Urteil des OLG Koblenz vom 13.07.2006

OLG Koblenz: erblasser, lebensversicherung, zuwendung, sittliche pflicht, verbrauchbare sache, teilweise abweisung, baukosten, auskunft, tod, ehevertrag

Bürgerliches Recht
OLG
Koblenz
13.07.2006
7 U 1801/05
Die Absicherung des überlebenden Ehegatten rechtfertigt nur dann die Einschränkung des
Pflichtteilsrechts naher Angehöriger im Sinne des § 2330 BGB, wenn diese in einer Weise sittlich geboten
war, dass ein Unterlassen der Zuwendung dem Erblasser als Verletzung einer für ihn bestehenden
sittlichen Pflicht zur Last zu legen wäre. Hierbei ist maßgeblich auf die Sichtweise abzustellen, die der
Erblasser im Zeitpunkt der Schenkung bei einer vorausschauenden Betrachtung haben musste, welche
sämtliche Umstände in Erwägung zieht, die seiner Kenntnisnahme auch nur möglicherweise zugänglich
waren.
Verschenkt der Erblasser eine Immobilie und behält sich ein lebenslanges (dingliches oder
schuldrechtliches) Nutzungsrecht vor, bleibt bei dem nach § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB vorzunehmenden
Wertvergleich das vorbehaltene Nutzungsrecht zunächst unberücksichtigt. Um die beiden Werte unter
Berücksichtigung des Kaufpreisschwundes vergleichbar zu machen, ist der Wert im Zeitpunkt der
Zuwendung mit Hilfe des allgemeinen Verbraucherindexes auf die Wertverhältnisse zur Zeit des Ebfalls
unzurechnen. Nur wenn nach diesem Wertvergleich der Wert zur Zeit der Schenkung für die Berechnung
des Pflichtteilsergänzungsanspruchs maßgeblich ist, weil dieser geringer ist als derjenige zur Zeit des
Erbfalls, ist das Nutzungsrecht wertmindernd zu berücksichtigen. Ist nach dem (ohne Berücksichtigung
des Nutzungsrechts vorgenommenen) Wertvergleich hingegen der Wert zur Zeit des Erbfalls maßgeblich,
bleibt das Nutzungsrecht unberücksichtigt, weil es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr besteht.
Leistet der seine Verurteilung in erster Instanz mit der Berufung angreifende Schuldner den Urteilsbetrag
zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, endet mit der Zahlung - auch wenn diese keine
Erfüllungswirkung hat - die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugs- oder Prozesszinsen. Auch wenn sich
ein Zinsanspruch als Nebenforderung nach § 4 ZPO nicht streitwerterhöhend auswirkt, ist die (teilweise)
Abweisung des Zinsanspruchs nach § 92 ZPO bei der Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers zu
berücksichtigen, wenn der Zinsforderung im Verhältnis zur Hauptforderung erhebliches Gewicht zukommt
(hoher Zinssatz und/oder lange Laufzeit).
Geschäftsnummer: Verkündet
7 U 1801/05 am 13. Juli 2006
5 O 295/94 LG Koblenz
Bau, Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Oberlandesgericht Koblenz
Im Namen des Volkes
Urteil
in dem Rechtsstreit
C…-C… P…,
Kläger, Berufungskläger, Berufungsbeklagter und Anschlussberufungsbeklagter,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
g e g e n
A… M… R…,
Beklagte, Berufungsbeklagte, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsklägerin,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
w e g e n Pflichtteilsergänzung.
Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Vorsitzende Richterin am
Oberlandesgericht Wolff, die Richterin am Oberlandesgericht Darscheid und den Richter am
Oberlandesgericht Eck
auf die mündliche Verhandlung vom 01. Juni 2006
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung beider Parteien wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 18.
November 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 428.113,82 € nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. ab
21.05.1994 zu zahlen, aus einem Teilbetrag von 227.594,03 € allerdings begrenzt bis zum 30.11.2005.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zu 15% und der Beklagten zu 85% zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des
vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Der am ...01.1981 nichtehelich geborene Kläger ist das einzige Kind des am 14.10.1992 mit 42 Jahren
verstorbenen K… A… R…. Die Beklagte war mit dem Erblasser seit dem 13.10.1989 verheiratet und ist
dessen gesetzliche Alleinerbin. Durch Ehevertrag vom 22.06.1990 (Bl. 902 ff GA) hatte sie mit dem
Erblasser Gütertrennung und einen gegenseitigen Verzicht auf Zugewinnausgleich, nachehelichen
Unterhalt sowie Versorgungsausgleich vereinbart.
Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger Erbersatz- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach
seinem Vater geltend. Nachdem das Landgericht mit Teilurteilen vom 16.03.1995 und 03.11.2000
– bestätigt durch Urteil des Senates vom 31.10.2001 – die Beklagte zur Auskunft über den Bestand des
Nachlasses und die vom Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod getätigten Schenkungen
sowie Wertermittlung hinsichtlich bestimmter Gegenstände verurteilt hatte, hat die Beklagte in einer
„Teilvergleichsvereinbarung“ vom 20./27.11.1998 (Bl. 985 ff GA) und einer „2. Teilvergleichsvereinbarung“
vom 25.05./01.06.1999 (Bl. 869 ff GA) die geforderten Auskünfte erteilt. Auf dieser Grundlage ist der
Erbersatzanspruch zwischenzeitlich reguliert. Die Parteien streiten jetzt noch um den Umfang
ausgleichspflichtiger Schenkungen an die Beklagte und an Dritte.
