Urteil des OLG Frankfurt vom 03.06.2004

OLG Frankfurt: treu und glauben, abtretungsverbot, versicherungsvertrag, aktivlegitimation, versicherungsnehmer, diebstahl, glaubwürdigkeit, kaskoversicherung, polizei, vollstreckbarkeit

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 141/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 5a Abs 2 S 4 VVG
(Einbeziehung bei der Antragstellung nicht übergebener
Allgemeiner Versicherungsbedingungen in den
Versicherungsvertrag)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 19. Zivilkammer
des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2.5. 03 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Klägerin beträgt € 6.500,-.
Tatbestand
Die Klägerin (Ehefrau des Versicherungsnehmers) hat aus abgetretenem Recht
Ansprüche aus der Kaskoversicherung ihres Ehemannes bei der Beklagten wegen
des Diebstahls eines Motorrads am 3.02 am Messegelände in geltend gemacht.
Hierbei hat sie den Wert des Motorrads (€ 6.500,-) auf der Grundlage des von der
Beklagten eingeholten Wertgutachtens zu Grunde gelegt.
Die Versicherung des Motorrads erfolgte ab 26.2.02 als Nachtrag vom 11.3.02 (Bl.
112ff) zu Versicherungsscheinnummer 111.111.185.120, der ursprünglich mit
Wirkung vom 27.3.01 am 27.4.01 (Bl. 102ff) für einen PKW ausgestellt und mit
Nachtrag vom 11.12.01 (Bl. 110f) unterbrochen worden war.
Der Ehemann der Klägerin zeigte den Diebstahl des Motorrades am 16.3. 02 bei
der Polizei in … an (Bl. 7).
Die Klägerin hat behauptet, das Motorrad ihres Ehemannes sei an diesem Tage in
der Zeit zwischen 14:30 Uhr (Abstellen am Messegelände … wegen Besuchs der
Messe …) und 17:30 Uhr (nicht mehr Vorfinden) gestohlen worden.
Die Klägerin hat weiter behauptet, die Versicherungsbedingungen (AKB) habe Ihr
Ehemann weder bei Antragstellung noch durch Übersendung erhalten, so dass
sich die Beklagte auf das von ihr geltend gemachte Abtretungsverbot (§ 3 Abs. 4
AKB) nicht berufen könne.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe sich nicht vertragstreu verhalten,
weil sie hinter dem Rücken des Ehemannes Ermittlungen geführt habe, um die
Leistungspflicht ablehnen zu können.
Die Beklagte hat die beantragte Klageabweisung außer auf fehlende
Aktivlegitimation der Klägerin wegen des in den AKB enthaltenen
Abtretungsverbots darauf gestützt, dass ihrer Auffassung nach ein vorgetäuschter
Diebstahl vorliege, zumal nach einem von ihr eingeholten Schlüssel-Gutachten ein
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Diebstahl vorliege, zumal nach einem von ihr eingeholten Schlüssel-Gutachten ein
weiterer Schlüssel vorhanden gewesen sein müsse, den weder die Klägerin noch
ihr Ehemann vorgelegt hatten. Insoweit liege wegen fehlender Mitteilung eine
Obliegenheitsverletzung vor, die zur Leistungsfreiheit der Beklagten führe.
Es bestünden deshalb auch Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des
Versicherungsnehmers, so dass das äußere Bild des versicherten Diebstahls nicht
mit der Bezugnahme auf die polizeiliche Anzeige hinreichend dargelegt werden
könne.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils
(§529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 20.06.2003 wegen fehlender
Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen, weil ein einheitlicher
Versicherungsvertrag zwischen den Parteien dadurch zustande gekommen sei
(einschließlich der Versicherungsbedingungen mit Abtretungsverbot), dass
spätestens nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der Erstprämie gemäß § 5a
Abs. Satz 4 VVG das Widerspruchsrecht wegen nicht übergebener .
Versicherungsbedingungen entfallen sei. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn
der Nachtrag vom 11.3. 02 zum bestehenden Versicherungsvertrag als neuer
Antrag gewertet werde.
