Urteil des OLG Karlsruhe vom 01.06.2006
OLG Karlsruhe (kläger, echter vertrag zugunsten dritter, versicherte person, eintritt des versicherungsfalles, 1995, versicherungsvertrag, eintritt des versicherungsfalls, vertrag zugunsten dritter, beginn des dienstverhältnisses, versicherung)
OLG Karlsruhe Urteil vom 1.6.2006, 12 U 21/06
Lebensversicherung: Abtretung der Rechte des widerruflich Bezugsberechtigten an den
Versicherungsnehmer; unklare Klausel in den Versicherungsbedingungen über das Anzeigeerfordernis
für Verfügungen über Versicherungsansprüche
Leitsätze
1. Hat der zunächst widerruflich Bezugsberechtigte sämtliche ihm aus dem Lebensversicherungsvertrag
eingeräumten Rechte wirksam an den Versicherungsnehmer abgetreten, so kann er nach Eintritt des
Versicherungsfalles die Versicherungsleistung auch dann nicht beanspruchen, wenn zwischenzeitlich die
versicherungsvertraglichen Voraussetzungen für den Eintritt der Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts erfüllt sind.
2. Besagt ein einleitender, drucktechnisch hervorgehobener Hinweis in den AVB des Versicherers, dass der
Bezugsberechtigte in den Bedingungen "nicht unmittelbar" angesprochen sei und die festgelegten Rechte und
Pflichten "vorrangig nur den Versicherungsnehmer" betreffen sollen, ist unklar, ob das Erfordernis einer
schriftlichen Anzeige von Verfügungen über Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gemäß § 13 Abs. 4 ALB
auch Ansprüche des Bezugsberechtigten erfassen soll. Da das Anzeigeerfordernis die Verfügungsmöglichkeiten
des Bezugsberechtigten zugunsten des Versicherers als Verwender der AVB beschränkt, gilt es zu dessen Lasten
nicht (§ 5 AGBGB, jetzt § 305c Abs. 2 BGB).
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 16.12.2005 - 8 O 800/04 - wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110
% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus zwei von der Firma J. GMBH auf ihn als versicherte Person
abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen in Anspruch. Den Versicherungsverträgen liegen
Versorgungszusagen zugrunde, die die J. GMBH dem Kläger als damaligem Geschäftsführer und
Gesellschafter erteilt hatte.
2
Im Oktober 1986 schloss die J. GMBH bei der Beklagten in Form einer Direktversicherung zugunsten des
Klägers eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall ab (Vertragsnr. 4 196 121). Als „Ablauf“ der
Versicherung war der 01.01.1999 vereinbart. Dem Kläger wurde ein zunächst widerrufliches Bezugsrecht
eingeräumt. Bestandteil des Vertrages war der „Anhang WU“. Darin wurde bezüglich des Bezugsrechts
Folgendes vereinbart:
3
„Das vorstehend beschriebene Bezugsrecht wird an dem Monatsersten unwiderruflich, an dem der
Arbeitnehmer
4
das 35. Lebensjahr vollendet hat und
5
entweder die Versicherung 10 Jahre bestanden hat
6
oder der Arbeitnehmer 12 Dienstjahre vollendet und die Versicherung 3 Jahre bestanden hat.“
7
Eine entsprechende Vereinbarung zum Bezugsrecht wurde in der zwischen der J. GMBH und dem Kläger
unterzeichneten undatierten „Versorgungsgestaltung“ - unter Ziffer I.2 der sogenannten umstehenden
Festlegungen - getroffen. Desweiteren wurde unter Ziffer II geregelt:
8
„II. Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Fälligkeit der Versicherung
9
1. Ist bei ihrem Ausscheiden das Bezugsrecht gemäß Ziffer I.2. noch nicht unwiderruflich, dann erlöschen Ihre
Ansprüche und alle Rechte auf die Versicherung gehen auf uns über.“
10 Im Januar 1990 erteilte die J. GMBH dem Kläger eine weitere Versorgungszusage. In den wiederum
vereinbarten umstehenden Festlegungen heißt es unter Ziffer II:
11 „II. Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles
12 1. Scheiden Sie aus unseren Diensten aus, so erhalten Sie nach § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der
betrieblichen Altersversorgung eine unverfallbare Anwartschaft, sofern Sie zu diesem Zeitpunkt das 35.
