Urteil des OLG Hamm vom 04.03.2010
OLG Hamm (wiedereinsetzung in den vorigen stand, höhe, zpo, klageschrift, briefkasten, frist, essen, wiedereinsetzung, sache, einspruch)
Oberlandesgericht Hamm, 2 U 191/09
Datum:
04.03.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 U 191/09
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 4 O 259/09
Schlagworte:
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Normen:
§§ 233, 234 ZPO
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.10.2009 zum Zwecke der
Verkündung zugestellte Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts
Essen vom 05.08.2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagten werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
1
A.
2
Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung Wiedereinsetzung in eine versäumte
Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil. In der Sache streiten die Parteien um die
Bezahlung von Warenlieferungen.
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Die Klägerin betreibt einen Obst- und Gemüsegroßhandel. Die Beklagte handelte in der
Vergangenheit unter einer Gewerbeanschrift in F mit Obst und Gemüse. Mit Schreiben
vom 03.03.2009 wandte sich eine Person unter dem Namen P und unter der Firma E mit
dem Zusatz "Inhaber: D. X" und unter Angabe der Privatanschrift der Beklagten, ihrer
Telefonnummer und der Steuernummer des damals von ihr betriebenen Gewerbes an
die Klägerin und gab als Lageranschrift eine Anschrift in T an. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf das zu den Akten gereichte Schreiben vom 03.03.2009 (Anlage K
1) Bezug genommen. In der Folgezeit (04.03.2009 – 15.04.2009) lieferte die Klägerin mit
insgesamt 16 streitgegenständlichen Lieferungen Obst und Gemüse im Gesamtwert von
13.786,65 € an die Fa. E, wobei unklar ist, an welche Anschrift die Lieferungen erfolgt
sind. Mit Schreiben vom 06.04.2009 hatte eine Person unter dem Namen P eine neue
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Lageradresse in D mitgeteilt. Die Klägerin stellte der Fa. E (unter Angabe der
Privatanschrift der Beklagten) mit Rechnungen vom 04.03.2009 bis zum 15.04.2009 die
gelieferte Ware in Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den
Akten gereichten Rechnungen (Anlagen K 3 – K 21) Bezug genommen. Mit Schreiben
vom 17.04.2009 und vom 06.05.2009 mahnte die Klägerin Rechnungsbeträge bei der
Fa. E an. Mit Einschreiben vom 05.06.2009, das an die Fa. E mit dem Zusatz Herrn X
und der Angabe der Gewerbeanschrift der Beklagten abgesandt, der Beklagten aber
nicht zugestellt wurde, mahnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen
Gesamtbetrag von 17.983,43 € bei der Beklagten an. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf die zu den Akten gereichten Mahnschreiben (Anlagen K 22, K 23 und K 25)
Bezug genommen.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe unter der Fa. E gehandelt und die
gelieferte Ware bestellt. Sie habe die Ware auch erhalten.
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Die Klägerin hat in der der Beklagten am 14.07.2009 zugestellten Klageschrift
beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 667,68 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 03.04.2009 zu zahlen,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 481,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 09.04.2009 zu zahlen,
8
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.502,28 € nebst Zinsen in Höhe von 8
% über dem BZS seit dem 15.04.2009 zu zahlen,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 479,36 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 19.04.2009 zu zahlen,
10
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.353,55 € nebst Zinsen in Höhe von 8
% über dem BZS seit dem 19.04.2009 zu zahlen,
11
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.086,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8
% über dem BZS seit dem 19.04.2009 zu zahlen,
12
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 548,61 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 20.04.2009 zu zahlen,
13
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.433,18 € nebst Zinsen in Höhe von 8
% über dem BZS seit dem 20.04.2009 zu zahlen,
14
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 376,64 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 20.04.2009 zu zahlen,
15
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 222,56 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 23.04.2009 zu zahlen,
16
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.353,55 € nebst Zinsen in Höhe von 8
% über dem BZS seit dem 04.05.2009 zu zahlen,
17
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.001,52 € nebst Zinsen in Höhe von 8
% über dem BZS seit dem 04.05.2009 zu zahlen,
18
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 667,68 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 04.05.2009 zu zahlen,
19
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 308,16 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 12.05.2009 zu zahlen,
20
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 188,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 14.05.2009 zu zahlen,
21
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 530,72 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 16.05.2009 zu zahlen,
22
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 252,52 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem BZS seit dem 16.05.2009 zu zahlen,
23
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin entstandene, außergerichtliche Kosten in
Höhe von 961,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem BZS seit dem
05.06.2009 zu erstatten,
24
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin entstandene Kosten einer
Gewerbeauskunft in Höhe von 22,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
BZS seit dem 12.06.2009 zu erstatten.
