Urteil des OLG Hamm vom 31.08.2005

OLG Hamm: unfall, entschädigung, beweiskraft, gespräch, vergleich, überholen, fahrbahn, ermessensspielraum, verschulden, datum

Oberlandesgericht Hamm, 20 W 28/05
Datum:
31.08.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 W 28/05
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 4 O 578/04
Tenor:
wird die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der
4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 21.04.2005
zurückgewiesen.
Gründe:
1
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat aus den bereits vom Landgericht angeführten
Gründen (Bl. 78, 78 R; 85 d.A.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die
Angriffe der Beschwerde (Bl. 80 f.) tragen nicht.
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Der Beklagte muss die Vereinbarung zwischen der Klägerin und seinem Unfallgegner
über eine Entschädigung des Unfallgegners in Höhe von etwa 75 % gegen sich gelten
lassen (§ 3 Nr. 10 Satz 1 Halbsatz 1 und 2 PflVG). Ihm steht nur der Einwand zu, dass
die Klägerin bei der Schadenregulierung ihre Pflichten zur Abwehr unbegründeter
Entschädigungsanspruche schuldhaft verletzt habe und deshalb zum Schadensersatz
verpflichtet sei (§ 3 Nr. 10 Satz 1 am Ende PflVG). Eine solche schuldhafte
Pflichtverletzung wird der Beklagte nicht beweisen können, zumal der Klägerin bei der
Entscheidung über die Entschädigung des Unfallgegners ein Ermessensspielraum
eingeräumt war (vgl. nur OLG Koblenz, VersR 1979, 342 - bestätigt von BGH, VersR
1981, 180; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., AKB § 10 Rn. 32 m.w.N. -
i.V.m. PflVG § 3 Nr. 10 Rn. 2).
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Hierzu gilt:
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1.
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Die Klägerin durfte davon ausgehen, dass der Beklagte den Unfall schuldhaft verursacht
hat. Denn der Beklagte verletzte bei dem Unfall in jedem Fall seine Rückschaupflicht;
diese gilt auch beim Linksabbiegen.
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2.
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Demgegenüber bestand kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass auch ein
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Verschulden des Unfallgegners zu beweisen sein würde.
Bereits die polizeiliche Unfallanzeige spricht gegen den Beklagten. Daraus (Beiblatt =
hier Bl. 11) geht hervor, dass "nach Angaben der Unfallbeteiligten und der Zeugen" der
Beklagte im Bereich der Einmündung I-Straße/N-Straße auf der Fahrbahn der I-Straße
wenden wollte und dabei den (unstreitig zunächst hinter dem Kläger fahrenden)
Unfallgegner übersah. Die Unfallanzeige spricht gerade nicht davon, dass der Beklagte
- wie er es später behauptet hat - von der I-Straße nach links in die Querstraße abbiegen
wollte, den Blinker nach links setze und verlangsamte und der Unfallgegner in diesem
Moment zu überholen versuchte.
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Besonderes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass die Rechtsanwältin des
Unfallgegners der Klägerin mit Schreiben vom 19.05.2004 (Bl. 14 f.) über ein von ihr
selbst geführtes Gespräch mit einem - freilich erst geraume Zeit nach dem Unfall
ermittelten und dann alsbald verstorbenen - nicht beteiligten Zeugen berichtete und eine
nach ihren Angaben von diesem Zeugen gefertigte Unfallskizze überreichte (Bl. 73). Die
Erklärungen dieses nicht beteiligten Zeugen bestätigen die Behauptungen des
Unfallgegners: Der Beklagte sei ein Stück weit rechts in die Querstraße eingebogen und
habe dann nach links auf die I-Straße zurückfahren wollen.
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Die Beweiskraft der für den Beklagten sprechenden Angaben der mit dem Beklagten
befreundeten Zeugen (vgl. die mit der Klageerwiderung überreichten Fragebogen von
Vanessa Schäfers, Bl. 43, und Kevin Plietz, Bl. 44) wogen im Vergleich dazu allzu
gering und ließen eine im Sinne des Beklagten positive Beweisprognose nicht zu. Dies
gilt erst recht für die Angaben der Zeugin M (vgl. deren Aussage in dem nunmehr von
dem hiesigen Beklagten gegen den Unfallgegner geführten Rechtsstreit, Bl. 36);
ohnehin ist aber nicht ersichtlich, dass diese Zeugin für die Klägerin zum Zeitpunkt der
Entscheidung über die Entschädigung erkennbar war.
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3.
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Bei dieser Sachlage war es nicht schuldhaft, wenn die Klägerin ca. 75 % des Schadens
des Unfallgegners entschädigte. Diese Entscheidung war nach Abwägung der
Erfolgschancen und Risiken eines Rechtsstreites gegen den Unfallgegner jedenfalls
vertretbar. Dies gilt umso mehr, als die zu erwartenden Kosten eines
Sachverständigengutachtens über den Unfallhergang im Verhältnis zu dem
Entschädigungsbetrag von 6.306,96 EUR sehr hoch sind.
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