Urteil des OLG Hamm vom 25.06.2002

OLG Hamm (gutachten, kläger, garage, steinbruch, grundstück, ursache, wohnhaus, haus, stellungnahme, firma)

Oberlandesgericht Hamm, 34 U 6/97
Datum:
25.06.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
34. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
34 U 6/97
Vorinstanz:
Landgericht Hagen, 9 O 169/95
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 08. Oktober 1996 verkündete
Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen unter Zurückweisung
der Berufung im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu
500.000,00 DM, an dessen Stelle im Nichtbeitreibungsfalle
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, es zu unterlassen, durch von ihr
veranlaßte Sprengungen in dem Streinbruch auf dem Gelände des
Landwirts M in J-Z1 die Gebäude des Klägers auf dem Grundstück J Z1,
X2, zu beschädigen, insbesondere Rißbildungen zu bewirken und
bereits vorhandene Risse zu vergrößern.
2.
Der mit dem Hilfsantrag verfolgte Klageanspruch ist dem Grunde nach
mit der nachfolgenden Einschränkung gerechtfertigt. Die Beklagte ist
dem Grunde nach verpflichtet, an den Kläger eine angemessene
Entschädigung zum Ausgleich der an seinem Haus nebst Garage Z1,
X2, durch Sprengungen im Steinbruch des Beklagten auf dem
Grundstück des Landwirtes M in Z1 verursachten Schäden zu zahlen,
wobei die an den Außenwänden der Garage des Klägers vorhandenen
Rißschäden (Schadensstellen Nr. 32 bis 34 des Gutachtens des
Sachverständigen C2 vom 27.03.1998) nur zu 50 % zu entschädigen
sind und die Rißschäden an den auskragenden Bereichen der
Stahlbetonplatten über dem Unter- und Obergeschoß des Wohnhauses
des Klägers (Schadensstellen Nr. 2, 4, 7, 25 und 8 des genannten
Gutachtens) sowie der Riß – Schadensstellen Nr. 1 des genannten
Gutachtens – an der Außenwand des Wohngebäudes von der
Entschädigungsverpflichtung nicht umfaßt werden.
3.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger dem Grunde nach zuerkannten
Entschädigung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Landgericht Hagen zurückverwiesen.
5.
Die Kostenentscheidung bleibt, auch was die Kosten des
Berufungsverfahrens betrifft, dem Schlußurteil vorbehalten.
6.
Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsausspruches vorläufig
vollstreckbar.
7.
Die Beschwer des Klägers übersteigt 20.000,00 Euro nicht.
Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000,00 Euro.
8.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Unterlassung der von ihrem
Steinbruchbetrieb ausgehenden und angeblich sein Hausgrundstück
beeinträchtigenden Sprengerschütterungen und den Ersatz von Gebäudeschäden.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks X2 in JZ1. Auf diesem Grundstück ließ der
Kläger 1961/62 ein zweigeschossiges Wohnhaus nebst Garage – jeweils mit Flachdach
– errichten. Der Kläger nutzt das Wohnhaus seit der Bezugsfertigkeit im Mai 1962 zu
Wohnzwecken. Zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung wiesen weder die Garage noch das
Wohnhaus Risse auf.
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Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts pachtete die Beklagte von dem
Landwirt M ein südöstlich des Ortsteils Z1 befindliches Gelände an, zu dem ein
Höhenrücken aus Kalkgestein gehört, um dort einen Steinbruch zu betreiben. Im
Oktober 1963 richtete die Beklagte dort in einer Entfernung von 350 bis 500 m zum
Hausgrundstück des Klägers einen Steinbruch ein. Der Oberkreisdirektor des
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Landkreises J erteilte der Beklagten mit Genehmigungsbescheid vom 29. März 1963
unter Auflagen die Genehmigung zur Errichtung und zum Betriebe einer Brechanlage
auf dem angepachteten Grundstück (Anlage A 2 zur Klageerwiderung). Mit Bescheid
vom 06. Februar 1964 (Anlage A 4 zur Klageerwiderungsschrift) erteilte der Amtsdirektor
des Amtes I3 der Beklagten die widerrufliche Genehmigung, Sprengungen in dem
angepachteten Steinbruch ohne Einzelanmeldung durchzuführen. Im April 1964 nahm
die Beklagte ihre Sprengtätigkeit im Steinbruch auf, wobei sie bis Mai 1966 sogenannte
Großbohrlochsprengungen durchführte. Mit Bescheid vom 20.06.1964 (Anlage A 3 zur
Klageerwiderungsschrift) erteilte der Oberkreisdirektor des Landkreises J der Beklagten
die Genehmigung zur Inbetriebnahme einer Sieb- und Siloanlage in dem Steinbruch.
Nur wenige Monate nach dem Beginn der regelmäßigen Großbohrlochsprengungen im
Steinbruch der Beklagten begannen sich im Hause des Klägers und in der Garage
Risse auszubilden. Der Kläger beauftragte daraufhin Anfang 1965 privat den
Oberbaurat H von der Bauschule in I4 mit der Feststellung des Ausmaßes der Schäden
und der Prüfung der Frage, ob die Rißbildung auf die Sprengtätigkeit der Beklagten
zurückzuführen sei. Ein entsprechender Ursachenzusammenhang wurde von dem
Oberbaurat H in seinem unter dem 19.03.1965 für den Kläger erstatteten
Privatgutachten bejaht. Daraufhin erhob der Kläger im Jahr 1967 beim Landgericht
Hagen unter dem Aktenzeichen 2 O XXXXX Klage gegen die Beklagte, mit der er einen
Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch geltend machte, hilfsweise verlangte er
Entschädigung für die eingetretenen Gebäudeschäden. Im Rahmen des genannten
Verfahrens holte das Landgericht Hagen unter anderem ein unter dem 01.10.1969
erstattetes Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. A. M (als Anlage zum Schriftsatz
des erstinstanzlichen Bevollmächtigten des Klägers vom 05.06.1996 zu den
Gerichtsakten gereicht und dem Gutachten des Sachverständigen B vom 27.11.1995
beigefügt) sowie ein Boden- und Gründungsgutachten des Prof. Dr. T2 ein. In seinem
Gutachten gelangte der Sachverständige A. M seinerzeit zu dem Ergebnis, daß der
größte Teil der Rißschäden auf die Sprengtätigkeit der Beklagten zurückzuführen sei.
Das Landgericht Hagen verurteilte daraufhin die Beklagte mit Urteil vom 29. Oktober
1971 (Anlage zum genannten Schriftsatz vom 05.06.1996), es zu unterlassen, durch
Sprengungen in dem Steinbruch den Kläger im C3 seines Hausgrundstückes zu
beeinträchtigen. Ferner stellte das Landgericht Hagen in dem Urteil fest, daß die
Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche durch Sprengungen entstandene und
künftig noch entstehende Schäden zu ersetzen. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte
Berufung ein. In dem unter dem Aktenzeichen 5 U XXXXXX vor dem Oberlandesgericht
Hamm geführten Berufungsverfahren schlossen die Parteien am 04.06.1973 einen
Vergleich, in dem sich die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtete, alle zum
damaligen Zeitpunkt am Haus und an der Garage des Klägers vorhandenen Risse auf
ihre Kosten zu beseitigen. Der Kläger ließ daraufhin Instandsetzungsarbeiten zur
Beseitigung der Rißschäden durchführen, die im Juni 1973 beendet waren.
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Die Beklagte setzte auch nach dem Vergleichsabschluß die Abbautätigkeit im
Steinbruch fort und weitete sie aus. Der Amtsdirektor in I3 hatte der Beklagten
zwischenzeitlich mit Bescheid vom 10.09.1968 die widerrufliche Genehmigung erteilt, in
dem angepachteten Steinbruch ohne Einzelanmeldung Sprengungen durchzuführen,
wobei unter anderem die Auflage erteilt wurde, daß die Gesamtlademenge der
Sprenganlage 600 kg Sprengstoff, die Lademenge je Zündstufe ca. 55 kg Sprengstoff
nicht überschreiten dürfe (Anlage A 5 der Klageerwiderungsschrift). Seit dem
09.08.1985 werden die Sprengungen in dem Steinbruch durch die Firma T und C7
GmbH im Auftrag der Beklagten durchgeführt. Diese fertigte in der Folgezeit
6
Sprengprotokolle über die von ihr durchgeführten Sprengungen an.
1994/95 beantragte die Beklagte bei der Bezirksregierung B die Erweiterung des
Steinbruchs, worauf ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt wurde. Mit
Planfeststellungsbeschluß vom 19.11.1998 genehmigte die Bezirksregierung B die
geplante Norderweiterung des Steinbruchs. (Lageplan: Gutachten des
Sachverständigen G vom 13.12.1999).
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Inzwischen weisen zumindest einige Häuser der Siedlung Z1, darunter auch erneut das
Haus des Klägers, Rißbildungen auf.
8
Der Kläger hat behauptet, an seinem Haus und seiner Garage seien bereits ab Anfang
1980 neue Risse aufgetreten. Die von der Beklagten veranlaßten und wöchentlich
durchgeführten Sprengungen machten sich in seinem Haus durch erhebliche
Erschütterungen (Vibrationen, Klirren von Gläsern) bemerkbar. Aufgrund der in den
letzten Jahren durchgeführten erheblichen und häufigen Sprengungen sei es zu
weiteren Schäden an seinem Haus und seiner Garage gekommen. Durch die
Sprengtätigkeit hätten sich zahlreiche neue Risse gebildet und vorhandene Risse
vergrößert. Wegen der behaupteten Schadensbilder im einzelnen wird auf die Seiten 4
und 5 der Klageschrift vom 06.04.1995 Bezug genommen. Diese Schäden seien auf die
Sprengtätigkeiten in dem Steinbruch zurückzuführen, was sich schon daraus ergebe,
daß eine Vielzahl von Nachbarhäusern in der Siedlung ähnliche Schäden aufwiesen.
