Urteil des OLG Karlsruhe vom 14.06.2013
OLG Karlsruhe: rücktritt, schuldrecht, kaufvertrag, meinung, erfüllung, rückzahlung, rückabwicklung, verbringen, wandelung, bestimmungsort
OLG Karlsruhe Urteil vom 14.6.2013, 13 U 53/13
Leitsätze
Klagt der Käufer nach beiderseitiger Erfüllung des Kaufvertrages und nach Rücktritt vom
Kaufvertrag auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache,
so ist auch nach neuem Schuldrecht einheitlicher Erfüllungsort für alle Rückgewähransprüche
der Ort, an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 26.03.2013 - 4
O 332/12 M - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Landgericht Konstanz zurückverwiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil erster Instanz vorbehalten.
3. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.174,00 EUR festgesetzt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug
genommen.
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Die Klägerin begehrt mit der Berufung die Aufhebung des angefochtenen Urteils und
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Konstanz, das die Klage als
unzulässig abgewiesen hat, weil es sich für die Ansprüche der Klägerin nach erklärtem
Rücktritt vom Kaufvertrag für örtlich unzuständig erklärt hat.
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Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten und haben kostenpflichtige
Zurückweisung der Berufung beantragt.
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Mit Zustimmung beider Parteien wurde das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO
angeordnet.
II.
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Die Berufung der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an
das Landgericht Konstanz. Dieses ist für die Entscheidung der Klage örtlich zuständig.
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Klagt der Käufer nach beiderseitiger Erfüllung des Kaufvertrages und nach Rücktritt vom
Kaufvertrag auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der
Kaufsache, so ist einheitlicher Erfüllungsort für alle Rückgewähransprüche der Ort, an
dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet (vgl. BGH Urteil v.
09. März 1983 - VIII ZR 11/82 = NJW 1983, 1479, 1480 f. = BGHZ 87, 104, 109 noch zur
Wandelung). Auch wenn die vorstehend zitierte Entscheidung noch zum alten
Schuldrecht ergangen ist, entspricht die dargelegte Auffassung auch nach neuem
Schuldrecht der herrschenden Meinung (vgl. OLG Schleswig Urteil v. 04.09.2012 - 3 U
99/11 - Juris Rn. 18 m. zahlreichen Nachweisen), der auch der Senat folgt.
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Zwar wird der herrschenden Auffassung vereinzelt widersprochen wird und auch das
angefochtene Urteil ist dem Landgericht Stralsund (Beschluss vom 13.10.2012 - 6 O
211/11) gefolgt; das OLG Schleswig (a.a.O. Rn. 19) weist aber zutreffend darauf hin, dass
sich die Entscheidung des Bundesgerichtshof (a.a.O.) auf das neue Schuldrecht
übertragen lässt, weil es sich bei Wandlung und gesetzlichem Rücktritt im Wesentlichen
um das gleiche Rechtsinstitut handelt. Der Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes
am Bestimmungsort steht nicht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.04.2011 - VIII
ZR 220/10 - entgegen, mit dem dieser einen Erfüllungsort am Ort der vertragsgemäßen
Belegenheit der Sache für den kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruch gemäß §§ 437
Nr. 1, 439 BGB verneint hat. Indirekt hat der Bundesgerichtshof mit dieser Entscheidung
die herrschende Meinung erneut bestätigt, wenn er darin ausführt, dass sich die zum
Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2, §§
440, 346 BGB, der vielfach an dem Ort angesiedelt sei, an dem sich die Sache
vertragsgemäß befinde, entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439
BGB übertragen lasse. Zutreffend weist das OLG Schleswig darauf hin, dass der
Bundesgerichtshof die Frage auch hätte offen lassen können, wenn er Zweifel an der
herrschenden Meinung gehabt hätte. Dies hat er aber gerade nicht getan, sondern
vielmehr die Unterschiede zwischen Nacherfüllungs- und Rücktrittsrecht herausgestellt
und zum Erfüllungsort bei Rücktritt die herrschende Auffassung zitiert (BGH a.a.O. Juris
Rn. 28 unter Hinweis auf Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 269 Rn. 16;
MünchKommBGB/Krüger, BGB, 5. Aufl., § 269 Rn. 41) sowie auf sein früheres Urteil zum
alten Schuldrecht verwiesen (Urteil vom 9. März 1983 - VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104,
109).
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Für einen Kaufvertrag über ein Pferd hat bereits das Landgericht Freiburg durch
Zwischenurteil entschieden, dass dann, wenn die Vertragsparteien keine Vereinbarung
darüber getroffen haben, wohin der Käufer die Kaufsache verbringen darf oder soll, der
Austauschort grundsätzlich der Ort ist, an welchen der Käufer die Sache verbracht hat (LG
Freiburg Zwischenurteil vom 07.11.2008 - 8 O 98/08 - Juris Rn.13 - die dagegen erhobene
Berufung hat der Senat durch Urteil vom 19.08.09 - 13 U 145/08 - zu-rückgewiesen). In
einem solchen Fall besteht für einen einheitlichen Erfüllungsort für die Rückabwicklung
ebenso wie beim Autokauf ein praktisches Bedürfnis (dazu im Einzelnen OLG Schleswig
a.a.O. Rn 35f.).
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Der Senat hat gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3 ZPO das Urteil aufgehoben und an das
Gericht des ersten Rechtszug zurückverwiesen, weil das angefochtene Urteil nur über die
Zulässigkeit der Klage entschieden, die Klägerin Zurückverweisung beantragt hat und die
weitere Verhandlung über die Klage einschließlich Beweisaufnahme erforderlich ist. Die
Klägerin behauptet, unmittelbar nach Übergabe des Pferdes habe sich herausgestellt,
dass dieses für den vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck absolut unbrauchbar
sei, weil das streitgegenständliche Pony ausdrücklich als Dressurpferd verkauft worden
sei und auf Turnieren in Ponyprüfungen habe eingesetzt werden sollen. Es ist deshalb
Beweis darüber zu erheben, welche Beschaffenheit für den Kaufgegenstand vereinbart
war und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auch Beweis darüber zu
erheben, ob der Kaufgegenstand diese Beschaffenheit aufweist.
10 Die Revision war nicht zuzulassen, da die Revision gemäß § 545 Abs. 2 ZPO nicht darauf
gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu
Unrecht verneint hat. Dies gilt über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch für die
Beurteilung der Zuständigkeit durch das Berufungsgericht (BGH Beschluss vom
26.06.2003 - III ZR 91/03 = NJW 2003, 2917; Zöller/Heßler a.a.O. § 545 Rn. 15).