Urteil des OLG Karlsruhe vom 05.11.2008
OLG Karlsruhe (treu und glauben, käufer, firma, culpa in contrahendo, rüge, lagerung, kenntnis, verkäufer, angemessene frist, höhe)
OLG Karlsruhe Urteil vom 5.11.2008, 7 U 15/08
Handelskauf: Ansprüche gegen einen Verkäufer wegen des Schimmelns von Baumkuchen
Leitsätze
1. Bei einem Handelskauf trifft den Käufer die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB auch dann, wenn der Verkäufer
die Kaufsache auf Anweisung des Käufers an einen Dritten abliefert. Er muss dafür sorgen, dass der Abnehmer
ihn sobald wie möglich von Mängeln unterrichtet.
2. Dem Käufer, der sich im Regelfall an die gesetzliche Rangordnung der Gewährleistungsrechte zu halten hat,
obliegt hinsichtlich der Tatsachen, die die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung begründen, die Beweislast.
3. Vom Verkäufer kann nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung keine Mitteilung
über solche Umstände erwartet werden, die einem verständigen Käufer bekannt sind oder bekannt sein müssen
(hier: Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln, welche nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen gewährleistet ist).
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mannheim
vom 10. Januar 2008 - 23 O 11/07 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 85.816,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit 6. Dezember 2006 sowie 1.680,10 EUR Anwaltskosten für die vorgerichtliche
Geltendmachung zu zahlen.
II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin oder der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin oder die Streithelferin
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Die Klägerin, welche sich mit dem Vertrieb von Promotions-Artikeln an Großkunden befasst, macht gegen die
Beklagte Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises wegen der Lieferung von Baumkuchen sowie vorgerichtliche
Anwaltskosten in Höhe von 1.680,10 EUR geltend. Die Beklagte ist Inhaberin der Marke „D.“. Unter diesem
Kennzeichen vertreibt die Firma K. Lutschtabletten. Zur Durchführung einer Werbeaktion bei den Apothekern
bestellte die Beklagte bei der Klägerin 12.000 Stück Baumkuchen in einer mit Werbeaufdrucken für „D.“
versehenen Dose. Die Baumkuchen wurden vereinbarungsgemäß in zwei Teillieferungen an die Firma K.
geliefert.
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Die Beklagte wendet gegen die Zahlungsansprüche ein, dass ein Teil der Baumkuchen vor Ablauf des
Mindesthaltbarkeitsdatums durch Schimmelbefall verdorben war. Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des
Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug und der getroffenen Feststellungen verwiesen wird, hat der Klage
teilweise stattgegeben. Es hat dabei offen gelassen, ob die gelieferten Baumkuchen bereits zum Zeitpunkt des
Gefahrübergangs mit einem Mangel behaftet waren, der sich erst später in einem Schimmelbefall geäußert
habe. Die Beklagte habe nicht nachzuweisen vermocht, dass sie die ihr obliegende Rügepflicht nach § 377
HGB erfüllt habe. Zwar sei zugunsten der Beklagten von einem verdeckten Mangel auszugehen. Da die
Beklagte nicht dargelegt habe, wann die in ihrem Bereich tätige weitere Firma Kenntnis von dem
Schimmelbefall gehabt habe, sei sie der ihr insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht
nachgekommen. Das Landgericht hat angenommen, dass der Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach §
280 BGB zustehe, der den Kaufpreisanspruch um ¼ reduziere. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, die
Beklagte auf die Notwendigkeit einer gleichmäßigen und kühlen Lagerung hinzuweisen. Dies hätte schon im
Rahmen des unmittelbaren Vertragsabschlusses geschehen müssen. Ferner wären auch die angelieferten
Kartons mit einem zusätzlichen Aufdruck zu versehen gewesen, damit für den Lagerhalter die
Lageranforderungen deutlich werden. Das Landgericht hat einen überwiegenden Verursachungsbeitrag für den
eingetretenen Schaden bei der Beklagten gesehen und hat der Klägerin nur ¾ der Klagesumme zuerkannt.
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Dagegen richten sich die Berufungen beider Parteien. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus
dem ersten Rechtszug in vollem Umfang weiter. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung im Wesentlichen
gegen die Beurteilung des Landgerichts, sie habe ihre Rügepflicht nach § 377 Abs. 3 HGB verletzt und trägt
nunmehr unter Beweisantritt vor, dass von der ersten Rüge durch Apotheker an K. bis zur Rüge der Beklagten
lediglich zwei Tage vergangen seien.
II.
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Die Berufung der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg und führt zur Abänderung des Urteils des Landgerichts.
