Urteil des OLG Köln vom 18.08.2000

OLG Köln: vergütung, funktionelle zuständigkeit, verwalter, beschwerdekammer, beendigung, verfügung, verwaltung, scheidung, datum

Oberlandesgericht Köln, 2 W 109/00
Datum:
18.08.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 W 109/00
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 25 T 418/00
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 13. Mai
2000 gegen den Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf vom 17. April 2000 - 25 T 418/00 - wird zugelassen. Auf die
sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 13. Mai 2000
wird der Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom
17. April 2000 - 25 T 418/00 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten
Entscheidung über die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 25. März
2000 ge-gen den Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Düs-
seldorf vom 21. März 2000 - 505 IN 106/99 - an das Landge-richt
Düsseldorf zurückverwiesen. Gerichtskosten für die Entscheidung des
Landgerichts Düssel-dorf vom 17. April 2000 - 25 T 418/00 - und für das
Verfah-ren der weiteren Beschwerde werden nicht erhoben. Die Ent-
scheidung über die übrigen Kosten des Verfahrens der weite-ren
Beschwerde wird dem Landgericht Düsseldorf übertragen.
G r ü n d e
1
2
1. Der Beteiligte zu 2) ist durch Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 3.
Dezember 1999 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit
3
4
Beschluß vom 3. Januar 2000 hat das Amtsgericht Düsseldorf das Insolvenzverfahren
über das Vermögen der Beteiligten zu 1) eröffnet und den Beteiligten zu 2) zum
Insolvenzverwalter bestellt.
5
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2000 hat der Beteiligte zu 2) die Festsetzung einer
Vergütung in Höhe von DM 8.714,44 nebst 16 % Mehrwertsteuer, zusammen DM
10.108,75, für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter beantragt. Durch
6
Beschluß vom 21. März 2000 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Vergütung
des vorläufigen Insolvenzverwalters auf DM 4.884,11 nebst Mehrwertsteuer, insgesamt
DM 5.665,57 festgesetzt und den weitergehenden Festsetzungsantrag des Beteiligten
zu 2) abgelehnt. Dabei hat sie einen zu berücksichtigenden Wert der Masse bei der
Beendigung der vorläufigen Verwaltung von DM 48.841,16 zugrunde gelegt.
Forderungen der Schuldnerin, auf die bis zur Beendigung des Amtes des vorläufiger
Verwalter keine Zahlungen geleistet wurden, seien nach einer Entscheidung des
Landgerichts Düsseldorf vom 23. November 1999 - 25 T 937/99 - nicht zu
berücksichtigen.
Gegen diesen ihm am 23. März 2000 zugestellten Beschluß vom 21. März 2000 hat
der Beteiligte zu 2) mit einem am 29. März 2000 bei dem Amtsgericht eingegangenen
Schriftsatz vom 25. März 2000 Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat der
Rechtspflegerin des Amtsgerichts gemäß einer Verfügung vom 10. April 2000, deren
Inhalt dem Beteiligten zu 2) ausweislich der Akten nicht zur Kenntnis gebracht worden
ist, nicht abgeholfen.
7
Durch Beschluß vom 17. April 2000 hat das Landgericht die Beschwerde aus den
zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeverfügung
vom 10. April 2000 zurückgewiesen.
8
Gegen diesen ihm am 11. Mai 2000 zugestellten Beschluß des Landgerichts wendet
sich der Beteiligte zu 2) mit der am 17. Mai 2000 bei dem Landgericht eingegangenen
weiteren Beschwerde vom 13. Mai 2000, verbunden mit dem Antrag auf Zulassung
dieses Rechtsmittels. Er beantragt, eine weitere Vergütung in Höhe von DM 3.830,17
nebst 16 % Mehrwertsteuer festzusetzen.
9
1. Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entschei-.
10
11
dung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
12
1. Das Oberlandesgericht Köln ist gem. § 7 Abs. 3 InsO i.V.m. § 1 der Ver- ordnung
des Landes NRW über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die
weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November 1998 (GVBl. NW
1998, 550; NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das Rechtsmittel
13
14
des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 23. März
2000 berufen.