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Die Klageschrift ist durch Niederlegung unter Einwurf eines Benachrichtigungszettels in
den Briefkasten zu der Privatanschrift der Beklagten zugestellt worden. Das Landgericht
Essen hat der Beklagten mit der Klageschrift beigefügter prozessleitender Verfügung
vom 10.07.2009 eine Frist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft
gesetzt und auf die Folgen einer Fristversäumnis gem. §§ 276 Abs. 2, 331 Abs. 3 ZPO
hingewiesen. Nachdem die Beklagte nicht innerhalb der gesetzten Frist ihre
Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, hat das Landgericht die Beklagte mit
Versäumnisurteil vom 05.08.2009 verurteilt,
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an die Klägerin 667,68 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 04.04.2009 zu zahlen,
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an die Klägerin 481,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 10.04.2009 zu zahlen,
28
an die Klägerin 1.502,28 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 16.04.2009 zu zahlen,
29
an die Klägerin 479,36 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 19.04.2009 zu zahlen,
30
an die Klägerin 1.353,55 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 19.04.2009 zu zahlen,
31
an die Klägerin 2.086,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
32
BASISZINSSATZ seit dem 19.04.2009 zu zahlen,
an die Klägerin 548,61 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 20.04.2009 zu zahlen,
33
an die Klägerin 2.433,18 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 20.04.2009 zu zahlen,
34
an die Klägerin 376,64 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 20.04.2009 zu zahlen,
35
an die Klägerin 222,56 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 23.04.2009 zu zahlen,
36
an die Klägerin 1.353,55 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 04.05.2009 zu zahlen,
37
1.001,52 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 04.05.2009 zu zahlen,
38
an die Klägerin 308,16 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 12.05.2009 zu zahlen,
39
an die Klägerin 188,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 14.05.2009 zu zahlen,
40
an die Klägerin 530,72 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
BASISZINSSATZ seit dem 16.05.2009 zu zahlen,
41
252,52 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem BASISZINSSATZ
seit dem 16.05.2009 zu zahlen,
42
der Klägerin entstandene, außergerichtliche Kosten in Höhe von 961,28 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem BASISZINSSATZ seit dem
05.06.2009 zu zahlen,
43
der Klägerin entstandene Kosten einer Gewerbeauskunft in Höhe von 22,00 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem BASISZINSSATZ seit dem
12.06.2009 zu zahlen.
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Das Versäumnisurteil ist der Beklagten am 14.08.2009 durch Einwurf in den Briefkasten
zu ihrer Privatanschrift zugestellt worden. Unter dem 14.09.2009 ist der Beklagten ein
aufgrund des Versäumnisurteils ergangenes vorläufiges Zahlungsverbot vom
28.08.2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 21.09.2009, bei Gericht am selben
Tage eingegangen, hat die Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom
05.08.2009 eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Schriftsatz vom 30.09.2009,
bei Gericht eingegangen am selben Tage, hat die Beklagte Wiedereinsetzung in die
abgelaufene Einspruchsfrist beantragt.
