Urteil des OLG Karlsruhe vom 17.06.2014
OLG Karlsruhe: tresor, bargeld, aufwand, sicherheit, entschädigung, gaststätte, verschluss, entwendung, versicherungsschutz, fishing
OLG Karlsruhe Urteil vom 17.6.2014, 12 U 151/13
Leitsätze
1. Ein verschlossener Panzer-Geldschrank im Sinne der Bedingungen einer
Einbruchsversicherung für eine Gaststätte liegt dann nicht mehr vor, wenn das Schloss einer
Einwurfschublade regelmäßig nicht betätigt wird und durch die Öffnung - wenn auch mit einiger
Mühe - Geld entnommen werden kann.
2. In derartigen Fällen kann allerdings die - geringere - Entschädigung geschuldet sein, die die
Versicherungsbedingungen für die Entwendung von Geld "aus unter anderem Verschluss in
Behältnissen, die erhöhte Sicherheit gewähren" vorsehen.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober
2013 - 7 O 14/13 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenausspruch
aufgehoben und im Übrigen teilweise wie folgt abgeändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.750 nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2012 zu zahlen.
b) Die Beklagte wird verurteilt, von den bei der Klägerin vorgerichtlich angefallenen
Anwaltskosten EUR 192,90 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 2. März 2013 zu erstatten.
c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten beider Rechtzüge tragen die Klägerin 85% und die Beklagte 15%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Betreiberin eines
Gastronomiebetriebs, verlangt aus einem Versicherungsvertrag Ersatz des ihr bei einem
Einbruch aus einem Geldschrank entwendeten Bargeldes; die Parteien streiten in erster
Linie darüber, ob der für Geldschränke erweiterte Versicherungsschutz auch dann gilt,
wenn die für Geldeinwürfe eingebaute Schublade nicht abgeschlossen ist.
2 Die Klägerin hatte bei der Beklagten seit dem Jahre 2000 Versicherungsschutz unter
anderem gegen Einbruchsdiebstahl genommen. Die Bedingungen der sogenannten
Gastro-Police, die seit Juli 2011 vereinbart waren, sehen unter anderem folgendes vor (§
13 Nr. 1.4. der Bedingungen):
3
„Für Bargeld (…) ist die Entschädigung
4
a) in verschlossenen Panzer-Geldschränken, gepanzerten Geldschränken,
Stahlschränken der Sicherheitsstufen B bis E bzw. VdS-Widerstandsgrade I bis X oder
mehrwandigen Stahlschränken mit einem Mindestgewicht von 300 kg, eingemauerten
Stahlwandschränken mit mehrwandiger Tür auf 15.000 EUR begrenzt;
5
b) unter anderem Verschluss in Behältnissen, die erhöhte Sicherheit gewähren, und zwar
auch gegen die Wegnahme der Behältnisse selber, auf 2.000 EUR begrenzt;
6
c) außerhalb verschlossener Behältnisse sowie in geöffneten Registrierkassen auf 500
EUR begrenzt ohne Selbstbeteiligung.“
7 Der Versicherungsschein enthält in der Rubrik „Besonderheiten“ folgende Regelung:
8
„Die Entschädigungsgrenze für Bargeld im Geldschrank C2F mit einem Mindestgewicht
von 300 kg oder mit Verankerung mit Boden/Wand wird auf EUR 15.000 erhöht.“
9 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Entschädigungsgrenze durch diese
Bestimmung nicht „auf“, sondern „um“ EUR 15.000 erhöht werden sollte.
10 Bei Vertragsabschluss hatte die Klägerin in ihrer Gaststätte bereits einen
Schubladentresor aufgestellt, um Bargeld darin aufzubewahren. Die eingebaute
Schublade, durch die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lokals das eingeworfene
Bargeld in den Tresor einwerfen konnten, ist nach der Bauart durch ein eingebautes
Schloss gesondert abschließbar. Eine Verankerung des Tresors am Boden besteht nicht.
11 Bereits bei Abschluss des Vertrages legte die Klägerin ein Schreiben der Firma B. vom 14.
November 2000 vor, in welchem es hieß:
12 „Der Unterbau des gelieferten Schubladentresors ist nach dem Tresortyp M5 gebaut.
