Urteil des OLG Koblenz vom 17.06.2008
OLG Koblenz: beweiswürdigung, zustand, schwager, berufungskläger, haus, versicherer, kontrolle, datum, quelle, gegenbeweis
Versicherungsrecht
OLG
Koblenz
17.06.2008
10 U 1488/06
Bestreitet der Versicherer, dass die Gefahrerhöhung wegen Leerstands des versicherten Gebäudes durch
Kontrollmaßnahmen kompensiert worden sei, unter Benennung eines Zeugen hierzu, liegt darin, dass der
Versicherungsnehmer unter Bezugnahme hierauf einen anderen Zeugen für die Kompensation benennt, nicht zugleich
ein Beweisantritt auch des Versicherungsnehmers auf Vernehmung auch des vom Versicherer benannten Zeugen. Die
Nachholung dieses Beweisantritts mit der Berufung ist nach § 531 ZPO präkludiert und kann auch nicht mit dem
Unterlassen eines Hinweises im ersten Rechtszug gerechtfertigt werden, da zu einem solchen keine Veranlassung
bestand.
Geschäftsnummer:
10 U 1488/06
16 O 170/04 LG Koblenz
in dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigter:Rechtsanwalt
g e g e n
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die
Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger und die Richterin am Landgericht Dr. Walper
am 6. September 2007
einstimmig
beschlossen:
Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend
dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum
15. Oktober 2007.
Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat
keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Urteilsentscheidung des Berufungsgerichts nicht.
Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg:
Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind
vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, dass das
Haus in einem verwahrlosten Zustand war und dies auch für Passanten problemlos erkennbar war, ist für den Senat im
Rahmen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend. Das Landgericht hat dieses Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise
auf die Aussagen der Zeugen gestützt.
Nach neuem Berufungsrecht ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht mehr vollumfänglich zweite Tatsacheninstanz.
Vielmehr ist hinsichtlich der erstinstanzlich, auch aufgrund von Beweiserhebungen, getroffenen Feststellungen die
Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich darauf beschränkt, dass konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der
Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute
Feststellung gebieten. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nur insoweit überprüfbar, als mit der Berufung
schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt werden, die Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen
begründen, die also solche Zweifel an den erhobenen Beweisen aufdrängen, dass sich eine erneute Beweisaufnahme
gebietet.
Vorliegend sind keine Fehler bei der Beweiswürdigung des Landgerichts erkennbar. Die Beweiswürdigung der
Zeugenaussagen ist umfassend, in sich nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Das Landgericht hat sich durch
Abwägung der Zeugenaussagen einen Gesamteindruck über den optischen Zustand des Hauses verschafft.
Entgegen der Auffassung des Berufungsführers war die Vernehmung des von der Beklagten benannten Zeugen N nicht
geboten. Der Zeuge N war von der Beklagten als Gegenbeweis dagegen benannt, dass der Kläger die Gefahrerhöhung
angemessen kompensiert hat, beispielsweise durch Kontrolle des Hauses durch den Zeugen O. Nachdem durch die
Angaben des Zeugen O der Hauptbeweis einer Kompensation der Gefahrerhöhung nicht geführt worden war, war es
nicht angemessen, den gegenbeweislich benannten Zeugen zu vernehmen.
Die Benennung des Zeugen N durch den Kläger in der Berufungsinstanz ist gemäß § 531 ZPO nicht zu berücksichtigen.
Beruft der Kläger sich im Berufungsverfahren auf einen erstinstanzlich vom Beklagten gegenbeweislich benannten
Zeugen, ist dieser Beweisantritt neu (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 31. März 2003 – 22 U 157/02).
Ebenso kann der neue Vortrag des Klägers bezüglich des Inhalts des Telefonats im Jahr 2001 keine Berücksichtigung
finden. Erstmals in der Berufungsinstanz trägt er nunmehr vor, er habe 2001 telefonisch deutlich auf den Leerstand des
ganzen Hauses hingewiesen. Auch dieser Vortrag ist verspätet, da nicht erkennbar ist, warum er nicht erstinstanzlich
vorgebracht hätte werden können.
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 80.000 € festzusetzen.
Weiss Zeitler-Hetger Dr. Walper
Geschäftsnummer:
10 U 1488/06
16 O 170/04 LG Koblenz
in dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigter:Rechtsanwalt
g e g e n
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die
Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Landgericht Dr. Walper
am 19. November 2007
einstimmig
beschlossen:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2006 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
G r ü n d e :
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 6. September 2007 darauf hingewiesen, dass
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, auch die Fortbildung des Rechts eine Urteilsentscheidung des
Berufungsgerichts nicht erfordere und die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg habe.
Der Kläger hat Einwendungen gegen die Zurückweisung der Berufung erhoben. Er vertritt die Auffassung, dass, obwohl
der Kläger den Zeugen N nicht benannt habe, es eines Hinweises des Gerichts bedurft hätte, sofern dieses in der
Bezugnahme des Klägers auf den Beweisantritt der Beklagten einen unmittelbaren klägerseitigen Beweisantritt nicht sah.
Weiter habe der Kläger bereits erstinstanzlich vorgetragen, telefonisch den Leerstand 2001 bereits gemeldet zu haben.
Der Senat sieht keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Er hält an seinem Hinweis fest und nimmt auf
ihn auch zur Begründung seiner abschließenden Entscheidung Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Zunächst bleibt festzuhalten, dass erstinstanzlich der Zeuge N ausschließlich von der Beklagten benannt worden ist. Es
gab keinen Beweisantritt durch den Kläger gemäß § 373 ZPO. Der Kläger hat lediglich schriftsätzlich auf den bereits
benannten Zeugen hingewiesen. Es ist dem Berufungsgericht nicht nachvollziehbar, wieso das erstinstanzliche Gericht
davon hätte ausgehen sollen, dass der Kläger hiermit zum Ausdruck bringen wollte, dass er selbst den Zeugen benannt
hatte, da dies nicht zutraf. Dafür, dass der Kläger den Zeugen hätte benennen wollen, gab es ebenfalls keine
Anhaltspunkte. Hinweisbedarf bestand angesichts der klaren Sachlage nicht.
Auch die Ausführungen zu der Frage, wann der Kläger der Beklagten was telefonisch mitgeteilt hat, vermögen die
Einschätzung des Berufungsgerichts nicht zu ändern. Erstmals in der Berufungsinstanz hat der Kläger vorgetragen, er
habe die Beklagte bereits 2001 telefonisch deutlich auf den Leerstand des ganzen Hauses hingewiesen. Erstinstanzlich
hatte er insofern mit Schriftsatz vom 11. November 2005 eingeräumt, sich seinerseits telefonisch missverständlich
ausgedrückt zu haben.
Hiervon abgesehen muss berücksichtigt werden, dass das Haus unstreitig im Sommer 2002 vermietet, also nicht mehr
leer stehend war. Insofern hätte es nach dieser bewohnten Phase wiederum eines Hinweises an die Beklagte bezüglich
des Leerstandes bedurft. Selbst wenn es vor der vermieteten Zeit im Sommer 2002 einen solchen Hinweis gegeben
haben sollte, wäre dieser durch die zwischenzeitliche Wohnnutzung des Hauses überholt gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 80.000 € festgesetzt.
Weiss Schwager-Wenz Dr. Walper