Mit der hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Berufung bekräftigt die
Klägerin ihre Argumente aus der ersten Instanz und äußert zudem die Auffassung,
dass das Abtretungsverbot auch deshalb nicht greife, weil in einem Schreiben der
Beklagten vom 4.11. 02 (Bl. 16 d.A.) eine endgültige Feststellung der
Versicherungsansprüche zu sehen und die Abtretung erst danach erfolgt sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an
die Klägerin 6.500 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem
21.10.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihre erstinstanzlichen Angriffe gegen die Klage, insbesondere
hinsichtlich der fehlenden Aktivlegitimation und der Obliegenheitsverletzung wegen
unrichtiger Angaben zu den Schlüsselverhältnissen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Der Senat folgt dem Landgericht darin, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert ist,
weil das Abtretungsverbot gemäß § 3 Abs. 4 AKB infolge des Ablaufs der Jahresfrist
nach Zahlung der Erstprämie gemäß § 5a Abs. 4 Satz 4 VVG als vereinbart gilt
(vgl. Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 5a Rn. 46). Dies gilt unabhängig davon, ob
zwischen den Parteien ein einheitlicher Versicherungsvertrag beständen hat, wie
das Landgericht zutreffend annimmt,. oder ob man in dem Nachtrag vom 11.3.02
den Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages sieht, wie die Klägerin meint.
Im ersteren Fall ist die Jahresfrist nach Zahlung der Erstprämie am 31.3.01 und im
letzteren Fall Anfang April 2003 abgelaufen, ohne dass ein Widerspruch des
Versicherungsnehmers erkennbar geworden ist.
Gegen die Wirksamkeit des Abtretungsverbots gemäß § 3 AKB bestehen keine
Bedenken. Es handelt sich weder um eine überraschende noch um eine Klausel,
die den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt (Stiefel / Hofmann,
AKB Kommentar, 17. Auflage, § 3 Rn. 72).
Die Beklagte ist auch nicht gehindert, sich auf das Abtretungsverbot zu berufen,
well die Geltendmachung des Abtretungsverbots von einem Interesse gedeckt
wird, dass im. Zweckbereich der Bestimmung liegt. Das ist vorliegend nicht nur der
Schutz vor einer unbestimmten Vielzahl unbekannter Personen statt des
Vertragspartners, sondern gerade auch der Zweck, eine Vernehmung des
Versicherungsnehmers als Zeugen in Angelegenheiten des
Versicherungsschutzes zu verhindern (Stiefel / Hofmann, § 3 Rn. 80).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vorliegend auch kein Fall bereits
festgestellter Versicherungsansprüche gemäß § 3 Abs. 4 AKB gegeben, auf Grund
dessen das Abtretungsverbot nicht eingreifen könnte. Es fehlt an der
Voraussetzung, dass nämlich die Ansprüche im Verhältnis zwischen Versicherer
und Versicherungsnehmer nach Grund und Höhe festgestellt worden und nicht
mehr anfechtbar sind.
Das Abfindungsangebot der Beklagten vom 4.1 i. 02 beinhaltet eine solche
Feststellung nicht. Vielmehr enthält es in erster Linie die Ablehnung des
Versicherungsschutzes verbunden mit dem befristeten Angebot einer
vergleichsweisen Regelung. Die Ablehnung des Versicherungsschutzes stellt
jedoch das genaue Gegenteil einer Feststellung der .Versicherungsansprüche dar
(Stiefel / Hofmann § 3 Rn. 82).
Zutreffend hat das Landgericht auch einen Verstoß der Beklagten gegen den
Grundsatz von Treu und Glauben verneint.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass angesichts des nicht nachvollziehbar
begründeten Bestreitens der Klägerin hinsichtlich der Anfertigung eines weiteren
Fahrzeugschlüssels die Beklagte zu Recht Zweifel an der Glaubwürdigkeit des
Versicherungsnehmers angemeldet hat, so dass bereits der Nachweis des
äußeren Bildes, eines Motorraddiebstahls, erheblich erschwert sein dürfte und .,
außerdem eine Obliegenheitsverletzung in Betracht kommt.
Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EG ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Absatz 2 ZPO
sind vorliegend nicht gegeben.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.