Urteil des OLG Koblenz vom 06.11.2008

OLG Koblenz: wirtschaftliches interesse, vertragliche haftung, selbständige garantie, erfüllung, versicherung, werbung, berufungskläger, schwager, deckung, kasko

OLG
Koblenz
06.11.2008
10 U 11/08
Eigenhaftung des Vertreters
Keine Eigenhaftung eines Wohnmobilherstellers für Inhalt einer Kfz-Versicherung (Kasko-Deckung), für die er im
Rahmen einer an seine Kunden ausgegebenen "Service-Card" unter Benennung einer Service-Tochtergesellschaft als
Vermittlerin wirbt (Kunde stellt nach Unfall fest, dass er entgegen seinen Erwartungen im Rahmen der vermittelten Police
keine Kasko-Deckung hat).
Geschäftsnummer:
10 U 11/08
2 O 389/05 LG Mainz
in dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
g e g e n
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die
Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger und die Richterin am Landgericht Stauder
am 6. November 2008
einstimmig
beschlossen:
Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend
dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum
22. Dezember 2008.
Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat
keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind
vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von der Rechnung in Höhe von 8.487,65 € aus
keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zutreffend ist das Landgericht aufgrund der von ihm umfassend gewürdigten
Umstände des vorliegenden Falles davon ausgegangen, dass insbesondere eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der
Sachwalterhaftung nicht in Betracht kommt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden
Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug, die er sich vollumfänglich zu Eigen macht.
Die Berufung erinnert hiergegen ohne Erfolg, dass die vom Landgericht vorgenommene Würdigung unzutreffend und
unvollständig sei.
Der Kläger verkennt, dass eine Sachwalterhaftung nur unter engen und besonderen Voraussetzungen in Betracht
kommt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist eine Eigenhaftung des Vertreters nur
dann in Erwägung zu ziehen, wenn dieser entweder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dem
Vertragsschluss hatte oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch die
Vertragsverhandlungen maßgeblich beeinflusst hat (vgl. BGHZ 88, 67, 68 ff; BGH NJW 1990, 1907, 1908 m. w. N.).
Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vorliegend ein eigenes wirtschaftliches Interesse im vorgenannten
Sinne auch vom Kläger selbst nicht behauptet wird. Eine besondere persönliche Vertrauensstellung liegt – worauf das
Landgericht zu Recht hingewiesen hat – nur dann vor, wenn der Vertreter eine über das normale Verhandlungsvertrauen
hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrags übernommen hat, sei es aufgrund
ausdrücklicher Erklärung während der Verhandlungen, sei es aufgrund seiner Stellung als Sachwalter.
Eine besondere persönliche Vertrauensstellung der Beklagten erscheint unter Berücksichtigung dieser Grundsätze
ausgeschlossen. Diese würde voraussetzen, dass die Beklagte dem Kläger eine zusätzliche, gerade von ihr persönlich
ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung der von ihr unstreitig beworbenen Versicherungsangebote
geboten hat oder die Beklagte in zurechenbarer Weise dem Kläger den Eindruck vermittelt hat, sie werde persönlich mit
ihrer Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn sich das vom Kläger
in den eigentlichen Vertragspartner gesetzte Vertrauen als nicht gerechtfertigt erweist. Unter Zugrundelegung dieser
strengen Maßstäbe ist im vorliegenden Fall eine sachbezogene, das heißt Person und Eignung der Beklagten
betreffende Inanspruchnahme „besonderen persönlichen Vertrauens“ nicht gegeben.
Der Kläger wusste, dass es sich bei der Beklagten um einen Konzern handelt, der sich in erster Linie mit der
Veräußerung von Wohnmobilen befasst. Auch wenn die Beklagte darüber hinaus einen auf die Halter solcher
Wohnmobile abgestimmten Rundum-Service anbietet, konnte dem Kläger nicht verborgen bleiben, dass die Abwicklung
und Betreuung eines Versicherungsvertragsverhältnisses gerade nicht zu den eigenen vertraglichen
Leistungsverpflichtungen der Beklagten zählte. Auch wenn die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 2002
bei Übersendung der von der Beklagten entwickelten A. B. Card auf die weiteren Vorteile im Zusammenhang mit dem
Erwerb der A. B. Card hinwies, lässt sich aus dieser Werbung keine weiterreichende Erklärung dergestalt entnehmen,
dass die Beklagte eine über die normale Werbemaßnahme hinausgehende zusätzliche Gewähr für die Seriosität und
Erfüllung dieses von ihr beworbenen Versicherungsverhältnisses übernehmen wollte. Insbesondere kann aus diesem
Schreiben keine selbständige Garantiezusage oder eine Zusicherung für die Erfüllung der beworbenen Leistungen
Dritter gesehen werden.
Der im weiteren Verlauf des Versicherungsvertragsverhältnisses geführte Schriftwechsel erfolgte ausschließlich über die
A. B. Card V.-Service GmbH und über die C. Zweigniederlassung D. Wenn der Kläger dabei die Vorstellung hatte, dass
es sich bei der A. B. Card V.-Service GmbH um eine rechtliche Untereinheit der Beklagten handelt, ist dies eine in seiner
Sphäre begründete Vorstellung, die es jedenfalls nicht rechtfertigt, eine Haftung der Beklagten, die ein eigenes
wirtschaftliches Interesse unstreitig nicht verfolgt hat, anzunehmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte
lediglich in Prospekten im Zusammenhang mit der von ihr entwickelten A. B. Card für den Abschluss von Versicherungen
geworben hat. Für die Beklagte ist aber zu keinem Zeitpunkt erkennbar gewesen, ob der Empfänger ausgelöst durch die
Werbung im Zusammenhang mit der A. B. Card tatsächlich den Entschluss gefasst hat, die Versicherung wie beworben
abzuschließen. Für die Annahme einer Haftung aus dem Gesichtspunkt der Sachwalterhaftung ist nämlich entscheidend
darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des
Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass
beide
Verhandlungen zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben.
