Urteil des OLG Köln vom 28.05.1998

OLG Köln (kläger, zwangsverwaltung, sanierung, erhaltung, verbesserung, zpo, zahlung, wert, vorrecht, verwendung)

Oberlandesgericht Köln, 18 U 243/97
Datum:
28.05.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 243/97
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 0 222/97
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. August 1997 verkündete
Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 11 0 222/97 - wird
kostenpflichtig zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger betrieb als Verwalter der o.g. WEG gemäß Beschluß des AG Aachen vom
19.4.1994 - 18 L 8/94 - die Zwangsverwaltung in das Wohnungseigentum des Herrn R.
N. (Miteigentumsanteil und Sondereigentum an der Wohnung Nr. 34). Auf Anforderung
des Zwangsverwalters zahlte der Kläger im März 1996 einen Vorschuß von 15.000,-DM
auf die nach dem Beschluß der WEG vom 5.7.1995 für die Sanierung der Außenfassade
am 31.3.1996 zu leistende Sonderumlage auf das Wohngeldkonto ein.
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Auf Betreiben der Beklagten, für die eine Buchgrundschuld über 136.300,-DM an erster
Rangstelle eingetragen war, wurde das Wohnungseigentum im Verfahren 18 K 168/96
AG Aachen am 21.2. 1997 zwangsversteigert . Die Beklagte erhielt den Zuschlag zum
Gebot von 73.500,- DM . Die Zwangsverwaltung wurde am 4.3.1997 aufgehoben.
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Bis zu diesem Zeitpunkt waren Kosten für die Planung der Fassadensanierung,
Baustatik und Baugenehmigung angefallen . Die Ausschreibung war erfolgt , ein Auftrag
zur Durchführung der Arbeiten jedoch noch nicht erteilt . Der von dem Kläger auf die
Sonderumlage geleistete Vorschuß wurde im Teilungsplan des AG Aachen nicht
berücksichtigt, weil die fraglichen Arbeiten nicht durchgeführt seien .
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Auf den Widerspruch des Klägers hat das AG Aachen den Vollzug des Teilungsplans
zurückgestellt und den Kläger zur Klage aufgefordert.
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Der Kläger begehrt nun die Feststellung , daß bei der Verteilung des
Zwangsversteigerungserlöses sein Anspruch auf Ersatz der auf das Wohngeldkonto
eingezahlten 15.000,- dem dinglichen Recht der Beklagten vorgeht. Das Landgericht hat
die Klage abgewiesen.
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Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter
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Er trägt vor, es liege eine endgültige Ausgabe vor, denn der von ihm geleistete
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Massekostenvoschuß sei für die von dem Zwangsverwalter geschuldete Sonderumlage
verbraucht worden. Die Sonderumlage habe der Finanzierung dringend erforderlicher
Sanierungsmaßnahmen gedient , die nach Erteilung des Bauleistungsauftrages am
30.7.1997 durchgeführt seien. Die Vorschußzahlung habe bereits eine Wertsteigerung
des Wohnungseigentums bewirkt, weil zu dessen Wert der Anteil des Schuldners an der
Instandhaltungsrücklage gehöre. Die Aufwendungen des Klägers seien damit der
Beklagten als Realgläubigerin zugute gekommen. Aufgrund der Besonderheiten des
Wohnungseigentumsrechts dürfe nicht darauf abgestellt werden, ob die
Baumaßnahmen bereits begonnen oder durchgeführt wurden . Maßgeblich sei, daß die
Sonderumlage nicht zurückgefordert werden könne , sondern in das Vermögen der
Gemeinschaft übergehe , die sie gemäß der beschlossenen Zweckbestimmung zu
verwenden habe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27.8.1997 aufzuheben
und wie folgt zu erkennen:
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Der Widerspruch des Klägers gegen den Teilungsplan des Amtsgerichts Aachen vom
9.4.1997 in dem Zwangsversteigerungsverfahren 18 U 168/96 ist begründet. Der
Teilungsplan wird dahin geändert, daß der Kläger mit seiner Forderung in Höhe von
15.000,-DM vor derjenigen der Beklagten zu befriedigen ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie tritt dem Berufungsvorbringen im einzelnen entgegen und trägt u.a. vor, die geltend
gemachten Aufwendungen seien im Rahmen der Zwangsverwaltung nicht notwendig
gewesen , denn die Mietsache habe sich in einem Zustand befunden, der ihren
vertragsgemäßen Gebrauch ermöglichte.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig ; sie kann in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.
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Zu der beantragten Aufhebung des angefochtenen Urteils besteht keine Veranlassung.
Ein Aufhebungsgrund nach § 539 ZPO ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Auch eine
Abänderung der Entscheidung ist nicht geboten .
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Nach § 10 I 1 ZVG gewährt ein Recht auf Befriedigung aus dem Erlös in der
Vollstreckungsversteigerung in Rangklasse 1 der Anspruch eines die
Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung
oder nötigen Verbesserung des Grundstücks.