Lebensjahr vollendet haben und entweder diese Versorgungszusage 10 Jahre bestanden hat oder Sie eine
Dienstzeit von mindestens 12 Jahren zurückgelegt und diese Versorgungszusage mindestens 3 Jahre
bestanden hat.
...
13 Haben Sie bei Ihrem Ausscheiden die Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit noch nicht erfüllt, so erlöschen
die Versorgungsanwartschaften.“
14 Zur Rückdeckung der Versorgungszusage wurde ein weiterer Lebensversicherungsvertrag (Rentenversicherung
Nr. 4 414 887) abgeschlossen. Das Bezugsrecht sollte der J. GMBH als Versicherungsnehmerin zustehen. In
einer weiteren Vereinbarung verpfändete die J. GMBH an den Kläger die ihm aus der Lebensversicherung
zustehenden Ansprüche.
15 Der 1935 geborene Kläger begann seine Tätigkeit bei der J. GMBH am 13.01.1986. Gemäß notariellem Vertrag
vom 07.07.1995 hat er seine Geschäftsanteile an den Mitgesellschafter L verkauft und abgetreten. Außerdem
wurde - unter anderem - vereinbart:
16 „Ziffer 8
17 „Die Herren W-E und W Ju [der Kläger] erklären hiermit gegenüber der J. GMBH den unwiderruflichen Verzicht
auf sämtliche ihnen aus jedem Rechtsgrund, insbesondere aus Darlehensverträgen oder sonstigen Leistungen,
zustehenden Ansprüche.
18 Der Verzicht wird angenommen.
19 Ziffer 9
20 Die Herren W-E und W Ju erklären, dass ihre Anstellungsverträge gegenüber der Gesellschaft beendet sind
und sie auch hieraus keinerlei Ansprüche gegenüber der Gesellschaft haben.“
21 Mit Schreiben an die Beklagte vom 11.11.1998 verlangte die J. GMBH die Auszahlung der
Versicherungssumme aus dem Vertrag 4 196 121. Nach Vorlage der notariellen Vereinbarung vom 07.07.1995
zahlte die Beklagte die Versicherungsleistung an die J. GMBH aus.
22 Seit 01.09.1999 ist der Kläger erneut für die J. GMBH- nunmehr als Arbeitnehmer - tätig.
23 Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat die auf
Auskehr der fälligen Versicherungsleistungen sowie Auskunft über Überschussanteile gerichtete Klage
abgewiesen. Ansprüche aus der Direktversicherung seien durch das Ausscheiden des Klägers zum 07.07.1995
vor Unwiderruflichkeit seines Bezugsrechts ohne weiteres erloschen. Hinsichtlich der Rentenversicherung
könne der Kläger allenfalls Ansprüche aus der Verpfändungsvereinbarung geltend machen. Insoweit fehle es
jedoch an der Pfandreife des gesicherten Anspruchs. Der durch die Verpfändung gesicherte Rentenanspruch
sei ebenfalls mit dem Ausscheiden am 07.07.1995 erloschen. Die beiden Beschäftigungsverhältnisse seien
getrennt zu betrachten. Insbesondere sei im Rahmen der Versorgungszusagen eine Addition der
Beschäftigungszeiten nicht möglich.
24 Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt, zu erkennen:
25 1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe 8 O 800/04 wird aufgehoben.
26 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Versicherung VS-Nr. ... den Betrag von EUR 18.390,66
nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.1999 zu zahlen.
27 3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Überschussanteile für vorstehende
Versicherung für die Zeit ab Abschluss der Versicherung, nämlich 02.01.1986 bis Eintritt des
Versicherungsfalls am 02.05.1999 zu erteilen und den sich hieraus ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe
von 5 % über dem Basiszinssatz ab 02.05.1999 zu zahlen.
28 4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Zahlung aus der Altersrente mit EUR 4.090, 32 für
die Zeit vom 02.05.2004 bis 02.01.2005 nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem
02.01.2005 zu zahlen.
29 5. Schließlich wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger beginnend ab 02.02.2005 monatlich EUR 511,29 nebst
5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz jeweils seit Fälligkeit zu zahlen.
30 Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe entgegen der von ihm zuletzt vorgebrachten Rüge zu Unrecht
seine Zuständigkeit bejaht. Richtigerweise seien die Arbeitsgerichte zuständig. Er sei aus beiden
Versicherungen bereits deshalb anspruchsberechtigt, weil er Inhaber der Originalurkunden sei. Soweit die
Beklagte bereits an den früheren und jetzigen Arbeitgeber Leistungen erbracht habe, habe sie an einen
Nichtberechtigten gezahlt und sei daher nicht frei geworden. Von der notariellen Vereinbarung vom 07.07.1995
seien die streitgegenständlichen Ansprüche nicht umfasst worden, da darüber nicht gesprochen worden sei.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe sein Beschäftigungsverhältnis erst zum 31.12.1995 geendet.
Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens liege daher ein 10-Jahres-Zeitraum vor. Unabhängig davon sei er ab 1999
erneut für die J. GMBH tätig gewesen. Diese Zeit sei nach dem Willen der Parten in die Beschäftigungsdauer
einzubeziehen. In dem Auszahlungsbegehren seines früheren Arbeitsgebers vom November 1998 könne ein
Widerruf der Bezugsberechtigung nicht gesehen werden, zumal der Widerruf ihm gegenüber hätte erklärt
werden müssen. Mit der Versorgungszusage seines Arbeitgebers auf Zahlung einer Rente haben man einen
Ausgleich schaffen wollen, weil der Kläger Anfang 1990 aus der gesetzlichen Rentenversicherung
ausgeschieden sei. Auch daraus ergebe sich ein Anspruch auf die im Jahr 1990 eingerichtete
Altersversorgung.
31 Die Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags,
32 die Berufung zurückzuweisen.
33 Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
II.
34 Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
35 1. Entgegen der zuletzt von dem Kläger vertretenen Auffassung sind die Zivilgerichte zur Streitentscheidung
befugt. Die funktionelle Zuständigkeit ist auch im Berufungsverfahren zu prüfen. § 513 Abs.2 ZPO ist bei Streit
darüber, ob der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist, nicht anwendbar (Zöller-
Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl. § 513 Rn. 12). Vielmehr enthält § 17a GVG insoweit eine abschließende
Regelung. Dies gilt auch insoweit, als die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zu prüfen ist. Zwar ergibt sich auch
aus § 17a Abs. 5 GVG eine eingeschränkte Überprüfungsbefugnis des Berufungsgerichts. Die Vorschrift findet
jedoch grundsätzlich keine Anwendung, wenn in der angefochtenen Entscheidung entgegen § 17a Abs. 3 S.2
GVG trotz Rüge nicht vorab durch Beschluss entschieden worden ist (Zöller-Gummer, ZPO, 25 Aufl., §17 a
GVG Rn 17 m.w.N.). Einer Vorabentscheidung durch das Berufungsgericht gemäß § 17a GVG bedarf es aber
nicht, wenn die Zuständigkeit der Zivilgerichte bejaht wird und kein Anlass besteht, gem. § 17a Abs. 4 S.4
GVG die Rechtsbeschwerde zuzulassen. So liegt es hier. Der Kläger macht Ansprüche aus zwei
privatrechtlichen Versicherungsverträgen geltend. Es handelt sich um eine Streitigkeit des bürgerlichen Rechts
gemäß § 13 GVG. Zu unterscheiden ist ein denkbarer, hier aber nicht zu entscheidender Rechtsstreit zwischen
dem Kläger und der J. GMBH über die zugrunde liegenden Versorgungszusagen. Hierfür wäre die Zuständigkeit
der Arbeitsgerichte begründet.
36 2. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht Ansprüche des Klägers aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr.
... verneint.
37 a) Allerdings waren bei Auskehrung der Versicherungsleistung an die J. GMBH Anfang 1999 die
versicherungsvertraglichen Voraussetzungen für den Eintritt der Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts erfüllt.
38 Das Bezugsrecht gibt dem Begünstigten im Versicherungsfall einen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem
Versicherer. Dieser erwächst ihm aus dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem
Versicherer als sogenanntes Deckungsverhältnis. Direkte vertragliche Beziehungen zwischen dem
Bezugsberechtigten und dem Versicherer bestehen hingegen nicht. Der Versicherungsvertrag ist ein echter
Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB). Zu unterscheiden ist das sogenannte Valutaverhältnis. Dieses besteht,
wenn wie im Streitfall im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung abgeschlossen
wird, in dem auf dem Dienstverhältnis beruhenden Versorgungsvertrag zwischen der Gesellschaft und dem
Geschäftsführer.
