Urteil des OLG Hamm vom 09.10.2003
OLG Hamm: verwalter, versammlung, beschwerdebefugnis, gründungsakt, abstimmung, form, kompetenz, käufer, kostenverteilung, reparaturkosten
Oberlandesgericht Hamm, 15 W 14/02
Datum:
09.10.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 14/02
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 7a T 313/01
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass die Nichtigkeit der auf den
Eigentümerversammlungen vom 15.12.2000 und vom 31.05.2001
gefassten Beschlüsse festgestellt wird.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde
tra-gen die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren
Beschwerde wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1
I.)
2
Die Beteiligten zu 1) bilden die beiden aus dem Rubrum ersichtlichen, benachbart
gelegenen Eigentümergemeinschaften. Diese sind durch zwei Teilungserklärungen der
L vom 11.03.1994 und deren Vollzug im Grundbuch entstanden. In beiden
Teilungserklärungen wurde die Beteiligte zu 2) zur Verwalterin bestimmt.
3
Die notariellen Kaufverträge der Ersterwerber, darunter auch der der Beteiligten zu 3),
enthalten jeweils eine gleichlautende Klausel folgenden Inhalts:
4
"Der Käufer stimmt dem folgenden von der Wohnungseigentümergemeinschaft noch zu
fassenden Beschluss ... zu:
5
Die Verwaltung der Wohnanlagen
6
-E-ring 1, 3, 5; I-straße
7
-E-ring 10 bis 20 (gerade Zahlen)
8
-und D-weg 7 - 15 (ungerade Zahlen)
9
wird ein und demselben Verwalter übertragen.
10
Alle Betriebs-, Unterhaltungs-, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturkosten
und auch die Kosten der Verwaltung der gleichzeitig verwalteten Anlagen werden nicht
je Gemeinschaft getrennt, sondern für alle Gemeinschaften zusammen jährlich ermittelt
und unter den Mitgliedern aller Gemeinschaften verteilt. Diese Verteilung erfolgt nach
dem Verhältnis der Wohnflächen.
11
Aus diesem Beschluß soll der gegenwärtige und jeder künftige Verwalter der
Wohnungsanlagen unmittelbar Rechte herleiten können. Der Käufer verzichtet deshalb
gegenüber dem jeweiligen Verwalter auf eine gesonderte Abrechnung für die
Miteigentümergemeinschaft der er angehört."
12
Am 16.08.1994 gab der geschäftsführende Gesellschafter der teilenden Eigentümerin
sodann eine schriftliche Erklärung ab, die nach Aufzählung verschiedener
Eigentumswohnungen unter Angabe der Grundbuchblätter folgenden Inhalt hat:
13
"Als Eigentümerin der vorbezeichneten Eigentumswohnungen stimmt die Firma L
folgendem Beschluss zu:
14
Die Verwaltung der Wohnanlagen
15
-E-ring 1, 3, 5; I-straße
16
-E-ring 10 bis 20 (gerade Zahlen)
17
-und D-weg 7 - 15 (ungerade Zahlen)
18
wird ein und demselben Verwalter übertragen.
19
Alle Betriebs-, Unterhaltungs-, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturkosten
und auch die Kosten der Verwaltung der gleichzeitig verwalteten Anlagen werden nicht
je Gemeinschaft getrennt, sondern für alle Gemeinschaften zusammen jährlich ermittelt
und unter den Mitgliedern aller Gemeinschaften verteilt. Diese Verteilung erfolgt nach
dem Verhältnis der Wohnflächen.
20
Aus diesem Beschluß soll der gegenwärtige und jeder künftige Verwalter der
Wohnungsanlagen unmittelbar Rechte herleiten können. Es wird deshalb gegenüber
dem jeweiligen Verwalter auf eine gesonderte Abrechnung für die einzelnen
Gemeinschaften verzichtet."
21
In der Folgezeit wurde entsprechend den vorgenannten Erklärungen verfahren. Für
beide Gemeinschaften wurden nur gemeinsame Wirtschaftspläne und
Jahresabrechnungen erstellt, die Angelegenheiten beider Gemeinschaften wurden auf
einheitlichen Eigentümerversammlungen beraten und beschlossen, die beiden
Gemeinschaften mithin insgesamt wie eine Eigentümergemeinschaft behandelt. 1998
22
wurde die Beteiligte zu 2) auf einer solchen Versammlung erneut zur Verwalterin
gewählt.