Hierbei handelt es sich um folgende Positionen:
- Schenkung des Forstgutes B… aufgrund notariellen Vertrages vom 18.05.1983 (Bl. 385 ff GA)
an U..., P... und F... S... (Schwester des Erblassers und deren Kinder), das der Erblasser durch
Pachtvertrag vom 29.03.1984 (Bl. 443 ff GA) wieder zur alleinigen Nutzung auf Lebenszeit
zurückgepachtet hat
- Zuwendung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung im Jahre 1977 an F... S... und
P... A. G... (in der Berufungsinstanz nicht mehr streitig)
- Zuwendung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung an die Beklagte im Jahre
1991 und
- Beteiligung an den Baukosten eines Wohnhauses auf dem der Beklagten von ihren Eltern
übertragenen Hofgut S....
Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.11.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen zur weiteren
Sachdarstellung verwiesen wird, die Beklagte zur Zahlung von 227.594,03 € nebst Zinsen hieraus in
Höhe von 4% p.a. vom 21.05.1994 bis zum 30.04.2000 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2000 verurteilt und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu
47% sowie der Beklagten zu 53% auferlegt. Es hält die Beklagte in Höhe des mit 6.078.098,60 € in Ansatz
gebrachten Wertes des Forstgutes B... – ohne Berücksichtigung der Rückpacht ‑ sowie der Zuwendung
der Bezugsberechtigung der Lebensversicherung an F... S... und P... A. G... (20.707,32 €) in vollem
Umfang und hinsichtlich der Beteiligung an den Baukosten des Hauses teilweise (in Höhe von 27.456,89
€) für pflichtteilsergänzungspflichtig, begrenzt allerdings durch den eigenen
Pflichtteilsergänzungsanspruch der Beklagten. Die Zuwendung der Bezugsberechtigung der
Lebensversicherung an die Beklagte hält das Landgericht für unterhaltsrechtlich und aus sittlicher Pflicht
geschuldet, ebenso die Zurverfügungstellung von Wohnraum für die Zeit der durchschnittlichen
Lebenserwartung des Erblassers, weshalb es den für eine vergleichbare Wohnung für diesen Zeitraum
aufzubringenden, auf 1.000 € monatlich geschätzten Mietzins hälftig von der Beteiligung des Erblassers
an den Baukosten des Wohnhauses in Abzug bringt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf
die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung macht der Kläger geltend:
Weder die Zuwendungen zum Bau des Wohnhauses noch die Einräumung der Bezugsberechtigung der
Lebensversicherung seien der Beklagten unterhaltsrechtlich geschuldet gewesen, weil diese als
Eigentümerin des Hofgutes S... nicht unvermögend, der Wohnbedarf durch einen vorhandenen Altbau auf
dem Hofgut gedeckt gewesen sei und die Beklagte im Ehevertrag vom 22.06.1990 auf Unterhalt sowie
Versorgungsausgleich verzichtet habe. Zudem habe sich das Landgericht bei der Ermittlung des
Mietzinses unzulässiger Schätzungen bedient und habe nicht beachtet, dass in der ersten
Teilvergleichsvereinbarung bereits ein Abzug von 21.000 € für die Wohnnutzung des Erblassers
vereinbart worden sei, zumal allenfalls der Mietzins für die Zeit bis zum Tod des Erblassers berücksichtigt
werden dürfe und dieser insoweit nicht vorleistungspflichtig gewesen sei. Hinsichtlich der
Lebensversicherung seien nicht nur die in der Ehe mit der Beklagten gezahlten Prämien sondern
sämtliche in den letzten zehn Jahren vor dem Tod gezahlten Prämien in die Berechnung einzustellen.
Schließlich seien Zinsen – nicht wie vom Landgericht zuerkannt erst ab Rechtshängigkeit sondern –
bereits ab Ablehnung seines vorprozessualen Begehrens geschuldet.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 18.11.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Koblenz die Beklagte zu
verurteilen, an ihn 428.113,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4% seit dem 01.06.1993 und Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 450.349,68 € seit dem 01.05.2000 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das am 18.11.2005 verkündete Urteil des Landgerichts
Koblenz abzuändern, soweit sie zu einer höheren Zahlung an den Kläger verurteilt worden ist als
207.001,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4% jährlich für die Zeit vom 21.05.1994 bis zum
30.11.2005.
Zur Begründung macht sie geltend:
Die Zuwendungen zum Bau des Wohnhauses müssten gänzlich außer Ansatz bleiben, weil der Erblasser
nach den unterschiedlichen Einkommensverhältnissen mit 90% an den fiktiven Mietkosten zu beteiligen
gewesen sei und diese anteiligen Mietkosten seine Zuwendungen zum Hausbau überwögen. Sie sei
bedürftig gewesen; das Hofgut sei insoweit bereits deshalb nicht als Vermögenswert zu berücksichtigen,
weil sie im Falle einer Veräußerung oder Belastung einem Rückübertragungsanspruch ihres Vaters
ausgesetzt gewesen sei. Außerdem sei sie sich mit dem Erblasser im Hinblick auf die unterschiedlichen
Einkommens- und Vermögensverhältnisse einig gewesen, dass die Unterhaltsleistung in Form der
Wohnungsgewährung sowie die Zuwendung der Bezugsberechtigung aus der Lebensversicherung als
Kompensation für den Ausschluss des Zugewinns und Verzicht auf Unterhalt sowie Versorgungsausgleich
im Ehevertrag geschuldet seien. Zinsen seien nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 1 S. 3 EGBGB
auch über den 01.05.2000 hinaus lediglich in Höhe von 4% anzusetzen. Die Zinspflicht ende am
30.11.2005, weil sie die ausgeurteilte Hauptforderung an diesem Tag – insoweit unstreitig ‑ zur
Abwendung der Zwangsvollstreckung an den Kläger gezahlt habe. Schließlich sei bei der
Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass der Kläger mit einem hohen Zinsbetrag unterliege.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Beklagte darüber hinaus,
das am 18.11.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Koblenz
insgesamt aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Hierzu macht sie geltend:
Der Schenkungsvertrag hinsichtlich des Forstgutes B... und der Rückpachtvertrag seien als Einheit gewollt
gewesen. Durch den Pachtvertrag sei der Erblasser so gestellt worden, als sei er auf Lebenszeit alleiniger
Eigentümer geblieben, weshalb zunächst nur ein Anwartschaftsrecht auf künftige Nutzungsmöglichkeiten
übertragen worden sei. Dieses könne im Hinblick auf das damals noch junge Lebensalter des Erblassers
nur mit einem geringen Wert von nicht mehr als 300.000 € in Ansatz gebracht werden.
