Urteil des OLG Karlsruhe vom 25.06.2004
OLG Karlsruhe: gesetzlicher vertreter, verein, neutralität, befangenheit, unparteilichkeit, dolmetscher, eltern, kindeswohl, objektivität, parteivertreter
OLG Karlsruhe Beschluß vom 25.6.2004, 16 UF 50/03 UG
Umgangspflegschaft: Ablehnung des Umgangspflegers wegen Besorgnis der Befangenheit
Leitsätze
Der Umgangspfleger kann nicht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
Tenor
Das Befangenheitsgesuch der Antragsgegnerin betreffend die vom Senat eingesetzte Umgangspflegerin Frau X wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1 Mit Beschluss vom 15. April 2004 hat der Senat im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet, dass der Antragsteller berechtigt und
verpflichtet ist, mit seinen ehegemeinsamen Kindern R. M. und N. G. Umgang zu haben. Zur Abwicklung der im Einzelnen bestimmten
Umgangstermine wurde vom Senat als Umgangspflegerin Frau X eingesetzt.
2 Mit einem „Antrag auf Ablehnung der Umgangspflegerin aufgrund von voreingenommener Parteilichkeit“ überschriebenen Schriftsatz vom 11. Mai
2004 hat die Antragsgegnerin sich an den Senat gewandt. In diesem Schriftsatz ist unter anderem ausgeführt
3
Frau X (Umgangspflegerin) wird von einem radikal für Männerrechte eintretenden Verein Namens ... gesponsort. Sie bedankt sich auf
ihrer Internetseite für diese Form der Bezahlung bei ihren Vorlesungen (http://www.x.de/...). Wo bleibt da die Neutralität.
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Da ich nun die juristischen Formulierungen und Paragraphen nicht kenne, sondern nur nach dem gesunden Menschenverstand urteile,
halte ich Frau X. für voreingenommen und parteilich.
...
5 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Schreibens Bezug genommen.
II.
6 Die Ablehnung von Frau X. durch die Antragsgegnerin ist unzulässig.
7 Das Gesetz sieht eine Ablehnung der Umgangspflegerin wegen Voreingenommenheit nicht vor. Die Einrichtung der Umgangspflegschaft enthält
rechtlich den teilweisen Entzug - soweit es zur Durchführung des Umgangsrechts notwendig ist - und Übertragung dieses Sorgerechtes auf den
Umgangspfleger. Es handelt sich um einen Fall der Pflegschaft, auf den gem. § 1915 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Vormundschaft
entsprechend anzuwenden sind. Personen, die von vornherein in einem den im § 1795 BGB typisierten Interessenkonflikte stehen, sind von der
Wahrnehmung des Amtes eines Vormundes und damit auch eines Umgangspflegers grundsätzlich ausgeschlossen. Der Umgangspfleger ist
damit für einen begrenzten Bereich gesetzlicher Vertreter des Kindes. Als solcher ist er im Gegensatz zum Sachverständigen und Dolmetscher
nicht zur Unparteilichkeit verpflichteter Gehilfe des Gerichts, sondern einseitiger Interessenvertreter des Kindes im Verfahren. Er hat eine einem
Parteivertreter ähnliche Rechtsstellung und ist gegenüber den Eltern nicht zur Neutralität und Objektivität verpflichtet, sondern zur Durchführung
des Umgangsrechtes. Insoweit hat er allein das Kindeswohl zu berücksichtigen. Deshalb finden die Vorschriften des §§ 15 Abs. 1 S. 1 FGG, 406
Abs. 5 ZPO und §§ 9 S. 2, 6 FGG, 46 Abs. 2 ZPO - welche die Ablehnung eines Sachverständigen und eines Dolmetschers regeln - keine
entsprechende Anwendung (vgl. ebenso OLG Celle, Beschluss vom 19. Februar 2003, Az.: 15 WF 36/03 - zitiert nach Juris - für den Fall der
Ablehnung eines Verfahrenspflegers).
8 Im Übrigen wäre ein Ablehnungsgesuch bei einer entsprechenden Anwendung der genannten Vorschriften nicht begründet. Das Schreiben der
Antragsgegnerin vom 11. Mai 2004 enthält keine Gründe, die die Ablehnung der Umgangspflegerin rechtfertigen würden. Dass Frau X „von einem
radikal für Männerrechte eintretenden Verein Namens ... gesponsert“ wird, ist nicht glaubhaft gemacht, es ergibt sich insbesondere nicht aus den
angegebenen Internetseiten, die von Frau X. unterhalten wird. Konkrete Vorwürfe werden gegenüber Frau X. nicht erhoben.
9 Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.