Am 15.12.2000 fand erneut eine Versammlung "der Wohnanlage E-ring 1-5, 10-20, D-
weg 7-15" statt. Die erschienenen bzw. vertretenen Eigentümer beider Gemeinschaften
fassten hier in einer einheitlichen Abstimmung verschiedene Beschlüsse u.a.
hinsichtlich der aufgrund eines früheren gerichtlichen Vergleichs neu erstellten
Betriebskostenabrechnungen für 1995 bis 1998 sowie die Betriebskostenabrechnung
für 1999.
23
Die Beteiligten zu 3) haben mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.01.2001, der am
11.01.2001 bei Gericht eingegangen ist, beantragt,
24
die in der Eigentümerversammlung vom 15.12.200 gefaßten Beschlüsse aufzuheben.
25
Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass die einheitlichen Abrechnungen ebenso
wie die einheitliche Beschlussfassung zweier Gemeinschaften rechtlich unzulässig
seien. Die weiteren Beteiligten sind dem Antrag unter Hinweis auf die o.a.
Vertragsklauseln sowie den schriftlichen Beschluss vom 16.08.1994 entgegen getreten.
26
Die Beteiligten zu 3) haben daraufhin weiter beantragt,
27
festzustellen, dass der Beschluss der teilenden Eigentümerin vom 16.08.1994 nichtig
sei.
28
Am 31.05.2001 fand eine weitere gemeinsame Versammlung der Eigentümer der
beiden Gemeinschaften statt. In dieser wurden wiederum in einheitlicher Abstimmung
verschiedene Beschlüsse gefasst, u.a. die Genehmigung der ebenfalls einheitlichen
Jahresabrechnung für das Jahr 2000.
29
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.06.2001, bei Gericht eingegangen am 28.06.2001,
haben die Beteiligten zu 3) beantragt,
30
die in der Eigentümerversammlung vom 31.05.2001 gefaßten Beschlüsse aufzuheben,
und
31
festzustellen, daß eine gemeinsame Wohnungseigentümergemeinschaft E-ring 1-5, 10-
20, D-weg 7-15 nicht bestehe.
32
Das Amtsgericht hat die auf beiden Versammlungen gefassten Beschlüsse für ungültig
erklärt und antragsgemäß die Nichtigkeit des Beschlusses vom 16.08.1994 sowie die
Nichtexistenz einer einheitlichen Eigentümergemeinschaft festgestellt. Die hiergegen
gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Landgericht,
nachdem es mit den Beteiligten vor der voll besetzten Kammer mündlich verhandelt
hatte, durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die
sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2).
33
II.)
34
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29
FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der
35
Beteiligten zu 1) und 2) folgt bereits daraus, daß ihre sofortige erste Beschwerde ohne
Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts
nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
36
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen
Erstbeschwerde ausgegangen. Die Frage, ob für den Antrag, festzustellen, dass eine
die Beteiligten zu 1a) und 1b) umfassende Wohnungseigentümergemeinschaft nicht
besteht, die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts gegeben war, bedarf keiner
Vertiefung. Allerdings betrifft § 43 WEG nur Streitigkeiten innerhalb einer existenten
Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier liegt jedoch, wie noch auszuführen sein wird,
im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1a) und denen zu 1b) keine
Eigentümergemeinschaft vor. Da das Amtsgericht -Wohnungseigentumsgericht- seine
Zuständigkeit jedoch inzident bejaht hat, war das Landgericht entsprechend § 17a Abs.
5 GVG hieran gebunden. Dies gilt entsprechend für den Senat.
37
Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1b) ist jedenfalls im Hinblick auf den Erfolg
des gegen sie gerichteten Feststellungsantrages betreffend die Existenz einer
umfassenden Gemeinschaft zu bejahen, nachdem sie sich der hieraus abzuleitenden
Rechte berühmt hatten. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass
jedenfalls die Anfechtung der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung auch die
Rechtmäßigkeit ihrer Verwaltungsführung betrifft.
