Urteil des OLG Karlsruhe vom 23.02.2004

OLG Karlsruhe: räumung, mietwohnung, beendigung, ehepartner, kündigung, pacht, miete, rechtsberatung, verfügung, besitz

OLG Karlsruhe Beschluß vom 23.2.2004, 19 W 9/04
Leitsätze
Der Streitwert ist nach § 16 Abs. 2 Satz 2 GKG festzusetzen, wenn die Räumung einer Mietwohnung gegenüber einem in dieser lebenden
Ehepartner begehrt wird, auch wenn dieser nicht Vertragspartner des Mietvertrages geworden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Klage nur auf § 985
BGB gestützt ist, der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt aber auch einen Anspruch aus § 546 BGB n.F. rechtfertigt.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts vom 10.12.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
1 Die von den Prozessbevollmächtigten ersichtlich im eigenen Namen eingelegte (weil sonst unzulässig, vergl. OLGR Naumburg 2001, 131)
sofortige Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
2 Das Landgericht hat zutreffend den Streitwert für das Verfahren auf den Jahresbetrag der Miete mit 6.626,40 EUR festgesetzt; die Klägerin hatte
ihren Räumungs- und Herausgabeanspruch bezüglich der von der Beklagten bewohnten Wohnung auf § 985 BGB gestützt, nachdem das
Mietverhältnis mit dem Ehemann der Beklagten beendet war. Über diesen war sie in den Besitz der Wohnung gelangt. Demgemäß war sie
Mitbesitzerin der von dem Ehemann angemieteten Wohnung (vergl. OLG Jena WuM 2002, 221; OLG Köln WuM 1994, 285; OLG Oldenburg NJW-
RR 1994, 715) aufgrund des Mietvertrages zwischen ihrem Ehemann und der Klägerin, und ihr gegenüber bestand nach der Kündigung des
Mietverhältnisses ein Anspruch der Klägerin auf Räumung der Mietwohnung gemäß § 546 BGB. Damit hat die Klägerin einen Sachverhalt
vorgetragen, bei dem der Anspruch auf Räumung neben der ausdrücklich genannten Vorschrift des § 985 BGB auch auf § 546 BGB gestützt war,
weil das Gericht den unterbreiteten Sachverhalt unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen hat. Dass die Beklagte im Rechtsstreit säumig
geblieben ist und gegen sie ein rechtskräftiges Versäumnisurteil erging, hindert nicht, die Darstellung in der Klagschrift der Streitwertfestsetzung
zugrunde zu legen (vergl. OLG Stuttgart JurBüro 1995, 486).
3 Dann aber war der Streitwert hier nach § 16 Abs. 2 Satz 2 GKG zu bestimmen. So hat das Landgericht Mannheim (MDR 1964, 1016) den Streitwert
nach § 12 GKG a.F. (gleich der Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 GKG n.F.) in einem Fall festgesetzt, in dem der Kläger sein
Räumungsverlangen auf § 985 BGB und hilfsweise auf § 556 Abs. 3 BGB a.F. gestützt hat. In der Rechtsprechung ist auch anerkannt, dass der
Streitwert nach § 16 Abs. 2 Satz 2 GKG zu bestimmen ist, wenn sich der Beklagte gegen das Räumungsverlangen einredeweise auf ein Miet-,
Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis beruft (Schneider/Herget, Streitwertkommentar 11. Aufl. Rdn. 2972 m.N.). Ist das Räumungsverlangen
auf die Beendigung des unstreitigen Nutzungsverhältnisses gestützt, greift § 16 Abs. 2 Satz 2 GKG ein (BGHZ 48, 177). Im Hinblick auf den
sozialen Schutzgedanken des § 16 Abs. 2 ist diese Vorschrift weit auszulegen (vergl. BGH aa0) und auf Fälle auszudehnen, in dem die Räumung
einer Mietwohnung gegenüber einem in dieser lebenden Ehepartner nach Beendigung des Mietverhältnisses begehrt wird, auch wenn dieser
nicht Vertragspartner des Mitvertrages geworden ist.
4 Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.