Der Kläger beantragt,
die Berufung und die Anschlussberufung der Beklagten
zurückzuweisen.
Er macht sich hinsichtlich des Forstgutes B... die Ausführungen des Landgerichts zu Eigen und verweist
insoweit insbesondere darauf, dass die Rückpacht im notariellen Schenkungsvertrag keine Erwähnung
finde und das Wirksamwerden dieses Vertrages allein in den Händen der Erwerber gelegen habe.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und
die Erklärungen der Parteien anlässlich der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die Rechtsmittel der Parteien sind in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers
ist weitgehend, diejenige der Beklagten nur in geringem Umfang begründet, während sich die
Anschlussberufung als unbegründet erweist.
Der Kläger hat gegen die Beklagte nach §§ 2338a, 2326 BGB in der bis zum 01.04.1998 geltenden
Fassung (Art. 227 Abs. 1 EGBGB) einen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung in Höhe von 428.113,82 €
nebst Zinsen hieraus gemäß §§ 291, 288 BGB in der bis zum 30.04.2000 geltenden Fassung (Art. 229 § 1
Abs. 1 EGBGB) in Höhe von 4% ab 21.05.1994, aus einem Teilbetrag von 227.594,03 € allerdings
begrenzt bis zum 30.11.2005.
A.
Abweichend von der Entscheidung des Landgerichts sind die Zahlungen des Erblassers für den Hausbau
auf dem Hofgut S... in Höhe von 405.750,40 DM (207.456,89 €) sowie die Prämienzahlungen der letzten
zehn Jahre auf die der Beklagten zugewandte Lebensversicherung in Höhe von 136.688,64 DM
(69.887,79 €) in vollem Umfang als Schenkungen in die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs
einzubeziehen, weil die Parteien sich in der Teilvergleichsvereinbarung vom 20./27.11.1998 (Bl. 985 ff
GA) verbindlich hierauf geeinigt haben. Diese Vereinbarung diente ausweislich der Vorbemerkungen der
Erfüllung des Teilurteils des Landgerichts Koblenz vom 16.03.1995 (Bl. 209 ff GA), durch welches die
Beklagte u.a. verurteilt worden war, Auskunft über die vom Erblasser in den letzten zehn Jahren vor dem
14.10.1992 erhaltenen Schenkungen sowie alle sonstigen Schenkungen zu erteilen, die der Erblasser
innerhalb dieser Zeit getätigt hatte. Bereits in diesem Urteil hatte sich das Landgericht mit der
Argumentation der Beklagten auseinandergesetzt (Bl. 217 GA), hinsichtlich der Beteiligung des Erblassers
an den Baukosten des Wohnhauses keine Auskunft erteilen zu müssen, weil diese unterhaltsrechtlich
geschuldet gewesen sei; das Landgericht hielt das Vorbringen der Beklagten hierzu für unsubstantiiert,
weshalb es davon ausging, dass die Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte objektiv unentgeltlich
waren und demgemäß als ergänzungspflichtige Schenkungen anzusehen seien. In der anschließenden
Korrespondenz über die Umsetzung dieses Urteils durch Abschluss einer Teilvergleichsvereinbarung sah
der Kläger zunächst „keine Notwendigkeit und eigentlich auch keine Veranlassung, etwa die Höhe der
Schenkungen im Rahmen der Teilvergleichsregelung zu vereinbaren“ (Schreiben vom 26.08.1998, Bl.
1002 GA). Demgegenüber kam es der Beklagten nach dem Schreiben vom 31.08.1998 (Bl. 1005 GA) „in
erster Linie darauf an, dass die Abrechnungspositionen möglichst weitgehend außer Streit gestellt
werden.“ Dies betreffe „beispielsweise die Abrechnungsweise der geschenkten
Lebensversicherungsbeiträge sowie der Beiträge zum Bau des Wohnhauses und des geschenkten
Schmucks.“ Aus diesem Grund schlug sie vor, „lediglich die Höhe der Schenkung an Dritte
auszuklammern. …“
Dementsprechend fertigte die Beklagte den Entwurf einer Teilvergleichsvereinbarung, in dessen Ziff. II 2
es (wie später auch im endgültigen Text) heißt:
„Entsprechend Ziffer 2 des Tenors des Teilurteils des LG Koblenz vom 16.03.1995 hat Frau Dr. A... R... ein
Verzeichnis der Schenkungen des Erblassers A... R... an Frau Dr. R... sowie an Dritte erstellt. Dieses
Verzeichnis wird der vorliegenden Vergleichsvereinbarung als Anlage 2 beigefügt. Soweit in diesem
Verzeichnis Schenkungen an Dritte aufgelistet werden, ist der Inhalt dieses Verzeichnisses nicht
Gegenstand des Teilvergleichs.“
Beigefügt war eine mit „Schenkungen des Erblassers K…-A... R...“ überschriebene Anlage 2, in der unter
„I. Schenkungen an Frau Dr. A... R...“ die zwischen dem 14.10.1982 und dem 14.10.1992 gezahlten
Lebensversicherungsbeiträge mit 136.688,64 DM und Beiträge zum Bau des Wohnhauses in O… in Höhe
von 436.750,40 DM aufgeführt waren, von denen für unbrauchbare Elektrotechnik 25.000,00 DM und für
die Wohnnutzung des Erblassers bis zu seinem Tod 21.000,00 DM in Abzug gebracht waren.
