Urteil des OLG Hamburg vom 17.12.2013

OLG Hamburg: lebensversicherung, darlehen, abtretung, auflage, herausgabe, rückzahlung, umschuldung, mahnung, immobilie, kredit

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--- kein Dokumenttitel vorhanden ---
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 4. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 17.12.2013, 7 UF 90/11
§ 185 Abs 1 BGB, § 816 Abs 2 BGB, § 818 Abs 2 BGB
Verfahrensgang
vorgehend AG Hamburg, 24. Mai 2011, Az: 285 F 5/11, Beschluss
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 24. Mai 2011
(Az. 285 F 5/11) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, 28.711,48 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2011 an den Antragsteller zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen der Antragsteller zu 55 % und die
Antragsgegnerin zu 45 %.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Zahlung eines Betrags von 63.911,48 €, den er auf ein
gemeinschaftliches Darlehen der Beteiligten an die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. entrichtet
hat. Wegen des Sachverhaltes wird zunächst auf den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 24. Mai
2011 verwiesen.
Die Beteiligten sind seit dem Jahr 2001 geschiedene Eheleute. Sie erwarben im Jahr 1994 je zur Hälfte eine
Immobilie im ... in Hamburg. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen sie bei der Bayerischen Beamten
Lebensversicherung a.G. ein Darlehen in Höhe von 127.822,97 € (250.000 DM) auf. In dieser Höhe wurde zu
Gunsten der Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. eine Grundschuld am gemeinsamen
Grundstück bestellt. Die Tilgung des Darlehens wurde gegen Abtretung der Ansprüche aus einer gleichzeitig
allein vom Antragsteller abgeschlossenen Lebensversicherung ausgesetzt. Der Auszahlungszeitpunkt der
Lebensversicherung wurde mit dem Erreichen der Darlehenssumme von 127.822,97 € festgelegt.
Der Antragsteller zahlte die Zinsen für das Darlehen und die monatlichen Raten auf die Lebensversicherung.
Seine Zahlungen wurden bei der Bemessung des Trennungs- und Ehescheidungsunterhalts berücksichtigt.
Der Rückkaufswert der Lebensversicherung betrug im Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags am
15. März 1999 rund 22.400 €, am Tag der Scheidung rund 45.200 € und zum Zeitpunkt der endgültigen
vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten am 30. September 2008 rund 70.400 €.
Am 11. August 2004 überwies der Antragsteller nach Auslaufen der Zinsbindung die hälftige Darlehensvaluta
in Höhe von 63.911,48 € an die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. Die Antragsgegnerin
verlängerte das Darlehen allein unter dem 8. Dezember 2004 über die Restverbindlichkeit. Die Grundschuld
blieb in voller Höhe bestehen.
Die gemeinsame Immobilie der Eheleute ging in die Teilungsversteigerung. Die Antragsgegnerin erhielt am
10. Juni 2008 mit einem Bargebot von 180.500 € den Zuschlag. Persönliche Forderungen hatte der
Antragsteller nicht angemeldet. Berücksichtigt wurde beim Bargebot die bestehende Grundschuld in Höhe
von 127.822,97 €. Das Bargebot wurde unter Abzug der Kosten hälftig an die Beteiligten ausgezahlt.
Die Antragsgegnerin nahm eine Umschuldung vor. Sie löste das noch bestehende Darlehen bei der
Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. ab. Die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. trat
die Grundschuld darauf am 13. August 2008 in voller Höhe an die Sparda-Bank H. eG ab. Unter dem 31. Juli
2008 verzichtete die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. gegenüber dem Antragsteller auf ihre
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Rechte an der Lebensversicherung.
Mit einer E-Mail vom 15. August 2008 bat der Antragsteller die Antragsgegnerin dringlich um eine
Stellungnahme, da er ansonsten gezwungen sei, die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. zu
verklagen oder die Antragsgegnerin dringend um Rückzahlung seiner anteiligen Hypothek zu ersuchen. Der
Antragsteller nahm die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. erfolglos auf Zahlung eines
Schadensersatz vor dem Landgericht München in Anspruch.
Die Abweisung begründete das Landgericht damit, dass der Antragsteller seinen Schaden nicht ausreichend
dargelegt habe.
Der Antragsteller hat am 19. Januar 2011 seinen Antrag gegen die Antragsgegnerin erhoben. Mit Beschluss
vom 24. Mai 2011 hat das Amtsgericht Hamburg den Antrag zurückgewiesen. Gegen den am 31. Mai 2011
zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 27. Juni 2011 Beschwerde eingelegt und diese bis am 26.