Widerstandsgrad B, 310 kg Gewicht. Bedingt durch die Schubladenöffnung sollte der
Sicherheitsstandard mit ihrer Versicherung persönlich abgeklärt werden, weil dieser
Schrank von den einzelnen Versicherungen unterschiedlich bewertet wird.“
13 Eine Fotokopie der Beschreibung sowie das Datenblatt der Sachversicherer wurden
beigefügt.
14 Bereits im April 2012 ereignete sich im Lokal der Klägerin ein – hier nicht
streitgegenständlicher - Einbruch, bei welchem aus kleineren Tresoren Wechselgeld
erbeutet wurde, der Versuch, beim großen sogenannten Schubladentresor über die
Schublade einen Aufbruch zu erreichen, scheiterte. Seit dieser Zeit war die Schublade des
Tresors beschädigt, sie konnte nicht mehr abgeschlossen werden, sie war jedoch auch
zuvor nie abgeschlossen worden.
15 In der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2012 wurde erneut bei der Klägerin eingebrochen.
Neben dem Aufbruch von drei kleinen Tresoren war es den Tätern in dieser Nacht auch
gelungen, Geld aus dem großen Schubladentresor zu entwenden. Dies geschah in der
Weise, dass die Täter den 325 kg schweren Tresor umdrehten und - vermutlich mittels
Schütteln - die einzelnen Geldeinwürfe herausfischten.
16 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die versicherungsvertraglichen
Voraussetzungen für einen Einbruchdiebstahl und damit für eine Versicherungsleistung
der Beklagten grundsätzlich gegeben sind. Die Beklagte hat demgemäß auch für den
Inhalt der drei kleinen Tresore Ersatz geleistet. Streitig ist zwischen den Parteien
allerdings, ob die Beklagte auch für die entwendeten Geldsummen aus dem großen
Schubladentresor einstandspflichtig ist; für diese hat die Beklagte lediglich einen
Teilbetrag von EUR 250 geleistet.
17 Die Klägerin hat behauptet, gerade weil von der Klägerin mehrere Gaststätten betrieben
würden und deren Gesellschaft nicht bei der Abrechnung in jeder Gaststätte anwesend
sein könnte, habe man Tresore angeschafft, die im oberen Bereich eine Schublade haben.
Nach Geschäftsschluss legten die Bedienungen das Geld mit den Abrechnungsunterlagen
in die Schublade, aus der es mit Schließen der Schublade in den Tresor falle. An den
Inhalt dieses 325 kg schweren Tresors könne man nur kommen, wenn man diesen auf den
Kopf stelle und durch sogenanntes „Fishing“ in mühevoller Kleinarbeit einen Teil des
Geldes herausfische. Dazu müsse der Tresor auf dem Kopf stehend immer wieder
geschüttelt werden. Dieses sei nur über die gleichzeitige Anwesenheit von mindestens 4
bis 5 starken und kräftigen Personen möglich. Dies zeige, dass dieser Tresor auch bei
nicht verschlossener Schublade eine hinreichende Diebstahlsicherung habe. Die Klägerin
habe zudem dem Versicherungsvertreter beim Vertragsabschluss den Geldschrank und
das Schubladensystem demonstriert. Dieser sei darauf hingewiesen worden, dass die
Schublade nicht ständig abgeschlossen werden könne. Nach einem Vor-Ort-Termin habe
man den Versicherungsvertrag exakt auf diese Situation abgestimmt, so dass diese davon
ausgehen durfte, dass auch der streitgegenständliche Vorfall, nämlich Entwendung bei
nicht geschlossener Schublade, vom Versicherungsvertrag mit umfasst sei. Außerdem
habe die Beklagte hinsichtlich des Schadensfalls vom April 2012 sehr wohl auch von der
Beschädigung der Schublade erfahren, diesbezüglich jedoch keine
Schadensersatzzahlung geleistet, obwohl auch dieser Schaden von der Beklagten vor Ort
aufgenommen wurde. Hätte die Beklagte rechtzeitig reguliert oder darauf gedrungen, dass
die Reparatur hier kurzfristig durchgeführt werde, hätte zum Schadenszeitpunkt auch ein
funktionsfähiges Schloss bei der Wechselgeldschublade vorgelegen. Durch die
verzögerte Regulierung habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass ein
funktionsfähiges Schloss nicht zwingend erforderlich sei. Der Klägerin sei daher ein
ersatzfähiger Gesamtschaden in Höhe von EUR 17.223,60 entstanden, abzüglich des
nicht aus dem Tresor herausgefischten Betrages von EUR 3.572,90 und der bereits
ausbezahlten Löhne von EUR 2.089,10 bestehe somit ein Schaden der Klägerin in Höhe
von 11.561,60 EUR.
