Urteil des OLG Karlsruhe vom 21.10.2003

OLG Karlsruhe: verfahrenskosten, prozesskosten, rechtsberatung, verfügung

OLG Karlsruhe Beschluß vom 21.10.2003, 16 WF 175/03
Verfahrensfehlerhafte Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung: Untätigkeit der bedürftigen Partei nach erneutem Verlangen zur
Ausfüllung eines PKH-Vordrucks
Leitsätze
Beschränkt sich die Aufforderung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO darauf, den Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erneut
auszufüllen, kann bei Untätigkeit der Partei nicht nach § 124 Nr. 2 ZPO verfahren und die Prozesskostenhilfe nicht aufgehoben werden.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Herrn T. K. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 21. Juli 2003 aufgehoben.
Gründe
1 Herrn T. K. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 20. März 2000 Prozesskostenhilfe bewilligt. Es wurde bestimmt, dass Raten auf
die Prozesskosten nicht zu zahlen seien. Unter dem 21. März 2003 wurde Herr K. folgendermaßen angeschrieben:
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„Zur Prüfung, ob Sie nunmehr zur Zahlung der Verfahrenskosten in der Lage sind (§ 120 Abs. 4 ZPO), werden Sie gebeten, anliegenden
Vordruck ausgefüllt und unterschrieben unter Beifügung der entsprechenden Belege über Einnahmen und Ausgaben binnen 2 Wochen
hier einzureichen.
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Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie zu diesen Angaben verpflichtet sind und die Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann, falls
Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen.“
4 Hierauf hat Herr K. nicht reagiert. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin die Herrn K. bewilligte Prozesskostenhilfe gem. § 124
Ziffer 2 ZPO aufgehoben.
5 Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg, da die Voraussetzungen des § 124 Nr. 2 i.V.m. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht vorliegen.
6 Gem. § 124 Nr. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO nicht abgegeben hat. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO verpflichtet die Partei, auf Verlangen des Gerichts sich darüber zu erklären, ob eine Änderung
der Verhältnisse eingetreten ist, welche der Bewilligung der Prozesskostenhilfe zugrunde lagen. Das erneute Ausfüllen des PKH-Vordrucks kann
nicht verlangt werden (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 120 Rn. 28; Zimmermann, PKH in Familiensachen, 2. Aufl. 2000, Rn. 419; jeweils mit
Hinweisen auf OLG Dresden, FamRZ 1998, 250; OLG Koblenz, FamRZ 1999, 1144; OLG Koblenz, FamRZ 2000, 104; OLG Celle, FamRZ 1991,
1459; OLG Brandenburg, FamRZ 1996, 806; OLG Naumburg, FamRZ 2000, 761 und weitern Nachweisen). Die Aufforderung vom 21. März 2003
beschränkt sich jedoch darauf, von Herrn K. zu verlangen, das Formular ausgefüllt vorzulegen, enthält damit nicht die Aufforderung, zu erklären,
ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Unbedenklich wäre es, wenn die Partei dazu aufgefordert werden würde, eine solche Erklärung
abzugeben und ihr die Möglichkeit eingeräumt wird, dann das Formular zu verwenden. Aber auch so ist das Amtsgericht nicht verfahren.
7 Mangels wirksamer Aufforderung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO liegen deshalb die Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach
§ 124 Nr. 2 ZPO nicht vor.