Urteil des OLG Karlsruhe vom 08.03.2007

OLG Karlsruhe (gegen die guten sitten, bürgschaft, höhe, gesellschaft mit beschränkter haftung, schuld, gewinnbeteiligung, angestellter, firma, beteiligung, vertrag)

OLG Karlsruhe Urteil vom 8.3.2007, 9 U 151/06
Sittenwidrigkeit einer Arbeitnehmerbürgschaft für eine Schuld des Alleingesellschafters seiner
arbeitgebenden GmbH
Leitsätze
1. Übernimmt ein Arbeitnehmer die Bürgschaft für eine Schuld des Alleingesellschafters seiner Arbeitgeberin, die
dieser zur Beseitigung der Überschuldung der Gesellschaft übernommen hat, ohne angemessenen Ausgleich,
verstößt dies gegen die guten Sitten.
2. Dass der Arbeitnehmer im Anstellungsvertrag als "Leitender Angestellter" bezeichnet worden ist, steht dem
nicht notwendig entgegen.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30.06.2006 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Gegenstand des Rechtsstreits, den die Klägerin - eine Sparkasse - im Urkundenprozess führt, sind Ansprüche
aus einer vom Beklagten am 21.11.2002 unterzeichneten Bürgschaft. An diesem Tag hat der Beklagte die
selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 100.000 EUR für eine Schuld des H.J. V., Alleingesellschafter
der V. GmbH, übernommen. Die Schuld ist in der Urkunde als „im Wege der Schuldübernahme übernommener
Rahmenkredit über 515.000 EUR, der bis zum 20.11.2002 der Firma V. GmbH gewährt wurde,“ beschrieben.
Die Erklärung enthält des weiteren die Erklärung, dass dem Beklagten bekannt sei, dass der Rahmenkredit zur
Abwendung der Überschuldung der Firma Vogt GmbH übernommen worden sei. Auf die tatsächlichen
Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen, weil die Bürgschaft sittenwidrig sei. Sie überfordere den Beklagten finanziell in krasser Weise.
2
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor, dass
schon der Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung, vorliegend seien die Grundsätze zur
Sittenwidrigkeit von Arbeitnehmerbürgschaften einschlägig, nicht zutreffe. Der Beklagte habe sich nämlich
gerade nicht für die Verbindlichkeiten seines Arbeitgebers, der V. GmbH, sondern ausschließlich für die
persönlichen Verbindlichkeiten des Herrn H.J. V. verbürgt. Die Bürgenhaftung sei ausschließlich durch die
Entwicklung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners H.J. V. beeinflusst worden, die sich völlig
anders gestalten könnten und auch tatsächlich anders gestaltet hätten als diejenige der V. GmbH. Herr V. habe
über seine Beteiligung an der V. GmbH hinaus über genügend private Vermögensmasse verfügt, so dass alle
Beteiligten bei Vertragsabschluss hätten davon ausgehen können, dass der Hauptschuldner H.-J. V.
unabhängig vom weiteren Schicksal der V. GmbH seine Verbindlichkeiten würde zurückführen können. Dies
ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass die Darlehensverbindlichkeit im Jahre 2003 in Höhe von 251.000
EUR aus einem Verkauf des Anteils des H.J. V. an der Firma K. GmbH zurückgeführt worden sei. Außerdem
sei die Position des Beklagten wesentlich besser, als wenn er sich für die V. GmbH verbürgt hätte: Nach einer
etwaigen Inanspruchnahme aus der Bürgschaft könne er nämlich auf das gesamte persönliche Vermögen des
H.J. V. und zusätzlich auf dessen Anteile an der V. GmbH zugreifen. Hierdurch verdoppele sich die
Haftungsmasse. Eine krasse Überforderung des Beklagten liege auch deshalb nicht vor, weil das Landgericht
den zur Bedienung der Bürgschaftsschuld pfändungsfreien Anteil seines Einkommens unrichtig errechnet habe.