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Zu ihrem Wiedereinsetzungsantrag hat die Beklagte behauptet, sie habe sich in dem
Zeitraum vom 03.07.2009 bis zum 28.08.2009 zu ärztlichen Behandlungen und zu
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Verwandtenbesuchen an wechselnden Orten in der U aufgehalten. Den
Benachrichtigungszettel über die Niederlegung der Klageschrift habe sie nach
Rückkehr aus der U in ihrem Briefkasten vorgefunden und die Klageschrift am
01.09.2009 am Niederlegungsort abgeholt. Das Versäumnisurteil vom 05.08.2009 habe
sich nicht in der Post befunden; vielmehr habe sie von dessen Existenz erst mit
Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbotes am 14.09.2009 erfahren. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des
Landgerichts Essen vom 02.10.2009 Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02.10.2009 den Antrag auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und mit Urteil vom selben Tage (überschrieben mit
"Versäumnisurteil" und datiert auf den 05.08.2009) den Wiedereinsetzungsantrag der
Beklagten zurückgewiesen und ihren Einspruch verworfen. Beide Entscheidungen sind
der Beklagten am 08.10.2009 zugestellt worden. Das Landgericht hat mit Beschluss
vom 27.10.2009 die Überschrift über dem "Versäumnisurteil" vom 02.10.2009 in
"Endurteil" berichtigt. Die Entscheidungen vom 02.10.2009 hat das Landgericht damit
begründet, dass die Beklagte die Versäumung der Einspruchsfrist selbst verschuldet
habe. Die Beklagte hätte für die Zeit ihrer Abwesenheit eine Person mit der Leerung des
Briefkastens beauftragen oder einen Nachsendeauftrag bei der Post stellen müssen.
Spätestens bei Abholung der ihr zugestellten Klageschrift am 01.09.2009 hätte sie sich
erkundigen müssen, was in der Sache weiter geschehen ist.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten. Die
Beklagte macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages
und unter Bezugnahme auf ihre eidesstattliche Versicherung vom 22.10.2009, auf die
wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 56 der Akte) geltend, dass sie die
Einspruchsfrist unverschuldet versäumt habe. Sie trägt vor, sie habe keine Person mit
der Leerung des Briefkastens und der Sichtung ihrer Post beauftragen können. Die
Stellung eines Nachsendeauftrages in die U sei wegen der wechselnden
Aufenthaltsorte dort nicht erfolgsversprechend gewesen.
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Die Beklagte beantragt,
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ihr wegen der Versäumung der Frist für den Einspruch gegen das Versäumnisurteil
des Landgerichts Essen vom 05.08.2009 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren,
50
dem Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Essen
vom 05.08.2009 stattzugeben,
51
und die Klage abzuweisen.
52
Die Klägerin beantragt,
53
die Berufung zurückzuweisen.
54
Wegen des weiteren Sachvortages wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten
Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
55
B.
56
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
57
I.
58
Das Landgericht hat den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom
05.08.2009 zu Recht gem. § 341 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, da die Beklagte
die Einspruchsfrist versäumt hat. Das Versäumnisurteil ist der Beklagten am 14.08.2009
zugestellt worden. Die Einspruchsfrist lief damit gem. § 339 Abs. 1 ZPO am 28.08.2009
ab. Der Einspruch der Beklagten ist allerdings erst am 21.09.2009 beim Landgericht
eingegangen.
59
II.
60
Der Beklagten war auf ihren Antrag keine Wiedereinsetzung in die versäumte
Einspruchsfrist zu gewähren, da ihr Antrag unzulässig ist.
61
Die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beträgt gem. §
234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen. Sie beginnt gem. § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag,
an dem das Hindernis, das zur Versäumung der Frist geführt hat, behoben ist, oder
genauer gem. §§ 234 Abs. 2, 222 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB mit dem Beginn des Tages,
der auf den Wegfall des Hindernisses, das zur Versäumung der Frist geführt hat, folgt
(Zöller – Greger, 28. Aufl. 2010, § 234 ZPO, Rn. 5).
62
Zwar macht die Beklagte geltend, sie habe erst mit der Zustellung des vorläufigen
Zahlungsverbotes am 14.09.2009 von der Existenz des Versäumnisurteils erfahren.
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Allerdings gilt ein Fristwahrungshindernis bereits dann als im Sinne von § 234 Abs. 2
ZPO behoben, wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet
angesehen werden kann (BGH NJW 2001, 1430/1431). Der Betroffene kann nur dann
mit der Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist rechnen, wenn er sich in zumutbarer
Weise ausreichend um die Wahrung seiner Interessen gekümmert hat (BVerfG NJW
1993, 847).
