Urteil des OLG Köln vom 24.04.1995

OLG Köln (zpo, auskunft, beschwerde, 1995, mitwirkung, gutachten, antrag, vollstreckung, zwangsgeld, rechnungslegung)

Oberlandesgericht Köln, 16 W 26/95
Datum:
24.04.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 W 26/95
Schlagworte:
Vollstreckung eines auf Auskunft und Rechnungslegung gerichteten
Titels Zwangsvollstreckung
Normen:
ZPO §§ 887, 888;
Leitsätze:
Ein auf Auskunft und Rechnungslegung lautender Titel ist dann nach §
887 ZPO zu vollstrecken, wenn die Erfüllung des titulierten Anspruchs
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich ist, ohne
daß es hierbei der Mitwirkung des Schuldners persönlich (- etwa durch
Mitteilung persönlichen Wissens an den Sachverständigen -) bedürfte
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 7.3.1995 gegen den
Beschluß des Landgerichts Köln vom 2.2.1995 - 3 O 191/94 - wird diese
Entscheidung aufgehoben und der Antrag der Klägerin vom 9.12.1994,
gegen die Beklagte ein Zwangsgeld festzusetzen, abgewiesen. Die
Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gründe :
1
Die Klägerin ist eines von vier ehelichen Kindern der Beklagten. Am 28.9.1993 verstarb
der Vater der Klägerin und Ehemann der Beklagten. Er wurde aufgrund eines
Erbvertrages von der Beklagten allein beerbt. Die Klägerin fordert nunmehr ihren
Pflichtteil und beantragte im Rahmen der gegenständlichen Stufenklage vorab, die
Beklagte zu verurteilen, durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den
Wert des in H.-G. gelegenen, bisher der Beklagten und ihrem verstorbenen Mann
gemeinschaftlich gehörenden Hausanwesens Auskunft zu erteilen. Das Landgericht
Köln erließ am 18.10.1994 ein entsprechendes TeilAnerkenntnisurteil.
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Die Klägerin beantragte am 9.12.1994, gegen die Beklagte ein Zwangsgeld
festzusetzen. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, die Beklagte sei der ihr
auferlegten Verpflichtung weder im Anschluß an die Zustellung des vorbezeichneten
Urteils nachgekommen, noch habe eine ergänzende Aufforderung vom 20.10.1994
gefruchtet. Durch Beschluß vom 2.2.1995, zugestellt am 7.3.1995, setzte das
Landgericht gegen die Beklagte gemäß diesem Antrag ein Zwangsgeld von 2.000 DM
fest. Dagegen hat die Beklagte Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, sie
habe das Gutachten nicht rechtzeitig erhalten. Der Besichtigungtermin sei von den
Erwerbern des zwischenzeitlich verkauften Erbbaurechtes behindert worden.
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Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig. Ihre Beschwerde vom 7.3.1995 ist nach §
793 ZPO als sofortige Beschwerde gegen die Zwangsgeldfestsetzung statthaft, sowie
form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache ist die sofortige Beschwerde auch
berechtigt. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß im
gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 888 ZPO festgestellt werden können.
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Diese Regelung darf nur dann angewendet werden, wenn die im Teilanerkenntnisurteil
vom 18.10.1994 gegen die Beklagte festgelegte Verpflichtung eine unvertretbare
Handlung beinhaltet, also die Erfüllung dieser Verpflichtung ausschließlich von der
Beklagten persönlich oder jedenfalls unter persönlicher Mitwirkung der Beklagten
vorgenommen werden kann. Ob eine zur Vollstreckung gestellte Handlung vertretbar
oder unvertretbar ist, ob also nach §§ 887 oder nach § 888 ZPO zu verfahren ist, ergibt
sich zunächst aus dem Wortlaut des Tenors im vorgelegten Vollstreckungstitel. Bereits
danach kann der Inhalt der von der Beklagten geschuldeten Leistung nicht als
unvertretbare Handlung gesehen werden. Die Entscheidung zielt vielmehr auf eine
vertretbare Handlung der Beklagten, deren Durchsetzung den in § 887 ZPO
vorgesehenen Voraussetzungen unterliegt.