18 Die Klägerin, deren Klage am 1. März 2013 zugestellt worden ist, hat in erster Instanz
beantragt,
19 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 11.561,60 nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit 14.08.2012 zu bezahlen und
20 2. die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr vorgerichtlich angefallenen
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 703,80 nebst 5 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu erstatten.
21 Die Beklagte hat beantragt,
22 die Klage abzuweisen.
23 Die Klägerin habe das Bargeld nicht in einem verschlossenen Panzerschrank aufbewahrt,
da die Schublade des Tresors unstreitig nicht verschlossen gewesen sei. Die Klägerin
habe möglicherweise aus praktikablen Gründen, auf eine vorhandene
Entwendungssicherung aus dem Tresor verzichtet und damit dem vertraglichen
Verschlusserfordernis nicht genügt. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass mit einem
hinreichend stabilen Hebel und einigen wenigen Rollen auch ein derart schwerer Tresor
wie der vorliegende auf den Kopf gestellt werden könne und man hierfür nicht mehr als 2
Personen brauche. Bei verschlossener Schublade wäre dagegen noch das Schloss zu
knacken gewesen.
24 Das Landgericht hat die Zeugen K., He. und Ho. zu etwaigen Verabredungen der Parteien
vor Vertragsschluss vernommen. Auf dieser Grundlage hat es die Klage abgewiesen. (…)
25 Gegen die Entscheidung des Landgerichts (…) richtet sich die (...) Berufung der Klägerin.
Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe sich mit der Funktion des Einwurftresors
nicht hinreichend auseinandergesetzt. Ein Schubladentresor verfüge über besondere
technische Vorrichtungen, die verhinderten, dass man über die Einwurfschublade Zugriff
auf das Tresorinnere nehmen könne. Derartige Tresore würden daher auch des Öfteren
ohne Schloss verkauft. Im Übrigen könne die Rechtsprechung herangezogen werden,
nach der ein verschlossenes Behältnis auch dann noch vorliege, wenn der Schlüssel
hierzu so versteckt sei, dass er erst mit einiger Mühe gefunden werden könne. Eine
vergleichbare Situation liege hier vor; ein Herausfischen des Geldes über die Schublade
sei nur mit erheblichem Aufwand möglich gewesen. Eine verschlossene Schublade hätte
den Diebstahl auch nicht verhindert, da das Schloss mit geringem Aufwand hätte
überwunden werden können. Es könne auch nicht verkannt werden, dass die Beklagte
den Tresor in der Gaststätte „L. “ versichert habe, der einen offenen Einwurfschlitz habe.
Schließlich sei zumindest eine Entschädigung von EUR 2.000 geschuldet, weil das
Bargeld im Sinne der Bedingungen jedenfalls „unter anderem Verschluss“ aufbewahrt
worden sei.
26 Die Klägerin beantragt,
27 unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2013 - 7 O
14/13 -
28 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 11.311,60 nebst 5% Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 14. August 2012 zu bezahlen,
29 2. die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr vorgerichtlich angefallenen
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 703,80 nebst 5% Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu erstatten.
30 Die Beklagte beantragt,
31 die Berufung zurückzuweisen.
32 (…)
Entscheidungsgründe
33 Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf weitere
versicherungsvertragliche Entschädigung in Höhe von EUR 1.750, weil ihr „unter anderem
Verschlusses“ verwahrtes Bargeld entwendet worden ist (nachfolgend C.). Weitergehende
Zahlungen, wie sie für Entwendung von Bargeld aus einem verschlossenen Geldschrank
vorgesehen sind, kann sie dagegen nicht beanspruchen (nachfolgend A.).
A.
34 Nach § 13 Nr. 1.4 a) der vereinbarten Bedingungen ist Bargeld bis EUR 15.000 –
individualvertraglich erhöht auf EUR 30.000 - versichert, wenn es unter anderen in
verschlossenen Panzer-Geldschränken untergebracht ist. Das war hier, wovon das
Landgericht zu Recht ausgegangen ist, nicht der Fall.
