Urteil des OLG Hamm vom 24.05.2006

OLG Hamm: treu und glauben, einsichtnahme, abtretung, zessionar, rechtsnachfolger, zedent, erstellung, mitgliedschaft, gesellschafter, aufspaltung

Oberlandesgericht Hamm, 8 U 201/05
Datum:
24.05.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 U 201/05
Vorinstanz:
Landgericht Detmold, 1 O 338/05
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer I des
Landgerichts Detmold vom 31. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
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I.
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Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO
abgesehen.
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II.
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Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat
die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger hinsichtlich der Rechte, die Gegenstand
der Anerkenntnisteilurteile des Landgerichts Detmold vom 3. März 2003 und 2. Mai 2003
(1 O 330/00) sind, nicht Rechtsnachfolger des Herrn I geworden ist.
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1.
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Sowohl die begehrte Feststellung der Rechtsnachfolge als auch die beantragte
Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO setzen voraus, dass der Kläger
hinsichtlich der in den genannten Anerkenntnisteilurteilen titulierten Ansprüche
Rechtsnachfolger des Titelgläubigers I geworden ist. Insoweit stützt sich der Kläger auf
drei Abtretungsvereinbarungen vom 30. März 2004 (Bl. 11 - 13 GA). Diese Abtretungen
rechtfertigen jedoch nicht das Klagebegehren. Es kann dahingestellt bleiben, ob die
vorgelegten Urkunden die Unterschrift des später verstorbenen Zedenten I tragen, was
der Beklagte bestreitet, ob es sich um drei unabhängig voneinander bestehende
eigenständige Abtretungserklärungen in Höhe von je 2.700,00 € und nicht lediglich um
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drei Urkunden betreffend eine Abtretung handelt und ob die geltend gemachten
Nebenrechte (Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen, Erstellung einer Abschichtungs-
und Auseinandersetzungsbilanz) unmittelbar von der Abtretung erfasst werden. Die
genannten Rechte sind nämlich weder unmittelbar aufgrund der Abtretungserklärung
noch als Nebenrechte gem. § 401 BGB auf den Kläger übergegangen, weil sie
jedenfalls nach der vorliegenden Fallgestaltung nicht isoliert abtretbar waren.
2.
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Der Abtretbarkeit der geltend gemachten Rechte auf Einsichtnahme und Erstellung
einer Abschichtungsbilanz und damit auch einem Übergang nach § 401 BGB steht
entgegen, dass der Zedent die ihm zustehenden Rechte nur zum Teil an den Kläger
abgetreten hat. Die Abtretungen sind nach Darstellung des Klägers begrenzt auf einen
Höchstbetrag von 8.100,00 €; im Übrigen ist der Anspruch auf Zahlung eines
Abfindungs- bzw. Auseinandersetzungsguthabens beim Zedenten verblieben. Die
Übertragung der Hilfsrechte auf den Zessionar hätte unter diesen Umständen zur Folge,
dass sie faktisch verdoppelt würden und der Schuldner der Inanspruchnahme durch
nunmehr zwei Gläubiger ausgesetzt wäre. Anders als etwa Sicherungsrechte kann der
Anspruch auf Auskunft, Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen oder Erstellung einer
Abfindungsbilanz nicht betragsmäßig geteilt und der Höhe der Hauptforderung
angepasst werden. Unabhängig von der Höhe der Hauptforderung können diese Rechte
nur im Ganzen geltend gemacht und erfüllt werden. Die Verdoppelung der Verpflichtung
des Schuldners, die bei mehrfacher Teilabtretung an unterschiedliche Zessionare sogar
zu einer Vervielfachung seiner Pflichten führen kann, ist nicht zumutbar mit der Folge,
dass eine Teilabtretung rechtlich unzulässig ist.
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Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der dem Schuldner
entstehende zusätzliche Aufwand unter Umständen lediglich geringfügig sein kann.
Dies ändert nichts daran, dass er sich gegen seinen Willen mit mehreren
Anspruchstellern auseinanderzusetzen hat und seine Rechte ggf. in mehreren
Rechtsstreiten durchsetzen muss. All dies kann mit erheblichen Erschwernissen
verbunden sein, die es auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht
zulassen, eine Vervielfachung der Pflichten und der Zahl der Anspruchsteller für den
Schuldner zu akzeptieren.
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3.
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Die aus den in Rede stehenden Anerkenntnisteilurteilen folgenden Rechte sind auch
deshalb auf den Kläger nicht wirksam übertragen worden, weil dies
gesellschaftsrechtlichen Regeln widerspricht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt
hat.