Hierauf erklärte der Kläger mit Schreiben vom 17.09.1998 (Bl. 1007 GA), er sei „nunmehr auch bereit,
grundsätzlich Punkt II.2 der Teilvergleichsvereinbarung zu akzeptieren. Die Höhe der Schenkungen an
Ihre Mandantin würde ebenfalls damit Gegenstand des Teilvergleichs.“ Nicht akzeptieren wollte der
Kläger lediglich die Abzüge für Elektroarbeiten und die Wohnnutzung des Erblassers, worauf die Beklagte
ihm mit Schreiben vom 09.11.1998 (Bl. 1009 GA) eine überarbeitete Fassung der
Teilvergleichsvereinbarung sowie der Anlage 2 (Schenkungsverzeichnis) zukommen ließ, in der der
Abzugsbetrag für unbrauchbare Elektroarbeiten auf 10.000,00 DM herabgesetzt war. Mit dieser Änderung
wurde die Teilvergleichsvereinbarung sodann von beiden Parteien unterzeichnet.
wurde die Teilvergleichsvereinbarung sodann von beiden Parteien unterzeichnet.
Aus diesem Hergang folgt, dass die Parteien die Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte mit den
vereinbarten Beträgen verbindlich als
Schenkungen
Teilurteil vom 16.03.1995 festlegen wollten. Durch die Berücksichtigung einer Unterhaltsverpflichtung des
Erblassers würden die Unentgeltlichkeit der Zuwendungen und damit deren Schenkungscharakter wieder
in Frage gestellt. Wenn die Beklagte „die Abrechnungspositionen möglichst weitgehend außer Streit“
stellen wollte, „beispielsweise die Abrechnungsweise der geschenkten Lebensversicherungsbeiträge
sowie der Beiträge zum Bau des Wohnhauses“ und sodann anwaltlich vertreten in Kenntnis der
Ausführungen im Teilurteil des Landgerichts über die Unentgeltlichkeit der Zuwendungen und des
Hinweises des Klägers, die Höhe der Schenkungen an sie würde ebenfalls damit Gegenstand des
Teilvergleichs, diese Zuwendungen unter der Überschrift „Schenkungen“ beziffert, ohne eine
unterhaltsrechtliche Verpflichtung zu berücksichtigen, während andere ‑ ebenfalls den
Schenkungscharakter der Zuwendung mindernde – Abzüge (Elektroarbeiten, Wohnnutzung des
Erblassers) ausdrücklich vorgenommen werden, kann dies aus objektivem Empfängerhorizont nur
dahingehend zu verstehen sein, dass die aufgeführten Beträge verbindlich als Schenkungen des
Erblassers festgelegt werden sollten.
Die von der Beklagten gegen diese Auslegung vorgebrachten Argumente verfangen nicht. Insbesondere
Ziff. II 6 der Vereinbarung steht nicht entgegen. Wenn es hier heißt, dass „Pflichtteilsergänzungsansprüche
des Herrn Press gegenüber Familie S... und / oder Frau Dr. R... … nicht Gegenstand dieser Vereinbarung“
seien, bezieht sich das ausweislich der oben bereits zitierten eindeutigen Regelung in Ziff. II 2 nur auf die
Zuwendungen an Familie S... als „Dritte“, hinsichtlich derer die Beklagte nach § 2325 BGB ebenfalls
pflichtteilsergänzungspflichtig ist; konsequenterweise befasst sich Ziff. II 6 im Weiteren auch nur mit der
Wertermittlung hinsichtlich des an die Familie S... verschenkten Gutes B.... Soweit die Beklagte geltend
macht, nach dem Teilurteil des Landgerichts verpflichtet gewesen zu sein, Auskunft über die Höhe der
vom Erblasser getragenen Baukosten des Wohnhauses zu erteilen, entspricht dies nicht dem auf Auskunft
über Schenkungen gerichteten Tenor des Urteils, zumal die Anlage zur Teilvergleichsvereinbarung mit
„Schenkungen“ überschrieben ist und die Beklagte insoweit widersprüchlich argumentiert, als in der
Vereinbarung nicht nur die Höhe der vom Erblasser getragenen Baukosten festgelegt wurde, sondern
hiervon auch Abzüge für dessen Wohnnutzung und unbrauchbare Elektroarbeiten gemacht wurden. Dass
die Höhe der vom Erblasser getragenen Baukosten als solche ursprünglich ebenfalls umstritten war und
auch dieser Streit durch die Vereinbarung beigelegt wurde, steht der Auslegung des Senates ebenso
wenig entgegen, wie der Gang des Betragsverfahrens und das hieraus folgende Verständnis der Parteien
hinsichtlich des Umfangs der getroffenen Vereinbarung. Der Kläger hatte seinen Zahlungsantrag im
Schriftsatz vom 26.01.2004 (Bl. 860 ff GA) an den Beträgen der Teilvergleichsvereinbarung orientiert und
– selbst nach dem Verständnis der Beklagten (vgl. S. 5 des Schriftsatzes vom 26.05.2006) -
lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass es noch streitig sei, ob Schenkungen an die Beklagte
überhaupt zu berücksichtigen seien, da sie nach deren Ansicht aus Versorgungsgesichtspunkten erfolgt
und notwendig gewesen seien. Nachdem die Beklagte dies in der Erwiderung vom 21.05.2004 (Bl. 930 ff,
932 ff GA) aufgriff, verwies der Kläger bereits in der Replik vom 05.07.2004 (Bl. 964 ff GA) darauf, dass die
Behandlung der Zuwendungen als Schenkung in der Teilvergleichsvereinbarung unstreitig gestellt
worden sei, was er gegen die weiteren Einwendungen der Beklagten (Schriftsätze vom 01.09.2004, Bl.
