Urteil des OLG Hamm vom 05.05.1999

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Oberlandesgericht Hamm, 13 U 256/98
Datum:
05.05.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 256/98
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 8 O 138/98
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. September 1998
verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird mit
der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt bleibt, an die
Klägerin 12.775,93 DM nebst 8,25 % Zinsen seit dem 24. Februar 1998
sowie 54 DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen.
Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagte in Höhe von 12.829,93 DM.
Tatbestand
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Die Klägerin lieferte der Beklagten am 8. Januar 1998 30 Softwarepakete "Microsoft
Office 97 Professional CD" zum Preis von 12.775,93 DM brutto. Über diesen Betrag
stellte die Beklagte am 9.1.1998 einen Verrechnungsscheck aus, den sie später sperren
ließ und der deshalb nicht eingelöst wurde. Dadurch entstanden der Klägerin Kosten
von 54,58 DM.
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Die Klägerin verlangt neben der Bezahlung des Kaufpreises den Ersatz der
Nichteinlösungskosten in Höhe von 54 DM. Wegen des in erster Instanz geltend
gemachten Anspruchs auf Zahlung von 100 DM Bearbeitungsgebühren hat sie die
Klage zurückgenommen. Die Klägerin nimmt in Höhe der Klageforderung Bankkredit zu
einem Zinssatz von 8,25 % in Anspruch.
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Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe Raubkopien geliefert. Nach der Installation
der Software seien die Rechner ausnahmslos abgestürzt. Die Softwarepakete seien an
die Rechtsanwaltskanzlei Graf von Westphalen gesandt worden. Von dort sei ein Paket
zur Überprüfung an die Firma N weitergeleitet worden. Dort habe man festgestellt, daß
es sich um eine Fälschung handele.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Mahnbescheid erwirkt. Nach
Widerspruchseinlegung ist das Verfahren auf Antrag der Klägerin an das Amtsgericht
Recklinghausen abgegeben worden. Von dort ist der Rechtsstreit an das sachlich
zuständige Landgericht Bochum verwiesen worden. In der mündlichen Verhandlung
vom 30. Juli 1998 haben die Parteien einen Widerrufsvergleich geschlossen, der später
widerrufen worden ist. Ob Sachanträge gestellt worden sind, geht aus dem
Sitzungsprotokoll nicht hervor. Mit Urteil vom 8. September 1998 hat das Landgericht
der Klage - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben. Dagegen wendet sich
die Beklagte mit ihrer Berufung.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
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I.
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Das Verfahren des ersten Rechtszuges leidet allerdings an einem wesentlichen
Verfahrensmangel.
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1. Das Urteil verstößt gegen § 308 ZPO. Das Landgericht hat der Klägerin etwas
zugesprochen, obwohl diese keinen Sachantrag gestellt hat. Zwar ist der Klageantrag
im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführt, doch ist die Beweiskraft des
Tatbestandes (§ 314 ZPO) hier durch das Sitzungsprotokoll entkräftet. Dieses beweist (§
165 ZPO), daß Anträge nicht gestellt worden sind. Eine Protokollberichtigung ist nicht
erfolgt. Hinzu kommt, daß die Beklagte Tatbestandsberichtigung beantragt hat. Über
diesen Antrag hätte das Landgericht entscheiden müssen (§ 320 ZPO).
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2. Der Senat kann gem. § 540 ZPO von einer Zurückverweisung absehen und selbst
entscheiden, wenn er dies für sachdienlich hält. Das ist hier der Fall, denn der
Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif.
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II.
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Die Klage ist, soweit die Klägerin sie nicht zurückgenommen hat, begründet.
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1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 433 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf
Bezahlung der Software.
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a) Unstreitig hat die Beklagte die Software von der Klägerin zu dem in Rechnung
gestellten Preis von 12.775,93 DM gekauft. Die Klägerin hat die Softwarepakete auch
geliefert.
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b) Mit ihrer Behauptung, es handele sich um Raubkopien, macht die Beklagte einen
Rechtsmangel geltend (vgl. OLG Hamm, CR 1991, 15). Kann der Lieferant der Software
die zur Nutzung notwendige Lizenz (vgl. §§ 69 a ff. UrhG) nicht verschaffen, bestimmen
sich die Rechte des Bestellers gem. §§ 434, 440 Abs. 1 BGB nach den Vorschriften der
§§ 320 bis 327 BGB. Bestreitet der Verkäufer den vom Käufer geltend gemachten
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Mangel im Rechte, so hat der Käufer den Mangel zu beweisen (§ 442 BGB)
Für ihre Behauptung, die Klägerin habe ihr nicht lizensierte Kopien geliefert, hat die
Beklagte keinen geeigneten Beweis angetreten. Sie hat 30 Softwarepakete erhalten.
Deren Verbleib ist unklar. Der Vortrag der Beklagten dazu ist widersprüchlich. Während
es in der Berufungsbegründung heißt, zwölf Produkte seien an die Anwaltskanzlei Graf
von Westphalen geschickt worden, hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten im
Senatstermin erklärt, alle dreißig Pakete seien an die genannte Anwaltskanzlei
abgesandt worden. Wo sich die Pakete gegenwärtig befinden, hat die Beklagte nicht
vorgetragen. Nur ein Paket ist angeblich zur Firma N gelangt. Ob es sich bei dem dort
geprüften Produkt um ein von der Klägerin geliefertes Exemplar handelt, kann nur an
Hand der entsprechenden Lizenznummern festgestellt werden, die nicht mitgeteilt
worden sind. Träfe die (neue) Behauptung der Beklagten zu, den Softwarepaketen
hätten gar keine Lizenzpapiere beigelegen, könnte die Identität erst recht nicht
festgestellt werden.
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c) Mit ihrer Behauptung, bei der Installation der Software seien sämtliche Rechner
abgestürzt, macht die Beklagte einen Sachmangel geltend (§ 459 BGB Abs. 1 BGB). Ihr
Vortrag dazu ist aber völlig unzureichend und einer Beweiserhebung nicht zugänglich.
Wenn bei der Installation von Software ein Rechner abstürzt, kann daraus nicht der
Schluß gezogen werden, daß die Software fehlerhaft ist. Auch wenn es sich bei der
Software um eine Raubkopie handelt, ist damit noch kein Sachmangel nachgewiesen.
Anders wäre es, wenn festgestellt werden könnte, daß sich die Originalversion nur
einmal installieren läßt und mit einem Kopierschutz versehen ist. Ob das hier der Fall ist,
ist nicht dargetan. In Betracht kommen auch andere Ursachen wie fehlerhafte Hardware,
Inkompatibilität mit anderen Programmen, Viren oder auch Bedienungsfehler bei der
Installation. Ob die gelieferte Software fehlerhaft war, läßt sich heute nicht mehr
aufklären, weil über den Verbleib der Ware nichts bekannt ist. Für eine Begutachtung
durch einen Sachverständigen stehen die Produkte nicht mehr zur Verfügung. Mit den
von ihr benannten Zeugen allein kann die Beklagte den Beweis nicht führen, weil ihr
Vortrag zu den behaupteten Installierungsversuchen unzureichend ist.
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2. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich gem. § 286 BGB.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.
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