Urteil des OLG Köln vom 03.05.1995

OLG Köln (zpo, ersatzvornahme, schuldner, vollstreckung, handelsvertreter, gegenstand, datum, meinung, anordnung, 1995)

Oberlandesgericht Köln, 3 W 10/95
Datum:
03.05.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 W 10/95
Normen:
HGB § 87 C; ZPO §§ 887, 888; HANDELSVERTRETER;
PROVISIONSABRECHNUNG; BUCHAUSZUG;
ZWANGSVOLLSTRECKUNG;
Leitsätze:
Vollstreckung des Titels auf Erteilung einer Provisionsabrechnung
Handelsvertreter, Provisionsabrechnung, Buchauszug,
Zwangsvollstreckung
HGB § 87 c, ZPO §§ 887, 888 1. Die Verurteilung zur Erteilung einer
Provisionsabrechnung ist grundsätzlich nicht nach § 888 ZPO, sondern
nach § 887 ZPO zu vollstrecken. 2. Hat der Schuldner einen
Buchauszug erteilt, so kommt eine Neuherstellung des Buchauszugs im
Wege der Ersatzvornahme gemäß § 887 ZPO nur bei gänzlicher
Unbrauchbarkeit des vorgelegten Buchauszugs in Betracht. Die
Anordnung einer Ergänzung des Buchauszugs im Wege der
Ersatzvornahme setzt jedenfalls eine nähere Darlegung des Gläubigers
voraus, inwiefern der vorgelegte Buchauszug unvollständig ist.
G r ü n d e
1
Die gem"ß §§ 793, 577 ZPO zul"ssige sofortige Beschwerde des Schuldners hat in der
Sache Erfolg.
2
Das Landgericht hat zu Unrecht gem"ß § 888 ZPO Zwangsmittel gegen den Schuldner
zur Erzwingung der ihm gem"ß dem landgerichtlichen Urteil vom 23.11.1994 - 14 O
118/94 - obliegenden Verpflichtung zur Provisionsabrechnung gegenüber dem
Gl"ubiger festgesetzt. Nach herrschender Meinung handelt es sich bei der
Provisionsabrechnung um eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO, da sie
aufgrund der vorliegenden Bücher auch von einem sachkundigen Dritten vorgenommen
werden kann. Eine Vollstreckung nach § 888 ZPO ist ausnahmsweise nur dann
zul"ssig, wenn Bücher g"nzlich fehlen oder so unzul"nglich geführt sind, daß sie von
einem Dritten nicht ausgewertet werden k"nnen (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl. §
87 c Rdnr. 12; Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. § 87 c Rdnr. 5 e;
Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 53. Aufl. § 887 Rdnr. 34; Z"ller-St"ber,
ZPO, 19. Aufl., § 887 Rdnr. 3; LAG Hamm DB 83, 2257). Dafür, daß hier die besonderen
Voraussetzungen für eine Zwangsvollstrekkung gem"ß § 888 ZPO vorliegen, ist nichts
dargetan. Die Anordnung von Zwangsmitteln ist somit unzul"ssig.
3
Der Schuldner wendet sich auch zu Recht gegen die Erm"chtigung des Gl"ubigers
gem"ß § 887 ZPO zur Ersatzvornahme hinsichtlich der Erteilung eines Buchauszugs.
Zwar ist die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs nach § 887 ZPO zu
vollstrecken (vgl. Baumbach/Hopt, Schlegelberger und Z"ller-St"ber jeweils a.a.O.;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO § 887 Rdnr. 23; OLG Hamm NJW 65,
1387 f; OLG Koblenz NJW-RR 94, 358 f und OLG Hamm NJW-RR 94, 489). Der
Gl"ubiger ist jedoch nicht mehr zur Ersatzvornahme berechtigt, weil der Schuldner ihm
einen Buchauszug erteilt hat. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist nach
herrschender Meinung im Verfahren nach § 887 ZPO zu prüfen (vgl. Z"ller-St"ber ZPO §
887 Rdnr. 7 m.w.N.). Der Schuldner ist seiner Verpflichtung zur Erteilung des
Buchauszugs ordnungsgem"ß nachgekommen. In einen Buchauszug sind alle
provisionspflichtigen Gesch"fte mit allen für Berechnung, H"he und F"lligkeit der
Provision wesentlichen Angaben - soweit sie sich aus den Büchern des Schuldners
ergeben - aufzunehmen. Der Auszug muß Namen und Anschriften der Besteller, Datum
und Gegenstand des Auftrags sowie Gegenstand und Menge der Lieferung nebst
Preisangaben enthalten. Ferner muß sich ergeben, ob und gegebenenfalls welche
Auftr"ge nicht zur Durchführung gelangt oder rückg"ngig gemacht worden sind (vgl.
Schlegelberger § 87 c Rdnr. 7 f; OLG Hamm NJW 65, 1387 f). Diesen formellen
Anforderungen genügt der vom Schuldner unter dem 20.02.1995 erteilte Buchauszug
(Bl. 62 f d.A.). Eine Neuherstellung des Buchauszugs, wie vom Gl"ubiger beantragt,
kann daher nicht verlangt werden. Sie k"me nur in Betracht, wenn der vorgelegte
Buchauszug g"nzlich unbrauchbar w"re (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann,
ZPO § 887 Rdnr. 23; BGH LM § 87 c HGB Nr. 4 a; OLG München NJW-RR 88, 290).
Dies ist hier ersichtlich nicht der Fall. Allerdings macht der Gl"ubiger geltend, der
vorgelegte Buchauszug sei unvollst"ndig. Ob im Falle der Unvollst"ndigkeit eines
erteilten Buchauszugs für eine Vollstreckung nach § 887 ZPO kein Raum mehr ist und
sich der Handelsvertreter auf den Anspruch auf Bucheinsicht nach § 87 c Abs. 4 HGB
verweisen lassen muß, oder ob er Erg"nzung des Buchauszugs im Wege der
Ersatzvornahme verlangen kann, ist umstritten (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO § 887 Rdnr. 23; OLG Hamm NJW 65,
1387 f; OLG München NJW-RR 88, 290; OLG Koblenz NJW-RR 94, 358 f). Der Senat
kann diese Frage im vorliegenden Fall offenlassen; denn ein Anspruch auf Erg"nzung
des Buchauszugs im Wege der Ersatzvornahme würde jedenfalls eine n"here
Darlegung des Gl"ubigers voraussetzen, daß noch weitere provisionspflichtige
Gesch"fte zustandegekommen und damit weitere Ansprüche nach § 87 HGB entstanden
sind. Die allgemeine, ohne n"here Begründung aufgestellte Behauptung, der
Buchauszug sei unvollst"ndig, reicht nicht aus (vgl. Schlegelberger HGB § 87 c Rdnr.
10). Im vorliegenden Fall hat der Gl"ubiger nur pauschal behauptet, der vorgelegte
Buchauszug umfasse nicht alle im ehemaligen Postleitzahlengebiet 7 vermittelten
Gesch"fte des Schuldners. An n"heren Angaben hierzu fehlt es. Unter diesen
Umst"nden kommt eine Vollstreckung nach § 887 ZPO nicht - mehr - in Betracht.
4
Der angefochtene Beschluß war somit aufzuheben.
5
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 788, 91 ZPO.
6
Beschwerdewert: 5.000,00 DM.
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