Im übrigen sei das Haus des Klägers, wie sich durch die Beweisaufnahme im Verfahren
2 O XXXXX LG Hagen gezeigt habe, in konstruktiver und statischer Hinsicht den
bautechnischen Anforderungen entsprechend gebaut worden. Es bestehe, so hat der
Kläger weiter behauptet, die Gefahr, daß sich die vorhandenen Risse durch die
Sprengtätigkeit der Beklagten in Zukunft weiter vergrößerten und neue Risse
entstünden. Die vom Steinbruch ausgehenden Einwirkungen seien weder unwesentlich
noch ortsüblich. Die Beklagte habe es fahrlässig versäumt, vor Durchführung der
Sprengungen zu prüfen, in welcher Stärke die Sprengungen gefahrlos durchgeführt
werden könnten.
9
Der Kläger hat beantragt,
10
1.
11
die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung einer für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Geld- oder Haftstrafe zu unterlassen, durch
Sprengungen in dem Steinbruch auf dem Gelände des Landwirts M in Z1 ihn im
Besitz des Hausgrundstücks Z1, X-Weg, zu beeinträchtigen;
12
2.
13
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle Schäden zu ersetzen, die
durch Sprengungen in dem vorbezeichneten Steinbruch an seinem Haus zukünftig
entstehen werden;
14
15
3.
16
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen angemessenen, vom Gericht
festzusetzenden Geldbetrag, mindestens jedoch 50.000,00 DM, zum Ausgleich der
an seinem Haus Z1, X2, durch Sprengungen im Steinbruch der Beklagten auf dem
Grundstück des Landwirts M in Z1 entstandenen Schäden zu zahlen.
17
Die Beklagte hat beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19
Die Beklagte hat bestritten, daß die Sprengungen im Hause des Klägers als
Erschütterungen bemerkbar seien. Sie hat ferner das Vorhandensein der in der
Klageschrift aufgeführten Schäden an den Gebäuden des Klägers bestritten und hierzu
hilfsweise behauptet, weder das Entstehen noch die Vergrößerung vorhandener Risse
seien auf die Sprengtätigkeiten im Steinbruch zurückzuführen. Die Beklagte hat
vorgetragen, daß – wie erstinstanzlich unstreitig geworden ist – in den letzten Jahren
nur etwa alle 14 Tage Sprengungen durchgeführt worden seien. Die der Beklagten mit
Bescheid vom 10.09.1968 erteilten Auflagen für die Durchführung der Sprengungen
würden jeweils eingehalten. Die Sprengungen verursachten am Fundament des
Hauses des Klägers lediglich eine Schwinggeschwindigkeit von 0 bis 5 mm/sec.
Schäden seien demgemäß auszuschließen. Die Beklagte hat weiter die Auffassung
vertreten, daß der Kläger aufgrund der der Beklagten erteilten Genehmigungen die
Sprengungen zu dulden habe. Die Erschütterungen seien unwesentlich und im übrigen
ortsüblich. Die Anhaltswerte der DIN 4150 würden eingehalten. Zudem sei der
Steinbruch gebietsprägend im Sinne des § 906 Abs. 2 BGB. Der auf Unterlassung
gerichtete Klageantrag zu Ziff. 1 sei im übrigen zu unbestimmt und darüber hinaus auch
deshalb unzulässig, weil das klägerische Begehren auf die Einstellung eines
genehmigten Betriebes hinauslaufe. Die Beklagte hat sich im übrigen auf Verjährung
berufen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf
die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils Bezug genommen.
21
Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluß vom 12. September 1995 (Bl. 34 GA)
Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Wegen des
Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des
Sachverständigen B vom 27. November 1995 und auf das schriftliche Gutachten des
Sachverständigen L, den der Sachverständige B mit Einverständnis des Landgerichts
hinzugezogen hatte, vom 29. März 1996 Bezug genommen. Die beiden
Sachverständigen haben ihre Gutachten im Kammertermin vom 08. Oktober 1996
mündlich erläutert, wobei wegen des Inhalts dieser ergänzenden Beweisaufnahme auf
die Sitzungsniederschrift des Landgerichts verwiesen wird (Bl. 72 bis 75 GA).
22
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung
ausgeführt, daß der Kläger einen Kausalzusammenhang zwischen den durchgeführten
Sprengungen und den Schadensbildern an seinem Haus nicht habe beweisen können.
Das Landgericht hat sich dabei auf die gutachterlichen Ausführungen der
Sachverständigen B und L gestützt.
23
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein
erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Der Kläger wiederholt und vertieft sein
24
bisheriges Vorbringen. Der Kläger behauptet weiterhin, die von der Beklagten
veranlaßten Sprengungen seien ursächlich für die in dem Gutachten des
Sachverständigen L festgestellten Rißschäden. Das Haus des Klägers entspreche in
statischer Hinsicht den im Errichtungszeitpunkt zu beachtenden Regeln der Technik,
wie sich auch aus dem Gutachten des Sachverständigen M im Vorprozeß ergeben
habe. Der Kläger beruft sich dabei auch auf eine von ihm eingeholte privatgutachterliche
Stellungnahme des Dipl.-Ing. I2 vom 26.02.1997, auf die verwiesen wird (Bl. 229 - 231
GA). Auch an einer Vielzahl von Nachbarhäusern in der Siedlung seien massive Risse
aufgetreten, die nur auf die Sprengungen zurückgeführt werden könnten. Andere
Ursachen seien nach dem Gutachten des Sachverständigen M im Vorprozeß
auszuschließen. Die Beklagte habe in der Vergangenheit nicht protokollierte
Sprengungen durchgeführt, die in ihrer Intensität größer gewesen seien, als von dem
Sachverständigen B festgestellt. Die Beklagte habe sich bei diesen Sprengungen nicht
an die Auflagen in dem Genehmigungsbescheid vom 10.09.1968 gehalten. Bei
erhöhtem Bedarf an Abbruchmaterial seien Sprengladungen angebracht worden, die
den genehmigten Wert weit überstiegen hätten. Im Verlaufe dieses Verfahrens hätten
sich vorhandene Risse teilweise erheblich vergrößert, zudem seien erhebliche weitere
Risse am Haus und an der Garage aufgetreten. Ursache hierfür seien unter anderem
starke Sprengungen am 16.01., 02.04., 22.05. und 03.06.1997. Wegen der behaupteten
neuen Schäden wird auf die Seiten 3 und 4 des Schriftsatzes der Klägervertreter vom
25.07.1997 (S. 224 ff. GA) sowie auf die Stellungnahme des Dipl.-Ing. I2 vom
14.05.1998 (Bl. 298/299 GA) Bezug genommen. Der erforderliche
Schadensbeseitigungsaufwand am Wohnhaus, so die Behauptung des Klägers, beliefe
sich gemäß Sanierungsvorschlag des Dipl.-Ing. I2 vom 14.05.1998 nebst dessen
Kostenzusammenstellung (Bl. 300 ff. GA) bei Anbringung eines Wärmeverbundsystems
auf 55.000,00 DM und bei Anbringung einer Vorsatzschale auf 87.000,00 DM, jeweils
zuzüglich der Kosten für die Sanierung de Innenbereichs von 8.000,00 DM:
Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte nach den
erstinstanzlichen Klageanträgen (Haupt- und Hilfsantrag) zu verurteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft ihr
erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte bestreitet nach wie vor einen
Ursachenzusammenhang zwischen den Sprengungen und den Rißschäden an den
Gebäuden des Klägers. Die Beklagte trägt hierzu vor, nur in den ersten Jahren der
Abbautätigkeit seien Sprengstoffmengen bis zu 2000 kg pro Sprengung verwandt
worden. Seit 1968 halte sich die von der Beklagten beauftragte Firma T und C7 GmbH –
von einer Ausnahme abgesehen – an die Auflagen im Genehmigungsbescheid vom
10.09.1968, wie sich aus den Sprengprotokollen ergebe. Auch der Umstand, daß in
einem Einzelfall die Höchstsprengmenge von 600 kg überschritten worden sei, sei
unerheblich, da die Lademenge je Bohrloch maßgebend sei. Andere als die
protokollierten Sprengungen habe es nicht gegeben. Die durchgeführten Sprengungen
hätten Schwingungsgeschwindigkeiten von unter 2 mm/sec. ausgelöst, die unterhalb
der Grenzwerte der DIN 4150 lägen, so daß wie vom Sachverständigen B ausgeführt –
Gebäudeschäden auszuschließen seien. Für die Rißschäden, von denen neben den
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Gebäuden des Klägers lediglich einige Nachbargebäude der Siedlung betroffen seien,
sei eine Ursachenvielfalt verantwortlich. So weise das Haus des Klägers schon
statische Mängel auf. Sämtliche Rißbildungen am Haus des Klägers seien
baupysikalisch- und alterbedingt. Insoweit beruft sich die Beklagte auf ein von ihr
eingeholtes Privatgutachten des Sachverständigen X vom 05.08.1998, auf das wegen
der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 335 ff. GA). Zur Deliktshaftung behauptet
die Beklagte, die von ihr seit 1985/86 mit der Durchführung der Sprengungen
beauftragte Firma T und C7 GmbH sei in der gesamten Bundesrepublik für ihre
fachgerechte und zuverlässige Arbeit bekannt. Deren Mitarbeiter hätten jahrelange
Erfahrungen. Die Firma T und C7 GmbH verfüge über eine Erlaubnis zum Umgang mit
Sprengstoff und es habe in den vergangenen Jahren keinerlei Beanstandungen
gegeben. Viele Mitarbeiter dieser Firma seien als C7- und Sprengmeister ausgebildet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Partei in der Berufungsinstanz wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Beide Parteien haben der Firma T und C7-GmbH den Streit verkündet. Diese ist dem
Rechtsstreit jedoch nicht beigetreten. (Kläger: Schriftsatz vom 17.02.1997, zugestellt am
24.02.1997; Beklagte: Schriftsatz vom 19.05.1998, zugestellt am 02.06.1998).