39 Das Bezugsrecht hängt allein von den dafür im Versicherungsvertrag vereinbarten Bedingungen ab (BGHZ 128,
125 unter III 2). Hier waren die im Anhang WU des Versicherungsvertrages bestimmten
Unwiderruflichkeitsvoraussetzungen im Januar 1999 erfüllt. Der Kläger hatte das 35. Lebensjahr vollendet und
der Versicherungsvertrag mehr als 10 Jahre bestanden. Die 10-Jahres-Frist war spätestens Ende Oktober 1996
abgelaufen. Bis dahin war der Beklagten auch ein von der J. GmbH als Versicherungsnehmerin zu erklärender
Widerruf des Bezugsrechts nicht zugegangen. Das Schreiben vom 11.11.1998 kam, soweit es auch als
Bezugsrechtswiderruf zu verstehen war, zu spät.
40 b) Dem Kläger stehen jedoch aus der Bezugsrechtseinräumung keine Ansprüche mehr zu, da er diese an die J.
GMBH abgetreten hat.
41 Die Abtretung wurde bereits in der Versorgungsgestaltung vereinbart. Gemäß Ziffer II 1 der umstehenden
Festlegungen sollten im Falle des Ausscheidens des Klägers vor Fälligkeit der Versicherung und Eintritt der
Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts seine Ansprüche erlöschen und alle Rechte auf die Versicherung auf die
J. GMBH übergehen. Damit wurde - jedenfalls auch - die Abtretung des Bezugsrechts sowie etwaiger künftiger
Ansprüche des Klägers auf die Versicherungsleistung vereinbart, soweit diese auf einem im Zeitpunkt des
Ausscheidens noch widerruflich eingeräumten Bezugsrecht beruhen.
42 Die vereinbarten Voraussetzungen waren mit dem Zustandekommen der notariellen Vereinbarung am
07.07.1995 erfüllt. Gemäß Ziffer 9 des auch von ihm unterzeichneten Notarvertrages war der
Anstellungsvertrag des Klägers mit der J. GMBH beendet. Im Hinblick auf diese eindeutige Regelung in der
notariellen Vereinbarung ist die Behauptung des Klägers, er sei erst zum 31.12.1995 ausgeschieden, nicht
nachvollziehen. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens war das Bezugsrecht des Klägers aus dem
Lebensversicherungsvertrag noch nicht unwiderruflich. Selbst wenn man auf den im Versicherungsvertrag vom
Oktober 1986 vereinbarten materiellen Versicherungsbeginn zum 01.01.1986 abstellt, war die 10-Jahres-Frist
frühestens zum Ende des Jahres 1995 abgelaufen.
43 Die Regelung in der Versorgungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der J. GMBH verstieß nicht gegen
zwingendes Recht. Sie entsprach vielmehr den damals geltenden Bestimmungen des § 1 Abs. 1 BetrAVG. Da
die Versorgungszusage, die frühestens mit Beginn des Dienstverhältnisses im Januar 1986 geschlossen
worden sein kann, bei Beendigung noch nicht unverfallbar war, konnte der Kläger auch auf die Ansprüche
hieraus wirksam zugunsten seines Dienstgebers verzichten bzw. diese an ihn abtreten. Im Übrigen ist die
Unverfallbarkeit auch nicht im Laufe des zweiten Beschäftigungsverhältnisses des Klägers ab 1999
eingetreten. Dies wäre nur möglich, wenn die Beteiligten ein „Wiederaufleben“ der früheren Versorgungszusage
vereinbart gehabt hätten. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte. Der erstmals im zweiten Rechtszug
erhobenen Behauptung des Klägers, die Beschäftigungsdauer aus dem zweiten Arbeitsverhältnis habe nach
dem Willen der Beteiligten hinzugerechnet werden sollen, war schon wegen Verspätung nicht weiter
nachzugehen (§ 531 Abs. 2 ZPO). Im Übrigen ist der Vortrag unsubstantiiert. Dagegen spricht außerdem, dass
die J. GMBH im Zeitpunkt der Aufnahme des zweiten Beschäftigungsverhältnisses im September 1999 die
Versicherungsleistung bereits in eigenem Namen von der Beklagten eingezogen hatte.
