Urteil des OLG Hamm vom 12.04.2001
OLG Hamm: elterliche sorge, internationales zivilprozessrecht, internationales privatrecht, gesetzlicher vertreter, auflage, eltern, vollstreckung, zustellung, vertretung, vollmacht
Oberlandesgericht Hamm, 1 WF 49/01
Datum:
12.04.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
1. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 WF 49/01
Vorinstanz:
Amtsgericht Bielefeld, 34 F 1724/00
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
1
Die Beschwerde ist unbegründet.
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I.
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Die Gewährung von Prozeßkostenhilfe kommt nicht in Betracht, weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung nach dem bisherigen Vorbringen des Antragstellers jedenfalls als
mutwillig erscheint (§ 114 ZPO).
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1.
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Gemäß § 114 ZPO ist Prozeßkostenhilfe nicht zu bewilligen, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung als mutwillig erscheint. Mutwillig in diesem Sinne handelt derjenige,
der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem
gleichliegenden Fall tun würde (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 59.
Auflage, § 114 Rdn 107).
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2.
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Eine verständige, ausreichend bemittelte Partei hätte voraussichtlich zur Vermeidung
von Kosten, die in keinem Verhältnis zu dem beabsichtigten Klageerfolg stehen, eine
Klage nicht in Deutschland, sondern in Griechenland anhängig gemacht.
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a)
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Nach dem bisherigen Vorbringen des Antragstellers wird der Rechtsstreit zu seinen
Gunsten jedenfalls nicht ohne die Einholung eines kostenträchtigen
Sachverständigengutachtens zu der Frage zu entscheiden sein, ob der Antragsteller
nach griechischem Recht durch seinen Vater vertreten werden kann.
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Auch die Vertreter des Antragstellers gehen davon aus, dass der Antragsteller auch
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nach griechischem Recht nicht prozeßfähig ist. Für die Frage, wer sein gesetzlicher
Vertreter ist bzw. wer in seinem Namen wirksam den für ihn aufgetretenen
Prozeßvertretern eine Vollmacht erteilen konnte und kann, kommt es auf die für die
elterliche Sorge maßgebliche Rechtsordnung an (vgl. Geimer, Internationales
Zivilprozeßrecht, 3. Auflage Rdn 2220; Kropholler, Internationales Privatrecht, 3.
Auflage, S. 291). Da der Antragsteller sich in Griechenland aufhält, ist die soeben
aufgeworfene Frage deshalb nach griechischem Recht zu beurteilen (Art 21 EGBGB).
Die anwaltlichen Vertreter des Antragstellers haben die von dem Amtsgericht
angesprochene Frage zu der ordnungsgemäßen gesetzlichen Vertretung des
Antragstellers durch den Kindesvater auch mit der Beschwerdebegründung nicht unter
Hinweis auf eindeutige Bestimmungen des griechischen Rechts klären können. Soweit
insoweit auf Art. 1510 des griechischen Zivilgesetzbuches ( abgedruckt bei
Bergmann/Fried, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht )verwiesen worden ist, sieht
diese Bestimmung in ihrem ersten Absatz gerade die gemeinsame Ausübung der
elterlichen Sorge aus. Dass die Voraussetzungen nach Art. 1510 Abs. 3 des
griechischen Zivilgesetzbuchs gegeben wären - wonach nur ein Elternteil die elterliche
Sorge ausübt, wenn der andere Teil hieran gehindert ist -, macht auch die
Beschwerdebegründung nicht geltend.
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Allerdings können gemäß Art. 1516 Abs. 2 des griechischen Zivilgesetzbuches - in den
Fällen einer Unterbrechung des Zusammenlebens der Eltern, der Scheidung oder einer
Aufhebung der Ehe sowie bei nichtehelichen Kindern - die Unterhaltsansprüche des
Kindes gegen den Elternteil, dem die Personensorge für das Kind nicht obliegt, durch
denjenigen geltend gemacht werden, dem die Personensorge obliegt, oder wenn
niemand die Personensorge ausübt, von demjenigen, bei dem sich das Kind aufhält.
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Ob dies auch in dem vorliegenden Fall gilt, in dem zum einen die Eltern nach dem
Vorbringen des Antragstellers die Personensorge gemeinsam tragen sollen und in dem
der Antragsteller sich eben nicht im engeren Sinne bei seinem Vater aufhält, läßt sich
ohne die Einholung eines kostenträchtigen Sachverständigengutachtens zum
griechischen Recht nicht klären.
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b)
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Bei dieser Sachlage hätte eine Partei, die auf eigene Kosten die Rechtsverfolgung
betreiben müßte, voraussichtlich ihre Ansprüche vor einem gemäß Art. 5 Nr. 2 GVÜ
zuständigen griechischen Gericht eingeklagt. Dies gilt hier jedenfalls deshalb, weil zum
einen der Antragsteller dauerhaft in Griechenland lebt und zum anderen der Vater des
Antragstellers nach dem Beschwerdevorbringen laufend zwischen Deutschland und
Griechenland pendelt.
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Irgendwelche Gründe, warum die Rechtsverfolgung in Griechenland nicht zumutbar sein
sollte, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Soweit von dort eine
Zustellung - und spätere Vollstreckung - in Deutschland veranlaßt werden müßte, ist
bislang nicht ersichtlich, dass die hiermit verbundene Verzögerung diejenige deutlich
überschreitet, die aufgrund der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum
griechischen Recht einträte.
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3.
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Hiermit wird nicht in Frage gestellt, dass der Antragsteller grundsätzlich wählen kann,
vor welchem von mehreren international zuständigen Gerichten er Klage erhebt (vgl.
Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 2. Auflage, Rdn 107). Mutwillig erscheint im
Streitfall die Anrufung des zuständigen deutschen Gerichts vielmehr nur wegen der
hiermit voraussichtlich verbundenen Mehrkosten, die eine auf eigene Kosten klagende
Partei voraussichtlich vermeiden würde (für Mutwillen bei einfacherer und billigerer
Rechtsverfolgung im Ausland auch OLG Frankfurt, FamRZ 1991, 94; kritisch dazu
Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 114 Rdn 109).
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II.
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Soweit der Antragsteller im weiteren Verlauf noch Gründe aufzeigen sollte, die die
Geltendmachung des Anspruchs vor einem deutschen Gericht nicht als mutwillig
erscheinen lassen, weist der Senat darauf hin, dass der Bewilligung von
Prozeßkostenhilfe dann nicht entgegensteht, dass sich die Frage, ob der Antragsteller
ordnungsgemäß vertreten ist, zur Zeit nicht eindeutig beantworten läßt. Insoweit reicht
es aus, dass sich jedenfalls unter Berücksichtigung der in Art 1516 des griechischen
Zivilgesetzbuchs getroffenen Bestimmung ohne die Einholung eines
Sachverständigengutachtens nicht ausschließen läßt, dass die Klage zulässig ist.
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