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten.
Aufgrund eines Beweisbeschlusses des Senats vom 16.09.1997 (Bl. 254 GA), ergänzt
durch Beschluß vom 24.10.1997 (Bl. 265 GA), ist ein erstes schriftliches
Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C2 zur Frage der Ursache
der Rißbildungen eingeholt worden, welches unter dem 27.03.1998 erstattet wurde. Auf
das schriftliche Gutachten des Sachverständigen C2 und auf dessen Skizzen zur
Kennzeichnung der Schadensstellen (S. 9 – 11 des Gutachtens), die dem Urteil
beigefügt sind, wird insoweit verwiesen. Der Senat hat den Sachverständigen C2 am
23.10.1998 zur Erläuterung seines ersten schriftlichen Gutachtens angehört. Insoweit
wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 393 ff. GA) und auf den Berichterstattervermerk
(Bl. 402 ff. GA) verwiesen. Mit Beschluß vom 23.10.1998 (Bl. 404 GA) hat der Senat zur
Frage des Kausalzusammenhangs zwischen den Sprengungen und den
Gebäudeschäden die Einholung eines auf der Grundlage von Langzeitmessungen zu
erstattenden Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. G und die Einholung eines
Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. C2 angeordnet. Der
Sachverständige G hat seine Gutachten unter dem 19.03.1999 und 13.12.1999 und der
Sachverständige C2 sein Ergänzungsgutachten unter dem 01.09.2000 erstattet.
Insoweit wird auf die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen verwiesen. Beide
Sachverständige sind im übrigen auch in dem Parallelverfahren 34 U XXXX OLG
Hamm, in dem die Eheleute C6 gegen die Beklagte gleichgelagerte Ansprüche geltend
machen, tätig geworden.
32
Im Senatstermin vom 26. April 2002 sind die Sachverständigen C2 und G ergänzend
angehört worden. Auch insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 488 ff. GA) und auf
den Berichterstattervermerk (Bl. 492 ff. GA) wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
33
Entscheidungsgründe:
34
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.
35
I. Unterlassungsanspruch
36
Die mit dem Klageantrag zu Ziff. 1) verfolgte Unterlassungsklage ist zulässig und
begründet.
37
1.
38
Die Zulässigkeit der mit dem Klageantrag zu 1) verfolgten Unterlassungsklage scheitert
nicht an dem Erfordernis der notwendigen Bestimmtheit des Klageantrags hinsichtlich
des zu unterlassenden Verhaltens. Ein auf Unterlassung gerichteter Klageantrag muß
zwar die zu unterlassende Einwirkung so konkret festlegen, daß die für das
Vollstreckungsverfahren notwendige Bestimmtheit gewährleistet ist. Der nach der
Antragsformulierung auf die Unterlassung sprengungsbedingter Beeinträchtigungen des
Grundstücks des Klägers gerichtete Klageantrag zu Ziff. 1) läßt aber unter
Berücksichtigung des in der Klagebegründung hinreichend zum Ausdruck kommenden
Klagebegehrens des Klägers eine inhaltliche Konkretisierung dahingehend zu, daß der
Beklagten von Seiten des Gerichts aufgegeben werden soll, es zu unterlassen, künftig
durch von ihr veranlaßte Sprengungen im Steinbruch auf dem Gelände des Landwirts M
in Z1 eine Rißbildung an den Gebäuden auf dem klägerischen Grundstück zu bewirken
und bereits vorhandene Risse zu vergrößern. Mit dieser anhand der Klagebegründung
hinreichend deutlich gewordenen Konkretisierung ist der auf Unterlassung gerichtete
Klageantrag zu Ziff. 1) zulässig.
39
2.
40
Die Unterlassungsklage ist mit diesem Antragsinhalt auch begründet.
41
Der Kläger kann von der Beklagten aus §§ 1004, 906 BGB verlangen, es zu
unterlassen, künftig durch von ihr veranlaßte Sprengungen im Steinbruch Rißbildungen
an den Gebäuden auf dem klägerischen Grundstück zu bewirken und bereits
vorhandene Risse zu vergrößern.
42
a)
43
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, daß das Grundstück
des Klägers durch sprengungsbedingte Erschütterungen, die vom Steinbruchbetrieb der
Beklagten ausgehen, in der Weise wesentlich beeinträchtigt worden ist, daß die von den
Sprengungen ausgelösten Erschütterungen zu Gebäudeschäden am Wohnhaus und an
der Garage auf dem Grundstück des Klägers in Form von Rissen geführt haben. Zwar
indiziert die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Grenz- oder Richtwerte oder
privatrechtlicher Umweltstandards wie DIN-Normen gemäß § 906 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB
die Unwesentlichkeit einer Grundstücksbeeinträchtigung (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR
1997, 272; Palandt-Bassenge, BGB-Kommentar, 61. Aufl., § 906 Rn. 17). Trotz
Einhaltung derartiger Grenz- oder Richtwerte liegt eine grundstücksbeeinträchtigende
Immission jedoch dann vor, wenn diese zu Sachschäden am Grundstück eines
Betroffenen führt (vgl. BGHZ 92, 143; NJW 1999, 1029; Palandt § 906 Rn. 22). Davon ist
im vorliegenden Fall nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszugehen.
44
Durch das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L vom 29.03.1996 sowie durch
das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ing.-G. C2 vom 27.03.1998 ist festgestellt
und dokumentiert, daß sowohl das Wohngebäude als auch die Garage auf dem
Grundstück des Klägers zahlreiche Rißschäden an den Innen- und Außenwänden
45
sowie an den Stahlbetondecken aufweisen, die unstreitig nach Abschluß der
Sanierungsarbeiten im Juni 1973 noch nicht vorhanden waren. Es handelt sich dabei im
einzelnen um die Schadensstellen Nr. 1 bis 37, wie sie in dem schriftlichen Gutachten
des Sachverständigen C2 vom 27.03.1998 aufgeführt und auch anhand von Fotos
dokumentiert sind. Mit Ausnahme der Schadensstellen Nr. 1, 4, 7 und 25 (auskragende
Plattenbereiche der Stahlbetondecke über dem Obergeschoß des Wohnhauses), der
Schadensstelle Nr. 8 (auskragender Bereich der Stahlbetondecke des Wohnhauses
über dem Untergeschoß) und der Schadensstelle Nr. 1 (Riß in der Außenwand des
Wohnhauses) sind die von den Sprengungen im Steinbruchbetrieb der Beklagten
ausgehenden Erschütterungen als schadensursächlich anzusehen, wobei hinsichtlich
der Schadensstelle Nr. 32 bis 34 (Garage) die sprengungsbedingten Erschütterungen
neben Temperatureinflüssen und statisch-konstruktiven Mängeln mitursächlich für die
Schäden geworden sind.
Der Senat verkennt nicht, daß die Beweislast für einen Kausalzusammenhang zwischen
den Sprengerschütterungen und den Schäden am Haus und an der Garage des Klägers
beim Kläger liegt und die Beweisaufnahme einen direkten Beweis der Ursächlichkeit
der von den Sprengungen ausgehenden Erschütterungen für die Rißbildungen nicht
erbracht hat. Auch kommen dem Kläger keine Beweiserleichterungen zugute. Der
Anscheinsbeweis gilt nur für typische Geschehensabläufe, bei denen ein Sachverhalt
vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen
bestimmten Geschehensablauf hinweist; der Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn der
Gegner Tatsachen behauptet und beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit
eines anderen Geschehensablaufes ergibt (vgl. Palandt vor § 249 Rn. 163). Da im
vorliegenden Fall von Seiten der Beklagten bauwerkbedingte Ursachen, insbesondere
statische Mängel, die der Rißbildung zugrunde liegen sollen, vorgetragen worden sind
und diese Möglichkeit insbesondere auch unter Berücksichtigung der gutachterlichen
Ausführungen des Sachverständigen L jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen
werden konnte, greifen Anscheinsbeweisgrundsätze nicht ein.
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Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß die Beklagte in der
Vergangenheit Sprengungen unter Verstoß gegen behördliche Auflagen oder unter
Überschreitung festgelegter oder anerkannter Immissionsgrenzwerte durchgeführt hat,
so daß auch unter diesem Gesichtspunkt eine Beweislastumkehr zu Gunsten des
Klägers nicht angenommen werden kann.
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Ausgehend von dieser Beweislastverteilung ist es dem Kläger jedoch in der
Beweisaufnahme gelungen, den Beweis für die Ursächlichkeit der vom
Steinbruchbetrieb der Beklagten ausgehenden und das Grundstück des Klägers
betreffenden Sprengerschütterungen für die Risse am Wohnhaus und an der Garage
des Klägers – mit Ausnahme der genannten Schadensstellen Nr. 2, 4, 7, 25 sowie Nr. 8
und Nr. 1 aus dem Gutachten des Sachverständigen C2 vom 27.03.1998, indirekt im
Wege des Ausschlußprinzips in der Weise zu führen, daß der Kläger zur Überzeugung
des Senats nachgewiesen hat, daß von den theoretisch in Betracht kommenden,
möglichen Ursachen alle bis auf die Sprengerschütterungen auszuschließen sind. Die
prinzipielle Möglichkeit, einen Beweis indirekt nach dem Ausschlußverfahren in der
Weise zu führen, daß alle anderen theoretisch in Betracht kommenden Ursachen zur
Überzeugung des Tatrichters ausgeschlossen werden, hat der Bundesgerichtshof
ausdrücklich anerkannt (vgl. BGH NJW 1999, 2896).