Dagegen ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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1. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kaufpreisanspruch der Klägerin infolge der
Minderungserklärung der Beklagten nicht gemäß § 441 Abs. 1 BGB herabgesetzt bzw. entfallen ist. Denn
auch, wenn - wie von der Beklagten behauptet - ein Schimmelpilzbefall der Baumkuchen bereits bei
Gefahrübergang vorhanden gewesen wäre, wäre ein Minderungsrecht der Beklagten deshalb ausgeschlossen,
weil die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 3 HGB eingetreten ist (a). Im Übrigen ist die Beklagte schon
deshalb nicht zur Minderung befugt, weil sie es versäumt hat, der Klägerin eine Frist zur Nachlieferung zu
setzen (b).
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a) Gemäß § 377 HGB gilt bei einem Handelskauf, wie er hier vorliegt, die Ware als genehmigt, wenn der
Käufer einen verdeckten Mangel nach § 377 Abs. 3 HGB nicht rechtzeitig rügt. Diese Voraussetzungen
sind im vorliegenden Fall - wovon auch das Landgericht ausgeht - erfüllt.
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(1) Das Landgericht hat zu Recht dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass die Baumkuchen
vereinbarungsgemäß an die Firma K. geliefert wurden. Bei einem Handelskauf trifft den Käufer die
Rügeobliegenheit nach § 377 HGB auch dann, wenn der Verkäufer die Kaufsache auf Anweisung des
Käufers an einen Dritten abliefert. Der Käufer hat in diesem Fall dafür zu sorgen, dass der Abnehmer
ihn sobald wie möglich von Mängeln unterrichtet; bei einer vermeidbaren Verzögerung der
Mängelanzeige muss sich der Käufer den aus § 377 Abs. 3 HGB folgenden Rechtsnachteil von seinem
Verkäufer entgegenhalten lassen (vgl. BGHZ 110, 130, 139).
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(2) Die Beklagte hat die Rüge der Mangelhaftigkeit, die am 29.11.2006 erfolgte, nicht unverzüglich im
Sinne des § 377 Abs. 3 HGB erhoben. Dabei kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen
werden, dass es sich bei einem etwa bei Gefahrübergang vorhandenen Schimmelbefall um einen
sogenannten verdeckten Mangel des Baumkuchens handelt, weil er mit bloßem Auge nicht
wahrnehmbar war. Auch für den Fall, in dem die Baumkuchen bei Gefahrübergang noch keine
Schimmelsporen aufwiesen, jedoch - wegen einer in der Klarsichtfolie etwa vorhandenen
Luftfeuchtigkeit - eine Schimmelneigung bestand, kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden,
dass eine einfache Untersuchung nach Aussehen, Geruch und Geschmack keine Verdachtsgründe
ergeben hätte, die eine labortechnische Untersuchung erforderlich gemacht hätten (vgl. BGH, NJW
1991, 2633).
9
Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 377
Rdn. 55) hat im ersten Rechtszug zwar dargelegt, wann ihre Mitarbeiterin erstmals Kenntnis von dem
Schimmelbefall hatte. Da der Käufer dafür Sorge zu tragen hat, dass der die Ware in Empfang
nehmende Dritte ihn sobald wie möglich von Mängeln unterrichtet (BGHZ 110, 130, 139), kommt es
jedoch entscheidend auf die Kenntnis der Firma K. an. Hierzu hat die Beklagte im Berufungsrechtszug
(Schriftsatz vom 11. April 2008, II 97) erstmals vorgetragen, es seien von der ersten Rüge durch
Apotheker an K. bis zum E-Mail vom 30. November 2008 - also der weiteren Schilderung der
Einzelheiten der Rüge - lediglich zwei Tage vergangen. Zwar hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6.
Dezember 2007 (I 252) im ersten Rechtszug vorgetragen, es habe nach Kenntnisnahme der Rüge bei
K. die unverzügliche Weiterleitung der Rüge an die Beklagte und dort an die Klägerin stattgefunden. Da
die Klägerin bereits im ersten Rechtszug bestritten hat, dass die Beklagte den Mangel rechtzeitig
gerügt hat, und die Beklagte aufgefordert hat, das genaue Feststelldatum vorzutragen und unter
Beweis zu stellen (Schriftsatz vom 9.7.2007, I 95 und Schriftsatz vom 19.10.2007 I 204), hätte es
insoweit substantiierten Vortrags und gegebenenfalls eines Beweisangebots bedurft.
