Urteil des OLG Köln vom 12.11.2003
OLG Köln: erblasser, testament, letztwillige verfügung, anteil, anweisung, erbrecht, echtheit, form, erbschein, beweiswürdigung
Oberlandesgericht Köln, 2 WX 25/03
Datum:
12.11.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 WX 25/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 11 T 8/02
Normen:
FGG §§ 12, 27, 29; BGB § 2358
Leitsätze:
Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Echtheit eines
Testaments trägt grundsätzlich derjenige, wer aus dem Testament ein
Erbrecht herleitet. Verbleiben nach ausreichenden Ermittlungen Zweifel
daran, ob nachträgliche Veränderungen einer Testamentsurkunde vom
Erblasser selbst vorgenommen wurden, so gehen diese Zweifel im
Erbscheinsverfahren zu Lasten desjenigen, der sich zur Begründung
des von ihm beanspruchten Erbrechts auf die Veränderungen beruft.
Wenn nicht auszuschließen ist, dass der Erblasser die Streichung einer
Erbeinsetzung auf der Testamentsurkunde schon vor der
Unterschriftsleistung vorgenommen hat, trägt den Nachteil der
Unaufklärbarkeit auch derjenige, dessen Name gestrichen worden ist.
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 17. Juli 2003 wird
der Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom
10. Juni 2003 - 11 T 8/02 - unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der
Be-
teiligten zu 2) vom 27. Dezember 2001 sowie der Beschwerde der Be-
teiligten zu 3) vom 20.Dezember 2001 jeweils gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 28. September 2001 - 33 VI 98/01 - an das
Landgericht Köln zurückverwiesen.
Dem Landgericht Köln wird auch die Entscheidung über die Kosten des
Verfahrens der weiteren Beschwerde übertragen.
Gründe:
1
I.
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Die Beteiligte zu 1) ist die Nichte des am 5. Juli 2000 verstorbenen Erblassers. Die
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Beteiligten zu 2) und 3) waren ebenso wie die Beteiligte zu 4) Bekannte mit dem
Erblasser befreundet. Der Beteiligte zu 6) ist zum Testamentsvollstrecker über den
Nachlass des Erblassers ernannt worden. Der Erblasser errichtete nach dem Tod seiner
Ehefrau mehrere Testamente. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die
Feststellungen des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen. Das zeitlich letzte
Testament verfasste der Erblasser unter dem 23. April 2000 (vgl. Bl. 296 d.A. sowie Bl.
19 der Testamentsakten 33 IV 547-549/00). Dieses Testament ist in der Form eines
Anschreibens an das Amtsgericht Köln gehalten. Der Erblasser nimmt hierin zunächst
Bezug auf ein am 22. Juli 1993 in amtliche Verwahrung gegebenes Testament. In
diesem Testament seien 90 % fest verfügt, nämlich 80 % zugunsten der Beteiligten zu
5), 5 % zugunsten des Dombauvereins und 5 % zugunsten der SOS-
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Kinderdörfer. 10 % seien für private Aufteilungen frei geblieben. Diese 10 %, so heißt es
weiter in dem Testament, würden "hiermit wie folgt als Nachtrag verfügt". Im Anschluss
hieran hat der Erblasser in tabellarischer Form acht Empfänger aufgeführt, an die er die
erwähnten 10 % seines Nachlasses verteilt. Mit schwarzer Schrift werden u.a. der
Beteiligten zu 1) 1/2 % (laufende Nr. 1), der Beteiligten zu 2) 3 % (laufende Nr. 3) sowie
der Beteiligten zu 3) 1 % (laufende Nr. 5) zugewiesen. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind
allerdings mit rot durchgestrichen. Die Streichungen sind durch eine Querlinie
miteinander verbunden; die Querlinie wird als Pfeil zum Namen der Beteiligten zu 1)
weiter geführt. Vor der Prozentzahl der Beteiligten zu 1) befindet sich ein rotes
Pluszeichen. Unterhalb der Tabelle findet sich nach dem Hinweis, dass "obengenannte
90 %" unverändert "gültig" blieben und "vorgenannte 10 %" frei gewesen und hiermit
verfügt seien, die Unterschrift des Erblassers.