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Die Beklagte hat sich nicht ausreichend um die Wahrung ihrer eigenen Interessen
gekümmert. Sie hat, wenn man ihren Vortrag als wahr unterstellt, nach Rückkehr aus der
U am 31.08.2009 in ihrem Briefkasten zwar nicht das Versäumnisurteil vom 05.08.2009
aber die Benachrichtigung über die Niederlegung der Klageschrift vorgefunden. Sie hat
sodann am 01.09.2009 die Klageschrift nebst mitübersandter prozessleitender
Verfügung des Landgerichts bei der Post abgeholt. Damit hatte sie ab dem 01.09.2009
Kenntnis davon, dass eine gegen sie gerichtete Klageschrift in einem näher
bezeichneten Verfahren bereits unter dem 14.07.2009 zugestellt worden war. Sie konnte
sich aufgrund des in der Klageschrift enthaltenen Antrages auf Erlass eines
Versäumnisurteils und aufgrund der Hinweise in der prozessleitenden Verfügung des
Landgerichts unter Wahrung ihrer eigenen Interessen der Kenntnis davon zumindest
nicht verschließen, dass bei Versäumung der Frist zur Anzeige der
Verteidigungsbereitschaft der Erlass eines Versäumnisurteils droht. Dabei konnte sie
sich auch der Kenntnis davon nicht verschließen, dass die Frist zur Anzeige der
Verteidigungsbereitschaft bereits am 28.07.2009 und somit seit mehr als einem Monat
abgelaufen war. Für die Beklagte musste sich daher die Möglichkeit aufdrängen, dass in
der Sache bereits ein Versäumnisurteil ergangen war.
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Zwar hat die Beklagte nach ihrem Vortrag in ihrem Briefkasten kein Versäumnisurteil in
dieser Sache und auch sonst keinen Hinweis auf die Existenz eines Versäumnisurteils
vorgefunden. Doch durfte sich die Beklagte nicht darauf verlassen, dass keine Post aus
dem Briefkasten abhanden gekommen war. Auf Befragen hat die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 04.03.2010 angegeben, dass durch den
Briefschlitz von außen Poststücke aus dem Briefkasten entnommen werden können und
dass in der Vergangenheit schon mehrfach Poststücke aus ihrem Briefkasten und aus
den Briefkästen der Nachbarn im Haus entnommen worden sind. Dabei seien auch
Poststücke im Keller des Hauses aufgefunden worden. Zudem hat die Beklagte erklärt,
dass sie bei Rückkehr aus der U eine 2. Mahnung zu einer Telefonrechnung in ihrem
Briefkasten vorgefunden habe, allerdings nicht die dazugehörige Rechnung. Damit gab
es für die Beklagte ausreichend Anlass dafür, zu vermuten, dass während ihrer
Abwesenheit Poststücke aus dem Briefkasten entnommen worden sind. Die Beklagte
hatte daher zur Wahrung ihrer eigenen Interessen ausreichend Anlass, sich beim
Landgericht Essen telefonisch darüber zu erkundigen, ob auf die Zustellung der
Klageschrift folgend in der Sache bereits ein Versäumnisurteil erlassen worden war. Die
Beklagte hätte damit noch am 01.09.2009 in Erfahrung bringen können, dass bereits ein
Versäumnisurteil existierte und auch bereits am 14.08.2009 an sie zugestellt worden
war. Dass die Klärung der Angelegenheit eilte, folgte für die Klägerin aus dem Umstand,
dass die Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft bereits seit mehr als einem
Monat abgelaufen war.
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Das Fristwahrungshindernis war damit am 01.09.2009 behoben, so dass die
Wiedereinsetzungsfrist am 15.09.2009 abgelaufen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag ist
aber erst am 30.09.2009 und somit nach Fristablauf beim Landgericht eingegangen.
67
C.
68
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
69
D.
70
Die Revision war nicht zuzulassen. Der Rechtssache kommt weder eine grundsätzliche
Bedeutung zu, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts wegen der Fortbildung
des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543
Abs. 2 ZPO.
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