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Der Hinweis der Beklagten auf den vorgelegten E-Mailverkehr in dem Schriftsatz vom 6. Dezember
2007 ( I 252) war unzureichend, weil sich daraus nicht ergibt, wann die Firma K. erstmals Kenntnis von
dem Schimmelbefall hatte. Der Inhalt der E-Mail von Frau S., einer Mitarbeiterin der Firma K., vom
30.11.2006 (Anlage B 6 I 111), legt es vielmehr nahe, dass die Firma K. schon längere Zeit vor der
Mitteilung an die Beklagte Kenntnis von dem Schimmelbefall hatte. Dort heißt es: „Bisher liegen uns
mehrere Einzelfälle von Apotheken, nahezu zwei komplette Kartons bei einem A.-Mitarbeiter, 15
Einheiten bei uns und Ihre eigenen Erfahrungen vor“. Mit dem nunmehr substantiierten Vortrag und
dem Beweisantrag ist die Beklagte nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen, denn die fehlende
Darlegung im ersten Rechtszug beruht auf Nachlässigkeit. Der Beklagten war bekannt, dass das
Gericht die Frage der Kenntnis der Firma K. für die Rechtzeitigkeit einer Rüge möglicherweise für
entscheidungserheblich hält. Wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. August
2007 (I 140) ergibt, auf welches das erstinstanzliche Urteil Bezug nimmt, war Gegenstand der
Erörterung, „inwieweit bei einem verdeckten Mangel auf die Rechtzeitigkeit der Rüge durch den Käufer
oder (…) durch zwischengeschaltete Firmen abgestellt werden muss“. Dennoch hat die Beklagte es,
obwohl sie hierzu bis zum Termin am 22. November 2007 Gelegenheit hatte, versäumt, darzulegen,
wann die Firma K. erstmals Kenntnis von dem Schimmelbefall hatte.
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b) Gewährleistungsansprüche scheitern im Übrigen bereits daran, dass die Beklagte die Klägerin nicht
unter Fristsetzung zur Nachlieferung aufgefordert hat. Das Recht des Käufers, wegen eines behebbaren
Mangels den Kaufpreis zu mindern (§ 437 Nr. 2 BGB), setzt - wenn nicht einer der gesetzlichen
Ausnahmetatbestände eingreift - voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist
zur Nacherfüllung bestimmt hat (BGH, NJW 2008, 1371 Tz. 10). Zur Nacherfüllung hat die Beklagte nicht
aufgefordert. Es liegt auch keiner der in § 440 BGB genannten Ausnahmefälle vor, in denen eine erfolglose
Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich ist.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin die Nacherfüllung nicht verweigert. An die
tatsächlichen Voraussetzungen für die Bejahung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind strenge
Anforderungen zu stellen. Sie liegt nur vor, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde
seinen Vertragspflichten nicht nachkommen (BGH, NJW 2006, 1195 Tz. 25). Daran fehlt es hier. Mit der E-
Mail vom 15. Dezember 2006 (Anlage B 5, I 110) hat der Mitarbeiter der Klägerin zwar jede Verantwortung
für die behaupteten Mängel abgelehnt und die Beklagte aufgefordert, den Kaufpreis zu begleichen. In dem
Bestreiten von Mängeln liegt jedoch nicht ohne weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung (BGH,
NJW 2006, 1195 Tz. 25; NJW 2008, 1371 Tz. 12). Vielmehr müssen zu dem bloßen Bestreiten weitere
Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, das der Schuldner über das Bestreiten der
Mängel hinaus bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es damit
ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung hätte oder werde umstimmen lassen (BGH,
NJW 2006, 1195 Tz. 25). Das ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat bereits in dem Verfahren vor dem
Landgericht gerügt, ihr sei keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden (I 224). Es erscheint
deshalb zumindest möglich, dass sie bei einer an sie gerichteten Aufforderung der Beklagten zur
Nacherfüllung keinen Streit über das Bestehen von Gewährleistungsrechten (mehr) geführt, sondern dem
Nachlieferungsverlangen nachgekommen wäre. Insoweit ist nicht bewiesen, das die Ersatzlieferung nicht
noch rechtzeitig vor Weihnachten hätte verteilt werden können (der Vortrag der Beklagten - I 43, 218 - ist
bestritten, I 175 ).