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Die Beteiligte zu 1) hat gemäss UR-Nr. xxx/2001 der Notarin K. vom 5. Februar 2001
einen Teilerbscheinsantrag gestellt, der sie zu 4,5 % Anteil als Erbin ausweise. Hierzu
hat sie geltend gemacht, dass auf Grund der in dem Testament von dem Erblasser
vorgenommenen Streichungen die zunächst der Beteiligten zu 2) und 3) zugedachten
Erbteile in Höhe von 3 % und 1 % ihr zusätzlich über den ihr bereits zugedachten Anteil
von 1/2 % zustünden. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem entgegengetreten; die
Beteiligte zu 2) hat darüber hinaus ihrerseits die Erteilung eines sie als Erbin zu 3 %
ausweisenden Erbscheins beantragt; die Beteiligte zu 1) hat die Zurückweisung dieses
Antrags begehrt. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben geltend gemacht, die Streichungen
in dem Testament vom 23. April 2000 stammten nicht vom Erblasser bzw. seien
jedenfalls nicht von dessen Willen gedeckt.
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Durch Beschluss vom 28. September 2001 hat das Amtsgericht im Wege des
Vorbescheides angekündigt, der Beteiligten zu 1) einen sie als Erbin zu 4,5 % Anteil
ausweisenden Teilerbschein zu erteilen. Zugleich hat es den Erbscheinsantrag der
Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Es gebe keine ernstzunehmenden Anhaltspunkte
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dafür, dass die Durchstreichungen nicht vom Erblasser stammten.
Auf die gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 2) vom 27.
Dezember 2001 und der Beteiligten zu 3) vom 20. Dezember 2001 hat das Landgericht
nach Beweiserhebung den Beschluss des Amtsgerichts vom 28. September
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2001 aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, über den Teilerbscheinsantrag der
Beteiligten zu 2) nach Maßgabe der Gründe der landgerichtlichen Entscheidung neu zu
entscheiden. Die vom Amtsgericht angekündigte Erteilung des von der Beteiligten zu 1)
beantragten Teilerbscheins in Höhe von 4,5 % sei ebenso wenig gerechtfertigt wie die
Zurückweisung des von der Beteiligten zu 2) gestellten Teilerbscheinsantrages in Höhe
von 3 %. Maßgebend für das Erbrecht nach dem Erblasser sei das Testament vom 23.
April 2000 ohne die roten Streichungen nebst Pfeil. Die Kammer habe nach der von ihr
durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme und den sonstigen Ermittlungen nicht
feststellen können, dass die Streichungen der Beteiligten zu 2) und 3) im Testament des
Erblassers vom 23. April 2000 von dem Erblasser stammten. Bei Veränderungen an
einer Testamentsurkunde gingen Zweifel daran, ob sie von dem Erblasser selbst
vorgenommen worden seien, zu Lasten desjenigen, der sich zu Begründung des von
ihm beanspruchten Erbrechts auf die Veränderung berufe, d.h. vorliegend zu Lasten der
Beteiligten zu 1). Zwar sei das Testament nicht schon deshalb unwirksam, weil die
Veränderungen nicht vom Erblasser mit einer Paraphe und mit einem Datum versehen
abgeändert worden seien. Auf Grund der durchgeführten Beweiserhebung könne sich
die Kammer jedoch nicht davon überzeugen, dass der Erblasser die Streichungen
tatsächlich vorgenommen habe. Die Echtheit der Streichungen entziehe sich der
Nachprüfung durch einen Sachverständigengutachten. Der im Erbscheinsverfahren
geltende Grundsatz der Amtsermittlung verlange nicht die Erhebung offensichtlich
ungeeigneter Beweise. Die Annahme, dass ein Schriftsachverständiger positiv
feststellen könne, ob die Textstellen vom Erblasser oder von einem Dritten
durchgestrichen worden seien, erscheine abwegig, da solche Striche nicht die für die
Handschrift einer bestimmten Person charakteristischen und insoweit zur Identifizierung
geeigneten individuellen Merkmale aufwiesen.
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Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der weiteren Beschwerde
und dem Antrag, unter Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses das Amtsgericht
anzuweisen, ihr einen Teilerbschein zu erteilen, der sie als Erbin zu 4,5 % Anteil
ausweist und die abweichen Erbscheinsanträge der anderen Beteiligten
zurückzuweisen. Das Landgericht habe zunächst die Beweislastverteilung verkannt.
