Urteil des OLG Karlsruhe vom 26.05.2004
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OLG Karlsruhe Beschluß vom 26.5.2004, 1 Ws 388/03
Strafvollzug: Datenschutzmaßnahmen hinsichtlich der von der Zahlstelle an den Strafgefangenen gerichteten Dokumente
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Justizministeriums Baden-Württemberg wird der Beschluss des Landgerichts – Strafvollstreckungskammer – Y.
vom 14. November 2003 aufgehoben.
2. Der Antrag des Strafgefangenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Justizvollzugsanstalt X. vom 16. Dezember 2003 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Gefangene.
4. Der Gegenstandswert wird auf 50,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1 Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer einen Bescheid der Justizvollzugsanstalt X. vom 16.12.2002 aufgehoben
und diese verpflichtet, künftig die den Antragsteller betreffenden Kontoauszüge und Einzahlungsbelege der Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt X.
in geschlossenen Umschlägen auszuhändigen. Gegen diese der Justizvollzugsanstalt X. am 17.11.2003 zugestellte Entscheidung richtet sich die
Rechtsbeschwerde des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 08.12.1003, welche am 15.12.2003 beim Landgericht Y. eingekommen ist.
II.
2 Die form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde ist zulässig (vgl. Senat, Beschluss vom 10.10.2001, 1 Ws 30/01), da es geboten ist, die
Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
3 Sie hat mit der erhobenen Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
4 Die Strafvollstreckungskammer hat dem Verpflichtungsantrag des Strafgefangenen zu Unrecht stattgegeben. Zwar handelt es sich bei den
Kontoauszügen und Einzahlungsbelegen um grundsätzlich dem Schutz des § 183 Abs. 2 StVollzG unterfallende Teile von Akten und Dateien, da
diese personenbezogene Daten über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen enthalten. Der in dieser Bestimmung
niedergelegte Schutz vor unbefugtem Zugang und Gebrauch erfordert aber nicht die Einkuvertierung eines jeden Dokuments durch die Zahlstelle.
Der Senat teilt insoweit die Ansicht anderer Oberlandesgerichte (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2003, 3 Ws 31/03; OLG Koblenz,
Beschluss vom 21.07.2003, 1 Ws 303/03) sowie des 3. Strafsenats des Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss vom 26.04.2004, 3 Ws 264/03),
dass dieser Schutzzweck auch dadurch erreicht werden kann, dass mit der Beförderung solcher unverschlossener Belege nur ausgewählte und
zur Verschwiegenheit verpflichtete Bedienstete betraut werden, so dass - abgesehen von Missbrauchsfällen - weitgehend ausgeschlossen
werden kann, dass andere Gefangene oder Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt Kenntnis von diesen Daten erhalten. Dabei hat der
Senat in die Abwägung der Schutzbedürftigkeit eingestellt, dass es sich hierbei nicht um besonders sensitive Daten handelt und die vom
Strafgefangenen erstrebte Handhabung bei monatlich etwa 1.900 Sendungen einen erheblichen Verwaltungsaufwand mit sich bringen würde
(vgl. hierzu Senat Die Justiz 2003, 131 f.: Mohnbrötchen), der letztendlich dazu führen würde, dass Bedienstete nicht für andere besonders
wichtige Aufgaben im Strafvollzug, wie etwa zur Resozialisierung notwendige Ausführungen von Strafgefangenen (vgl. hierzu Senat, Beschluss
vom 19.05.2004, 1 Ws 78/04), zur Verfügung stehen. Erforderlich ist aber, dass die Justizvollzugsanstalt X. die von ihr in der Stellungnahme vom
05.03.2003 aufgeführten Sicherungsmaßnahmen (Befassung nur weniger Bediensteter; Übergabe der für alle auf einem Stockwerk anfallenden
Belege an den jeweiligen Stockwerksbeamten im verschlossenen Umschlag) auch einhält.
III.
5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 1 und 2 StVollzG.