13
Im Übrigen lag ein Fixgeschäft auch nicht vor. Die Nacherfüllung war und ist für die Beklagte auch nicht
unzumutbar. Da der Käufer sich im Regelfall an die gesetzliche Rangordnung der Gewährleistungsrechte
zu halten hat, obliegt ihm hinsichtlich der Tatsachen, die die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung
begründen, die Beweislast (Westermann in Münchner Kommentar, BGB, 5. Aufl. § 440 Rdn. 13). Da
unbekannt ist, wann die Beklagte von der Firma K. erstmals hätte darüber in Kenntnis gesetzt werden
können, dass ein Mangel der Baumkuchen vorlag, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die
Baumkuchen bei einem zu diesem Zeitpunkt erfolgten Nachlieferungsverlangen noch in der
Vorweihnachtszeit hätten ausgeliefert werden können. Die Nacherfüllung ist für die Beklagte auch nicht
nach Ablauf des Weihnachtsfestes im Jahre 2006 unzumutbar geworden. Die Klägerin hat nicht
vorgetragen und insbesondere aus den vorgelegten Bildern (I 241) ergibt sich kein Hinweis darauf, dass die
Baumkuchen nur während der Weihnachtszeit ihren Werbezweck erfüllen konnten. Es ist nicht ersichtlich
und auch nicht vorgetragen, dass die Dose mit vorweihnachtlichen Motiven bedruckt war. Die Klägerin hat
auch nicht dargelegt und es ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich bei Baumkuchen um ein Produkt
handelt, das nur während der Weihnachtszeit werbewirksam verschenkt werden kann.
14 2. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Zu Recht wendet sich die Klägerin dagegen, dass das Landgericht den
geltend gemachten Kaufpreisanspruch mit der Begründung nicht in voller Höhe zugesprochen hat, der
Beklagten stehe gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB zu. Dabei ist bereits
zweifelhaft, ob der Erklärung der Beklagten, hilfsweise wende sie Schadensersatzansprüche ein (I 27) eine
konkludente Aufrechnungserklärung entnommen werden kann. Jedenfalls rechtfertigen die vom Landgericht
getroffenen Feststellungen die Annahme eines Anspruchs aus § 280 BGB bzw. aus culpa in contrahendo nicht.
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a) Zu Unrecht hat das Landgericht die Klägerin für verpflichtet gehalten, die Beklagte vor oder bei
Vertragsschluss auf das Erfordernis einer gleichmäßigen und kühlen Lagerung der Baumkuchen
hinzuweisen. Das Landgericht hat dabei die von der Klägerin und der Streithelferin teilweise widersprüchlich
beurteilte Frage offen gelassen, bei welchen Temperaturen die Baumkuchen zu lagern waren und keine
Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage getroffen, welche Temperaturen tatsächlich
im Lager der Firma K. herrschten und ob es die von der Klägerin behaupteten erheblichen
Temperaturschwankungen (über 32 °C) gab. Weitere Feststellungen hierzu sind entbehrlich, weil der
Beklagten, auch wenn - wie sie behauptet - die Baumkuchen bei Temperaturen zwischen 19 und 21°C
gelagert wurden, ein Schadensersatzanspruch nicht zusteht.
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Die Klägerin war bei oder vor Vertragsabschluss nicht zur Aufklärung darüber verpflichtet, dass eine
Lagerung des Baumkuchens bei Zimmertemperatur oder bei höheren Temperaturen zum vorzeitigen
Verderb des Baumkuchens führt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei
Vertrags-verhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden
Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über die Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des
anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die
Mitteilung nach der Verkehrsaufassung erwarten konnte (BGH, Urt. v. 13.6.2007 - VIII ZR 236/06, NJW
2007, 3057 Tz. 35 mwN). Vom Verkäufer kann nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Verkehrsauffassung eine Mitteilung über solche Umstände erwartet werden, die nur ihm bekannt sind oder
bekannt sein müssen und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den Käufer von wesentlicher
Bedeutung sind (BGH, NJW 2007, 3057 Tz. 35 mwN). Der Käufer von Baumkuchen muss nach diesen
Grundsätzen nicht ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Verderb der Ware vor Ablauf des
angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums droht, wenn die Ware entgegen dem nach § 7 Abs. 5 LMKV auf
der Ware angebrachten Hinweis, dem er entnehmen kann, dass die Mindesthaltbarkeit nur bei kühler
Lagerung gewährleistet ist, gelagert wird. Dem verständigen Käufer ist bekannt, dass die
Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln, insbesondere solcher, welche - wie hier - unter anderem aus
Schokolade und Ei bestehen, nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen gewährleistet ist. Er wird sich
darüber Kenntnis durch den nach § 7 Abs. 5 LMKV auf der Ware angebrachten Hinweis oder vor
Vertragsabschluss durch Nachfrage beim Verkäufer bzw. dem Hersteller verschaffen.