Zu Unrecht habe das Landgericht Mietschulden abgezogen. Diese seien - vorbehaltlich besonderer, aber nicht
vorgetragener Umstände - bei der Ermittlung des pfändbaren Arbeitseinkommens nicht abziehbar. Für die
PKW-Nutzung sei kein Abzug vorzunehmen, vielmehr sei das Nettoeinkommen um den Betrag in Höhe von
430 EUR zu erhöhen. Schließlich habe das Landgericht die Gewinnbeteiligung des Klägers nicht berücksichtigt.
Hierzu hat die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen, dass der Beklagte zusätzlich zu den monatlich
ausgezahlten 500 DM - einer garantierten Gewinnbeteiligung - ausweislich der Einkommensabrechnung Anlage
B 2 im Jahre 2002 insgesamt 7.470,25 EUR als sonstige Bezüge, nämlich als Gewinnbeteiligung erhalten
habe. Hieraus ergebe sich für das Jahr 2002 ein pfändbarer Betrag in Höhe von monatlich 987,71 EUR. Das
Landgericht habe die monatliche maximale Zinsbelastung aus dem verbürgten Kredit zu Unrecht mit 833 EUR
angesetzt. Die hierbei unterstellten 10 % Jahresverzinsung hätten den Rahmenkredit betroffen, nicht aber den
konkret vereinbarten Kredit, der eine Verzinsung in Höhe von 5,36 % pro Jahr gehabt habe. Die maximale
monatliche Zinsbelastung betrage somit 446,66 EUR.
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Die Klägerin stellt folgenden Antrag:
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Unter Abänderung des am 30.06.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Konstanz, Az.: 6 O 89/06,
wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 100.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2004 zu bezahlen.
5
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
7
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft hierbei sein
erstinstanzliches Vorbringen.
II.
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Die Berufung ist nicht begründet, weil, was aufgrund der Urkundslage in Verbindung mit den unstreitigen
Tatsachen feststeht, die der Klägerin gewährte Bürgschaft nach § 138 BGB sittenwidrig ist. Der Beklagte ist
nämlich am wirtschaftlichen Risiko seines Arbeitgebers in gegen die guten Sitten verstoßender Weise beteiligt
worden. Dieser Erkenntnis durfte sich die Klägerin nicht verschließen
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1. Dass die der Klägerin gewährte Bürgschaft sittenwidrig ist, ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass
der Beklagte, was zwischen den Parteien streitig ist, nicht einmal die Zinsleistungen aus dem gesicherten
Darlehen erbringen kann. Der Beklagte hat nämlich eine betragsmäßig beschränkte Bürgschaft übernommen,
bei der der Bürgschaftsbetrag einschließlich Nebenleistungen, insbesondere Zinsen und Kosten auf EUR 100
000 beschränkt war. Ein Anwachsen der gesicherten Schuld durch Zins- und Zinseszins konnte den Beklagten
nach Erreichen des Höchstbetrages nicht berühren, so dass etwaige Zahlungen auf die Bürgenschuld
unmittelbar die Schuld des Beklagten verringert hätten. Die Rechtsprechung, wonach eine krasse finanzielle
Überforderung des Bürgen deshalb vorliegt, weil er voraussichtlich nicht einmal in der Lage sein wird, die
laufenden Zinsen der Hauptschuld aufzubringen, ist deshalb nicht einschlägig.