Ohne dass es dafür Anhaltspunkte gegeben habe, sei es davon ausgegangen, dass die
Streichungen nachträgliche Veränderungen eines zunächst abschließend errich-
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teten Testaments seien. Genauso gut möglich sei es aber, dass der Erblasser vor
Leistung seiner Unterschrift bereits die Veränderungen durch die Streichungen
vorgenommen habe. Unabhängig davon habe das Landgericht verfahrensfehlerhaft kein
Sachverständigengutachten eingeholt. Dies hätte zum einen zu der Frage erfolgen
müssen, ob die Striche, die Verbindung, der Pfeil und das Pluszeichen vom Erblasser
stammten, zum anderen zu der Frage, ob diese Darstellungen mit demselben Stift wie
die anderen Rotmarkierungen in derselben Urkunde erfolgt seien, und schließlich dazu,
ob bzw. dass die in Rede stehenden Ge- staltungen zeitgleich mit der Errichtung des
Testaments im übrigen erfolgt seien. Es sei keinesfalls ausgeschlossen, dass durch
Schriftsachverständigengutachten Aussagen über die Urheberschaft der hier in Rede
stehenden Darstellungen gemacht werden könnten. Wenn sich die Urheberschaft des
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Erblassers nicht schon durch das graphologische Gutachten hätte erweisen lassen
können, hätte das Landgericht durch ein chemisches Gutachten Beweis darüber
erheben müssen, dass die in Rede stehenden Darstellungen mit demselben Stift wie die
anderen Rotmarkierungen erfolgt seien und das Ganze zeitgleich geschehen sei. Im
übrigen habe sich das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nicht hinreichend
mit den sich zum Teil widersprechenden Angaben der Beteiligten zu 2) und 4)
auseinander gesetzt.
II.
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Die an keine Frist gebundene, in rechter Form (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG) eingelegte
weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.) ist ganz überwiegend zulässig und hat,
soweit sie zulässig ist, auch in der Sache Erfolg.
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1. Unzulässig ist das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) allerdings insoweit, als sie über
eine Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses hinaus eine Anweisung des
Amtsgerichts durch den Senat dahingehend beantragt, dass das Amtsgericht ihr einen
Erbschein mit einem Erbanteil von 4,5 % erteilen und die "übrigen Erbscheinsanträge"
zurückweisen soll. Wenn der Beschluss des Landgerichts aufgehoben wird, gilt
zunächst wieder der amtsgerichtliche Beschluss und damit auch die Zurückweisung des
Erbscheinsantrages des Beteiligten zu 2). Insoweit fehlt es deshalb für eine
entsprechende Anweisung des Amtsgerichts durch den Senat an dem erforderlichen
Rechtsschutzinteresse.
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Soweit die Beteiligte zu 1) über den vom Amtsgericht zu ihren Gunsten erlassenen
Vorbescheid hinaus die Anweisung zur Erteilung eines Erbscheins mit einer Erbquote
von 4,5 % begehrt, handelt es sich um ein mit der weiteren Beschwerde nicht zu
erreichendes Rechtsschutzziel. Der Senat ist nur befugt darüber zu entscheiden, ob das
Landgericht über die Erstbeschwerden zutreffend entschieden hat. Auch vor dem
Landgericht hätte die Beteiligte zu 1) höchstens die Zurückweisung der Beschwerden
der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den amtsgerichtlichen Beschluss erwirken können.
Da mithin das Landgericht im Rahmen seiner Beschwerdeentscheidung die von der
Beteiligten zu 1) nunmehr begehrte Anweisung des Amtsgerichts zur Erteilung eines
Erbscheins in Höhe eines Erbteils zu 4,5 % nicht hätte aussprechen können, ist die
hierauf gerichtete weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) zum Oberlandesgericht
nicht zulässig. In dem zu weit gehenden Antrag ist aber zugleich konkludent der Antrag
enthalten, die Sache zur erneuten Entscheidung über die Beschwerden der Beteiligten
zu 2) und 3) an das Landgericht zurückzuweisen. Mit diesem Antrag ist die weitere
Beschwerde zulässig.