38
Auch in der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Prüfung
stand. Allerdings sind die in den Versammlungen vom 15.12.2000 und vom 31.05.2001
gefassten Beschlüsse nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig, was der Senat
dementsprechend klargestellt hat. Dabei sind die Anfechtungsanträge der Beteiligten zu
3) ohnehin dahingehend auszulegen, daß sich die beantragte Aufhebung der
Eigentümerbeschlüsse, soweit damit die rechtsgestaltende Ungültigerklärung im Sinne
der §§ 23 Abs. 5, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG gemeint ist, von vorneherein nur auf die
Verhältnisse der Beteiligten zu 1a) bezieht, also derjenigen Eigentümergemeinschaft,
der sie selber angehören. Da, wie noch darzulegen sein wird, eine einheitliche
Wohnungseigentümergemeinschaft nicht besteht, kommt im Verhältnis zu den
Beteiligten zu 1b) nämlich ohnehin nur eine feststelllende Entscheidung in Betracht. An
einer Klarstellung des Tenors ist der Senat, auch soweit die Beteiligten zu 1a) betroffen
sind, weder durch das Verbot einer Verschlechterung der Stellung des
Rechtsmittelführers, noch durch eine Bindung an die Anträge der Beteiligten gehindert.
Eine Verschlechterung liegt nicht vor, da die Rechtswirkung beider Entscheidungen
identisch ist. Eine strenge Bindung an Parteianträge besteht im Verfahren nach dem
WEG grundsätzlich nicht. Davon abgesehen, würde aber auch eine solche Bindung die
vorliegende Entscheidung nicht hindern, da der Antrag auf Ungültigerklärung eines
Beschlusses bei sachgerechter Betrachtung immer zugleich den Antrag auf Prüfung
einer möglichen Nichtigkeit mitumfasst (BayObLG NJW-RR 1987 S. 329 f).
39
Das Landgericht hat, was für sich genommen richtig ist, im Anschluss an die
Rechtsprechung des Bayrischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 2001 S. 659 ff und
1233 ff) angenommen, dass die Beschlussfassung unter Teilnahme von
Nichteigentümern gegen die Regeln einer ordnungsgemäßen Verwaltung verstoße.
Dies ist zwar zutreffend, schöpft die Mängel der vorliegenden Beschlussfassung aber
nicht aus.
40
Die Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses wird u.a. angenommen, wenn die
Eigentümergemeinschaft für die in Frage stehende Regelung schlechthin nicht
zuständig ist, insbesondere also bei Beschlüssen zu Lasten Dritter (BGH NJW 1994 S.
2950, 2953; BayObLGZ 1984 S. 198, 200; KG NJW-RR 1992 S. 1168 ff;
Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. § 23 Rdn. 138, 141 m.w.N.). Derartige Beschlüsse
liegen hier vor. Jede Gemeinschaft war und ist bezogen auf die Angelegenheiten der
jeweils anderen zu Regelungen nicht befugt. Soweit man unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass jede Gemeinschaft bei der einheitlichen Beschlussfassung auch über
eigene Angelegenheiten entschieden hat, davon ausgehen wollte, dass der
Nichtigkeitsgrund jeweils nur einen Teil der Beschlussgegenstände ergreift, folgt die
Gesamtnichtigkeit aus § 139 BGB, da gerade eine einheitliche Handhabung gewollt
war.
41
Die Vorinstanzen sind weiter zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschluss der
teilenden Eigentümerin vom 16.08.1994 nichtig ist. Auch haben sie zu Recht festgestellt,
dass eine einheitliche Eigentümergemeinschaft zwischen den Beteiligten zu 1) nicht
besteht.