35 1. Als „verschlossen“ wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dessen
Anschauungen den Maßstab für die Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen
bilden, einen Geldschrank nur dann ansehen, wenn sämtliche Öffnungen verschlossen
sind, die so groß sind, dass aus ihnen - sei es auch mit einiger Mühe - der Inhalt
hinausbefördert werden kann, ohne ein Schloss aufzubrechen (für ein Erfordernis der
Sicherung aller Öffnungen durch ein Schloss auch Martin/Büchel,
Sachversicherungsrecht, 3. Auflage, H III Rn. 39). Dass dies hier der Fall war, macht die
Klägerin nicht geltend. Sie räumt ein, dass die Einwurfschublade des Tresors bei dem
Einbruch nicht verschlossen war.
36 2. Von diesem in erster Linie am Wortlaut orientierten Verständnis der
Versicherungsbedingungen könnte nur dann abgewichen werden, wenn der erkennbare
Zweck der Bedingungen es rechtfertigen würde, von einem verschlossenen Geldschrank
auch dann auszugehen, wenn eine zum Hinausbefördern des Inhalts hinreichend große
Öffnung zwar vorhanden ist, diese aber nur mit erheblichem Aufwand genutzt werden
kann. Eine solche einschränkende Auslegung der Bedingungen wäre nach Auffassung
des Senats indes nur dann gerechtfertigt, wenn – anders als hier – andere technische
Vorrichtungen vorhanden wären, die gleich einem Schloss den Zugriff auf den Tresorinhalt
verhindern.
37 a) Ein „verschlossener“ Panzergeldschrank würde auch dann vorliegen, wenn er zwar
über einen Schlitz oder eine unverschlossene Einwurfschublade verfügen, diese
Einrichtungen aber technisch so gesichert wären, dass die einmal eingelegten oder
eingeworfenen Gegenstände nicht mehr aus dem Tresor hinausgenommen werden
könnten („Schleuse“). Das hat die Klägerin mit der Berufung geltend gemacht, indem sie
vorgetragen hat, der von ihr verwendete Tresor habe über „besondere technische
Vorrichtungen“ verfügt, die verhinderten, dass man über die Einwurfschublade Zugriff auf
das Tresorinnere nehmen könne. Dabei handelt es sich indes um in der Berufungsinstanz
neuen, von der Beklagten bestrittenen und damit nicht zulassungsfähigen Vortrag. Beim
Landgericht war vorgetragen worden, dass es bei dem verwendeten Tresor möglich
gewesen sei, bei einem auf dem Kopf stehenden Tresor durch sogenanntes „Fishing“ an
das Geld heranzukommen. Technische Einrichtungen, die einen Zugriff verhindern
könnten - etwa zusätzliche Klappen oder ähnliches - sind im ersten Rechtszug nicht
dargetan worden. Der vom Landgericht persönlich gehörte Geschäftsführer Afri der
Klägerin hat in der erstinstanzlichen Verhandlung vielmehr angegeben, dass sich im
eigentlichen Tresor und in der Schublade jeweils ein Schlitz befinde; dadurch könnten die
Umschläge nach unten fallen. Zusätzliche technische Schutzeinrichtungen hat der
Geschäftsführer der Klägerin nicht beschrieben. Soweit auf solche im zweiten Rechtszug
Bezug genommen wird, sind diese im Übrigen nicht konkret benannt worden; hierauf ist
die Klägerin durch die Verfügung vom 8. Mai 2014 hingewiesen worden, ohne dass ihr
Vortrag in der mündlichen Verhandlung ergänzt worden wäre.
38 b) Der von der Klägerin angestellte Vergleich zwischen einem Einwurfschlitz oder einer
(unverschlossenen) Schublade mit dem Briefkastenschlitz eines Einfamilienhauses trägt
nach der Beurteilung des Senats nicht. Ein solcher Briefkastenschlitz ist an einem
unbeweglichen Gegenstand angebracht, so dass die hier von der Klägerin vermutete
Methode des Zugriffs („Fishing“ durch Schütteln) nicht möglich wäre; ein unmittelbarer
Eingriff durch den Briefkastenschlitz auf Wertsachen innerhalb des Hauses ist nach dem
üblichen Ort der Anbringung nicht möglich.