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Der Klägerin zuzubilligen, daß Auskunft und Rechnungslegung häufig eine
unvertretbare Handlung erfassen. Das gilt namentlich bei Auskünften, die ein Schuldner
nach persönlichem Wissen zu erteilen und deren Richtigkeit er selbst an Eides statt zu
versichern hat ( vgl. LG Köln, NJW-RR 1986, 360 m.w.N. ). Das gilt insbesondere auch
für die im gegenständlichen Fall zu erteilende Auskunft nach § 2314 BGB ( vgl. OLG
Hamm NJW-RR 1988, 1087 m.w.N.; OLG Saarbrücken, OLGZ 1991, 225; OLG
Frankfurt, OLGZ 1987, 480 ). Von einer unvertretbaren Handlung darf letztendlich auch
dann ausgegangen werden, wenn der zur Auskunft Verurteilte diese durch Vorlage
eines Sachverständigengutachtens, das nur aufgrund seiner persönlichen Angaben
erstellt werden kann, zu erteilen hat ( vgl. BGH NJW 1975, 258; OLG Frankfurt a.a.O. ).
Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat grundsätzlich an. Gleichwohl muß die
im Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts vom 18.10.1994 der Beklagten auferlegte
Verpflichtung als vertretbare Handlung bezeichnet und nach § 887 ZPO vollstreckt
werden. Die nach diesem Titel geschuldete Handlung ist vertretbar, weil sich die
Beklagte bei der von ihr zu erbringenden Handlung vertreten lassen kann, ohne daß das
für die Klägerin bestehende Erfüllungsinteresse davon berührt wird ( vgl. zum Begriff der
Vertretbarkeit OLG Köln, MDR 1975, 586 ). Der mit der Erstellung des Wertgutachtens
beauftragte Sachverständige brauchte für seine Arbeiten nicht die Mitwirkung der
Beklagten. So kann dem Sachverhält nichts dafür entnommen werden, daß der
Sachverständige von der Beklagten noch Informationen oder Unterlagen benötigt hätte,
welche ausschließlich diese geben konnte. Ebensowenig ist ersichtlich, daß die
Beklagte tatsächliche oder rechtliche Schritte gegen die Erwerber des Hausanwesens
ergreifen mußte, die nur ihr möglich waren und deshalb das Gesamtgeschehen als
unvertretbare Handlung erscheinen lassen. Die Beklagte läßt anklingen, daß die
Erwerber ihres Hauses zunächst Bedenken hatten, dem von der Beklagten beauftragten
Sachverständigen Zutritt zu gestatten. Doch das jetzt vorgelegte Gutachten belegt, daß
die Erwerber des Hauses aufgegeben haben und Maßnahmen der Beklagten obsolet
wurden. Unter diesen Umständen des Falles ist nichts dafür ersichtlich, weshalb die der
Beklagten auferlegte Auskunftspflicht, einen Sachverständigen zu beauftragen und das
Gutachten vorzulegen, nicht auch durch einen beliebigen Dritten erfolgen konnte. Die
Durchsetzung der Auskunftspflicht durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens
hatte deshalb nach § 887 ZPO durch Anforderung eines Kostenvorschusses und
anschließende Ersatzvornahme zu erfolgen, §§ 887 Abs. 2 ZPO. Dieser Sichtweise
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steht die vorgenannte Rechtssprechung nicht entgegen. Die zitierten Entscheidungen
beruhen darauf, daß es dem Sachverständigen verwehrt gewesen ist, das von ihm
erwünschte Gutachten ohne Mitwirkung des betreffenden Schuldners anzufertigen.
Ferner wird darauf abgestellt, daß es weder für den Gläubiger noch für das Gericht
erkennbar war, ob noch tätige Mithilfe des Schuldners erforderlich ist. Beide
Erwägungen sind hier ohne Belang. Es war nach dem oben Gesagten deutlich, daß der
Sachverständige sein Gutachten ohne Mithilfe der Beklagten fertigstellen kann. Dann ist
einer Vollstreckung nach § 888 ZPO der Boden entzogen. Wenn es möglich wird, etwa
den Wert eines Nachlaßgegenstandes auch ohne Mitwirkung des Schuldners
festzustellen und dies erkennbar geworden ist, gibt es keinen Grund, eine eventuell
notwendige Vollstreckung nicht nach § 887 ZPO durchzuführen.
Der somit erfolglose Antrag der Klägerin, gegen die Beklagte wegen bisher nicht
erteilter Auskunft ein Zwangsgeld festzusetzen, kann nicht in einen Antrag nach § 887
ZPO umgedeutet werden. Dazu ist kein Raum mehr, nachdem die geforderte Auskunft
erteilt wurde.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Der Beschwerdewert wird auf 2.000 DM festgesetzt. Der Streitwert für die Beschwerde
des Schuldners gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes orientiert sich am
Interesse, die geforderte Handlung nicht ausführen zu müssen ( vgl. OLG Braunschweig,
JurBüro 1977, 1148 ). Diesem Interesse kann nach § 3 ZPO der vorgenannte Wert
beigemessen werden.
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