Juli 2011 begründet.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller 63.911,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %
über dem Basiszinssatz seit dem 15. August 2008 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und hilfsweise der Antragsgegnerin gemäß § 95 FamFG i.V.m. §
712 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Antragstellers abzuwenden.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin
einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Zahlung von 28.711,48 € aus § 816 Abs. 2 BGB.
1. Gemäß § 816 Abs. 2 BGB ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten
verpflichtet, wenn an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt wird, die dem Berechtigten gegenüber
wirksam ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. hat eine Leistung an die Antragsgegnerin erbracht.
Unter einer Leistung im Rechtssinne ist unter Berücksichtigung wertender Gesichtspunkte jede bewusste und
zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen (Sprau in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73.
Auflage 2014, § 812 Rn. 14). In ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Leistung vor,
wenn der Grundpfandrechtsgläubiger die Löschung des Grundpfandrechts bewilligt (vgl. BGH, Beschluss vom
9. Mai 2007, IV ZR 182/06, Rn. 8 zitiert nach juris). Vorliegend wurde zwar durch die Bayerische Beamten
Lebensversicherung a.G. gegenüber der Antragsgegnerin nicht die Löschung der Grundschuld bewilligt. Die
Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G. hat aber die Grundschuld auf Anweisung der Antragsgegnerin
an die Sparda-Bank H. eG abgetreten. Darin liegt bei der gebotenen wertenden Betrachtung keine direkte
Leistung der Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. an die Sparda-Bank H. eG. Vielmehr ist dies in
einem ersten Schritt eine ziel- und zweckgerichtete Mehrung des Vermögens der Antragsgegnerin und im
zweiten Schritt eine Leistung an die Sparda-Bank H. eG. Der Übertragung der Grundschuld lag eine
Umschuldung des Kredits der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. zu
Grunde. Die Antragsgegnerin löste den der Grundschuld zu Grunde liegenden Kredit gegenüber der
Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. ab, indem sie einen Kredit bei der Sparda-Bank H. eG
aufnahm und zur Sicherheit die Grundschuld an die Sparda-Bank H. eG übertragen ließ. Die Konstellation
unterscheidet sich wertungsmäßig nicht von dem Fall, bei dem eine Bewilligung der Löschung der
Grundschuld für den Eigentümer eines Grundstücks erteilt wird und anschließend eine neue ranggleiche
Grundschuld bestellt wird. Die Abtretung der Grundschuld erfolgte auf Veranlassung der Antragsgegnerin. Der
Antragsteller hat mit der Abtretung, wie bei einer Löschung, seinen gemeinsam mit der Antragsgegnerin
bestehenden schuldrechtlichen Anspruch auf (teilweise) Rückübertragung der Grundschuld verloren. Die
Antragsgegnerin hat sich damit den Zweck der Sicherungsgrundschuld und ihren Wert alleine zu Eigen
gemacht.
b) Diese Leistung erfolgte an die Antragsgegnerin als Nichtberechtigte. Sie war nicht berechtigt, die Leistung
allein anzunehmen. Der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld ist gemäß § 432 Abs. 1 BGB unteilbar
(vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007, IV ZR 182/06, Rn. 10 zitiert nach juris). Die Bayerische Beamten
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Lebensversicherung a.G. hätte die Grundschuld ausschließlich an die Beteiligten gemeinsam übertragen
dürfen.
c) Die Leistung ist dem Antragsteller gegenüber wirksam. Jedenfalls mit der gerichtlichen Erhebung des
Antrags hat der Antragsteller die Leistung der Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. an die
Antragsgegnerin gemäß § 185 Abs. 1 BGB genehmigt.
d) Die Antragsgegnerin hat gemäß §§ 816 Abs. 2, 818 Abs. 1, 2 BGB den Wert der dem Antragsteller im
Innenverhältnis einzuräumenden Teilgrundschuld in Höhe von 28.711,48 € zu ersetzen. Insoweit war die
Antragsgegnerin Nichtberechtigte.
Die Grundschuld wäre nach dem Sicherungsvertrag von der Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G.
an die Beteiligten gemeinsam in der nicht mehr valutierten Höhe von 63.911,48 € abzutreten gewesen. Die
Grundschuld wäre dann in Teilgrundschulden zu zerlegen gewesen, deren Höhe vom internen
Ausgleichsverhältnis der Beteiligten untereinander gemäß § 426 BGB abhängt.