39 c) Die für die Entscheidung des Falls maßgebliche Regelung des Versicherungsvertrags
lässt sich auch nicht dahin einschränkend auslegen, dass eine unverschlossene Öffnung
dann unbeachtlich ist, wenn eine Herausnahme einzelner Gegenstand zwar nicht durch
technische Einrichtungen ausgeschlossen, aber durch das Eigengewicht des Tresors und
die Art der Öffnung erschwert wird. Eine solche beschränkende Auslegung würde den
Begriff des „verschlossenen“ Panzer-Geldschrankes weitgehend konturlos werden lassen.
Zudem bestünde die Schwierigkeit einer solchen Auslegung darin, dass der Aufwand für
eine Inhaltsentnahme nicht nur von der Konstruktion des Geldschrankes, sondern auch
von der Größe der eingelegten Gegenstände und von dem Füllstand abhängig wäre.
40 d) Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. April 1972 (NJW 1972, 1232) stützt den
Rechtsstandpunkt der Klägerin nicht. Darin sind allerdings die Bedingungen einer privaten
Hausratversicherung dahin ausgelegt worden, dass ein „verschlossenes Behältnis“ zur
Aufbewahrung von Schmuck-, Gold- und Silberwaren auch dann (noch) vorliegt, wenn das
Verhältnis verankert und verschlossen und der Schlüssel hierzu in der Wohnung versteckt
ist. Dem lag die Überlegung zugrunde (a. a. O., juris-Rn. 9), dass die Vertragsbestimmung
gewährleisten solle, dass der Verschluss dem potentiellen Einbruchsdieb ein zusätzliches
Wegnahmehindernis bereiten solle. Ein solches Wegnahmehindernis bestehe auch, wenn
zunächst der Schlüssel gesucht werden muss. An einem solchen zusätzlichen
Wegnahmehindernis fehlte es hier, da die Schublade unstreitig nicht verschlossen war.
Auf die Frage, welcher Aufwand hätte betrieben werden müssen, um das Schloss der
Schublade aufzubrechen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend an. Es
erscheint zudem zweifelhaft, dass die aus einer Entscheidung zu den Bedingungen der
privaten Hausratversicherung entnommenen Rechtssätze auf eine Versicherung des hier
in Rede stehenden Zweigs übernommen werden könnten.
41 3. Die Klägerin zieht in Zweifel, dass der Diebstahl verhindert worden wäre, wenn die
Einwurfschublade verschlossen gewesen wäre; sie trägt zudem vor, dass das
Schubladenschloss im Vergleich zu dem Schloss der Tresortür nur ein verhältnismäßig
geringes Schutzniveau biete. Ob dies zutreffend ist, bedarf keiner weiteren Aufklärung. Die
Notwendigkeit, zunächst das Schloss der Schublade aufzubrechen, hätte jedenfalls einen
zusätzlichen Aufwand bedeutet, der die Sicherheit des Geldschrankes erhöht hätte.
B.
42 Auf die in § 13 Nr. 1. 4 a) geregelten Voraussetzungen eines Versicherungsschutzes für
Bargeld bis EUR 30.000 käme es nicht an, wenn die Vertragsparteien eine nach § 305b
BGB vorrangige individuelle Abrede getroffen hätten, dass der erhöhte
Versicherungsschutz auch gewährt werden soll, wenn die vorhandene Einwurfschublade
nicht abgeschlossen wird. Das Landgericht, das hierzu Beweis erhoben hat, hat sich von
einer Abrede nicht überzeugen können. Dem folgt der Senat, weil er keine konkreten
Anhaltspunkte hat, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des Landgerichts gebieten (§ 529 Absatz 1 Nr. 1 ZPO). Die gegen die Beurteilung des
Landgerichts gerichteten Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung.
43 a) Die Berufung macht zunächst geltend, dass es der Versicherer übernommen habe, der
Klägerin ein Versicherungsangebot zu unterbreiten, das auf die tatsächlichen Verhältnisse
in ihren Lokalen und damit auch auf die dort vorhandene Tresore zugeschnitten gewesen
sei. Ob das zutreffend ist, muss nicht entschieden werden. Die Beklagte verweigert die
weitere versicherungsvertragliche Entschädigung nicht deshalb, weil einer der Tresore
von vornherein den Bedingungen nicht entsprochen habe, sondern weil eine
bauartbedingte Sicherung - das Schloss der Schublade - nicht betätigt worden war.