15
1. Der Senat läßt die weitere Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO zu. Das
16
17
Rechtsmittel und der Antrag auf seine Zulassung sind in rechter Frist angebracht
worden. Der Zulassungsantrag des Beteiligten zu 2) bezieht sich auf eine dem
Rechtsmittelzug der Insolvenzordnung und damit der Regelung des § 7 Abs. 1 InsO
unterliegenden Entscheidung des Landgerichts (vgl. Senat, NJW-RR 1999, 198 = NZI
1999, 198; Senat, NZI 2000, 80; Senat, NZI 2000, 317 [318]; Senat, Rpfleger 2000,
293). Der Beschluß des Amtsgerichts über die Festsetzung der Vergütung eines
Insolvenzverwalters einschließlich der zu erstattenden Auslagen unterliegt gemäß den
§§ 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 InsO. 11 Abs. 1 RPflG der sofortigen Beschwerde, wenn der
Mindestbeschwerdewert der §§ 64 Abs. 2 Satz 2 InsO, 567 Abs. 2 ZPO erreicht ist (vgl.
Senat, Rpfleger 2000, 293). Nichts anderes gilt für die Festsetzung der Vergütung des
vorläufigen Verwalters. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO gelten für ihn die Vorschriften der
§§ 63 bis 65 InsO entsprechend, so daß auch die Entscheidung des Insolvenzgerichts
über seine Vergütung mit der Erstbeschwerde anfechtbar ist (vgl. Senat, Rpfleger
2000, 293; LG Frankfurt, ZIP 1999, 1686 = InVo 1999, 276; LG Göttingen, ZInsO 2000,
46), wenn - wie hier - der genannte Mindestbeschwerdewert erreicht ist Der
Beschwerdeführer macht geltend, daß die angefochtene Entscheidung des
Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Die Frage der Zuständigkeit
des Rechtspflegers für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters und
die von der weiteren Beschwerde zur Entscheidung gestellte Frage nach den
Grundsätzen der Bemessung dieser Vergütung haben grundsätzliche Bedeutung, so
daß die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.
18
Die weitere Beschwerde ist in rechter Frist eingelegt worden. § 568 Abs. 3 ZPO steht
der Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde nicht entgegen (vgl. Senat, Rpfleger 2000,
293; OLG Braunschweig, NZI 2000, 321 = ZInsO 2000, 336; OLG Naumburg, ZInsO
2000, 349 [L.]; OLG Stuttgart, NZI 2000, 166 [167] = ZInsO 2000, 158 [159]; OLG
Zweibrücken, NZI 2000, 314 = ZInsO 2000m 398 [399]). Die Voraussetzungen der
Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im Insolvenzverfahren sind in § 7 Abs. 1 InsO
eigenständig und abweichend von den Voraussetzungen des § 568 Abs. 2 und 3 ZPO
geregelt worden (vgl. Senat, a.a.O.).
19
1. Die weitere Beschwerde ist auch mit der Maßgabe begründet, daß die an-
gefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer aufzuheben und die Sache an
das Landgericht zurückzuverweisen ist. Der Beschluß des Landgerichts beruht auf
einer Verletzung des Gesetzes, §§ 7 Abs. 1 InsO, 550 ZPO.
20
1. Es begegnet allerdings keinen rechtlichen Bedenken, daß der Rechtspfleger und
nicht der Richter des Insolvenzgerichts die Vergütung des vorläufigen Verwalters
21
festgesetzt und daß das Landgericht diese Verfahrensweise nicht beanstandet hat.
Die Frage, ob für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters der
Rechtspfleger oder der Richter zuständig ist, wird allerdings nicht einheitlich
beantwortet (vgl. die Nachw. bei OLG Zweibrücken, NZI 2000, 314 [315] = ZInsO
2000, 398 [399]). Der Senat schließt sich der eingehend und überzeugend
begründeten Auffassung des OLG Zweibrücken (a.a.O.) an, daß mit der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens der Rechtspfleger zuständig wird, sofern nicht der Richter
das Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 RPflG weiterführt. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1
RPflG bleiben Verfahren nach der Insolvenzordnung nur bis zur Entscheidung
über den Eröffnungsantrag dem Richter vorbehalten. Damit ist nach dem Wortlaut
des Gesetzes eine Grenze für die funktionelle Zuständigkeit des Insolvenzrichters
gegeben. Die Entscheidung über die Eröffnung bildet mithin eine zeitliche Zäsur.
Wird dem Eröffnungsantrag entsprochen und das Verfahren fortgesetzt, so fällt es
nach § 3 Nr. 2 lit. e RPflG fortan in die Zuständigkeit des Rechtspflegers. Soweit
sich der Richter nicht gemäß § 18 Abs. 2 RPflG die weitere Verfahrensführung
vorbehält, besteht daher keine Veranlassung, ihn neben dem Rechtspfleger mit
einzelnen Teilen des Verfahrens zu befassen (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O.;
Eickmann in Kübler/Prütting, InsO, Sonderband 5, Vergütung, 1999, § 11, Rdn.