44 Der Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen des Klägers aus dem Versicherungsvertrag an die J. GMBH
steht auch § 13 Abs. 4 der damals gültigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (ALB) nicht
entgegen. Der Kläger selbst bestreitet bereits, dass diese Bedingungen zwischen den
Versicherungsvertragsparteien überhaupt vereinbart worden sind. Selbst wenn dies der Fall war, ergibt sich
hieraus jedoch nichts zu seinen Gunsten. § 13 Abs. 4 ALB lautetet:
45 „Die Einräumung und der Widerruf eines widerruflichen Bezugsrechts (vgl. Absatz 1) sowie eine Abtretung oder
Verpfändung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam,
wenn sie uns vom bisherigen Berechtigen schriftlich angezeigt worden sind. Der bisherige Berechtigte sind im
Regelfall Sie; es können aber auch andere Personen sein, sofern Sie bereits vorher Verfügungen
vorgenommen haben.“
46 Die Regelung enthält ein absolut wirkendes Abtretungsverbot (st. Rspr. seit BGHZ 112, 387 unter 2). Demnach
wird die Abtretung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag erst wirksam, wenn sie dem Versicherer
vom Berechtigten schriftlich angezeigt wird. Im vorliegenden Fall ist eine solche Anzeige, die hier durch den
bezugsberechtigten Kläger erfolgen müsste, nicht dargelegt. Allerdings ist nach den Versicherungsbedingungen
zumindest unklar, ob das sich aus § 13 Abs. 4 ALB ergebende Abtretungsverbot auch Ansprüche des
bezugsberechtigten Dritten erfassen soll. Dagegen spricht bereits der den eigentlichen Bedingungen
vorangestellte und drucktechnisch hervorgehobene Hinweis mit dem Wortlaut:
47 „Sehr geehrter Kunde !
48 Als Versicherungsnehmer sind Sie unser Vertragspartner; für unser Vertragsverhältnis gelten die
nachfolgenden Bedingungen. Sind Sie versicherte Person, aber nicht Versicherungsnehmer (z.B. weil Ihr
Arbeitgeber auf Ihr Leben die Versicherung abgeschlossen hat), dann sprechen wir Sie in den Bedingungen
nicht unmittelbar an. Die dort festgelegten Rechte und Pflichten betreffen nämlich vorrangig nur den
Versicherungsnehmer als unseren Vertragspartner.“
49 Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer
sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren
Sinnzusammenhangs verstehen muss. Es kommt auf die Verständnismöglichkeiten eines
Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine
Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Bei Berücksichtigung des zum Bedingungswerk gehörenden einleitenden
und hervorgehobenen Hinweises kann ein Versicherungsnehmer - ebenso wie ein bezugsberechtigter Dritter -
nicht eindeutig entnehmen, ob die Regelung des § 13 ALB betreffend die Versicherungsleistung auch die
Abtretung von Ansprüchen durch den Bezugsberechtigten erfassen soll. Zwar mag dafür grundsätzlich der
erkennbare Zweck des § 13 ALB sprechen, dem Versicherer Klarheit über die Anspruchsberechtigung zu
verschaffen. Andererseits besagt der einleitende Hinweis jedoch gerade, dass der Bezugsberechtigte in den
Bedingungen „nicht unmittelbar“ angesprochen sein soll und die festgelegten Rechte und Pflichten „vorrangig
nur den Versicherungsnehmer“ betreffen sollen. Es ist daher nicht zweifelsfrei ersichtlich, ob § 13 Abs. 4 ALB
auch Ansprüche des Bezugsberechtigten aus dem Versicherungsvertrag erfassen soll. Derartige Zweifel sind
jedoch, gerade auch mit Rücksicht auf die verfügungsbeschränkende Wirkung des Anzeigeerfordernisses,
nicht hinnehmbar. Da das Anzeigeerfordernis die Verfügungsmöglichkeiten des Bezugsberechtigten zugunsten
des Versicherers als Verwender der AVB beschränkt, gilt es zu dessen Lasten nicht (§ 5 AGBGB, jetzt § 305c
Abs. 2 BGB).
50 Hiervon abgesehen könnten die Parteien des Versicherungsvertrages ein etwaiges Abtretungsverbot
nachträglich dadurch abbedungen haben, dass die Beklagte auf Anfordern der J. GMBH die
Versicherungssumme an diese ausbezahlt hat. Grundsätzlich kann eine an sich abredewidrig vereinbarte
Abtretung auch später noch Geltung erlangen (vgl. BGH NJW 90, 109). Da § 13 Abs. 4 ALB jedoch im Streitfall
nicht anwendbar ist, kann offen bleiben, ob die Abtretungsbeschränkung nachträglich noch - zum Nachteil des
bezugsberechtigten Klägers - wirksam aufgehoben werden konnte.