44 b) Keiner der Zeugen, die das Landgericht vernommen hat, hat bestätigt, dass der
Geldschrank im „M.“ in Augenschein genommen worden und dabei vereinbart worden ist,
dass das darin aufbewahrtes Geld auch dann voll versichert sein solle, wenn die
Schublade nicht verschlossen wird. Der Zeuge K. hat im Gegenteil ausgeschlossen, dass
er ein ihm berichtetes Offenlassen der Tresorschublade gebilligt hätte. Auf die Frage, ob
ein Vertreter der Beklagten auf die Besichtigung des Tresors im „M.“ wegen des Hinweises
auf die Baugleichheit mit dem Tresor in der „A. “ verzichtet hat, kommt es nicht
entscheidend an, weil auch unter Zugrundelegung dieses Vortrags nicht feststünde, dass
die Beklagte es gebilligt hätte, dass die in den Tresoren vorhandene Schublade nicht
abgeschlossen wird.
45 c) Die in einem anderen Lokal der Klägerin tätige Zeugin Ho. hat bekundet, dass sich zwei
Personen, darunter der Zeuge He., den Tresor im Keller der „A.“ angesehen hätten und
auch die Funktion des Schubladentresors besprochen worden sei. Die Zeugin hat aber
nicht bestätigt, dass die Erschienenen darauf hingewiesen worden waren, dass die
Schublade regelmäßig nicht abgeschlossen wird. Davon, dass bei der - nach Schilderung
der Zeugin kurzen - Besichtigung den Erschienenen aufgefallen ist, dass durch einen mit
Klebeband befestigten Gegenstand das vollständige Zufallen der Schublade verhindert
wurde, lässt sich aufgrund der Schilderung der Zeugin nicht hinreichend feststellen. Ohne
eine entsprechende ausdrückliche Erklärung der Beklagten konnte die Klägerin auch nicht
annehmen, dass ihr Versicherungsschutz für einen Tresor auch dann gewährt werden
solle, wenn dessen vorhandene Schlösser nicht sämtlich betätigt werden. Auf die Frage,
ob der Zeuge K. einen Schubladentresor in der „A.“ gesehen hat, kommt es vor diesem
Hintergrund nicht entscheidend an. Dem in diesem Zusammenhang gestellten Antrag,
etwaige handschriftliche Aufzeichnungen des Zeugen beizuziehen, musste vor diesem
Hintergrund nicht entsprochen werden.
46 d) Die Klägerin verweist darauf, dass ein Tresor in der Gaststätte L. besichtigt worden sei,
der im oberen Bereich einen offenen Schlitz aufweise; dies habe der Zeuge K. gesehen,
ohne Einwendungen gegen die Versicherbarkeit zu erheben. Daher habe die Klägerin
davon ausgehen dürfen, dass erst recht Tresore versichert seien, bei denen eine
Schublade vorhanden, wenn auch nicht verschlossen sei. Das rechtfertigt kein der
Klägerin günstigeres Ergebnis.
47 aa) Der Zeuge K. hat in erster Instanz bestätigt, einen Tresor in der Gaststätte „L. “ in
Augenschein genommen zu haben. Dass dieser einen nicht verschließbaren Schlitz
gehabt habe, hat er allerdings nicht bekundet. Der Zeuge He. hat, wie er bekundet hat, an
einer Besichtigung eines Tresors im „L.“ nicht teilgenommen.
48 bb) Die Schlussfolgerung, dass ein Tresor mit unverschlossener Schublade erst Recht
versichert sein müsse, wenn es auch ein Tresor mit unverschließbaren Schlitz sei, wäre
überdies nur gerechtfertigt, wenn der vergleichbare Tresor auch sonst keine technischen
Einrichtungen hätte, die den Zugriff auf den Inhalt verhindern. Hierzu hat die Klägerin -
auch auf den entsprechenden Einwand in der Berufungserwiderung - nichts vorgetragen.
Dieser Grund steht auch einer Heranziehung des als Anlage K 17 vorgelegten, nach dem
hier streitigen Einbruch zu einem anderen Tresor ausgestellten Bestätigungsschreibens
der Beklagten vom 11. September 2012 entgegen. Dort ist zwar ausgeführt, dass Bargeld
bis EUR 30.000 in diesem Tresor versichert sei, sofern dieser am Boden verankert sei,
unabhängig von einem Verschluss der Schublade. Dem liegt aber, wie in dem Schreiben
ausdrücklich ausgeführt ist, die Bestätigung des Herstellers zugrunde, dass ein „Fishing“
aus der Schublade ausgeschlossen sei. Dass diese Voraussetzung auch bei dem
früheren Tresor im „M.“ erfüllt war, lässt sich aus den oben ausgeführten Gründen nicht
feststellen.