42
Die grundlegende Frage, ob nämlich die übereinstimmenden Klauseln in den
Ersterwerberverträgen in Verbindung mit dem schriftlichen Beschluss der teilenden
Eigentümerin eine einheitliche Wirtschaftsführung und Verwaltung von zwei
sachenrechtlich selbstständigen Eigentümergemeinschaften ermöglichen, hat das
Landgericht zu Recht verneint. Dabei kann es dahinstehen, ob, wie die weitere
Beschwerde geltend macht, aufgrund der übereinstimmenden Klauseln in den
Ersterwerberverträgen eine Vereinbarung der betroffenen Wohnungseigentümer im
Sinne des § 10 WEG zustande gekommen ist, was aus verschiedenen Gründen
zweifelhaft erscheint. Ebenso kann es dahinstehen, ob die einvernehmliche
Handhabung in der Vergangenheit die Voraussetzungen einer konkludenten
Vereinbarung erfüllt. Auch eine solche Vereinbarung wäre nämlich nichtig.
43
Nach § 10 Abs.2 WEG können die Miteigentümer durch Vereinbarung ihr Verhältnis
untereinander in Ergänzung oder in Abweichung von nicht zwingenden gesetzlichen
Vorschriften regeln. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes können im Wege der
Vereinbarung im Sinne eines auf wohnungseigentumsrechtliche Folgen gerichteten
Vertrages daher nur interne Fragen der Wohnungseigentümergemeinschaft geregelt
werden (vgl. Senat NJW-RR 1997, 522, 523; BayObLG Rpfleger 1974 S. 360; OLG Köln
OLGR 2000 S. 48, 49 = ZMR 2000 S. 561 ff; OLG Frankfurt a.M. MDR 1983 S. 580 f;
Bärmann/Pick, WEG 9. Aufl. § 10 Rdn. 44; Weitnauer/Lüke, WEG 8. Aufl. § 10 Rdn. 37).
Die Eigentümergemeinschaft definiert sich dabei als Gemeinschaft der Eigentümer, die
in den Grundbüchern eingetragen sind, die aus der Teilung des ursprünglichen
Eigentums hervorgegangen sind. Dementsprechend kann sich die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer immer nur auf ein Grundstück im Rechtssinne beziehen (OLG
Düsseldorf FGPrax 2003, 121). Aufgrund der sachenrechtlichen Grundlage und
Ausgestaltung der Gemeinschaft gilt für sie der sachenrechtliche Grundsatz des
Typenzwangs, der die Gestaltungsmöglichkeiten der Wohnungseigentümer
dahingehend beschränkt, dass vertragliche Modifikationen nur in dem durch das
Wohnungseigentumsrecht eröffneten Rahmen möglich sind (BGH aaO S.2952). Hieraus
folgt, dass die Miteigentümer einer Gemeinschaft ihr wohnungseigentumsrechtliches
Verwaltungs- und Wirtschaftswesen nicht im Wege einer Vereinbarung auf eine
gewissermaßen übergeordnete, mit einer anderen Gemeinschaft gebildeten Einheit
44
übertragen können (OLG Köln aaO; OLG Düsseldorf aaO). Dies würde, wie das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Bildung einer
Wohnungseigentumsgemeinschaft außerhalb des Grundbuchs bedeuten, was mangels
einer gesetzlichen Grundlage am sachenrechtlichen Typenzwang scheitern muss.
Diese Überlegung wird durch weitere Einzelaspekte gestützt. Eine konsequente
Umsetzung einer derartigen Verwaltungs- und Wirtschaftseinheit ist entweder praktisch
undurchführbar oder muss, mit der Folge des § 134 BGB, gegen zwingendes
Gesetzesrecht verstoßen. So ist die Wahl eines Wohnungseigentumsverwalters für die
offenbar angedachte übergeordnete Gemeinschaft rechtlich nicht durchsetzbar. Bereits
die inhaltliche Bindung an das Votum der jeweils anderen Gemeinschaft verstößt gegen
die zwingende Vorschrift des § 26 Abs.1 WEG. Auch wäre der Bestand einer nur
schuldrechtlichen Vereinbarung über eine derartige Verwaltungs- und
Wirtschaftsgemeinschaft, ihre Wirksamkeit unterstellt, mehr oder weniger von
Zufälligkeiten abhängig. Bereits mit dem Verkauf einer Wohnung bzw. dem Eintritt eines
Sonderrechtsnachfolgers in die Gemeinschaft wären die Wirkungen einer derartigen
Vereinbarung mangels Bindung des Nachfolgers aufgebraucht (Senat ZMR 1996 S.