10 2. Anerkanntermaßen ist eine Beteiligung des Arbeitnehmers am Verlust seines Arbeitgebers jedenfalls dann
sittenwidrig und damit nichtig, wenn dafür kein angemessener Ausgleich erfolgt. Eine arbeitsvertragliche
Vergütungsregelung verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB, wenn der Arbeitnehmer
mit dem Betriebs- oder Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers belastet wird. Dies ist insbesondere dann
anzunehmen, wenn eine Vergütungsabrede eine Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vorsieht (vgl. BAG NJW
1991, 860; LAG Hamm LAG-Report 2004, 254; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis 6.A. § 612 BGB
Rdnr. 7). In derselben Weise ist eine Bürgschaft des Arbeitnehmers zu bewerten, die dieser dem Kreditgeber
des Arbeitgebers gewährt hat (vgl. BGHZ 156, 302). Der Kreditgeber hat kein berechtigtes Interesse, dass
Mitarbeiter des Hauptschuldners Bürgschaften stellen (vgl. KGR 1997, 264; OLGR Celle 2000, 42; Seifert NJW
2004,1707). Dies gilt auch für den hier zu beurteilenden Fall der Sicherung der von dem Geschäftsführer und
Alleingesellschafter übernommenen Schuld des Arbeitgebers.
11 3. Mit der Erklärung vom 21.11.2002 hat der Beklagte die selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von
100.000 EUR für eine Schuld des H.J. V. übernommen, die jener im Wege der Schuldübernahme vom selben
Tage zur Entlastung der V. GmbH, deren Alleingesellschafter er war, eingegangen war. Ausweislich der
Bürgschaftsurkunde hatte H.J. V. den voll ausgeschöpften Rahmenkredit in Höhe von EUR 515 000 zur
Abwendung der Überschuldung der Firma übernommen. Die Übernahme der Bürgschaft für die persönliche
Schuld des H.J. V. erfolgte, wie die Klägerin in ihrem Bearbeitungsvermerk vom 31.11.2002 festgehalten hat,
aus dem Eigeninteresse des Beklagten als „leitendem Angestellten der V. GmbH“. Angekreuzt ist nämlich:
„Der Bürge hat folgendes Eigeninteresse bzw. folgende Eigenvorteile aus dem verbürgten Kredit angeführt:
Leitender Angestellter“. Die dargestellte Interessenlage hat die Klägerin in der Klagschrift wie folgt beschrieben:
Um den Fortbestand des Unternehmens nicht zu gefährden, hätten die Vertreter der GmbH der Klägerin
vorgeschlagen, dass der Geschäftsführer der Vogt GmbH, Herr H.J. V. privat die im Zusammenhang mit dem
Rahmenkredit über 515.000 EUR bestehenden Verbindlichkeiten der GmbH übernehmen solle. Zur Sicherung
der Forderung der Klägerin gegen den Übernehmenden hätten sich insgesamt 7 leitende Angestellte der Firma
V. GmbH, zu denen auch der Beklagte zähle, zur Übernahme einer selbstschuldnerischen
Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von jeweils 100.000 EUR bzw. 200.000 EUR bereit erklärt. Hieraus ergibt
sich zur Überzeugung des Senats, dass der Beklagte, der in den Bearbeitungsvermerken der Klägerin als
Personaldisponent der Niederlassung 88048 Friedrichshafen der V. GmbH bezeichnet ist, die Bürgschaft zur
Erhaltung des Arbeitsplatzes bei der V. GmbH übernommen hat. Ohne Schuldübernahme und deren
Sicherstellung durch die streitige Bürgschaft hätte die Gesellschaft wegen Überschuldung Insolvenz anmelden
müssen.
12 4. Damit hat der Beklagte eine Bürgschaft für die Schuld eines ohne die Schuldübernahme überschuldeten
Unternehmens gestellt. In Höhe seiner Höchstbetragsbürgschaft wurde er somit - für den Ausfall des
Hauptschuldners gedacht - indirekt an einer Schuld seines Arbeitgebers und damit am negativen Ergebnis von
dessen wirtschaftlicher Tätigkeit zum Stichtag 21.11.2002 potentiell in Form einer Ausfallhaftung beteiligt.