48
Nach den nachvollziehbaren, überzeugenden und insoweit auch von der Beklagten
49
nicht angegriffenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. C2 in seinen
beiden schriftlichen Gutachten treten Risse an Gebäuden dann auf, wenn Spannungen
entstehen, die das nach der Materialfestigkeit der Bauteile aufnehmbare Maß
überschreiten. Als Ursache solcher Spannungen, die Rißbildungen auslösen können,
kommen in Betracht: Planmäßige Einwirkungen (durch ständige oder veränderliche
Lasten), außerplanmäßige Einwirkungen (Setzungen der
Fundamente/Setzungsdifferenzen; Längenänderungen infolge thermischer Einflüsse;
Schwind- und Kriechverformungen infolge materialabhängiger Verformungen der
Baustoffe) sowie sogenannte Lastfälle (Brandeinwirkungen, Stoßeinwirkungen und
Erschütterungseinwirkungen durch Erdbeben, Sprengungen oder sonstige
Erschütterungen). Der Sachverständige C2 hat weiter überzeugend ausgeführt, daß
planmäßige und außerplanmäßige Einwirkungen bei der statisch-konstruktiven Planung
eines Bauwerks sachgerecht berücksichtigt werden müssen. Falls dies nicht der Fall ist,
liegt ein statisch-konstruktiver Mangel vor, der zu Rißbildungen führen kann. Der Senat
ist aufgrund der ausführlichen, differenzierenden und detaillierten gutachterlichen
Stellungnahme des Sachverständigen C2 zu der Überzeugung gelangt, daß – mit
Ausnahme der bereits genannten Schadensstellen Nr. 2, 4, 7, 25, 8 und 1 – die
Rißbildungen am Wohnhaus und an der Garage des Klägers weder auf planmäßigen
noch auf außerplanmäßigen Einwirkungen, sondern vielmehr auf
Erschütterungseinwirkungen beruhen, die allein auf die auf dem Steinbruchgelände auf
Veranlassung der Beklagten in der Vergangenheit durchgeführten Sprengungen
zurückzuführen sind.
aa)
50
Nach den überzeugenden und durch die Einwendungen der Beklagten nicht
entkräfteten Ausführungen des Sachverständigen C2 kann mit Sicherheit
ausgeschlossen werden, daß die Rißbildungen an den Gebäuden auf dem klägerischen
Grundstück auf einer fehlerhaften Gründung bzw. auf Setzungsdifferenzen im Sinne
einer statischen Ursache beruhen. Wohnhaus und Garage wurden 1961/1962 errichtet.
Bauwerkssetzungen sind, wie dem auch für Bausachen zuständigen Senat aus anderen
Verfahren bekannt ist und wie auch der Sachverständige C2 bei seiner Anhörung im
Senatstermin am 26.04.2002 bestätigt hat, nach einigen Jahren abgeschlossen. Die
nach Beendigung der bis zum Sommer 1973 durchgeführten Sanierungsarbeiten
frühestens ab Anfang 1980 sukzessive aufgetretenen neuen Risse können daher nicht
auf Setzungen oder damit zusammenhängend auf einer fehlerhaften Gründung der
Bauwerke beruhen. Auch der Sachverständige L hat in seinem schriftlichen Gutachten
die Ursache für die von ihm festgestellten Schäden nicht in Setzungen gesehen. Bereits
im Vorprozeß 2 O 305/67 des Landgerichts Hagen waren von der Kammer seinerzeit
unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere
unter Würdigung der Gutachten der Sachverständigen M und T2, mögliche Setzungen
als Schadensursache ausgeschlossen worden.
51
bb)
52
Auch Schwind- und Kriechverformungen infolge materialabhängiger Verformungen der
Baustoffe scheiden nach den nachvollziehbaren, plausiblen Ausführungen des
Sachverständigen C2 als Ursache für die Rißbildungen aus. Wie der Sachverständige
C2 insbesondere auf S. 45 seines schriftlichen Gutachtens vom 27.03.1998 ausgeführt
hat, ist für beide Formänderungseinflüsse (Schwind- und Kriechverformungen) bekannt
und wissenschaftlich gesichert, daß diese zeitabhängig sind. Die Maximalwerte werden
53
im ersten Jahr der Bauwerkserstellung erreicht. Sie klingen dann in einem
Gesamtzeitraum von 3 Jahre ab Fertigstellung des Bauwerkes weitgehend vollständig
ab. Somit können unter Berücksichtigung des Herstellungsjahres der betroffenen
Bauwerke (1961/62) Einflüsse aus Schwind- und Kriechverformungen nach der
Stellungnahme des Sachverständigen C2 mit Sicherheit als statisch-konstruktive
Ursache für die festgestellten Rißbildungen ausgeschlossen werden. Auch dies
entspricht dem Kenntnisstand des Senats aus seiner Rechtsprechungstätigkeit als
Bausenat. Durchgreifende Einwendungen gegen diese Ausführungen des
Sachverständigen C2 hat auch die Beklagte nicht vorgebracht.
cc)
54
Mit Ausnahme einiger, bereits genannter Schadensstellen, die der Sachverständige C2
in seinen beiden schriftlichen Gutachten einer besonderen Bewertung unterzogen hat,
können die festgestellten Rißbildungen auch nicht auf statisch-konstruktive Mängel
infolge nicht hinreichender Berücksichtigung ständiger oder veränderlicher Lasten oder
von Temperatureinwirkungen zurückgeführt werden. Solche statisch-konstruktiven
Mängel sind vielmehr – mit Ausnahme der in dem schriftlichen Gutachten des
Sachverständigen C2 vom 27.03.1998 mit den Ziffern 2,4, 7, 25, 8 und 1 bezeichneten
Schadensstellen – auszuschließen; hinsichtlich der Schadensstellen Ziffern 32 bis 34,
die die Garage des Klägers betreffen, können Temperatureinflüsse als Ursache für die
Rißbildungen nach den Ausführungen des Sachverständigen C2 nicht sicher
ausgeschlossen werden, wobei jedoch Temperatureinflüsse allein die Risse nicht
verursacht haben können. Der Sachverständige C2 hat die von ihm festgestellten
Rißschäden in seinem schriftlichen Gutachten vom 27.03.1998 grafisch und fotografisch
dokumentiert und insgesamt 37 Schadensstellen an Wohnhaus und Garage des
Klägers festgestellt. Einen Teil dieser Risse hatte auch bereits der Sachverständige L in
seinem schriftlichen Gutachten vom 29.03.1996 festgestellt und fotografisch
dokumentiert. Der Sachverständige C2 hat dann in seinem schriftlichen Gutachten vom
27.03.1998, welches er unter dem 01.09.2000 schriftlich ergänzt hat, die möglichen
Ursachen für die Rißbildungen geprüft. Er hat dabei hinsichtlich der möglichen
Schadensursächlichkeit statisch-konstruktiver Mängel eine nach Bauwerksteilen
differenzierende Betrachtungsweise angestellt, die dem Senat einleuchtend und
überzeugend erscheint.
55
(1)
56
Hinsichtlich der Stahlbetondecke über dem Obergeschoß (Dachdecke) des
Wohnhauses ist der Sachverständige C2 zu der Bewertung gelangt, daß Schäden aus
planmäßigen Einwirkungen (ständige und veränderliche Lasten) mit Sicherheit
ausgeschlossen werden könnten. Als statisch-konstruktive Ursache für die Rißschäden
an der Stahlbetondecke des Obergeschosses kämen allenfalls
Temperatureinwirkungen in Betracht. Der Sachverständige C2 hat den Einfluß dieser
Temperatureinwirkungen in seinem schriftlichen Gutachten vom 27.03.1998 näher
untersucht und ist dabei zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, daß die
oberseitige Wärmedämmung an den auskragenden Deckenbereichen nicht wirksam
werden könne. Die 14 cm dicke Dach- bzw. Stahlbetondecke über dem Obergeschoß
weise unter einer zweilagigen bituminösen Dachabdichtung eine 40 mm dicke
Wärmedämmung aus Korkplatten auf. Bei der Situation im Sommer mit hohen
Temperaturen ergebe sich ein Aufheizungseffekt, wohingegen im Winter das Bauteil
vollständig auskühle. Dies führe zu möglichen Längenänderungen im Sommer bzw. im
57
Winter, wobei sich für die innenliegenden Bereiche eine mögliche Längenänderung von
1,3 mm errechnen lasse, die – auf eine größere Länge verteilt – als nicht gefährlich
eingestuft werden könne. Anders sei die Situation jedoch bei den auskragenden,
äußeren Bereichen der Obergeschoßdecke. Dort könne es insbesondere an den
Dachüberständen zu winterlichen Verkürzungen in der Größenordnung von 3 mm
kommen. Die auskragenden Plattenbereiche wiesen insoweit keine ausreichenden,
verstärkten Bewehrungen parallel zum äußeren Rand auf, dementsprechend sei auch
die Bewehrungsführung an den einspringenden Ecken der Obergeschoßdecke
unzureichend. Insofern könnten für die Schadensstellen Nr. 2, 4, 7 und 25 statisch-
konstruktive Ursachen für die Rißbildungen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen
werden. Diese Ausführungen des Sachverständigen Decker hält der Senat für
überzeugend.
(2)
58
Aufgrund vergleichbarer Überlegungen kommt der Sachverständige C2 in seinem
schriftlichen Gutachten vom 27.03.1998 hinsichtlich der Stahlbetondecke über dem
Untergeschoß (Geschoßdecke) des Wohnhauses zu dem Ergebnis, daß zwar für die
innenliegenden Bereiche Temperatureinwirkungen oder sonstige planmäßige
Einwirkungen als Ursache für die Rißbildung ausgeschlossen werden könnten, nicht
jedoch für die Schadensstelle Nr. 8, wie sie auf den Fotos Nr. 33 und 34 seines ersten
Gutachtens dokumentiert ist, die sich im auskragenden, äußeren Plattenbereich
befindet. Lediglich hinsichtlich dieser Schadensstelle Nr. 8 könnten statisch-konstruktive
Ursachen für die Rißbildung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, im übrigen
aber schon. Auch diese Ausführungen des Sachverständigen C2 hält das Gericht für in
jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend.