671, 674).
45
Angesichts des sachenrechtlichen Typenzwanges geht auch der Hinweis der
Beschwerdeführer auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit fehl. Im übrigen ist es den
Angehörigen unterschiedlicher Eigentümergemeinschaften unbenommen, eine
Verwaltungs- und Wirtschaftsgemeinschaft für beide Gemeinschaften etwa in Form einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu vereinbaren (vgl. OLG Köln aaO; BayObLG NJW-
RR 1999 S. 739f). Aus den genannten Gründen können sie auf diese Weise jedoch die
Geltung des Wohnungseigentumsrechts für die einzelne Gemeinschaft weder aufheben,
noch in der Weise modifizieren, dass unter Verdrängung der gesetzlichen
Zuständigkeiten der einzelnen Gemeinschaft eine wohnungseigentumsrechtliche
Wirtschafts- und Verwaltungsgemeinschaft für zwei Gemeinschaften gebildet wird.
Vielmehr kann auf diese Weise allenfalls eine zusätzliche, übergeordnete
Verwaltungsebene geschaffen werden.
46
Der hier vollzogenen Gesamtgemeinschaft kommt auch für die Vergangenheit keine
Rechtswirkung zu. Allerdings wird in der wohnungseigentumsrechtlichen Literatur für
bestimmte Fälle einer fehlerhaft gegründeten Wohnungseigentümergemeinschaft eine
entsprechende Heranziehung der Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft diskutiert
(vgl. etwa RGRK-Augustin, 12. Aufl. § 3 WEG Rdn. 61 ff; Soergel/Stürner, 12. Aufl. § 3
WEG Rdn. 9; Röll, Teilungserklärung S. 54 f; Staudinger/Rapp 12. Aufl. § 3 WEG Rdn.
42 ff). Diese Diskussion betrifft jedoch Fälle, in denen der dingliche Gründungsakt der
Gemeinschaft infolge des Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen oder
aufgrund von Willensmängeln unwirksam oder anfechtbar ist. Sie betrifft danach nicht
den vorliegenden Fall, daß es bereits an einem solchen dinglichen Gründungsakt fehlt.
Der vorliegende Sachverhalt ist nämlich, wie bereits dargelegt, gerade dadurch
gekennzeichnet, daß versucht worden ist, die Rechtswirkungen einer
Wohnungseigentümergemeinschaft außerhalb des Grundbuchs und unter Aufhebung
der dinglich begründeten Befugnisse der Einzelgemeinschaften herbeizuführen. In
einem solchen Fall ist ein Bestandsvertrauen der Beteiligten, daß den eigenlichen
Grund der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bildet, nicht gerechtfertigt und damit
nicht schutzwürdig.
47
Der Senat vermag sich auch der mit der sofortigen weiteren Beschwerde vertretenen
48
Auffassung, daß eine Rückabwicklung der gemeinschaftlichen Verwaltung unmöglich
ist, nicht anzuschließen. Hinsichtlich des Aktivvermögens (Instandhaltungsrücklage,
Verwaltungsvermögen) dürfte eine einfache Bruchteilsgemeinschaft vorliegen, nach
deren Regeln sich die Betroffenen auseinandersetzen können. Eine Verteilung der
Kosten auf die beiden Gemeinschaften wird hinsichtlich von Instandsetzungskosten u.ä.
schon aufgrund des jeweiligen Arbeitsgegenstandes möglich sein. Soweit dies hier oder
bei allgemeinen Verwaltungskosten nicht möglich sein sollte, bleibt die Möglichkeit
einer schätzweisen Verteilung nach der Größe betroffener Flächen, den
Miteigentumsanteilen oder ähnlichen sachbezogenen Maßstäben.