Dies lässt sich weder aus dem Schreiben vom 17. Januar 2002 noch aus dem undatierten Schreiben der Beklagten -
Anlage K6 - entnehmen. Das Schreiben vom 17. Januar 2002 enthält entgegen der Auslegung des Klägers lediglich eine
Aufstellung der mit der A. B. Card verbundenen zusätzlichen Leistungsoptionen, ohne dass die Beklagte jedoch für die
im Einzelnen beworbenen Vorteile eine eigene vertragliche Haftung übernehmen wollte. Insbesondere enthält das
Schreiben kein Versprechen dahingehend, die jeweiligen Geschäftspartner der im Einzelnen beworbenen Leistungen im
Hinblick auf ihre Seriosität und auf die Erfüllung der von diesen angebotenen Leistungen zu überprüfen. Aus dem
Wortlaut des Schreibens ergibt sich, dass sich das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten
ausschließlich auf die A. B. Card bezog. Die damit verbundenen weiteren Vorteile sollten nicht Teil der vertraglichen
Leistungsverpflichtung zwischen der Beklagten und dem Kläger sein, sondern konnten jeweils mit den weiteren
Geschäftspartnern aufgrund eigener vertraglicher Beziehungen abgerufen werden.
In diesem Zusammenhang ist auch das Schreiben vom 22. Februar 2002 zu sehen. Als Geschäftspartner tritt hier nicht
die Beklagte, sondern die A. B. Card V.-Service mit Sitz in D. auf. Aus dem Wortlaut des Schreibens kann entnommen
werden, dass diese Firma A. B. Card V.-Service als Vollmachtsträger des Versicherers die gesamte Abwicklung und
Betreuung übernimmt. Angesichts dieses klaren Wortlauts ist nicht nur für einen Juristen, sondern auch für einen
Verbraucher offensichtlich, dass nicht die Beklagte, sondern die nicht mit ihr identische A. B. Card V.-Service mit der
Abwicklung betraut ist. Welche Vorstellung der Kläger angesichts dieses eindeutigen Wortlautes hat, kann dahingestellt
bleiben, da sich aus diesem Schreiben jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte ein besonderes
persönliches Vertrauen in die Seriosität und Erfüllung des Geschäfts übernommen hat.
Auch aus der Anlage K 6 lässt sich - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - keine eigene
Garantieübernahme der Beklagten begründen. Die Beklagte war Vertragspartner des Klägers im Zusammenhang mit der
Ausgabe der A. B. Card. So lässt es sich auch erklären, dass die Beklagte im Interesse ihrer Kunden die unstreitig
aufgetretenen Schwierigkeiten klären wollte. Dies stellt jedoch nach Ansicht des Senats lediglich eine Kulanz- oder
Serviceleistung dar. Keinesfalls lässt der Inhalt des Schreibens den rechtlich weitreichenden Schluss zu, dass die
Beklagte eine selbständige Garantie für die Erfüllung des zwischen ihrem A. B. Card-Kunden und einem Dritten
bestehenden Vertrages übernehmen wollte.
Im Ergebnis lässt sich weder aus dem Inhalt der streitgegenständlichen Schreiben noch aus den Gesamtumständen eine
eigene vertragliche Haftung in Form einer Sachwalterhaftung der Beklagten entnehmen. Auch wenn es der Beklagten
nach Ansicht des Klägers oblegen hat, die Kunden für die in das Leistungspaket der A. B. Card inkludierten
Versicherungsvertragsverhältnisse zu akquirieren, kann dies eine Haftung der Beklagten als Sachwalterin nicht
begründen, da es dem Kläger unbenommen war, den Versicherungsantrag anzunehmen oder eben nicht. Der Abschluss
des Versicherungsvertrages hing damit nicht wesentlich von der Entscheidung der Beklagten ab. Damit unterscheidet
sich der vorliegende Fall von der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig ( OLG
Braunschweig, Urteil vom 4.Dezember 2003, Az: 8U 3/02 ).
Weitergehende Ansprüche insbesondere aus einem Maklervertrag sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat entgegen der
Ansicht des Klägers nicht als Versicherungsmaklerin gehandelt, denn Vertragsinhalt war lediglich die
Zurverfügungstellung der A. B. Card. Eine vertragliche Leistungspflicht der Beklagten, dem Kläger eine Kfz-Versicherung
zu vermitteln, bestand nicht, so dass sich auch keine vertraglichen Ansprüche aus den §§ 653, 280 BGB ergeben
können.
Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert auf 8.487,65 € festzusetzen.
Weiss Zeitler-Hetger Stauder
Geschäftsnummer:
10 U 11/08
2 O 389/05 LG Mainz
in dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigte:
g e g e n
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte:
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz, die
Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger und die Richterin am Landgericht Stauder
am 31. Dezember 2008
einstimmig b e s c h l o s s e n :
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 29. November 2007 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
G r ü n d e :
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 6. November 2008 darauf hingewiesen, dass
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des
Berufungsgerichts nicht erfordere und die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg habe.
Der Kläger hat eine weitere Stellungnahme nicht abgegeben.
Die Berufung ist nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat hält an seinem Hinweis fest und nimmt auf ihn
auch zur Begründung seiner abschließenden Entscheidung Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren wird auf 8.487,65 € festgesetzt.
Schwager-Wenz Zeitler-Hetger Stauder