59
Die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen L in seinem schriftlichen
Gutachten vom 29.03.1996 ist nicht geeignet, die Richtigkeit der Ausführungen des
Sachverständigen C2 entscheidend in Zweifel zu ziehen. Der Sachverständige L hat in
seinem schriftlichen Gutachten bemängelt, daß die im Jahr 1961 aufgestellte statische
Berechnung sowie statisch-konstruktiven Unterlagen nicht den im Jahr 1961 geltenden
anerkannten Regeln der Technik entsprechen würden. Statisch-konstruktive Mängel
seien daher mitverantwortlich für die aufgetretenen Rißschäden. Diese Aussage läßt
sich, wie der Sachverständige C2 in seinem Gutachten vom 27.03.1998 überzeugend
ausgeführt hat, so jedoch nicht aufrechterhalten. Bei dem zu beurteilenden Objekt
handelt es sich zweifelsfrei um ein einfacheres Bauvorhaben, bei dem die
Anforderungen an technische Unterlagen und deren Umfang zum damaligen Zeitpunkt
deutlich geringer waren als nach heute gültigen DINNormen. Soweit der
Sachverständige L in seinem Gutachten bemängelt hat, daß alle Deckenplatten
einachsig gespannt gerechnet und generell mit RMatten bewehrt worden seien, wobei
eine kreuzweise Abtragung der Lasten an keiner Stelle – weder rechnerisch noch
konstruktiv – berücksichtigt worden sei, und im übrigen keine ausreichende Bewehrung
quer zur Auskrakung der Deckenplatten vorliege, hat auch hierzu der Sachverständige
C2 in seinem schriftlichen Gutachten vom 27.03.1998 eine detaillierte und
nachvollziehbare Stellungnahme abgegeben. Der Sachverständige L hat nach der
Einschätzung des Sachverständigen C2 zu Unrecht generell die Frage der
Tragkonzeption der Deckenplatten (einachsig-kreuzweise) mit der der Konstruktion der
Bewehrung in den auskragenden Bereichen der Dach- und Geschoßdecke verknüpft.
Die generelle Feststellung des Sachverständigen L, die vorhandene Querbewehrung
der Deckenplatten sei nicht ausreichend und die Schäden im Gesimsbereich seien auf
60
die zu geringe oder fehlende Querberwehrung der Auskragungen zurückzuführen, läßt
sich demnach so pauschal nicht aufrechterhalten. Überzeugender erscheint dem Senat
insoweit die differenzierende Betrachtungsweise des Sachverständigen C2, der nach
eingehenden Untersuchungen und Berechnungen insbesondere zum Einfluß von
Temperaturschwankungen auf die Deckenplatten zu dem Ergebnis gelangt ist, daß
lediglich hinsichtlich der Schadensstellen Nr. 2, 4, 7 und 25 (Stahlbetondecke über dem
Obergeschoß des Wohnhauses) und der Schadensstelle Nr. 8 (Stahlbetondecke über
dem Untergeschoß des Wohnhauses), die sich sämtlich in den auskragenden Breichen
der Platten befinden, statisch-konstruktive Mängel als mögliche Ursache für
Rißbildungen, ausgelöst durch Temperaturschwankungen, nicht ausgeschlossen
werden können, im übrigen aber schon.
(3)
61
Was die Rißschäden an den Außenwänden des Wohnhauses betrifft, kommt der
Sachverständige C2 in seinen Gutachten zu der einleuchtenden Bewertung, daß unter
Berücksichtigung der Rißbilder und Rißverläufe statisch-konstruktive
Ursachen/Temperatureinflüsse - mit Ausnahme der Schadensstelle Nr. 1 - mit Sicherheit
ausgeschlossen werden könnten. Insoweit wird auf die Tabelle 3 auf S. 55 des
schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen C2 vom 27.03.1998 verwiesen.
62
(4)
63
Was die Rißschäden an den Innenwänden des Wohngebäudes betrifft, hat der
Sachverständige C2 in seinem ersten schriftlichen Gutachten ausgeführt, daß insoweit
statisch-konstruktive Ursachen ausscheiden. In seinem schriftlichen
Ergänzungsgutachten hat der Sachverständige C2 diese Bewertung noch einmal
bestätigt und ausgeführt, daß die an den Innenwänden festgestellten Rißbilder
charakteristisch für Erschütterungseinwirkungen seien. Dem folgt der Senat.
64
(5)
65
Der Sachverständige C2 hat sich in seinem schriftlichen Gutachten desweiteren mit der
Frage auseinandergesetzt, ob statisch-konstruktive Mängel als Ursache für die
Rißbildungen an der Garage ausgeschlossen werden können. Er hat bei seinen
Untersuchungen festgestellt, daß die Dachdecke der Garagenanlage ungedämmt ist.
Als Konstruktionsmangel sei aus heutiger Sicht der Umstand zu bewerten, daß die
Dachdecke nicht "gleitend" auf den Garagenaußenwänden aufgelagert worden sei.
Dadurch wirkten sich temperaturbedingte Längenänderungen der Dachdecke
schädigend auf die Wände aus. Aus diesem Grunde sei für die Garagenanlage eine
differenzierte Schadensbeurteilung vorzunehmen. Bei den außen erkennbaren
Rißschäden (betroffen sind insoweit die Schadensstellen Nr. 32 bis 34 des Gutachtens
C2) könnten Temperatureinflüsse bzw. statisch-konstruktive Mängel als Ursache nicht
mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Allerdings seien die dort festgestellten
Rißbildungen aus Temperatureinwirkungen allein nicht erklärbar. Hinsichtlich der
Schadensstellen Nr. 36 und 37, die sich auf Risse im Inneren der Garage beziehen,
seien statisch-konstruktive Einwirkungen und Gegebenheiten als Ursache hingegen
auszuschließen, da die innen vorgesetzte Mauerwerksschale keine statische
Verbindung zur Dachdecke habe und demnach durch deren Verformungen nicht
wesentlich beeinflußt worden sein könne. Dies gelte im Prinzip auch für die
Schadensstelle Nr. 35. Seine diesbezüglichen Ausführungen hat der Sachverständige
66
C2 auf S. 30 seines Ergänzungsgutachtens noch einmal bekräftigt. Der Senat hält diese
Ausführungen des Sachverständigen C2 für plausibel und überzeugend.
Die differenzierten, nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen C2 zur
möglichen (Mit-)Ursächlichkeit statisch-konstruktiver Mängel für die Rißbildungen an
Wohnhaus und Garage des Klägers werden in ihrem Beweiswert durch die
gutachterlichen Stellungnahmen des im Auftrag des Landgerichts tätig gewordenen
Sachverständigen L und durch die Ausführungen des von der Beklagten beauftragten
Privatgutachters X nicht in Frage gestellt. Der Sachverständige L schließt in seinem
schriftlichen Gutachten – ohne sich mit den im Vorprozeß 2 O XXXXX LG Hagen
gewonnenen Erkenntnissen auseinander zu setzen – aus dem Fehlen von
Bewehrungs- und Fundamentzeichnungen pauschal auf statische Mängel des
Bauwerkes, die zu den Rißbildungen geführt hätten. Als Beleg für diese pauschale
Hypothese führt der Sachverständige L allerdings lediglich die seiner Auffassung nach
nicht ausreichende Bewehrung quer zur Auskragung der Deckenplatten an, die nach
seiner Einschätzung zu den Schäden im Gesimsbereich geführt habe. Mit diesen
Ausführungen des Sachverständigen L hat sich der Sachverständige C2 in seinem
ersten schriftlichen Gutachten eingehend und überzeugend auseinandergesetzt. Der
Sachverständige C2 ist – insoweit in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen L - zu
dem Ergebnis gelangt, daß die auskragenden Bereiche der Deckenplatten über dem
Unter- und Obergeschoß des Wohnhauses keine ausreichenden, verstärkten
Bewehrungen parallel zum äußeren Rand aufweisen und daher die Rißbildungen in
diesen Bereichen (betroffen sind die Schadensstellen Nr. 2, 4, 7, 25 und 8 seines
Gutachtens) möglicherweise statisch-konstruktive Ursachen haben und auf
Längenveränderungen aus Temperaturdifferenzen zwischen den im Sommer und im
Winter herrschenden Außentemperaturen beruhen. Im übrigen hat auch der
Sachverständige L eingeräumt, daß Erschütterungen mit Schwinggeschwindigkeiten
unterhalb der DIN-Grenzwerte an geschwächten Stellen durchaus Schäden auslösen
können, ohne daß jedoch der Sachverständige L – im Gegensatz zu den eingehenden
gutachterlichen Untersuchungen des Sachverständigen C2 – hieraus konkrete
Folgerungen für die Bewertung der Rißbildungen an den Gebäuden des Klägers
gezogen hat.
67
Auch die Ausführungen des von der Beklagten beauftragten Privatgutachters Dipl.-Ing.