Schließlich sind die Antragsteller auch subjektiv befugt, die Nichtigkeit der genannten
Beschlüsse geltend zu machen und die Feststellung der Nichtexistenz einer
einheitlichen Gemeinschaft zu begehren. Soweit die weiteren Beteiligten sich in diesem
Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2000 (NJW
2000 S. 3500 ff) und den dort angesprochenen Aspekt des Vertrauensschutzes berufen,
geht dies fehl. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofes betreffen den
Rückwirkungseffekt einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf bereits
abgeschlossene Sachverhalte. Dies trifft jedoch nicht den vorliegenden Fall. Die mit der
vorgenannten Entscheidung eingeleitete Änderung der Rechtsprechung bezieht sich auf
die Frage, ob die fehlende Kompetenz der Eigentümerversammlung, eine Frage durch
Beschluss anstatt durch Vereinbarung zu regeln, die Nichtigkeit zur Folge hat. Der hier
vorliegende Fall, dass die Regelung als solche nicht in die Kompetenz der
Eigentümergemeinschaft fällt, ist in der Rechtsprechung seit jeher im oben
beschriebenen Sinne beurteilt worden.
49
Die Beteiligten zu 1) und 2) können den Antragstellern auch nicht das Verbot
widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegenhalten. Nicht jede Änderung des
eigenen Standpunktes entgegen dem früheren eigenen Verhalten innerhalb einer
rechtlichen Sonderbeziehung ist treuwidrig. Grundsätzlich ist es niemandem verwehrt,
sich auf die Nichtigkeit eigener Erklärungen zu berufen oder sonst die Wirksamkeit
eines unter seiner Mitwirkung abgeschlossenen Rechtsgeschäfts anzugreifen, solange
durch das eigene Verhalten für andere kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand
geschaffen wurde (vgl. etwa BGH NJW 1997 S. 3377, 3379). Letzteres ist hier nicht der
Fall. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die mehrjährige einvernehmliche Übung
im wesentlichen nicht auf das Verhalten der Antragsteller zurückgeht, sondern auf
dasjenige der teilenden Eigentümerin und der ihr personell verbundenen Beteiligten zu
2). Diese haben die wohnungseigentumsrechtlich so nicht umsetzbare
Verwaltungsgemeinschaft, angefangen mit den gleichlautenden formelhaften
Erklärungen in den Erwerberverträgen, auf den Weg gebracht. Die einzelnen
Miteigentümer, mithin auch die Antragsteller haben, wovon nach den getroffenen
Feststellungen mangels eines abweichenden Vortrages der Beschwerdeführer
auszugehen ist, nicht mehr getan, als entsprechend diesen Vorgaben im Rahmen einer
tatsächlich nicht existenten Gemeinschaft zu agieren, also ihre Lastenbeiträge zu
zahlen, an Versammlungen teilzunehmen und in diesen abzustimmen. Eine besondere
Aussagekraft im Bezug auf den rechtlichen Bestand der übergeordneten
Verwaltungsgemeinschaft kommt einem solchen Verhalten nicht zu, insbesondere da
sich aus dem Vortrag der Beteiligten keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die
rechtliche Wirksamkeit dieser Verwaltungsgemeinschaft vor dem Beginn des
vorliegenden Verfahrens jemals problematisiert worden ist.
50
Selbst wenn man im übrigen von einem Vertrauenstatbestand auf Seiten der
51
Beschwerdeführer ausgeht, so ist dieser nicht derart schutzwürdig, dass es gerechtfertigt
wäre, das jetzige Verhalten der Antragsteller im Hinblick auf ihre eher geringfügige
Mitwirkung an der früheren Verwaltungsübung als treuewidrig zu bewerten. Zunächst
kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsteller aufgrund der
einheitlichen Kostenverteilung in der Vergangenheit besondere wirtschaftliche Vorteile
erlangt haben, die ihnen mangels Fortschreibung der Verwaltungsgemeinschaft nun
verbleiben würden. Nach dem Beschwerdevorbringen war die Kostenstruktur der beiden
Gemeinschaft in der Vergangenheit nahezu identisch, nach dem Vorbringen der
Antragsteller ging die Kostenverteilung zu ihren Lasten.
Da die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) keinen Erfolg hat, entspricht
es der Billigkeit, dass sie die Gerichtskosten tragen (§ 47 S. 1 WEG). Hingegen sieht der
Senat angesichts der langjährig einvernehmlichen Handhabung der gemeinsamen
Verwaltung keine Veranlassung von dem Grundsatz abzuweichen, dass im Verfahren
nach dem WEG jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Auslagen selbst trägt.
52
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.
53