13 Für die Übernahme dieser vorweg genommenen potentiellen Beteiligung am wirtschaftlichen Ergebnis seines
Arbeitgebers hat der Beklagte weder vom Arbeitgeber noch vom Hauptschuldner noch von der Klägerin einen
Ausgleich erhalten. Die von der Klägerin angeführte Gewinnbeteiligung stand ihm bereits aufgrund seines
Arbeitsvertrages zu und kann in Anbetracht der für das Jahr 2002 brutto gewährten Beteiligung in Höhe von
7.470,25 EUR ohnehin nicht als angemessener Ausgleich für die Übernahme einer potentiellen Haftung in Höhe
von 100.000 EUR gewertet werden. Anhaltspunkte dafür, dass eine deutliche Steigerung der Gewinnbeteiligung
zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Abschluss des Rechtsgeschäfts (vgl. BGH NJW 2000,1182), konkret zu
erwarten war, sind nicht gegeben. Dass die Gewinnbeteiligung später höher ausgefallen wäre, ist nicht
ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war am Unternehmen, dessen übernommene Schuld er
gesichert hat, nicht beteiligt. Die dargestellte Gewinnbeteiligung kann einer nennenswerten
Unternehmensbeteiligung nicht gleichgesetzt werden.
14 Vorliegend kann offen bleiben, ob der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages
bekannt war, dass der Kläger nicht mehr leitender Angestellter der V. GmbH war, weil der ursprüngliche Vertrag
vom 1.12.1999 durch den erstinstanzlich von der Klägerin als Anlage K 17 vorgelegten Vertrag vom 1.11.2001
ersetzt worden war. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass der neue und bestrittene Vortrag der
Klägerin, ihr sei nur der alte Vertrag bekannt gewesen, verspätet und damit nach § 531 Abs. 2 ZPO
unbeachtlich ist, weil Gründe für den verspäteten Vortrag weder ersichtlich noch vorgetragen sind.
15 Selbst wenn der Klägerin nur der Vertrag vom 1.12.1999 bekannt gewesen wäre, würde dies an der
Sittenwidrigkeit der vom Beklagten gestellten Bürgschaft nichts ändern. Nach jenem Vertrag waren sich die
Vertragsschließenden einig, dass der Beklagte leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG sei. Er
wurde als Niederlassungsleiter für die Zweigniederlassung in Friedrichshafen eingestellt und erhielt eine örtlich
auf den Niederlassungsbereich beschränkte Prokura. Zum Abschluss von Dauerschuldverträgen - Laufzeit
länger als ein Jahr -, Anschaffungen mit einem Wert von über DM 5 000, Darlehensaufnahmen, Belastung von
Grundstücken, Eröffnung von Betriebsstätten, die Erteilung und Widerruf von Handlungsvollmachten, die
Bewilligung von Gewinn- und Umsatzbeteiligungen in Arbeitsverträgen und die Gewährung von Abfindungen
anlässlich der Beendigung von Arbeitsverhältnissen musste er die vorherige Zustimmung des Geschäftsführers
einholen. Damit waren seine Befugnisse weitgehend eingeschränkt. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte
überhaupt trotz der arbeitsvertraglichen Vereinbarung, er sei leitender Angestellter, als solcher angesehen
werden kann oder ob er nur als Titularprokurist zu behandeln ist (vgl. Schaub Arbeitsrechtshandbuch 11. A. §
212 Rdnr. 25). Nachdem ohnehin ein einheitlicher Begriff des leitenden Angestellten nicht existiert (vgl. Preis
aaO § 611 BGB Rdnr. 127; Schaub aaO § 212 Rdnr.17), kann ein leitender Angestellter mit dem beschriebenen
Aufgabenkreis nicht wie ein an der Gesellschaft Beteiligter behandelt werden. Er ist vielmehr ein abhängig
beschäftigter Arbeitnehmer, dessen Bürgschaft nach den dargestellten Grundsätzen zu bewerten ist.
16 5. Die Klägerin meint, Sittenwidrigkeit sei zu verneinen, weil der Beklagte nunmehr nur noch für die Bonität des
H.J. V. einzustehen habe und mittels Rückgriffs auf die Beteiligung des H.J. V. an der Schuldnerin eine
doppelte Haftungsmasse erlange. Wirtschaftlich gesehen kann von einer doppelten Haftungsmasse nicht die
Rede sein. Vielmehr sind beide Haftungsmassen, wie noch darzulegen sein wird, voneinander abhängig, so
dass dieser von der Klägerin vorgetragene Gesichtspunkt für die Gesamtbewertung nicht entscheidend ist.