1069 ff GA und 19.11.2004, Bl. 1138 ff, 1139 GA) in den Folgeschriftsätzen (vom 15.10.2004, Bl. 1125 ff
GA und vom 04.04.2005, Bl. 1189 ff GA) jeweils aufrecht erhielt.
Diese Schenkungen sind nicht als einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden
Rücksicht entsprechend nach § 2330 BGB der Pflichtteilsergänzung entzogen.
„Anstandsschenkungen“ in diesem Sinne sind lediglich kleinere Zuwendungen, wie übliche
Gelegenheitsgaben zu besonderen Tagen oder Anlässen (BGH, NJW 1981, 111; Palandt/Edenhofer,
BGB, 65. Aufl., § 2330, Rdn. 2). Hierunter fallen die in der Anlage 2 zur Teilvergleichsvereinbarung
ebenfalls aufgeführten Schmuckstücke, die deshalb vom Landgericht auch zutreffend (und von den
Parteien in der Berufung nicht angegriffen) außer Ansatz gelassen wurden. Die Beteiligung an den
Baukosten eines Wohnhauses in Höhe von über 200.000 € und die mit fast 70.000 € zu bewertende
Zuwendung einer Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung übersteigen diesen Rahmen bei
Weitem.
Diese Schenkungen waren aber auch nicht aus sittlicher Pflicht geboten. Nach der Rechtsprechung des
BGH (NJW 1984, 2939; WM IV 1982, 100) erfolgt eine Schenkung nicht schon dann aus sittlicher Pflicht,
wenn sie im Rahmen des sittlich noch zu Rechtfertigenden bleibt, sondern nur, wenn sie in der Weise
sittlich geboten war, dass ein Unterlassen der Zuwendung dem Erblasser als Verletzung der für ihn
bestehenden sittlichen Pflicht zur Last zu legen wäre. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass ‑ wie schon der
Begriff "Pflichtteil" ausweist ‑ trotz der grundsätzlichen Testierfreiheit auch dem pflichtteilsberechtigten
Kind gegenüber eine sittliche Pflicht besteht, den Pflichtteil nicht durch rechtlich noch im Rahmen des
Zulässigen bleibende Maßnahmen zu entwerten, wobei das Pflichtteilsrecht entschiedenen Schutz
verdient (vgl. auch
BGHZ 88, 102
und OLG Koblenz, 9. Zivilsenat, NJW-RR 2002, 512). Daher ist im
Einzelfall abzuwägen, in welchem Maße die Belange von Schenker und Beschenkten es unabweisbar
erscheinen lassen, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbeteiligung des Pflichtteilsberechtigten am
Nachlass einzuschränken. Hierbei ist maßgeblich auf die Sichtweise abzustellen, die der Erblasser im
Zeitpunkt der Schenkung bei einer vorausschauenden Betrachtung haben musste, welche sämtliche
Umstände in Erwägung zieht, die seiner Kenntnisnahme auch nur möglicherweise zugänglich waren (so
BGH, NJW 1984, 2939; ebenso OLG Koblenz, a.a.O.). Nach diesen Maßstäben waren die Schenkungen
des Erblassers an die Beklagte nicht sittlich geboten.
Zwar verfügte die Beklagte im Verhältnis zum Erblasser, wie im Urteil des Landgerichts zutreffend näher
ausgeführt ist, nur über bescheidene Einkünfte und eine unzureichende Alterssicherung. Jedoch stand in
dem auf dem Hofgut vorhandenen Gutshaus Wohnraum bereit, sodass der Erblasser nicht gehalten war,
der Beklagten Wohnraum in Form des Neubaus zur Verfügung zu stellen; nach der ursprünglichen
Planung sollte der Neubau nämlich durch die Eltern der Beklagten als Altenteilwohnhaus errichtet und der
Beklagten und ihrem Ehemann die bisherige Wohnung der Eltern im Gutshaus überlassen werden. Die
Schaffung neuen Wohnraums war daher weder für die Lebzeiten des Erblassers noch zur Absicherung
des Wohnbedarfs der Beklagten im Alter erforderlich.
Die Leistungen aus der Lebensversicherung wären nach § 7 (2) des Anstellungsvertrages des Erblassers
(Bl. 1186 GA) der Beklagten als gesetzlicher Erbin auch ohne ausdrückliche Zuwendung des
Bezugsrechts zugefallen, zumal der Erblasser davon ausgehen konnte, dass die Beklagte im Falle seines
Todes sein nicht unerhebliches sonstiges Vermögen erben würde, das ihr neben dem von ihren Eltern
übertragenen Hofgut zumindest in Höhe ihres Pflichtteils und eigener Pflichtteilsergänzungsansprüche zur
Altersabsicherung erhalten bliebe.