51 c) Der Kläger könnte selbst dann aus dem Lebensversicherungsvertrag keine Rechte mehr herleiten, wenn die
in der Versorgungszusage vereinbarte Abtretung keine Wirksamkeit erlangt hätte. Andernfalls verhielte er sich
treuwidrig (§ 242 BGB). Nach den mit der J. GMBH getroffenen Vereinbarungen sowohl in der
„Versorgungsgestaltung“ als auch gemäß dem notariellen Vertrag vom 07.07.1995 sollten ihm Ansprüche
(auch) aus der Versorgungszusage nicht mehr zustehen. Er müsste daher im Verhältnis zur J. GMBH etwaige
Leistungen der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag herausgeben. Zwar kann der Versprechende dem
Dritten gemäß § 334 BGB grundsätzlich nur Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis entgegen halten,
nicht aber solche aus dem Valutaverhältnis. Waren jedoch Vereinbarungen im Valutaverhältnis
Geschäftsgrundlage (auch) für Abreden im Deckungsverhältnis, so kann der Dritte dies bei Wegfall der
Geschäftsgrundlage dem Gläubiger entgegen halten (BGHZ 54, 156 unter IV). So liegt es hier. Ausweislich des
von dem Kläger und der J. GMBH unter dem 15.10.1986 unterschriebenen und an die Beklagte übermittelten
Formblattes über eine „Direktversicherung“ (Anlage B 1) war der Beklagten bekannt, dass die J. GMBH den
Versicherungsvertrag zur Absicherung einer Versorgungszusage der J. GMBH gegenüber dem Kläger
anstrebte. Hierauf beruhte - als Geschäftsgrundlage - ersichtlich auch die Bezugsrechtseinräumung. Da dem
Kläger wegen des späteren vorzeitigen Ausscheidens aus der Versorgungszusage keine Rechte auf die
Versicherungsleistung mehr zustehen sollten, war hierfür auch im Deckungsverhältnis die Geschäftsgrundlage
entfallen. Dies kann die Beklagte, die die Versicherungsleistung in Kenntnis des vorzeitigen Ausscheidens an
die J. GMBH ausgekehrt hat, dem Kläger gemäß § 242 BGB entgegen halten.
52 d) Entgegen der Auffassung des Klägers muss die Beklagte auch nicht deshalb an ihn leisten, weil er im
Besitz des Versicherungsscheins ist (§ 808 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ob die Beklagte bei der gegebenen Sachlage
an ihn als Inhaber der Urkunde mit befreiender Wirkung hätte leisten können (§ 808 Abs. 1 Satz 1 BGB), bedarf
keiner Vertiefung.
53 e) Somit stehen dem Kläger aus der Bezugsrechtseinräumung keine Ansprüche mehr zu. Die Beklagte hat
folglich auch mit befreiender Wirkung an die J. GMBH als Versicherungsnehmerin geleistet.
54 3. Auch aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. ... stehen dem Kläger keine Ansprüche zu.
55 Da vertragliche Ansprüche zwischen dem Kläger und der Beklagten als Versicherer nicht bestehen und der
Kläger nicht bezugsberechtigt war, könnten sich, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat,
Ansprüche allenfalls aus der Verpfändungsvereinbarung vom 16.09.1991 ergeben. Das ist jedoch nicht der Fall.
Vielmehr ist das Pfandrecht mit dem Untergang der gesicherten Forderung aus der Versorgungszusage mit
Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1995 erloschen (§§ 1273 Abs. 2, 1252 BGB). Aus Ziffer 1 der
Verpfändungsvereinbarung ist zu entnehmen, dass durch die Verpfändung Ansprüche des Klägers aus der von
der J. GMBH gegenüber erteilten Zusage auf betriebliche Altersvorsorge vom 02.01.1990 gesichert werden
sollten. Diese Ansprüche sind jedoch gem. Ziffer II.1 letzter Absatz der Vereinbarungen des Klägers und
seines Arbeitgebers mit dem Ausscheiden des Klägers im Jahr 1995 erloschen, da der Kläger noch keine
unverfallbare Anwartschaft erworben hatte. Weder bestand zu diesem Zeitpunkt die Versorgungszusage 10
Jahre, noch hatte der Kläger bereits 12 Jahre für die J. GMBH gearbeitet.
56 Hinsichtlich der weiteren Einwendungen des Klägers gelten die Ausführungen zur Lebensversicherung
entsprechend.
57 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht
auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs.2 ZPO bestehen nicht.