Nach dem internen Ausgleichsverhältnis hätte dem Antragsteller grundsätzlich die (volle) von der
Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. zurückzuübertragende Teilgrundschuld in Höhe des nicht
mehr valutierenden Betrags von 63.911,48 € zugestanden. Nach der rechtskräftigen Ehescheidung der
Beteiligten sind anders als bei intakter Ehe Ausgleichsansprüche gemäß § 426 Abs. 1 BGB nicht
ausgeschlossen (vgl. Grüneberg in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Auflage 2014, § 426 Rn. 12). Der
Antragsteller hatte allein das Darlehen getilgt.
Die Beteiligten haben hier jedoch etwas anderes im Sinne des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbart. Sie haben
zur Tilgung des Darlehens bei der Bayerischen Beamten Lebensversicherung a.G. eine
Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Die Lebensversicherung war in die Immobilienfinanzierung
eingebunden. Sie sollte wirtschaftlich nicht dem Antragsteller alleine zustehen, sondern zur Tilgung des
Darlehens dienen. Sie ist wirtschaftlich nicht anders zu behandeln, als wenn die vom Antragsteller
entrichteten Raten regelmäßig zur Tilgung des Darlehens eingesetzt worden wären (vgl. OLG Koblenz, Urteil
v. 14. November 2011, 12 U 712/10, Rn. 24 zitiert nach juris; OLG Schleswig, Urteil vom 21. Oktober 2009,
10 UF 169/08, Rn. 30 zitiert nach juris). Dabei kommt es nicht darauf an, dass vorliegend abweichend von
den zitierten Entscheidungen nicht vorgetragen wurde, dass es sich um eine klassische Alleinverdienerehe
handelt. Auch wenn beide Ehegatten über ein eigenes Einkommen verfügen, können sie ihre
Lebensverhältnisse darauf einstellen, dass ein Ehegatte allein z.B. für die Rückzahlung des Darlehens
verantwortlich ist, während der andere Ehegatte andere eheliche Verpflichtungen übernimmt. Entscheidend
ist, dass die Beteiligten sich beim Abschluss des Darlehens darauf verständigt haben, dass eine Tilgung des
Darlehens durch die Lebensversicherung des Antragstellers erfolgt. Davon abweichende spätere
Vereinbarungen etwa im Zusammenhang mit der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten
sind nicht ausreichend konkret vorgetragen worden.
Der Wert der Lebensversicherung ist mit 70.400 € anzusetzen. Maßgebend ist der Zeitpunkt der endgültigen
Auseinandersetzung der Beteiligten am 30. September 2008. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Zahlungen
auf die Lebensversicherung bei der Bemessung des Unterhalts berücksichtigt. Damit beteiligte sich die
Antragsgegnerin an den Zahlungen auf die Lebensversicherung. Jedem der Beteiligten stehen wirtschaftlich
damit 35.200 € zu. Dieser Betrag ist von der für den Antragsteller einzuräumenden Teilgrundschuld in Höhe
von 63.911,48 € abzuziehen.
e) Gemäß §§ 816 Abs. 2, 818 Abs. 2 BGB ist die Antragsgegnerin zum Ersatz des Wertes der
einzuräumenden Teilgrundschuld verpflichtet, weil sie zur Herausgabe des Erlangten durch Wiedereintragung
einer Teilgrundschuld in Höhe von 28.711,48 € außerstande ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1989, IX ZR
145/87, Rn. 35). Die Grundschuld wurde an die Sparda-Bank H. eG abgetreten. Die Antragsgegnerin hat
damit den Wert der eigentlich einzuräumenden Teilgrundschuld in Höhe von 28.711,48 € (63.911,48 € -
35.200 €) an den Antragsteller zu erstatten.
2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Geschuldet sind Zinsen ab Rechtshängigkeit. Die
Voraussetzungen für einen früheren Verzugseintritt gemäß § 286 BGB hat der Antragsteller nicht
vorgetragen. In der E-Mail vom 15. August 2008 liegt keine Mahnung. Eine Mahnung ist eine an den
Schuldner gerichtete Aufforderung des Gläubigers, die geschuldete Leistung zu erbringen (Grüneberg in
Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Auflage 2014, § 286 Rn. 16). Mit der genannten E-Mail hat der
Antragsteller zunächst nachdrücklich um Aufklärung des Sachverhaltes gebeten. Eine Aufforderung zur
Zahlung enthielt die E-Mail nicht.
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3. Der gemäß §§ 95 FamFG, 712 ZPO gestellte Vollstreckungsschutzantrag geht ins Leere. Die
Entscheidung wird gemäß § 116 Abs. 3 S. 1 FamFG mit der Rechtskraft wirksam.