Soweit die Beklagte behauptet, sich auf den Ehevertrag mit dem Erblasser nur unter der Voraussetzung
eingelassen zu haben, dass der Ausschluss des Zugewinnausgleichs, Verzicht auf nachehelichen
Unterhalt und Versorgungsausgleich durch die Zuwendungen zum Bau des Hauses und Einräumung des
Bezugsrechts der Lebensversicherung kompensiert würden, worüber sie sich auch mit dem Erblasser
einig gewesen sei, fehlt es an einem tauglichen Beweisangebot. Die in erster Instanz insoweit
angebotene eigene Parteivernehmung (S. 8 des Schriftsatzes vom 21.05.2004, Bl. 937 GA), kommt nicht
in Betracht, weil weder der Kläger sein Einverständnis hiermit erklärt hat (§ 447 ZPO) – er hat im Gegenteil
im Schriftsatz vom 05.07.2004 (dort S. 8, Bl. 971 GA) ausdrücklich widersprochen ‑, noch der nach § 448
ZPO erforderliche „Anbeweis“ (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 448, Rdn. 4 m.w.N.) für die
Behauptung der Beklagten geführt ist; im Gegenteil spricht der Grundsatz der Vollständigkeit und
Richtigkeit notarieller Urkunden eher gegen die behauptete Zusatzvereinbarung zum Ehevertrag.
B.
Zu Recht hat das Landgericht bei der Bewertung des Forstgutes B... die mit Vertrag vom 29.03.1984
erfolgte Rückpacht durch den Erblasser nicht wertmindernd berücksichtigt. Als nicht verbrauchbare Sache
ist das aus einer Vielzahl von Grundstücken bestehende Forstgut nach § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem
Wert in Ansatz zu bringen, den es zur Zeit des Erbfalls hatte, es sei denn, es hätte zur Zeit der Schenkung
einen geringeren Wert gehabt; dann wäre nur dieser anzusetzen (sogen. Niederstwertprinzip). Bei dem
insoweit vorzunehmenden Wertvergleich bleibt ein vorbehaltenes Nutzungsrecht zunächst
unberücksichtigt (ständige Rechtsprechung des BGH; vgl. BGHZ 118, 49; BGHZ 125, 395; BGH FamRZ
2003, 1552; jüngst erneut bestätigt durch BGH, FamRZ 2006, 777; auch OLG Düsseldorf, FamRZ 1995,
1236; zustimmend Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl., § 2325, Rdn. 38; Palandt/Edenhofer, a.a.O., jeweils
m.w.N.). Soweit in der Literatur (zum Meinungsstand vgl. Staudinger/Olshausen, BGB, 13. Bearb. 1998, §
2325, Rdn. 102 ff) teilweise anderes vertreten wird, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Denn
der Vorteil beim Beschenkten, der darin liegt, dass der Nießbrauch mit dem Tode des Erblassers endet,
beruht auf einem substantiellen Zuwachs des Geschenks. Er fällt damit nicht unter diejenigen
Wertsteigerungen, die § 2325 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB dem Erben vorbehalten will und die dem
Pflichtteilsberechtigten daher nicht zugute kommen (BGHZ 118, 49). Hiernach ist das Forstgut B...
allerdings ohne Auswirkung auf das Ergebnis des Rechtsstreits ‑ nicht nur mit dem vom Landgericht
angenommenen Wert von 6.078.098,60 € (rechnerisch richtig: 6.078.098,80) im Zeitpunkt der
Übertragung, sondern sogar mit dem mit 6.400.040,88 € ermittelten Wert im Zeitpunkt des Erbfalles in die
Übertragung, sondern sogar mit dem mit 6.400.040,88 € ermittelten Wert im Zeitpunkt des Erbfalles in die
Berechnung einzustellen.
Das Landgericht hat nämlich übersehen, dass für den insoweit anzustellenden Wertvergleich der Wert im
Zeitpunkt der Zuwendung zunächst unter Berücksichtigung des Kaufpreisschwundes auf die
Wertverhältnisse zur Zeit des Erbfalls umzurechnen ist (allgemeine Meinung, vgl. BGHZ 118, 49; BGHZ
125, 395; NJW-RR 1996, 705; auch MK-Lange, 4. Aufl., § 2325, Rdn. 34 i.V.m. Rdn. 35 mit vielen w.N.).
Hieran ist auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Beklagten festzuhalten. Soweit sie meint,
für Grundstücke führe die Multiplikation des ursprünglichen Wertes mit der Indexveränderung zu
„abstrusen“ Ergebnissen, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Steigt der Wert eines
Gegenstandes in geringerem Maße als die allgemeinen Lebenshaltungskosten, führt dies dazu, dass trotz
nomineller Wertsteigerung tatsächlich ein Wertverlust vorliegt, weil der in Geld ausgedrückte Gegenwert
im späteren Bewertungszeitpunkt eine geringere Kaufkraft aufweist als im früheren Vergleichszeitpunkt.
Das ist bei Grundstücken nicht anders als bei jeder anderen nicht verbrauchbaren Sache.
Dementsprechend hat der BGH seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes
auch gerade an Fällen entwickelt, in denen es um Grundstücksübertragungen ging (BGHZ 118, 49; BGHZ
125, 395; NJW-RR 1996, 705). Entgegen den Ausführungen der Beklagten lag auch der Entscheidung
des BGH in FamRZ 2003, 1552 eine solche Umrechnung zugrunde; das ergibt sich aus der
Sachverhaltsdarstellung. In der Entscheidung des OLG Düsseldorf (FamRZ 1995, 1236) ist ein
Wertvergleich nicht erfolgt, weil nicht der Pflichtteilsergänzungsanspruch als solcher zur Entscheidung
stand sondern der erst vorbereitende Anspruch auf Wertermittlung; daher bestand kein Anlass, auf die
Durchführung des Wertvergleichs näher einzugehen.