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2. Die weitere Beschwerde hat auch, soweit sie entsprechend den Ausführungen unter
1. zulässig ist, in der Sache Erfolg. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) führt zur
Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens
an das Landgericht. Die Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27
Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Das Landgericht hat gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§§ 12
FGG, 2358 Abs. 1 BGB) verstoßen, weil es im Zusammenhang mit der Urheberschaft
der Streichungen in dem Testament vom 23. April 2000 den Sachverhalt nicht
hinreichend aufgeklärt hat.
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a) Die Frage, ob ein als letztwillige Verfügung in Betracht kommendes Schriftstück von
dem Erblasser eigenhändig ge- und unterschrieben worden ist, ob es also als
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formgültiges Testament angesehen werden kann (§ 2247 Abs. 1 BGB) liegt auf
tatsächlichem Gebiet (vgl. BayObLG, FamRZ 1986, 1043 [1044]; BayObLG, FamRZ
1992, 1206; BayObLG, FamRZ 1995, 1523). Die hierzu in der Tatsacheninstanz
getroffenen Feststellungen und die Beweiswürdigung des Tatrichters können im
Verfahren der Rechtsbeschwerde gemäss § 27 Abs. 1 FGG nur auf Rechtsfehler und
daher nur daraufhin überprüft werden, ob das Landgericht den maßgeblichen
Sachverhalt
hinreichend erforscht, ob es hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, die
Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen und ob es die
Beweisanforde-
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rungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (ständige Rechtsprechung z.B.: Senat,
Beschluss vom 11. April 2003, 2 Wx 3/03; Senat, NJW-RR 1994, 396; BayObLG,
FamRZ 1995, 1523; Meyer-Holz in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, § 27
Rdnr. 42 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist nicht erforderlich, dass die tatsächlichen
Folgerungen des Tatrichters schlechthin zwingend oder die einzig möglichen sind.
Vielmehr ist eine solche Folgerung aus Rechtsgründen schon dann nicht zu
beanstanden, wenn sie möglich ist, auch wenn abweichende Schlussfolgerungen
ebenfalls denkbar erscheinen oder sogar nahe gelegen hätten (vgl. OLG Hamm,
Rpfleger 1989, 23; Senat, FamRZ 1992, 729 [731]; Senat, NJW-RR 1994, 396).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zunächst die von dem Landgericht auf
der Grundlage der von ihm erhobenen Beweise durchgeführte
Beweiswürdigung
zu beanstanden. Das Landgericht hat in einer sehr sorgfältigen und ausführlichen
Begründung die für und gegen eine Urheberschaft des Erblassers für die hier in
streitstehenden Streichungen sprechenden Umstände gewürdigt. Die von dem
Landgericht im einzelnen dargelegten Zweifel daran, ob die Streichungen von dem
Erblasser stammen, sind jedenfalls denkgesetzlich möglich. Dass das Landgericht
zwingend zu der von der Beteiligten zu 1) gewünschten Würdigung der erhobenen
Beweise und der vorliegenden Unterlagen kommen musste, wird von der Beteiligten zu
1) nicht aufgezeigt. Sie setzt lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der insoweit
rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellung des Landgerichts, zeigt aber
keinen Rechtsfehler des Tatrichters auf.
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c) Das Landgericht hat es indes unter Verstoß gegen die §§ 12 FGG, 2258 Abs. 1 BGB
versäumt, sämtliche Erkenntnisquellen zur Ermittlung der Urheberschaft der
Streichungen auszuschöpfen. Die Gründe, aus denen das Landgericht von der
Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage der Urheberschaft der
Streichungen abgesehen hat, tragen die Ablehnung nicht.
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aa) Allerdings ist der Ausgangspunkt des Landgerichts nicht zu beanstanden, wonach
die hier in Rede stehenden Striche die für die Handschrift einer bestimmten Person
charakteristischen und insoweit zur Identifizierung geeigneten individuellen
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Merkmale nicht aufweisen. Aus der
Form
Rückschlüsse auf die Urheberschaft des Erblassers nicht herleiten. Insoweit konnte das
Landgericht ein Sachverständigengutachten auch ohne vorherige Befragung eines
Sachverständigen als von vornherein ungeeignetes Beweismittel ansehen.