17 6. Es kann offen bleiben, ob für die hier zu beurteilende Bürgschaft von Bedeutung sein kann, dass der
Gläubiger noch über andere Sicherheiten verfügt. Es ist nämlich nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich,
dass hierdurch das Haftungsrisiko des Beklagten vermindert worden wäre (vgl. BGH NJW 2000,1182). Die
Inanspruchnahme des Beklagten in voller Höhe der gewährten Sicherheit spricht dagegen.
18 7. Die Klägerin hat die wirtschaftliche Zwangssituation des Beklagten in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt
und sich die streitige Sicherheit gewähren lassen. Wie bereits dargestellt, hat sie das eminente Interesse des
Beklagten an dem wirtschaftlichen Fortbestand seines ansonsten überschuldeten und zur Stellung eines
Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahren verpflichteten Arbeitgebers, einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung, erkannt. Sie hat sich der sich aufdrängenden Erkenntnis verschlossen, dass eine
Arbeitnehmerbürgschaft bereits deshalb fragwürdig war, weil seine finanzielle Leistungsfähigkeit ganz
wesentlich von der wirtschaftlichen Gesundheit seines Arbeitgebers abhing und jene wiederum für die
Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners und Alleingesellschafters Vogt von erheblicher Bedeutung war.
Ausweislich der vorgelegten Unterlagen hatte H.J. V. nämlich für Schulden der GmbH zusammen mit seiner
Ehefrau eine selbstschuldnerische Bürgschaft über EUR 170 000 übernommen und war in Höhe von EUR 173
215 aus den gewährten Darlehen mitverpflichtet. Die Schuldübernahme durch H.J. V. in Höhe von 525 000
EUR wurde unstreitig lediglich von der Gewährung mehrerer Personalsicherheiten, u.a. der Bürgschaft des
Beklagten und anderer Mitarbeiter begleitet. Dementsprechend hat die Klägerin am 10.3.2004, nachdem sie
erfahren hatte, dass die V. GmbH am nächsten Tage Insolvenzantrag stellen werde, H.J. V. aufgefordert, eine
Bürgenschuld aus einer Bürgschaft für eine Schuld der GmbH in Höhe von EUR 145 000 zu erfüllen und
ausgeführt, damit und wegen seiner Haftung für Kredite der GmbH würden sich seine wirtschaftlichen und
finanziellen Verhältnisse verschlechtern. Die Klägerin nehme dies zum Anlass und kündige sämtliche
Kreditinanspruchnahmen des H.J. V. Der Beklagte selbst hatte ausweislich seiner der Klägerin erteilten
Selbstauskunft vom 14.11.2002 kein Grund- oder anderes Vermögen, der Rückkaufswert der
Lebensversicherung war "gering". Er hatte einen Privatkredit mit einer Restschuld von noch EUR 10 000 laufen
und auf dem Girokonto einen Kredit in Höhe von EUR 2 300 aufgenommen. Der Mitarbeiter der Klägerin hat in
den Bearbeitungsvermerken zum Vordruck "Betragsgemäß beschränkte Einzelbürgschaft" zur Beantwortung
der Frage, ob der Bürge aus seinem Einkommen oder Vermögen zur Erfüllung der Bürgschaft in der Lage sei,
das Kästchen mit der Antwort "nein" angekreuzt. Dass die Klägerin den Beklagten über das übernommene
Risiko ausführlich informiert haben will, ändert an der Ausnutzung der wirtschaftlichen Zwangslage des
Beklagten und damit an der Beurteilung des klägerischen Verhaltens nichts.
19 8. Die Entscheidung beruht im Übrigen auf den §§ 97, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der
Revision sind nicht gegeben.