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Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat ,
beruht das Vorrecht auf dem Gesichtspunkt der nützlichen Verwendungen.
Voraussetzung dafür ist deshalb nach ganz herrschender Meinung im Schrifttum, daß
die Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks im laufenden
Zwangsverwaltungsverfahren tatsächlich verwendet worden sind ( Dassler/ Schiffhauer/
Gerhardt/ Muth, ZVG 12. Aufl. § 10 Rn. 7 ; Jäckel/ Güthe/ Volkmar/ Armstroff, ZVG 7.
Aufl., § 10 Rn. 3 ; Steiner/Hagemann , ZVG 9. Aufl., Rn. 25 ).
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Die vom Kläger zitierte Literaturmeinung (Weitnauer/Hauger, WEG 8. Aufl., § 45 Rn. 15)
, wonach sich die bevorrechtigte Befriedigung aus dem Versteigerungserlös auf
Vorschüsse bzgl. Wohngelder und sonstige zur Erhaltung des beschlagnahmten
Grundstücks erforderliche Zahlungen erstreckt, muß nichts Gegenteiliges besagen. Zu
der Frage , ob die Ausgaben im laufenden Zwangsverwaltungsverfahren tatsächlich
verwendet worden sein müssen, wird dort nicht Stellung genommen.
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Der Senat geht mit dem Landgericht und der herrschenden Meinung im Schrifttum
davon aus, daß das Vorrrecht des § 10 I 1 ZVG zweckentsprechende Verwendung der
Vorschüsse voraussetzt.
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Ebenso hat bereits das Reichsgericht zu der im wesentlichen gleichlautenden
Bestimmung in § 24 pr. ZVG von 1883 entschieden und gefordert, daß die
aufgewandten Kosten das Grundstück für die Zwangsversteigerung erhalten oder
wiederhergestellt und damit dem Interesse der Hypothekengläubiger gedient haben
(RGZ 17, 273, 276 ) . Demgemäß ist allerdings das Vorrecht in einem Fall bejaht
worden, in dem mit den geleisteten Vorschüssen in der Zwangsverwaltung
Erntebestände erzielt wurden und davon ausgegangen werden konnte, daß das
Meistgebot nur mit Rücksicht auf die mitverkaufte Ernte die erzielte Höhe erreicht hatte .
Das Reichsgericht hat dazu ausgeführt, die gesetzliche Regelung beruhe auf der
Erwägung, daß sich die in der Zwangsversteige-rung befriedigten Realgäubiger mit dem
Schaden des die Zwangs-verwaltung betreibenden Gläubiger bereichern würden, wenn
das Grundstück durch Verwendung der von diesem geleisteten Verwal-tungsvorschüsse
erhalten oder mit den nötigen Verbesserungen ausgestattet worden ist , und der
hierdurch erzielte Kaufpreis lediglich den Realgläubigern zugute käme (RGZ 41,321,
323).
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Im vorliegenden Fall steht nicht fest, daß die Beklagte sich mit dem Schaden der die
Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger bereichert , wenn der Versteigerungserlös
aufgrund des für sie bestehenden dinglichen Rechts an sie ausgekehrt wird .
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Die im Rahmen der Zwangsverwaltung erfolgte Zahlung auf die von der WEG
beschlossene Sonderumlage hat als solche das Wohnungs-eigentum nicht erhalten
oder wiederhergestellt. Die Sonder-umlage für die geplante Sanierung der Hausfassade
ist bei der Festsetzung des Verkehrswertes auf 105.000,-DM nicht berück-sichtigt
worden ( Verkehrswertgutachten Bl.19 ff., Beschluß Bl.39 der Beiakte 18 K 168/96). Sie
ist lediglich in dem bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots enthalten . Dafür, daß
das dem Mindestgebot nach § 74 a ZVG entsprechende Meistgebot von 73.500,-DM nur
mit Rücksicht auf die Sonderumlage für die Sanierung der Fassade erzielt worden ist ,
gibt es keine Anhaltspunkte .
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Die Sonderumlage hat ebenso wie die ständig zu bildende In-standsetzungsrücklage
den Wert des Wohnungseigentums selbst nicht erhöht. Inwieweit sie zur Sanierung der
Fassade verwendet werden würde, stand ungeachtet der überschlägigen Kostener-
mittlung zum Zeitpunkt der Zwangsversteigerung nicht fest . Die WEG hätte vor Erteilung
des Bauauftrages auch anderweitig entscheiden und die Fassadensanierung
zurückstellen können .
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Auch wenn es sich bei der inzwischen durchgeführten Fassadensanierung um eine
Erhaltungsmaßnahme iS von § 10 I 1 ZVG handeln dürfte, hat es damit bei der
Entscheidung des Landgerichts zu verbleiben .
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1 , 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Berufungsstreitwert und Beschwer des Klägers : 15.000,-DM
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