39). Der Wirksamkeit einer gleichwohl vom Richter vorgenommenen Festsetzung
steht das allerdings gemäß § 8 Abs. 1 RPflG nicht entgegen (vgl. Senat, Rpfleger
2000, 293; OLG Braunschweig, NZI 2000, 321 = ZInsO 2000, 336).
22
Im Streitfall hat sich der Richter des Amtsgerichts bei der Eröffnung des
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) die weitere
Verfahrensführung nicht vorbehalten. Damit ist mit der Eröffnung auch die
Zuständigkeit zur Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf
den Rechtspfleger übergegangen.
23
1. Der angefochtene Beschluß des Landgerichts beruht aber deshalb auf einer
24
25
Verletzung des Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 550, 561 ZPO), weil er keine
subsumtionsfähige Sachverhaltsdarstellung enthält. Wie der Senat wiederholt
ausgesprochen hat (vgl. Senat, NZI 2000, 80; Senat, NZI 2000, 133; Senat NZI 2000,
169 [171]; Senat, ZInsO 2000, 393 [394]), bedarf eine Beschwerdeentscheidung des
Landgerichts im Verfahren nach § 6 Abs. 1 InsO einer vollständigen
Sachverhaltsdarstellung, aus der sich ergibt, von welchem Sachverhalt das
Landgericht ausgegangen ist und wie es ihn festgestellt hat. Sie darf nur durch
konkrete Bezugnahmen auf bestimmte Urkunden oder Aktenteile ersetzt oder ergänzt
werden.
26
Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nicht.
Die Bezugnahme auf die Gründe der Entscheidung der Rechtspflegerin und die
Nichtabhilfeverfügung vermag die fehlende Darstellung des Sachverhalts in dem
27
angefochtenen Beschluß nicht zu ersetzen, weil auch diese beiden Entscheidungen
eine hinreichende Darstellung des Sachverhalts nicht enthalten. Insbesondere sind
konkrete Feststellungen dazu, welche in dem Beschluß der Rechtspflegerin vom 21.
März 2000 angesprochenen Forderungen der Beteiligten zu 1) im Vergütungsantrag
des Beteiligten zu 2) berücksichtigt sind und welche Tätigkeit der Beteiligte zu 2)
insoweit entfaltet haben mag, weder in den beiden in Bezug genommenen
Entscheidungen des Amtsgerichts noch in dem mit der weiteren Beschwerde
angefochtenen Beschluß des Landgerichts selbst getroffen. In ihrer in diesem
Beschluß zitierten, in einer anderen Sache ergangenen Entscheidung vom 23.
November 1999 - 25 T 937/99 - (NZI 2000, 182) hat die Beschwerdekammer darauf
abgestellt wird, ob der vorläufige Verwalter in Bezug auf die Forderungen des
Schuldners gegen Dritte verwaltende Tätigkeit entfaltet hat. Feststellungen dazu, ob
dies vorliegend der Fall war, sind indes nicht getroffen worden.
Der Senat bemerkt daher nur ergänzend, daß auch zu beanstanden ist, daß das
Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung vom 17. April 2000 auch auf die
"zutreffenden Gründe ... der Nichtabhilfeentscheidung vom 10. April 2000" verwiesen
hat, ohne daß diese Nichtabhilfeentscheidung dem Beteiligten zu 2) zuvor oder
wenigstens gleichzeitig mit dem Beschluß vom 17. April 2000 zur Kenntnis gebracht
worden wäre.
28
Mit der hiernach erforderlichen Zurückverweisung der Sache an das Landgericht ist
dem Beteiligten zu 2) zugleich Gelegenheit gegeben, vor dem Tatrichter ergänzend
zum Umfang seiner Tätigkeit als vorläufiger Verwalter vorzutragen.
29
1. Die Feststellung, daß die Beschwerdekammer des Landgerichts vorliegend
30
31
die inzwischen bekannten Grundsätze für die Abfassung einer Entscheidung im
Verfahren nach § 6 Abs. 1 InsO nicht beachtet hat, ist gleichbedeutend mit der
Bejahung einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne von § 8 Abs. 1 GKG. Die durch
den Erlaß der angefochtenen Entscheidung und das Verfahren der weiteren
Beschwerde angefallenen Gerichtskosten sind deshalb nicht zu erheben. Die
Entscheidung über die übrigen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde muß
dem Landgericht übertragen werden.
32
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde : DM 4.443,--
33