X in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 05.08.1998 (Bl. 335 ff. GA) sind nicht
geeignet, die von dem Sachverständigen C2 getroffenen Feststellungen und
Bewertungen in Zweifel zu ziehen. Soweit der Privatgutachter X in seiner
Stellungnahme ausführt, der Sachverständige C2 sei nicht auf die weiteren Umstände
aus pysikalischer Sicht aufgrund Alterung, thermischer Verformung und
Lastverformungen eingegangen, ist diese Anmerkung unzutreffend, wie sich bereits aus
dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen C2 vom 27.03.1998 ergibt, der im
übrigen dieses schriftliche Gutachten im Auftrag des Senats durch ein zweites
schriftliches Gutachten vom 01.09.2000 ergänzt hat. Der Sachverständige C2 hat bei
seinen Untersuchungen zur möglichen Ursache der Rißschäden sämtliche denkbaren
Ursachen, nämlich planmäßige Einwirkungen durch ständige und veränderliche Lasten,
außerplanmäßige Einwirkungen wie Fundamentsetzungen oder Längenänderungen
infolge Temperaturänderungen sowie Schwind- und Kriechverformungen und die
sogenannten Lastfälle berücksichtigt und sich mit diesen denkbaren Ursachen
eingehend befaßt. Die privatgutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. X enthält im
wesentlichen lediglich allgemein gehaltene Ausführungen zu möglichen Ursachen der
Rißbildungen, ohne daß konkrete nachvollziehbare Ursachenzusammenhänge für die
68
Rißschäden an Wohnhaus und Garage des Klägers aufgezeigt werden. Der
Privatgutachter X hat insbesondere bei seiner Stellungnahme die Möglichkeit, daß die
sprengungsbedingten Erschütterungen auf geschwächte Gebäudeteile treffen und dort
Risse auslösen, nicht berücksichtigt. Soweit er einwendet, die festgestellten Risse an
den Gebäuden des Klägers seien atypisch für Sprengschäden, da Sprengamplituden
vom Fundament ausgehend auf das Gebäude einwirken und dann Risse erzeugen
würden, die sich im Gefüge des Mauerwerks in den meisten Fällen waagerecht
verlaufend ausbilden würden bzw. zu sich kreuzenden Diagonalrissen mit gleichzeitig
auftretenden senkrechten Rissen führen würden, hat auch hierzu der Sachverständige
C2 bei seiner Anhörung im Senatstermin vom 23.10.1998 eine aus Sicht des Senats
überzeugende Stellungnahme abgegeben. Der Sachverständige C2 hat hierzu
ausgeführt, daß das Rißbild abhängig vom Untergrund und der Festigkeit der
Materialien sei. Wenn ein Riß in verschiedene Richtungen verlaufe und damit
wechselnde Lastrichtungen zeige, könne man Temperatureinflüsse als Ursache
ausschließen. Solche Risse müßten aus Schwingungen resultieren. Solche Risse hat
der Sachverständige C2 in seinem ersten schriftlichen Gutachten dokumentiert und
hinsichtlich der meisten der festgestellen Risse statisch-konstruktive Ursachen, wie
ausgeführt, ausgeschlossen. In seinem Ergänzungsgutachten vom 01.09.2000 hat der
Sachverständige C2 darüber hinaus aufgezeigt, daß insbesondere die Risse an den
Innenwänden des Wohnhauses des Klägers charakteristisch für
Erschütterungseinwirkungen seien.
dd)
69
Mit Ausnahme der Rißbildungen, bei denen der Sachverständige C2 statisch-
konstruktive Ursachen nicht ausschließt, verbleibt damit als einzig noch denkbare
Ursache der Einfluß äußerer Einwirkungen durch sogenannte Lastfälle, bei denen es
sich um Brand-, Stoß- oder Erschütterungseinwirkungen handeln kann.
70
Brand- und Stoßeinwirkungen haben unstreitig nicht stattgefunden, so daß die Risse,
soweit sie nach den Ausführungen des Sachverständigen C2 nicht auch auf statisch-
konstruktiven Mängeln beruhen können – nur durch Erschütterungseinwirkungen
verursacht worden sein können.
71
Erschütterungseinwirkungen können theoretisch von Schwerlastverkehr ausgehen.
Aufgrund der Angaben der Parteien im Senatstermin vom 26.04.2002 ist aber unstreitig,
daß seit 30 Jahren kein nennenswerter Schwerlastverkehr mehr an den Häusern der
Siedlung Z1 vorbeiführt. Durch gelegentlich am Haus des Klägers vorbeifahrende
Lastkraftwagen (Müllabfuhr, Lieferverkehr) können nach der eindeutigen Stellungnahme
des Sachverständigen G im Senatstermin vom 26.04.2002 keine Erschütterungen
hervorgerufen worden sein, die geeignet gewesen wären, die Risse an den Gebäuden
des Klägers hervorzurufen oder zu verstärken.
72
Erschütterungseinwirkungen können desweiteren theoretisch von einem Erdbeben
ausgehen. Ein nennenswertes Erdbeben in Westdeutschland im fraglichen Zeitraum
gab es nur im Jahr 1992. Das Epizentrum dieses Erdbebens lag jedoch, wie der
Sachverständige G im Senatstermin vom 26.04.2002 ausgeführt hat und wie dem Senat
aus damaligen Pressemitteilungen bekannt ist, im Raum B2 und war damit ca. 200 km
vom Grundstück des Klägers entfernt. Unter Berücksichtigung der Stärke dieses sich im
Jahr 1992 ereignenden Erdbebens und der Entfernung des Epizentrums zum
Grundstück des Klägers kann das Erdbeben nach den nachvollziehbaren Ausführungen
73
des Sachverständigen C2 im letzten Senatstermin, denen der Sachverständige G nicht
widersprochen hat, praktisch ausgeschlossen werden.
Damit verbleibt als einzig noch mögliche und plausible Ursache für die Rißschäden am
Wohnhaus und an der Garage des Klägers, soweit diesen nicht möglicherweise
statisch-konstruktive Mängel zugrunde liegen, Erschütterungseinwirkungen, die von den
im Auftrag der Beklagten im benachbarten Steinbruch durchgeführten Sprengungen
ausgehen. Dass die von den Sprengungen ausgehenden Erschütterungen die
Rißbildungen ausgelöst haben, kann nicht nur nicht ausgeschlossen werden, sondern
steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme – mit Ausnahme der Schadensstellen 2,
4, 7, 25, 1 und 8, bei denen möglicherweise statisch-konstruktive Mängel
zugrundeliegen - zur Überzeugung des Senats, da andere theoretisch denkbare
Ursachen nach dem Ausschlußprinzip ausscheiden, fest.
74
Dem stehen die gutachterlichen Stellungnahmen der Sachverständigen Berger und G
nicht entgegen.
75
Der Sachverständige B, vereidigter Sachverständiger für Sprengtechnik und Beurteilung
der Schadensursache von Sprengschäden, hat in seinem im Auftrag des Landgerichts
erstatteten schriftlichen Gutachten vom 27.11.1995 die ihm überlassenen Spreng- und
Meßunterlagen, insbesondere 320 Sprengprotokolle aus der Zeit vom 13.01.1986 bis
10.11.1995 ausgewertet, daraus Erschütterungswerte errechnet und zudem
Messergebnisse aus einer von ihm veranlaßten Probesprengung vom 29.02.1996
bewertet. Der Sachverständige B hat dabei Schwinggeschwindigkeiten ermittelt und
zurückgerechnet, die im Bereich unter 2 mm/sec. lagen. Sämtliche Werte, sowohl die
tatsächlich gemessenen als auch die aufgrund der ihm vorgelegten Sprengprotokolle
zurückgerechneten, liegen nach den Ausführungen des Sachverständigen B unterhalb
eines Wertes von 2 mm/sec., der nach der einschlägigen DIN-4150 "Erschütterungen im
Bauwesen Teil 3 Einwirkungen auf bauliche Anlagen" als völlig unbedenklich gelte und
bei dem selbst für unter Denkmalschutz stehende Bauwerke eine Gefährdung als
ausgeschlossen gelten müsse. Eine Ursächlichkeit der Sprengungen für die
Rißschäden an den Gebäuden des Klägers schließt der Sachverständige B danach
aus. Dieser Beurteilung hat sich im erstinstanzlichen Verfahren auch der
Sachverständige L angeschlossen.
76
Der Sachverständige Dipl.-Ing. D. G, öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Gesteinssprengungen, Meß- und Zündtechnik im Sprengwesen
und Erschütterungsbeurteilung, hat aufgrund eines entsprechenden Beweisbeschlusses
des Senats im Jahr 1999 insgesamt 31 im Steinbruchbetrieb der Beklagten
durchgeführte Sprengungen meßtechnisch überwacht und ausgewertet, darunter
befanden sich 28 Sprengungen, bei denen verdeckt gemessen wurde. In seinem
schriftlichen Gutachten vom 13.12.1999, dem ein schriftlicher Zwischenbericht vom
19.03.1999 vorausgegangen war, kommt der Sachverständige G ebenfalls zu dem
Ergebnis, daß die erfaßten Erschütterungswerte, die im einzelnen auf den Seiten 11 bis
15 seines schriftlichen Gutachtens vom 13.12.1999 wiedergegeben worden sind,
allesamt unter den zulässigen Anhaltswerten der DIN 4150 Teil 3 Tabelle 1 Zeile 3
(Anlage 5 zum genannten Gutachten) lägen, die für Bauwerke gültig seien, die wegen
ihrer besonderen Erschütterungsempfindlichkeit besonders erhaltenswert seien, wobei
für Wohngebäude noch höhere Anhaltswerte anzusetzen seien. Nach bisherigen
Erfahrungen könnten bei Erschütterungen dieser Größenordnung keine Schäden im
Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes an Gebäuden entstehen. Würden
77
dennoch Schäden beobachtet, sei nach der DIN davon auszugehen, daß andere
Ursachen hierfür maßgebend seien.