Maßgebender Stichtag für den Wert im Zeitpunkt der Schenkung ist deren Vollzug; das ist bei der
Übertragung von Grundstücken der Tag der Umschreibung im Grundbuch (BGH NJW-RR 1996, 705;
BGHZ 125, 395). Wann die dem Forstgut zugehörigen Grundstücke im Grundbuch umgeschrieben
wurden, haben die Parteien nicht mitgeteilt. Dies kann jedoch frühestens nach Erteilung der letzten
Genehmigung durch den Ergänzungspfleger Dr. K... am 10.04.1984 erfolgt sein, und die Parteien gehen
auf Befragen des Senates übereinstimmend davon aus, dass die Umschreibung sich bis in das Jahr 1985
hingezogen haben kann. Demgegenüber beziehen sich die von den Parteien vorgelegten und vom
Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Wertgutachten auf den 01.10.1983; das ist der
Zeitpunkt, zu dem nach dem notariellen Schenkungsvertrag Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren auf
die Beschenkten übergehen sollten (Ziff. VII 3 des Vertrages). Dennoch können die Wertgutachten der
Entscheidung zugrunde gelegt werden, weil für eine ausschlaggebende Veränderung der Werte zwischen
Oktober 1983 und dem Jahr 1985 nichts ersichtlich ist, zumal die Parteien die Wertansätze des
Landgerichts insoweit nicht angreifen. Das gilt auch für den Wert des im Jahr 1996 veräußerten
Grundstücks, den das Landgericht von den Parteien unbeanstandet sowohl für den Zeitpunkt der
Schenkung wie auch für den Zeitpunkt des Erbfalls unverändert mit dem erzielten Kaufpreis von
127.822,97 € angesetzt hat. Zugunsten der Beklagten stellt der Senat aber den für das Jahr 1985
maßgeblichen Index (allgemeiner Verbraucherpreisindex, bezogen auf das Jahr 2000) in die Berechnung
ein und nimmt das ebenfalls übertragene Barvermögen als verbrauchbare Sachen im Sinne des § 2325
Abs. 2 S. 2 BGB von der Indexierung aus (vgl. zu der insoweit bestehenden Streitfrage MK-Lange, a.a.O.,
Rdn. 30 m.w.N.). Dies führt hier zu einem hochgerechneten Wert von 7.000.893,17 € (Index: 86,9 / 75,3),
wie die folgende Berechnung zeigt:
1985
1992
Gebäudeverkehrswert
1.310.000,00 DM
669.792,36 €
772.974,18 €
1996 verkauftes Grundstück
127.822,97 €
147.514,16 €
landwirtschaftliche Teilflächen
102.592,91 €
118.397,40 €
Waldflächen
5.090.000,00 €
5.874.116,87 €
Barvermögen (nicht indexiert; s.o.)
87.890,56 €
87.890,56 €
6.078.098,80 €
7.000.893,17 €
Daher ist für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs der mit 6.400.040,88 € ermittelte
niedrigere Wert im Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend. Dann aber bleibt der Wert der vorbehaltenen
Pachtnutzung, selbst wenn es sich insoweit um ein verbundenes Geschäft gehandelt haben sollte,
unberücksichtigt, weil sie mit dem Tod des Erblassers erloschen ist (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 705 und
FamRZ 2003, 1552; auch OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 1236; MK-Lange, a.a.O, § 2325, Rdn. 34;
Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl., § 2325, Rdn. 24; Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2325, Rdn. 20).
Hieran hält der BGH mit Urteil vom 08.03.2006 (FamRZ 2006, 777) ausdrücklich fest. Die von der
Beklagten mit der Anschlussberufung aufgeworfenen Fragen hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der
Schenkung und dem Pachtvertrag bedürfen daher keiner Entscheidung.
C.
Somit ergibt sich folgende Gesamtabrechnung:
DM
1.880.374,97
961.420,46
44.471,68
916.948,78
405.750,40
207.456,89
136.688,64
69.887,79
20.707,32
6.400.040,88
7.615.041,66
1.903.760,42
940.187,49
480.710,23
1.423.050,19
Diesen Pflichtteilsergänzungsanspruch braucht die Beklagte jedoch nur in Höhe von 428.113,82 € zu
erfüllen. Gemäß § 2328 BGB kann sie nämlich die Ergänzung des Pflichtteils soweit verweigern, dass ihr
ihr eigener Pflichtteil mit Einschluss dessen verbleibt, was ihr zur Ergänzung des Pflichtteils gebühren
würde. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass beeinträchtigende Schenkungen nur insoweit zu einem
Pflichtteilsergänzungsanspruch der Beklagten führen, als sie im Zeitpunkt der Schenkung bereits
pflichtteilsberechtigt war (vgl. BGHZ 59, 210 und BGH NJW 1997, 2676); das gilt auch hinsichtlich des
Forstgutes B..., soweit das lebenslange Pachtrecht für den Erblasser entsprechend dem Vortrag der
Beklagten bereits bei der Schenkung vorbehalten worden sein sollte (BGH NJW 1997, 2676). Da die
Übertragung des Forstgutes und die Zuwendung der Lebensversicherung an F... S... und P... A. G... vor der
Eheschließung der Beklagten mit dem Erblasser erfolgten, ist die Beklagte nur in Höhe der ihr selbst
zugefallenen Schenkungen pflichtteilsergänzungsberechtigt, hinsichtlich der Lebensversicherung aber
nur insoweit, als die Beiträge nach Eheschließung geleistet wurden.
Das führt zu folgender Berechnung:
916.948,78
207.456,89
17.471,95
0,00
0,00
1.141.877,62
285.469,41
458.474,39
207.456,89
69.887,79
735.819,07
450.349,66
22.235,84
428.113,82
Die von der Beklagten am 30.11.2005 erbrachte Zahlung in Höhe von 227.594,03 € berührt die
Verpflichtung der Beklagten nicht, weil sie lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem
Urteil des mit der Berufung angefochtenen Urteils des Landgerichts erfolgte und daher keine
Erfüllungswirkung hatte (vgl. BGH, NJW 1990, 2756; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 362, Rdn. 12 m.w.N.).