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bb) Lückenhaft sind die Feststellungen des Landgerichts jedoch insoweit, als es nicht
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näher dargelegt hat, warum ein Sachverständiger nicht auch Feststellungen zum
Zeitpunkt
des Landgerichts lässt sich nicht entnehmen, ob es auch Zweifel daran hat, dass die
oberhalb der Tabelle enthaltenen ebenfalls in Rot gehaltenen Unterstreichungen bzw.
"Umkringelungen" von dem Erblasser stammen. Zumindest fehlt es insoweit an einer
eindeutigen Feststellung in dem angegriffenen Beschluss. Wenn aber
diese
Unterstreichungen vom Erblasser stammen
und
Unterstreichungen zeitgleich bzw. nahezu zeitgleich erfolgt sind, würde dies eindeutig
dafür sprechen, dass auch die hier streitigen Striche von den Erblasser herrühren. Bei
dieser Sachlage hätte das Landgericht zumindest nähere Feststellungen dazu treffen
müssen, inwieweit einem Sachverständigen die Bestimmung des
Entstehungszeitpunktes der in der Testamentsurkunde enthaltenen Striche möglich ist.
Verfügte das Landgericht insoweit nicht über eigene Sachkunde, die den Parteien
bekannt gemacht werden müsste, hätte es sich diese Erkenntnisse mit Hilfe eines
Sachverständigen verschaffen müssen und - falls derartige Feststellungen möglich sind
- ein Sachverständigengutachten zu der Frage des Zeitpunktes des Anbringens der
Durchstreichungen einholen müssen. Diesen Anforderungen genügt der angegriffene
Beschluss nicht.
d) Da es hiernach weiterer Ermittlungen zu Aufklärung des Sachverhaltes bedarf und
diese Ermittlungen möglicherweise zu einem eindeutigen Beweisergebnis führen, stellt
sich zum derzeitigen Zeitpunkt die Frage, wer bei einer Unaufklärbarkeit der
Urheberschaft der Streichungen die sogenannte Feststellungslast trägt, nicht. Der Senat
weist deshalb lediglich im Hinblick auf die Rüge der Beteiligten zu 1), wonach das
Landgericht die "Beweislast" zu Unrecht ihr auferlegt habe, vorsorglich auf Folgendes
hin:
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aa) Eine subjektive Beweislast (Beweisführungslast) kennt das Erbscheinsverfahren als
ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wegen des hier geltenden
Untersuchungsgrundsatzes (§§ 12 FGG, 2358 Abs. 1 BGB) nicht (vgl. BayObLGZ 1973,
145 [149]; BayObLG, FamRZ 1997, 1428 [1429]; KG, OLGZ 1991, 144 [147]; Schmidt in:
Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, § 12 Rdnr. 212 ff.). Indes gibt es auch hier eine objektive
Beweislast (Feststellungslast), die bestimmt, wie zu entscheiden ist, wenn die
gebotenen, zur Feststellung einer erheblichen Tatsache durchgeführten Ermittlungen zu
keinem Erfolg geführt haben. Ihre Verteilung richtet sich nach dem materiellen Recht
(vgl. BayObLGZ 1973, 145 [149]; BayObLG, FamRZ 1985, 837 [838]; BayObLG, NJW-
RR 1992, 1219 [1220]; BayObLGZ 1997, 1428 [1429]; KG, OLGZ 1991, 144 [147];
Schmidt in: Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, § 12 Rdnr. 214 mit weiteren Nachweisen). Geht
es - wie hier - um die Feststellungslast für die Echtheit eines Testaments, so trägt sie im
Zweifel derjenige, wer aus dem Testament ein Erbrecht herleitet (vgl. BayObLG, FamRZ
1985, 837 [838]; Palandt/Edenhofer, BGB, 62. Aufl. 2003, § 2247 Rdnr. 19 f.). Verbleiben
nach ausreichenden Ermittlungen Zweifel daran, ob die Veränderungen einer
Testamentsurkunde vom Erblasser selbst vorgenommen worden sind, so gehen diese
Zweifel im Erbscheinsverfahren zu Lasten desjenigen, der sich zur Begründung des von
ihm beanspruchten Erbrechts auf die Veränderungen beruft (vgl. BayObLGZ 1983, 204
[207]).
