanten Öffentlichkeit.
60
Die von den Klägern vorgelegten Gutachten, Stellungnahmen und vor allem
Gerichtsentscheidungen befassen sich vornehmlich mit der Frage, ob Scientology eine
Religion ist. Diese Frage hat mit der Bewertung der Ziele und Lehren durch die
Beklagte nichts zu tun, sie betrifft nur die Frage, ob die Kläger sich auf die Grundrechte
aus Art 4 I, II GG berufen können. Eine schlüssige, die Einschätzung der Beklagten als
sachlich nicht gerechtfertigt oder gar willkürlich erscheinen lassende Darstellung
enthalten die von den Klägern vorgelegten Unterlagen nicht. So erschöpft sich
insbesondere die Darlegung im Gutachten S. (K 65) letztlich in Angriffen auf die
Methoden des Gutachters Jaschke, ohne im Gesamtzusammenhang dessen
Ausführungen zu widerlegen.
61
Das dargelegte objektive Sprachverständnis der von der Beklagten in Bezug
genommenen Textstellen in Verbindung mit den genannten Beurteilungen der
gesellschaftlich relevanten Gruppen und schließlich auch dem genannten Beschluß
der Innenministerkonferenz stellt, auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der
Kläger, eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für die Bewertung der Beklagten
dar, die Mitgliedschaft in Scientology und in der CDU sei unvereinbar.
62
bbb)
63
Das gleiche gilt für die Bewertung durch das Bundesparteigericht, die Kläger hätten
erheblich gegen die Grundsätze der Beklagten verstoßen. Der Ausschluß der Kläger
trifft diese nicht allein wegen des Innehabens einer inneren Meinung und
Grundüberzeugung. Die Kläger haben vielmehr zum einen durch ihre Mitgliedschaft
bei Scientology ihre Übereinstimmung mit deren Grundsätzen manifestiert. Sie haben
zum anderen auch nach Fassung des Unvereinbarkeitsbeschlusses und nach
Androhung des Parteiausschlusses hieran festgehalten. Ihre innere Überzeugung im
Sinne der Lehren von Scientology zeigt sich insbesondere daran, daß der Kläger zu 1)
den sog. Vollkommenheitsgrad "clear" erreichte, und die Kläger zu 2) und 3) sog.
"Patrons" sind, die sich durch erhebliche Spenden ausgezeichnet haben. Auch im
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Verfahren haben die Kläger keine Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen sich ergeben
könnte, daß sie sich mit den Lehren von Scientology in irgendwelchen Punkten nicht
identifizierten.
dd)
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Angesichts dessen müssen im Rahmen der nach den oben genannten Grundsätzen
vorzunehmenden Abwägung die Grundrechte der Kläger aus Art 1 I, 2 I, 3 III,4 I und II,
5, 9, in Verbindung mit dem innerparteilichen Demokratiegebot gemäß Art 21 I S. 3 GG
hinter der gleichfalls grundgesetzlich geschützten Funktionsfähigkeit und
Programmautonomie der Beklagten zurücktreten. Jede Partei vertritt innerhalb des im
Gesamtstaat zulässigen Spektrums der Programme nur eines, dieses muß sie aber
geschlossen vertreten, um Erfolg zu haben und klare Entscheidungen in den
staatlichen Ämtern bewirken zu können. Dabei hängt die Glaubwürdigkeit einer Partei
entscheidend von der Glaubwürdigkeit ihrer einzelnen Mitglieder ab. Mitglieder einer
Partei, die einer Organisation angehören, deren Ziele nach dem sachlich
gerechtfertigten Verständnis der Partei die gleichzeitige Verfolgung der Ziele und
Grundsätze der Partei ausschließen, sind nicht nur selbst als Mitglieder der Partei nicht
glaubwürdig, sie beeinträchtigen darüberhinaus die Glaubwürdigkeit und
Überzeugungskraft der Partei selbst (vgl. Risse aaO S. 141). Die hierdurch bedingte
Schwächung ihrer politischen Position und Überzeugungskraft muß die Partei nicht
hinnehmen. Übt ein Mitglied seine Grundrechte in widersprüchlicher Weise aus, indem
es sich für eine andere Organisation engagiert, deren Ziele eine gleichzeitige
glaubwürdige Verfolgung der Ziele der Partei nicht erwarten lassen, muß es die
Folgen tragen (Risse aaO S. 139, 145, 151). Dies gilt nicht nur hinsichtlich der
Grundrechte aus Art 2, 5, und 9, sondern auch im Hinblick auf Art 4 I, II GG. Insoweit
kann es dahinstehen, ob Scientology eine Religions- oder
Weltanschauungsgemeinschaft ist, die den Schutz des Art 4 GG in Anspruch nehmen
kann. Art 4 I und II GG enthält zwar keine ausdrücklichen Schranken, er findet aber
seine Grenze in der verfassungsrechtlichen Ordnung selbst und damit in der
grundrechtlich geschützten Position der Beklagten (vgl. v. Münch/Kunig Art 4 Rn 54
m.w.N.). Auch insoweit braucht die Partei ein widersprüchliches Verhalten eines
Mitglieds in wesentlichen Punkten, auch wenn es durch die Religions- und
Weltanschauungsfreiheit geschützt ist, nicht zu dulden( vgl. Risse aaO S. 151). Auch
ein Verstoß gegen Art 1 GG, die Würde des Menschen, kommt unter diesen
Gesichtspunkten nicht in Betracht. Die Abwägung der betroffenen Grundrechte der
Kläger mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Funktionsfähigkeit der Beklagten
führt nämlich dazu, daß sowohl der Unvereinbarkeitsbeschluß als auch die hierauf
gestützte Ausschlußentscheidung keine Verletzung der Grundrechte der Kläger
bedeuten. Hat die Beklagte in sachlich nicht zu beanstandender Weise die Grundsätze
und Lehren von Scientolgy als mit ihren Grundsätzen nicht vereinbar bewertet und
steht dies in Einklang mit der Bewertung wichtiger gesellschaftlicher Gruppen und hat
darüberhinaus die Innenministerkonferenz Anlaß gesehen, die Beobachtung von
Scientology durch den Verfassungsschutz zu veranlassen, muß dem Recht der
Beklagten, sich von einer derartigen Organisation abzugrenzen, der Vorrang vor den
betroffenen Grundrechtspositionen der Kläger gebühren.