D.
Das Landgericht hat zu Recht Zinsen erst ab Zustellung der Stufenklage gewährt, weil der Kläger die
Beklagte hinsichtlich des Zahlungsanspruchs auf Pflichtteilsergänzung nicht vorprozessual gemahnt hatte
und somit die Voraussetzungen der §§ 286, 288 BGB bereits zu einem früheren Zeitpunkt nicht dargetan
sind. Die Begründung des Landgerichts insoweit ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht
widersprüchlich. Im Schreiben vom 21.05.1993 (Bl. 93 GA) hat der Kläger lediglich Auskunft über den
Bestand des Nachlasses sowie hinsichtlich der in den letzten 10 Jahren vor dem Tod erfolgten
Schenkungen verlangt und die Erhebung einer Auskunftsklage angedroht. Hierauf ist die Beklagte mit
Schreiben vom 16.06.1993 (Bl. 97 GA) eingegangen; die Ablehnung einer Zahlung auf eventuelle
Pflichtteilsergänzungsansprüche ist hierin nicht enthalten. Mit Schreiben vom 18.03.1994 (Bl. 101 GA) hat
der Kläger dann zwar die Möglichkeit des Bestehens eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs
angesprochen, aber wiederum keine Zahlungsaufforderung ausgesprochen. Erstmals mit der Stufenklage
vom 10.05.1994 wurde zugleich ein – noch unbezifferter – Zahlungsanspruch geltend gemacht, was als
Mahnung im Sinne des § 286 BGB ausreicht (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 286, Rdn. 21), zumal hierdurch
die Zinspflicht aus § 291 BGB in Lauf gesetzt wurde (ders., a.a.O., § 291, Rdn. 4). Im Verlangen eines
Zahlungsbegehrens zur Herbeiführung des Zahlungsverzugs liegt entgegen der Ansicht des Klägers
keine „Förmelei“. Eine „Mahnung“ im Sinne des § 286 BGB erfordert nach allgemeiner Meinung eine
eindeutige Leistungsaufforderung (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 286, 17 m.w.N.). Der Schuldner soll
wissen was von ihm erwartet wird. Nur im Unterhaltsrecht ist in § 1613 Abs. 1 BGB angeordnet, dass dem
bloßen Auskunftsbegehren ohne gleichzeitige Zahlungsaufforderung dieselbe Wirkung zukommt wie
einer Inverzugsetzung; dieser gesetzlichen Sonderregelung bedürfte es nicht, wenn auch bei anderen
Ansprüchen, deren Höhe erst aus einer Auskunft des Pflichtigen zu ermitteln ist, das Auskunftverlangen
generell Verzug auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs herbeiführen würde.
Die Beklagte ist auch nicht durch sogenannte „Selbstmahnung“ (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., §
286, Rdn. 24) in Verzug geraten. Die Ablehnung weiterer Zahlungen in dem vom Kläger angesprochenen
Schreiben der Beklagten vom 18.05.1993 (Bl. 104 GA) bezieht sich auf den Erbersatzanspruch, nicht auf
den zu dieser Zeit noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Soweit der Kläger ab 01.05.2000 Zinsen aus einem die Hauptforderung übersteigenden Betrag von
450.349,68 € fordert, ist die Berufung unzulässig, weil es insoweit an einer Begründung fehlt (§ 520 Abs. 3
ZPO).
Die Pflicht zur Verzinsung des von der Beklagten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten
Teilbetrages von 227.594,03 € endet, auch wenn insoweit keine Erfüllung eingetreten ist (s.o.), mit der
Zahlung am 30.11.2005 (vgl. MK/Ernst, a.a.O, § 288, Rdn. 17 m.w.N.).
Der Höhe nach sind auch über den 01.05.2000 hinaus Zinsen nur im Umfang von 4% nach der bis dahin
geltenden Fassung des § 288 BGB geschuldet. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass die
Neufassung dieser Vorschrift nach Art. 229 § 1 Abs. 1 EGBGB nur auf Forderungen zur Anwendung
kommt, die seither fällig geworden sind. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist aber bereits seit dem
Erbfall fällig, wie sich auch für diesen Anspruch aus § 2317 BGB ergibt (vgl. hierzu Palandt/Eden-hofer,
a.a.O., § 2325, Rdn. 2).
E.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 97, 708 Nr. 10 und 711 ZPO, wobei die Teilabweisung der
Zinsforderung mit zu berücksichtigen ist. Auch wenn sich die Zinsforderung nach § 4 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht
streitwerterhöhend ausgewirkt hat, handelt es sich bei der Ablehnung ihrer Anerkennung doch um ein
Teilunterliegen (vgl. BGH MDR 1961, 141; NJW 1988, 2173 und BGHZ 118, 312 ff, 351), dem hier im
Hinblick auf den langen Zinszeitraum von über 12 Jahren ein erhebliches Gewicht zukommt, das bei der
Kostenentscheidung nicht vernachlässigt werden kann.
Eine Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543
Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat hat sich in vollem Umfang an der Rechtsprechung des BGH
orientiert, die dieser hinsichtlich der Berücksichtigung eines vorbehaltenen Nutzungsrechts bei der
Bewertung nach § 2325 Abs. 2 BGB durch das Urteil vom 08.03.2006 (FamRZ 2006, 777) erneut bestätigt
hat.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 428.113,84 € EUR festgesetzt.
Wolff Darscheid Eck