Urteil des OLG Karlsruhe vom 05.12.2002

OLG Karlsruhe: erlass, gebühr, einfluss, reform, verfügung, rechtsberatung

OLG Karlsruhe Beschluß vom 5.12.2002, 16 WF 131/02
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 05.07.2002 - Az.: 37 F 41/02 - wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1
I. Die Klägerin hat am 22.03.2002 Klage auf Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt eingereicht. Sie hat monatlich 1.083 EUR an
Trennungsunterhalt und für zwei Kinder je 160 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe (entspricht 301 EUR) begehrt. Zugleich hat sie
Prozesskostenhilfe für beide Anträge begehrt.
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Das Amtsgericht - Familiengericht - Heidelberg hat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie Ehegattenunterhalt in Höhe von 908 EUR
begehrt und für die Kinder jeweils Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 267 EUR.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.05.2002 hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Ehegattenunterhalt in Höhe
von monatlich 908 EUR und Kindesunterhalt für zwei Kinder in Höhe von monatlich 267 EUR zu verurteilen. Der Beklagte hat Ehegattenunterhalt
in Höhe von monatlich 772 EUR anerkannt und für die zwei Kinder jeweils monatlich 254 EUR zuzüglich bzw. abzüglich eines Betrages von 77
EUR an Kindergeld.
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Über die anerkannten Beträge erging am 21.05.2002 ein Teilanerkenntnisurteil, das mit Beschluss vom 02.07.2002 berichtigt wurde. Hinsichtlich
des streitigen Teils erging am 05.07.2002 ein Urteil.
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Mit Beschluss vom 05.07.2002 hat das Amtsgericht den Streitwert für das Hauptverfahren bis zur mündlichen Verhandlung auf 20.220 EUR
festgesetzt und ab der mündlichen Verhandlung auf 17.304 EUR.
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Für die am 22.03.2002 ebenfalls eingereichten Anträge auf Erlass von einstweiligen Anordnungen bezüglich der Unterhaltsforderungen hat das
Amtsgericht den Streitwert auf 10.110 EUR festgesetzt.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde vom 05.08.2002. Er ist der Ansicht, der Streitwert reduziere sich wegen des
Anerkenntnisses auf 4.860 EUR.
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II. Die einfache Beschwerde ist zulässig. Durch Art. 32 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBL 2001, Teil 1 Nr. 40
S. 1887 ff.) ist § 25 GKG nicht geändert worden (S. 1916 ff.). Gegen einen Streitwertbeschluss nach § 25 Abs. 2 GKG findet daher nach wie vor
die einfache Beschwerde nach § 25 Abs. 3 S. 1 GKG statt, die nur insofern befristet ist, als sie spätestens innerhalb der Halbjahresfrist des § 25
Abs. 2 S. 3 GKG eingelegt werden muss. Dies ergibt sich aus § 25 Abs. 3 S. 3 GKG. Diese Halbjahresfrist wurde vorliegend eingehalten.
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Der Beklagte ist beschwerdeberechtigt (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rn. 10). Es handelt sich nämlich nicht um eine sofortige
Beschwerde nach § 10 Abs. 2 BRAGO, da ersichtlich eine Streitwertermäßigung begehrt wird und keine Erhöhung des Streitwerts (vgl. OLG
Celle, JurBüro 1992, 761; Anders/Gehle, Streitwertlexikon, 3. Aufl., erster Abschnitt Rn. 64).
10 Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Amtsgericht hat den Streitwert zutreffend festgesetzt.
11 Ersichtlich geht es vorliegend um den Gebührenstreitwert, nach welchem die Gerichts- und Anwaltsgebühren berechnet werden. Gemäß § 7 Abs.