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ee)
67
Auch das Vorliegen eines schweren Schadens hat das Landgericht zu Recht
angenommen. Auch unter Berücksichtigung der genannten Grundrechtspositionen der
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Kläger ist die Bewertung der Beklagten, ihr sei durch die Mitgliedschaft der Kläger ein
schwerer Schaden entstanden, nicht unbillig. Ein schwerer Schaden im Sinne des §
10 IV PartG kann auch ein immaterieller Schaden, so insbesondere ein Verlust an
Glaubwürdigkeit sein. Ob hierfür die bloße Mitgliedschaft in einer Vereinigung
ausreichen kann und ob dies insbesondere aus der verfassungsmäßigen Ordnung
selbst und der verfassungsmäßigen Stellung der Parteien folgt (vgl. hierzu Risse aaO,
S. 54, 55), kann dahinstehen. Bereits durch das Bekanntwerden der Mitgliedschaft der
Kläger in Scientology und die hierauf erfolgten Reaktionen von Mitgliedern der
Beklagten und der Öffentlichkeit, ist der Beklagten ein Nachteil entstanden, den sie
auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Kläger im Rahmen des ihr
zustehenden Beurteilungsspielraums sachlich gerechtfertigt als schweren Schaden
werten durfte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß zwischen der Entstehung des
Schadens und dessen Feststellung zu unterscheiden ist. So tritt eine Schwächung der
Überzeugungskraft der Partei bereits durch die Duldung der Mitgliedschaft eines
Mitglieds ein, von dem zu erwarten ist, daß es wesentliche Grundsätze der Partei
aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer anderen Organisation nicht glaubhaft vertreten
kann Die Kenntnis von diesem Umstand und die Reaktion, etwa der Öffentlichkeit
hierauf, führt letztlich nur zum Erkennen dieses bereits eingetretenen Schadens, wie
sich daraus ergibt, daß dieser um so schwerer sein wird, je länger die Partei das
Mitglied in ihren Reihen geduldet hat. Dies muß jedenfalls dann gelten, wenn, wie
vorliegend, aufgrund der sachlich gerechtfertigten Beurteilung der Beklagten der
Verdacht besteht, daß das Mitglied einer derartigen Organisation, dem
Selbstverständnis dieser Organisation entsprechend, versuchen wird, die von dieser
verfolgten Ziele ohne offene Diskussion in die Partei einzubringen. In einem solchen
Fall verlangt es die verfassungsrechtlich geschützte Funktionsfähigkeit der Partei, daß
dieses Mitglied ausgeschlossen werden kann, ohne daß sich der Widerstreit der
Auffassungen konkret durch ein bestimmtes Verhalten des Mitglieds manifestiert hat.
ff)
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Das Bundesparteigericht hat in seinen Ausschlußentscheidungen auch von seinem
Ausschlußermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
Insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, mildere Mittel
standen nicht zur Verfügung. Weder eine Ermahnung der Kläger noch der Ausschluß
von Parteiämtern noch eine etwaige Erklärung der Beklagten, sich von den
Grundauffassungen von Scientology zu distanzieren, war geeignet, den in sachlich
gerechtfertigter Weise angenommenen Glaubwürdigkeitsverlust zu beseitigen und den
Eintritt eines weiteren Schadens zu verhindern. Angesichts dessen ist es nicht zu
beanstanden, daß das Bundesparteigericht die Verdienste der Kläger in der Partei, die
es ausdrücklich berücksichtigt hat, im Ergebnis nicht zugunsten der Kläger hat
durchgreifen lassen.
70
gg)
71
Die Kläger haben auch vorsätzlich gehandelt; gegen diese Annahme des
Bundesparteigerichts wenden sie sich auch
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nicht.
73
B.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 9, 711, 713 ZPO.
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C.
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Es handelt sich um eine Rechtsstreitigkeit über nicht vermögensrechtliche Ansprüche,
in der die Revision nur stattfindet, wenn das Oberlandesgericht sie in dem Urteil
zugelassen hat. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind jedoch
nicht erfüllt. Das Urteil des Senats weicht weder von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ab noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung nach § 546
ZPO. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage kann nicht aus konkreten
tatsächlichen Auswirkungen hergeleitet werden, etwa aus der Betroffenheit eines
größeren Personenkreises vom Ausgang des Rechtsstreits, vielmehr ist stets
erforderlich, daß die Rechtsanwendung einer Verallgemeinerung zugänglich ist.
Rechtsfragen sind als grundsätzlich anzusehen, wenn sie noch nicht oder noch nicht
klar entschieden sind und wichtige Problemkreise betreffen, zu denen divergierende
Ansichten vertreten werden oder vertretbar sind. Derartige Rechtsfragen stellen sich im
vorliegenden Fall nicht. Soweit unterschiedliche Auffassungen betroffen sind,
brauchten diese vom Senat nicht entschieden zu werden.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.000,- DM
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Wert der Beschwer für jeden der Kläger: 20.000,- DM
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