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Da auf der Unterseite der die Baumkuchen enthaltenden Dosen in Verbindung mit dem
Mindesthaltbarkeitsdatum der Hinweis „Kühl lagern !“ angebracht war, war für die Beklagte im Übrigen auch
erkennbar, dass die Baumkuchen kühl zu lagern sind. Da die Beklagte ein entsprechendes Muster vor der
Bestellung erhielt, gilt dies insbesondere vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach dem objektiven
Empfängerhorizont hat diese Angabe den Inhalt, dass eine Lagerung bei Zimmertemperatur, also bei 18 bis
22 °C, oder bei höheren Temperaturen ungeeignet ist. Denn im allgemeinen Sprachgebrauch wird zwischen
Zimmertemperatur und kühler Temperatur deutlich unterschieden (vgl. auch die Empfehlungen des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, abrufbar unter
www.ernaehrungsvorsorge.de, wonach der Hinweis „Kühl lagern!“ bedeutet, dass ein Lagerung an einem
kühlen Ort bei Temperaturen bis maximal 18 °C zu erfolgen hat).
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Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus dem an sie gerichteten E-
Mail der Klägerin vom 2. Oktober 2006. Der Hinweis darauf, dass der Baumkuchen während der Lagerung
keinen größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt werden bzw. bei wärmeren Wetter nicht im
Kofferraum/Innenraum eines Fahrzeugs gelagert werden darf, da ansonsten die Schokolade schmelzen
oder der Artikel schimmeln kann“, konnte von den Mitarbeitern der Beklagten nicht dahin (miss-)verstanden
werden, dass nur extreme Temperaturen zu vermeiden sind. Der Hinweis bezog sich auf den Transport der
Baumkuchen durch die Außendienstmitarbeiter von K., welcher im Oktober bzw. November erfolgen sollte.
Es ist bekannt, dass die Durchschnittstemperarturen in diesen Monaten regelmäßig bei unter 18 °C liegen
(vgl. auch die von der Klägerin vorgelegten Wetterdaten 2006 [I 263]), sodass bei Temperaturen, die
darüber liegen, von „wärmeren Wetter“ gesprochen werden kann. Der Hinweis „kühl lagern“ auf dem
Dosenboden war auch insoweit eindeutig. Bei Zweifeln hätte die Beklagte sich erkundigen müssen. Dies
gilt vor allem deshalb, weil es sich bei der Klägerin, wie der Beklagten bekannt war, nicht um die
Herstellerin des Baumkuchens handelte. Die Beklagte konnte bei dieser nicht dieselbe überragende
Sachkunde voraussetzen wie beim Hersteller (vgl. BGH, NJW 2004, 2301, 2302).
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b) Eine entsprechende Aufklärungsverpflichtung traf die Klägerin auch nicht nach Vertragsschluss,
insbesondere war sie nicht verpflichtet, den Hinweis auf die das Mindesthaltbarkeitsdatum
gewährleistenden Lagerbedingungen auf den Frachtpapieren oder auf den Kartons anzubringen. Wie sich
aus § 3 Abs. 4 Nr. 1 b LMKV ergibt, ist die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums und dessen
Voraussetzungen auf den Frachtpapieren zwar hinreichend aber nicht notwendig. Es genügt vielmehr auch
danach die Angabe auf der Ware selbst. Dies spricht gegen einen entgegenstehenden Handelsbrauch.
Soweit die Beklagte behauptet, dass Hinweise auf eine besondere Lagerung üblicherweise per gesonderter
Anordnung des Lieferanten oder auf dem Lieferschein erfolgen (I 254), ergibt sich hieraus nicht, dass ein
Handelsbrauch besteht, wonach Hinweise auf die Lagerung stets zu erfolgen haben.
20
c) Auf die Frage, ob die Vorschrift des § 377 HGB auch auf Schadensersatzansprüche wegen Verletzung
einer Aufklärungspflicht des Verkäufers, welche zu einer nach Gefahrübergang auftretenden
Mangelhaftigkeit der Kaufsache führt, anwendbar ist, kommt es nach alledem nicht an.
21 3. Der Anspruch auf Ersatz der der Höhe nach unstreitigen Anwaltskosten folgt aus Verzug (§ 286 BGB). Die
Höhe der Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB.
III.
22 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO und § 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
23 Gründe für die Zulassung der Revision liegen entgegen der Auffassung der Klägerin und der Streithelferin nicht
vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt eine Divergenz vor. Der Senat hat die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seiner Beurteilung im Einzelfall zugrunde gelegt. Entgegenstehende
obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht ersichtlich.