1 BRAGO werden die Anwaltsgebühren nach dem „Gegenstandswert“ berechnet. Da sich nach § 8 Abs. 1 BRAGO der Gegenstandswert nach
den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften bestimmt, soweit solche vorgesehen sind, ist für die Gerichtsgebühren und die
Rechtsanwaltsgebühren grundsätzlich ein einheitlicher Gebührenstreitwert maßgebend. Dieser Gebührenstreitwert richtet sich nach den
besonderen Vorschriften der §§ 12 ff. GKG sowie nach sonstigen Sonderregeln.
12 Nach § 15 GKG ist für die Wertberechnung grundsätzlich der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung maßgebend, d.h. im
Prozessverfahren der Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift. Dies war vorliegend der 22. März 2002 mit den Anträgen auf Ehegattenunterhalt
in Höhe von monatlich 1.083 EUR und Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 301 EUR für zwei Kinder. Unter Berücksichtigung des § 17 Abs. 1
GKG, wonach der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage geforderte Betrag maßgeblich ist, errechnet sich so ein Betrag von
20.220 EUR (12 x 1.083 EUR = 12.996 EUR + 301 EUR x 12 x 2 = 7.224 EUR).
13 Hierbei spielt es keine Rolle, dass zugleich PKH beantragt worden ist, da die Klage nicht von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig
gemacht worden war. Für die Gebühren der Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten wird allerdings § 51 BRAGO zu beachten sein, da dem
Beklagten die Klageschrift vom 22. 03. 2002 nur als Prozesskostenhilfegesuch zugeleitet wurde.
14 Da Prozesskostenhilfe nur für reduzierte Monatsbeträge bewilligt worden war, hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung nur die
Anträge auf monatlich 908 EUR Ehegattenunterhalt und 276 EUR monatlich an Kindesunterhalt für zwei Kinder gestellt. Daher hat sich der
Streitwert in der mündlichen Verhandlung auf 17.304 EUR reduziert (12 x 908 EUR = 10.896 EUR + 267 EUR x 12 x 2 = 6.408 EUR).
15 Dieser Streitwert wird den Verhandlungsgebühren der beiden Rechtsanwälte zugrunde gelegt. § 15 GKG steht dem nicht entgegen; diese
Bestimmung passt nicht auf die ganz anders zugeschnittenen Gebühren des Rechtsanwalts (vgl. Riedel/Fraunholz, BRAGO, 6. Aufl., § 7, Rn. 17;
vgl. auch die Beispiele bei Gerold/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 7, Rn. 4). Im gerichtlichen Verfahren entstehen drei Gerichtsgebühren mit der die
Instanz einleitenden Eingabe eines Schriftsatzes; sie können sich allenfalls ganz oder teilweise ermäßigen, wenn bestimmte gerichtliche
Handlungen nicht erforderlich werden. Wertveränderungen können deshalb keinen Einfluss mehr auf die Gebührenhöhe haben. Die Gebühren
des Rechtsanwaltes entstehen - vgl. § 31 BRAGO - abschnittsweise, so dass für jede eine weitere Gebühr auslösende Handlung des
Rechtsanwaltes verschiedene Gegenstandswerte maßgeblich sein können.
16 Durch das im Termin abgegebene Teilanerkenntnis des Beklagten hat sich der Streitwert nicht reduziert. Das Anerkenntnis spielt lediglich eine
Rolle bei der Höhe der Verhandlungsgebühr für die beiden Rechtsanwälte, da bei einer nicht streitigen Verhandlung gemäß § 33 Abs. 1 S. 1
BRAGO nur eine halbe Verhandlungsgebühr verlangt werden kann. Am Streitwert selbst ändert der Umstand, dass ein Betrag anerkannt wurde,
nichts (Anders/Gehle a.a.O., S. 27, Stichwort: Anerkenntnis; OLG Düsseldorf, FamRZ 1987, 1281).
17 Für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurden die Streitwerte ebenfalls zutreffend festgesetzt. Maßgeblich sind bei
Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt nach § 20 Abs. 2 S. 1 GKG die Werte für den 6-monatigen Bezug (KG, JurBüro 1981, 551).
18 Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 25 Abs. 4 GKG).