Die von den Sachverständigen G und B getroffenen Feststellungen sind aus Sicht des
Senats im Prinzip nicht zu beanstanden. Wie der Sachverständige C2 in seinem
Ergänzungsgutachten aber zutreffend anmerkt, sind die im Jahr 1999 von dem
Sachverständigen G vorgenommenen Messungen und deren Auswertung kaum
aussagekräftig in Bezug auf die Frage, ob zwischen den zu diesem Meßzeitpunkt
bereits vorhandenen Rissen an den Gebäuden des Klägers und den (früheren)
Sprengungen ein Kausalzusammenhang besteht. Auch konnten die Sachverständigen
B und G keine Aussage darüber treffen, auf welche Einflußfaktoren die an den
Gebäuden des Klägers festgestellten Risse, wenn die Sprengungen als Ursache
ausscheiden, denn zurückzuführen sind. Wie der Sachverständige G bei seiner
Anhörung im Senatstermin am 26.04.2002 klargestellt hat, handelt es sich bei den
Grenzwerten der DIN 4150 um reine Erfahrungswerte, ohne daß es
Langzeituntersuchungen und empirische Studien über die Auswirkungen regelmäßiger,
wiederholter Sprengungen auf benachbarte Gebäude, insbesondere ggfls. geschwächte
oder vorgeschädigte Gebäude, gibt. Bereits unter diesem Gesichtspunkt kann aus der
Einhaltung der Grenzwerte der DIN 4150 nicht abstrakt-generell die Schlußfolgerung
gezogen werden, daß Sprengungen mit Erschütterungswerten unterhalb dieser
Grenzwerte, sofern sie über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig durchgeführt
werden, auch bei geschwächten Gebäuden zu keinerlei sichtbaren Schäden führen
können. Zwar hat der Sachverständige G bei seiner Anhörung die Auffassung vertreten,
daß auch regelmäßige Sprengungen in der von ihm gemessenen Stärke die
festgestellten Schäden seiner Einschätzung nach nicht verursacht haben können. Dem
hat sich der Sachverständige C2 im Prinzip angeschlossen und ausgeführt, daß bei
Anwendung der heutigen modernen Sprengtechnik, die es nach den Angaben des
Sachverständigen G seit etwa 20 bis 25 Jahren gibt, die Sprengungen mit
Sprengstoffmengen, wie sie bei den Sprengungen in den letzten beiden Jahren
verwendet worden sind, wohl nicht zu Gebäudeschäden führen würden. Da andere
Ursachen für die meisten Rißschäden an den Gebäuden des Klägers jedoch nach den
überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen C2 ausgeschlossen werden
können, verbleibt als einzig plausible Erklärung für diese Rißschäden die auch von dem
Sachverständigen C2 aufgestellte und als wahrscheinlich eingestufte Hypothese, daß
frühere, vor dem Beginn der schriftlichen Protokollierung der Sprengungen im Jahre
1986 durchgeführte, in alter Sprengtechnik mit größeren Sprengstoffmengen je
Ladestufe durchgeführte Sprengungen an den Gebäuden auf dem Grundstück des
Klägers zu seinerzeit nicht zeitnah zu Tage getretenen Vorschäden führten, die dann
aufgrund späterer – durchaus DIN-gerechter – Sprengungen zu sichtbaren Schäden in
Form von Rissen geführt haben. Dies ist, wie der Sachverständige C2 im Senatstermin
vom 26.04.2002 bekräftigt hat, die einzig plausible und verbleibende Erklärung für die
Risse, die an den Gebäuden auf dem Grundstück des Klägers festgestellt worden sind.
Auch der Sachverständige G konnte bei seiner Anhörung auf entsprechende Nachfrage
des Senats nicht ausschließen, daß durch frühere Sprengungen, die in die Zeit vor 1986
fallen, wesentlich größere Schwingungen verursacht worden sind als bei den
Sprengungen, die der Sachverständige G im Jahre 1999 meßtechnisch begleitet hat.
Desweiteren konnte und wollte der Sachverständige G die dargestellte Hypothese des
Sachverständigen C2, dass frühere, noch nicht kontrollierte bzw. protokollierte
Sprengungen die Gebäude so angegriffen haben, daß später durch weitere,
schwächere Sprengungen sichtbare Schäden verursacht worden sind, nicht
ausschließen. Er hat sich vielmehr insoweit als nicht hinreichend sachverständig
78
bezeichnet, und die entsprechende Frage an den Sachverständigen C2 weitergegeben,
der diese eindeutig bejaht hat.
Auch der Umstand, daß zumindest bei einigen anderen Häusern in der Nachbarschaft
des klägerischen Grundstücks nach Eröffnung des Steinbruchbetriebes der Beklagten
und Beginn der Sprengtätigkeiten ähnliche Rißschäden aufgetreten sind, was auf eine
gemeinsame Ursache hindeutet, spricht dafür, daß ein Kausalzusammenhang zwischen
den sprengungsbedingten Erschütterungen und den Rißschäden am Wohnhaus und an
der Garage des Klägers – mit Ausnahme der Schadensstellen Nr. 2, 4, 7, 25, 8 und 1
des Gutachtens C2 - besteht.
79
Für einen solchen Kausalzusammenhang spricht schließlich auch die unstreitige
Tatsache, daß vor Beginn der Sprengarbeiten und Aufnahme des Steinbruchbetriebes
der Beklagten Risse an den Gebäuden auf dem Grundstück des Klägers und an
Nachbargebäuden unstreitig nicht vorhanden waren.
80
b)
81
Ein Anspruch auf Unterlassung künftiger wesentlicher Beeinträchtigungen seines
Grundstücks durch sprengungsbedingte Erschütterungseinwirkungen, die zu neuen
Rissen oder zur Vergrößerung vorhandener Risse an Wohnhaus und Garage führen,
stünde dem Kläger gemäß § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zu, wenn die
Beeinträchtigungen durch eine ortsübliche Benutzung des von der Beklagten für den
Steinbruchbetrieb angepachteten Grundstücks herbeigeführt würden und nicht durch für
die Beklagte wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnten.
Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit die Beklagte (vgl. Palandt, § 906 Rn. 30).
Ob eine ortsübliche Benutzung des Steinbruchgrundstückes durch die Beklagten
vorliegt, kann dahinstehen, da die Beklagte weder dargelegt, noch bewiesen hat, daß
Rißschäden am Wohnhaus und an der Garage des Klägers durch wirtschaftlich
zumutbare Maßnahmen nicht verhindert werden können, wie beispielsweise durch
schwächere Sprengungen unter Anwendung modernster Sprengtechnik.
82
c)
83
Auch die für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB
erforderliche Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen. Die jüngsten
Sprengungen, wie sie im Jahr 1999 durchgeführt und von dem Sachverständigen G
messtechnisch begleitet worden sind, waren zwar im Vergleich zu früheren
Sprengungen schwächerer Natur, was der Sachverständige C2 in seinem schriftlichen
Ergänzungsgutachten als Indiz dafür ansieht, daß die Eintrittswahrscheinlichkeit neuer
Risse bzw. neuer Schäden als gering eingestuft werden könne. Nach Angaben des
Sachverständigen C2 sind seit seiner ersten Begutachtung auch keine neuen Schäden
aufgetreten. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Verneinung einer Wiederholungsgefahr,
da die vorausgegangene Beschädigung der auf dem Grundstück des Klägers
errichteten Gebäude durch die Sprengtätigkeit im Steinbruch eine tatsächliche
Vermutung für eine Wiederholungsgefahr begründet, an deren Widerlegung durch den
Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. Palandt, § 1004 Rn. 29). Die Beklagte
betreibt die Fortsetzung und Erweiterung des Steinbruchbetriebes. Die Norderweiterung
des Steinbruches wurde durch Planfeststellungsbeschluß der Bezirksregierung B vom
19.11.1998 genehmigt. Es ist von daher nicht auszuschließen, daß im Zuge des
weiteren Betriebes des Steinbruches und seiner Erweiterung zukünftig wieder häufigere
84
und stärkere Sprengungen – wenn auch unter Einhaltung der im Bescheid des Amtes I3
vom 10.09.1968 verfügten Auflagen – durchgeführt werden, die aufgrund der auf frühere
Sprengungen zurückzuführenden Gebäudeanfälligkeit zu neuen Rissen oder zur
Vergrößerung vorhandener Risse an Wohnhaus und Garage führen.
d)
85
Die Beklagte ist Störerin im Sinne des § 1004 BGB, obwohl sie die Sprengungen seit
August 1985 nicht mehr selbst durchführt, denn als Auftraggeber der Firma T und C7-
GmbH veranlaßt sie die störenden Einwirkungen und besitzt die Möglichkeit, künftige
Beschädigungen des Grundeigentums des Klägers zu verhindern.
86
e)
87
Die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, künftig durch von ihr veranlaßte
Sprengungen im Steinbruch eine Rißbildung an den Gebäuden auf dem klägerischen
Grundstück zu bewirken und bereits vorhandene Risse zu vergrößern, bedeutet nicht,
daß die Beklagte den Steinbruchbetrieb einstellen muß. Die Vorschrift des § 14
BImSchG, die möglicherweise im vorliegenden Fall aufgrund der Übergangsvorschrift
des § 67 BImSchG i.V.m. § 16 GewO Anwendung findet, steht dem
Unterlassungsanspruch somit nicht entgegen. Die Beklagte hat es in der Hand, durch
kontrollierte, schwächere Sprengungen unter Anwendung modernster Sprengtechnik,
wie sie im Zeitraum der meßtechnischen Überwachung durch den Sachverständigen G
im Jahr 1999, die unstreitig zu keinen weiteren Schäden geführt haben, durchgeführt
worden sind, künftige Beschädigungen der Gebäude auf dem klägerischen Grundstück
zu vermeiden.
88
Nach alledem war dem mit dem Klageantrag zu 1) verfolgten Unterlassungsbegehren
des Klägers im tenorierten Umfang stattzugeben.
89
II. Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten
90
Der auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gerichtete
Klageantrag zu Ziff. 2) ist hingegen unbegründet.
91
1.