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bb) Wenn vorliegend feststünde, dass die Streichungen - von wem auch immer -
nach
der Unterschriftleistung vorgenommen worden sind, die Urheberschaft aber trotz
sämtlicher Ermittlungen offen bleibt, so hätte dies zur Folge, dass der Beteiligten zu 1)
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der von ihr beantragte Erbschein mit einer Erbquote von 4,5 % nicht erteilt werden
könnte, weil ein Erbrecht in dieser Quote nicht fest stünde. Auf der anderen Seite würde
sich dies zugunsten der Beteiligten zu 2) dahingehend auswirken, dass von der von ihr
für sich in Anspruch genommenen Erbquote von 3 % auszugehen wäre. Dass ihre
zunächst eingeräumte Erbenstellung
nachträglich
ist, bliebe offen und würde ihre Erbenstellung insoweit nicht mehr beseitigen. Auf dieser
Grundlage sind die Ausführungen des Landgerichts zu der Feststellungslast im
vorliegenden Verfahren zu verstehen, wobei das Landgericht allerdings bislang keine
Feststellungen zu dem Zeitpunkt der Vornahme der Streichungen getroffen hat.
cc) Die Feststellungslast würde sich allerdings anders darstellen, wenn der Zeitpunkt
der hier streitigen Streichungen ebenfalls offen bleiben würde. Wenn nämlich die
Möglichkeit bestünde, dass die Streichungen von dem Erblasser
vor
Unterschrift vorgenommen wurden, würde sich eine Unaufklärbarkeit der Urheberschaft
der Streichungen nicht nur zu Lasten der Beteiligten zu 1), sondern auch zu Lasten der
Beteiligten zu 2) und des von ihr gestellten Erbscheinsantrages sowie zu Lasten ihrer
Erstbeschwerde vor dem Landgericht auswirken, soweit sie sich gegen die
Zurückweisung ihres eigenen Erbescheinsantrages durch das Amtsgericht wendet.
Insoweit findet nämlich die oben angesprochene Grundregel Anwendung, wonach die
Feststellungslast für die Echtheit eines Testamentes derjenige trägt, der Rechte aus
dieser Urkunde herleiten will. Wenn aber nicht auszuschließen ist, dass die Unterschrift
erst nach der Streichung erfolgt ist, bleibt auch offen, ob die Beteiligte zu 2) überhaupt
jemals eine - widerrufbare - Erbenstellung erlangt hat. Hierfür trägt sie aber die
Feststellungslast.
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Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) in der weiteren Beschwerde würde sich aber
auch bei dieser Sachverhaltskonstellation an der Feststellungslast hinsichtlich des von
ihr
von 4,5 % nur dann erlangen, wenn feststeht, dass die Streichungen vom Erblasser
stammen. Die Verteilung dieser Feststellungslast ist unabhängig davon, ob die
Streichungen von dem Erblasser vor oder nach Unterschriftleistung vorgenommen
worden sind.
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3. Dem Senat als dem Rechtsbeschwerdegericht ist es verwehrt, die hiernach
erforderlichen tatsächlichen Feststellungen selbst zu treffen. Die Sache muss deshalb
an das Landgericht zurückverwiesen werden, damit es diese Feststellungen nachholt.
Da mit der Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz noch nicht fest steht, welche
Seite im Ergebnis obsiegen wird, muss dem Landgericht auch die Entscheidung über
die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde übertragen werden.
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Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde EUR 261.899,28
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Die Wertfestsetzung orientiert sich an den Angaben des Testamentsvollstreckers vom
31. Januar 2002 (vgl. Bl. 325 ff.) zu dem Nachlasswert. Hiernach stehen Aktiva in Höhe
von 13.118.733,00 DM
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dass sich ein reiner Nachlasswert in Höhe von
12.805.762,00 DM (= 6.547.482,10 EUR)
ergibt. Die Differenz der von der Beteiligten zu 1) begehrten 4,5 % des Nachlasses (=
294.636,69 EUR) zu der ihr vom Landgericht zugebilligten 0,5 % (32.737,41 EUR)
beträgt
261.899,28 EUR
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stattgebenden Entscheidung im Rahmen der weiteren Beschwerde.