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Nach § 717 S. 1 BGB sind einzelne aus der Mitgliedschaft fließende Rechte
unübertragbar. Dazu zählen die individuellen Vermögens- und Verwaltungsrechte der
Gesellschafter (Ulmer, GbR, 4. Aufl. § 717 Rdn. 3). Von diesem Grundsatz
ausgenommen sind nach § 717 S. 2 BGB lediglich bestimmte Vermögensrechte,
nämlich Ansprüche auf den Gewinnanteil oder das Auseinandersetzungsguthaben.
Dies beruht auf der Annahme, dass es sich um von der Mitgliedschaft trennbare reine
Zahlungsansprüche handelt, die auch unbedenklich von Dritten geltend gemacht
werden können. Nach ganz einhelliger Auffassung zählen zu den Ansprüchen auf das
Auseinandersetzungsguthaben nicht die auf die Geltendmachung gerichteten oder
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diese erleichternden Verwaltungs- und Kontrollrechte, die im Fall der Abtretung bei dem
Zedenten verbleiben (RGZ 90, 19, 20; BGH WM 1981, 648, 649; Ulmer, Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, 4. Aufl. § 717 Rdn. 3, 40; Staudinger-Busche, § 401 Rdn. 34).
Gesellschaftsrechtliche Ansprüche sollen durch Dritte erst geltend gemacht werden
dürfen, wenn sie völlig von dem Gesellschaftsverhältnis losgelöst sind (RGZ 90, 19, 20),
es soll nicht zu einer Aufspaltung von Mitgliedschaftsrechten kommen.
Soweit der Kläger hiergegen einwendet, zum Zeitpunkt der Abtretung bereits aus der
Gesellschaft ausgeschieden zu sein mit der Folge, die Mitgliedschaft in der früheren
Gesellschaft verloren zu haben, lässt sich dies dem unstreitigen Sachverhalt ohne
weiteres nicht entnehmen. Durch die Kündigung der Gesellschaft seitens des Beklagten
ist diese aufgelöst worden und besteht seitdem als Liquidationsgesellschaft. Ein
Ausscheiden des Zedenten war damit nicht verbunden, auch wenn der Beklagte den
Geschäftsbetrieb der Gesellschaft, das Fitnessstudio, allein weitergeführt hat. Allerdings
kann ein Ausscheiden des Zedenten aus der Gesellschaft nachträglich durch
Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern herbeigeführt worden sein. Mangels
ausdrücklicher Erklärungen könnte dies konkludent dem Verhalten der Parteien etwa in
dem Rechtsstreit 1 O 330/00 LG Detmold zu entnehmen sein. Der Senat kann die Frage
offen lassen. Selbst wenn der Zedent nachträglich aus der Gesellschaft ausgeschieden
ist mit der Folge, dass das Gesellschaftsvermögen auf den Beklagten übergegangen ist,
war eine Abtretung der Rechte auf Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen sowie
Fertigung einer Abschichtungsbilanz nicht wirksam. Aus der Struktur der hier
gegebenen Gesellschaft mit enger persönlicher Bindung zwischen den Gesellschaftern
folgt, dass ohne Zustimmung der Gesellschafter außenstehenden Dritten keine
weitgehenden Einsichtsrechte in die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft zu
gewähren sind. Diese nur den Gesellschaftern zustehenden Rechte können auch dann
nicht auf Dritte übertragen werden, wenn das Gesellschaftsverhältnis zwischenzeitlich
beendet worden ist. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, dass in
dem Fall, dass ein aus einer Kommanditgesellschaft ausgeschlossener Kommanditist
seine Abfindungsforderung abgetreten hat, der Zessionar weder einen Anspruch auf
Rechnungslegung noch die Möglichkeit erlangt, Einblicke in die Geschäftsführung zu
erhalten (BGH WM 1981, 648, 649). An dem Verfahren, in dem die Höhe der
Abfindungsforderung ermittelt wird, ist der Zessionar dieser Forderung nicht beteiligt,
und zwar selbst dann, wenn der Zedent ausgeschieden war. Die von dem Kläger zitierte
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.06.2000 (ZIP 2000, 65) steht dem nicht
entgegen. Dort ging es lediglich um Auskunftsansprüche, die deutlich weniger in die
Außenstehenden nicht zu offenbarenden inneren Verhältnisse der Gesellschaft
eingreifen als etwa das Recht auf Einsichtnahme in sämtliche Geschäftsunterlagen.
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4.
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Da der Kläger somit nicht Rechtsnachfolger des Zedenten in Bezug auf die geltend
gemachten Rechte geworden ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Beklagte die
Ansprüche bereits ganz oder zum Teil erfüllt hat.
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Die Kostenentscheidung ergeht nach § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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