92
Eine vertragliche Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger für
die Rißschäden besteht nicht. Der Vertrag zwischen der Beklagten und der Firma T und
C7 GmbH, die seit dem 09.08.1985 eigenverantwortlich die Sprengtätigkeit im
Steinbruch für die Beklagte ausführt, stellt keinen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten
Dritter, hier des Klägers, dar (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, § 328 Rn. 13 ff. m.w.N.). Der
Kläger als Dritter sollte bestimmungsgemäß mit der Leistung der Sprengfirma gerade
nicht in Berührung kommen und den Gefahren nicht genauso ausgesetzt sein wie die
Beklagte als Auftraggeberin. Nach Sinn und Zweck des Vertrages zwischen der
Beklagten und der Firma T und C7 GmbH sollten Dritte, insbesondere die Anlieger des
Steinbruchs, gerade nicht durch die Sprengungen beeinträchtigt werden und mit deren
Auswirkungen in Berührung kommen.
93
Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH im Rahmen eines
nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses die Vorschrift des § 278 BGB nicht
94
anwendbar (vgl. BGHZ 42, 374; Palandt-Heinrichs, § 278 Rn. 3).
2.
95
Auch eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten aus § 823 BGB besteht nicht, da
diese, wie ausgeführt, seit August 1985 die Sprengungen nicht mehr selbst durchführt,
sondern die Sprengtätigkeit der Firma T und C7 GmbH übertragen hat.
96
3.
97
Die Voraussetzungen einer deliktischen Haftung der Beklagten gemäß § 831 BGB
liegen ebenfalls nicht vor. Eine Haftung der Beklagten aus § 831 BGB scheitert daran,
daß ein selbständiger Unternehmer, der – wie hier die T und C7 GmbH – mit Vornahme
von (Spreng-)Arbeiten beauftragt ist, mangels Weisungsgebundenheit und wegen
seiner eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht als Verrichtungsgehilfe des Auftraggebers
im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann (vgl. Palandt/Thomas, § 831 Rn. 6).
98
Hinsichtlich des Feststellungsantrags zu Ziff. 2) hat das Landgericht die Klage
demgemäß im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
99
III. Entschädigungsanspruch
100
Der hilfsweise gestellte Klageantrag zu Ziff. 3), mit dem der Kläger eine Entschädigung
als Ausgleich für entstandene Schäden an seinem Haus (und wie sich aus der
Klagebegründung ergibt, an seiner Garage) begehrt, ist zulässig und auch dem Grunde
nach begründet.
101
1.
102
Der auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtete, unbezifferte
Zahlungsantrag ist zulässig, da der Kläger mit Schriftsatz seiner erstinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten vom 05.10.1995 (Bl. 39 GA) die Größenordnung des erstrebten
finanziellen Ausgleichs durch Angabe eines Mindesbetrages von 50.000,00 DM
hinreichend bestimmt hat.
103
2.
104
Dem Kläger steht gegen die Beklagte entsprechend der Vorschrift des § 906 Abs. 2
Satz 2 BGB dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung für die erlittenen
sprengungsbedingten Gebäudeschäden auf seinem Grundstück zu. Der Kläger besaß,
wie sich aus den Urteilsgründen zu I. ergibt, einen Beseitigungs- und
Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte in Bezug auf sprengungsbedingte
Erschütterungen, die von dem Steinbruchbetrieb der Beklagten ausgingen und zu
Rißschäden am Wohnhaus und an der Garage auf dem klägerischen Grundstück
führten. An der rechtzeitigen Abwehr dieser Einwirkungen war der Kläger aus
tatsächlichen Gründen und somit infolge faktischen Duldungszwangs gehindert, denn
die Schädlichkeit der sprengungsbedingten Erschütterungen zeigte sich frühestens mit
dem Eintritt der Risse, wobei zu diesem Zeitpunkt der Kausalzusammenhang zwischen
den Sprengungen und den Schäden im übrigen noch ungeklärt war. Für den Kläger
bestand daher keine aussichtsreiche Möglichkeit, die schadensauslösenden
Sprengungen rechtzeitig durch Geltendmachung eines Abwehranspruchs aus §§ 1004,
105
906 Abs. 1 BGB zu unterbinden, so daß ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch
entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dem Grunde nach besteht (vgl. BGH NJW 1999,
1029; Palandt/Bassenge, § 906 Rn. 42).
Dieser Entschädigungsanspruch ist auch nicht verjährt, da insoweit nicht die kurze
Verjährungsfrist des § 852 BGB, sondern die allgemeine 30jährige Verjährungsfrist gilt.
Auch der im Juni 1973 vor dem OLG Hamm im Verfahren 2 O XXXXX LG Hagen
= 5 U 88/72 abgeschlossene Vergleich steht der Entschädigungspflicht der Beklagten
nicht entgegen, da sich dieser Vergleich nur auf die bis dahin entstandenen Schäden
erstreckte, nicht aber auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten, erst nach
der im Sommer 1973 beendeten Objektsanierung entstandenen Schäden.
106
3.
107
Von dem Entschädigungsanspruch auszunehmen sind allerdings diejenigen
Rißschäden, die nach den Ausführungen des Sachverständigen C2 – nicht
ausschließbar – statisch-konstruktive Ursachen haben.
108
Es handelt sich dabei zum einen um die Schadensstellen Nr. 2, 4, 7 und 25 (Fotos
Nr. 12, 13, 16, 22, 23 und 30) aus dem Gutachten des Sachverständigen C2 vom
27.03.1998, die sich an den auskragenden Bereichen der Stahlbetondecke des
Wohnhauses über dem Obergeschoß/Dachdecke befinden; desweiteren um die
Schadensstelle Nr. 8 (Bilder Nr. 33 und 34) aus dem genannten Gutachten, die sich im
auskragenden Bereich der Geschoßdecke/Stahlbetondecke des Wohnhauses über dem
Untergeschoß befindet; schließlich die Schadensstelle Nr. 1 (Bilder Nr. 10 und 11) aus
dem Gutachten C2 vom 27.03.1998, die sich auf einen Riß im Außenputz des
Wohnhauses bezieht. Alle übrigen Rißschäden am Wohnhaus des Klägers, wie sie im
Gutachten des Sachverständigen C2 vom 27.03.1998 dokumentiert sind, beruhen
dagegen nach der Überzeugung des Senats auf sprengungsbedingten Erschütterungen
und sind daher von der Beklagten dem Grunde nach zu entschädigen.
109
Was die Rißschäden an der Garage betrifft, ist nach den überzeugenden
gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen C2 zu differenzieren:
110
Bei den Rissen an den Außenwänden der Garage (Schadensstelle Nr. 32 bis 34,
dokumentiert auf den Bildern Nr. 50 bis 54 des Gutachtens C2 vom 27.03.1998) können
statisch-konstruktive Mängel/Temperatureinflüsse als Schadensursache nicht mit
Sicherheit ausgeschlossen werden. Andererseits hat der Sachverständige C2
überzeugend ausgeführt, daß die Außenrisse an der Garage aus
Temperatureinwirkungen allein nicht erklärbar sind. Diese Rißschäden am
Außenmauerwerk der Garage beruhen damit auf einem Zusammenwirken von
sprengungsbedingten Erschütterungseinwirkungen und – nicht ausschließbar –
Temperatureinwirkungen/statisch-konstruktiven Mängeln, so daß der Senat gemäß
§ 287 ZPO insoweit eine Entschädigungspflicht der Beklagten in Höhe eines Anteils
von 50 % für gerechtfertigt erachtet.
111
Was die Rißschäden im Inneren der Garage betrifft (es handelt sich um die
Schadensstellen Nr. 35 bis 37 = Fotos Nr. 55 bis 58 aus dem Gutachten des
Sachverständigen C2 vom 27.03.1998) scheiden insoweit statisch-konstruktive
Ursachen nach den Ausführungen des Sachverständigen C2, denen der Senat folgt,
aus, so daß insoweit wiederum eine volle Entschädigungspflicht der Beklagten besteht.
112
4.
113
Die Höhe des Entschädigungsanspruches ist unter Berücksichtigung des
Reparaturaufwandes und einer etwaigen Wertverbesserung zu bestimmen. Unter
Bezugnahme auf eine von ihm eingeholte privatgutachterliche Stellungnahme des
Architekten I2 vom 14.05.1998, der bezogen auf das Wohnhaus zwei
Sanierungsvorschläge, nämlich die Anbringung eines Wärmeverbundsystems oder eine
Klinkervorsatzschale, unterbreitet hat (Bl. 300 ff. GA), macht der Kläger
Sanierungskosten von 55.000,00 DM bzw. 87.000,00 DM zuzüglich
Innenraumsanierungskosten von 8.000,00 DM geltend (Bl. 295 bis 297 GA), wobei
allerdings Angaben zur Wertverbesserung (neu für alt) fehlen. Insoweit ist der
Rechtsstreit jedoch nicht entscheidungsreif, da das Landgericht – von seinem
Standpunkt aus folgerichtig – zur Höhe eines Entschädigungsanspruches keine
Beweise erhoben hat. Der Senat hält es nach Erörterung dieser Frage mit den Parteien
im letzten Senatstermin für sachdienlich, insoweit zunächst durch Grundurteil zu
entscheiden und dem Kläger einen Entschädigungsanspruch dem Grunde nach
zuzusprechen und wegen der Höhe des Entschädigungsanspruches die Sache an das
Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§§ 538
Abs. 1 Nr. 3, 540 ZPO).
114
IV.
115
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 543 ZPO.
116
Die Kostenentscheidung ist dem Schlußurteil vorzubehalten.
117
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche
Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2
ZPO).
118
Für die Berufungsinstanz wird der Gegenstandswert wie folgt festgesetzt:
119
Wert des Antrags zu 1) 30.000,00 DM = 15.338,76 Euro
120
Gegenstandswert für die Anträge zu 2) und 3) zusammen 50.000,00 DM =
25.564,59 Euro
121
Gesamtgegenstandswert für die Berufungsinstanz 80.000,00 DM = 40.903,35 Euro.
122