49 e) Entgegen der erstinstanzlichen Argumentation der Klägerin konnte diese von einer
Versicherung trotz unverschlossener Tresorschublade auch nicht deshalb ausgehen, weil
die Beklagte nach dem ersten, nicht streitgegenständlichen Einbruch die „Schublade am
Tresor ignoriert“ habe, obwohl insoweit ein Versicherungsfall gegeben gewesen sei. Die
Klägerin macht insoweit nicht geltend, dass sie die Entschädigung für die Beschädigung
des Tresors konkret verlangt hatte und ihr diese versagt worden ist. Von sich aus war die
Beklagte zu einem Hinweis, dass die Schublade repariert werden müsse, nicht
verpflichtet. Die Klägerin konnte das Ausbleiben einer Regulierung – für das verschiedene
Gründe in Betracht kamen – ohne zusätzliche Anhaltspunkte auch nicht als Erklärung der
Beklagten deuten, dass sie das Abschließen der Einwurfschublade des Tresors für nicht
erforderlich erachte und der Versicherungsschutz unabhängig hiervon gegeben sein solle.
C.
50 Die Klage hat aber deshalb teilweisen Erfolg, weil das Geld der Klägerin zwar nicht in
einem verschlossenen Panzer-Geldschrank, aber - wie es § 13 Nr. 1.4 b) der Bedingungen
vorsieht - „unter anderem Verschluss in Behältnissen, die erhöhte Sicherheit gewähren“ -
aufbewahrt worden ist.
51 1. Der Senat legt § 13 Nr. 1. 4. b) der Bedingungen dahin aus, dass zur Erfüllung der
Voraussetzungen nicht alle Öffnungen des Behältnisses „verschlossen“ sein müssen.
Wäre dies gewollt gewesen, hätte es im Zusammenhang der hier in Rede stehenden
Bedingungen nahegelegen, unter Übernahme der Formulierung aus § 13 Nr. 1.4 a) zu
bestimmen, dass die Entschädigung für Bargeld in „verschlossenen Behältnissen, die
erhöhte Sicherheit gewähren“ geleistet wird. Dass eine abweichende Formulierung
gewählt worden ist, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer dahin verstehen,
dass nicht zwingend betätigte Schlösser an allen Öffnungen verlangt sind, sondern es
genügen soll, wenn das Bargeld nicht offen aufbewahrt wird, sondern in Behältnissen, die
nicht offen sind und erhöhte Sicherheit gegen Wegnahme des Inhalts gewähren. Diese
Voraussetzungen sind hier nach Auffassung des Senats erfüllt. Nach den unstreitigen
Feststellungen des Landgerichts, für deren Richtigkeit das von der Polizei aufgenommene
Lichtbild streitet, geschah die Entwendung in der Weise, dass der 325 kg schwere Tresor
auf den Kopf gestellt wurde. Es liegt auf der Hand, dass hierfür erheblicher Aufwand
erforderlich war. Dass zur Entnahme des Geldes erheblicher Aufwand erforderlich war, bot
gegen die Entwendung diejenige „erhöhte Sicherheit“, die die Vertragsklausel verlangt.
Anders als bei der Anwendung des § 13 Nr. 1. 4 a) AVB wird der durchschnittliche
Versicherungsnehmer die Wendung „erhöhte Sicherheit“ dahin auslegen, dass es in
diesem Zusammenhang nicht darauf ankommt, welche tatsächlichen Umstände zu dem
erhöhten Schutz gegen das Entwenden des Inhalts führen.
52 2. Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung unstreitig gestellt, dass der Klägerin
(mindestens) EUR 2.000 aus dem Behältnis entwendet worden sind. Auf die Frage, ob ein
weitergehender Schaden entstanden ist, kommt es nach den vorstehenden Ausführungen
nicht an. Die Klägerin hat ihrerseits unstreitig gestellt, dass ein Teilbetrag von EUR 250
bereits ersetzt worden ist; es verbleibt daher ein von der Beklagten zu ersetzender Betrag
von EUR 1.750. (…)