Urteil des OLG Frankfurt vom 07.07.2000

OLG Frankfurt: gerichtsstand, bindungswirkung, rechtsgrundlage, report, auflage, quelle, zivilprozessrecht, konkursverfahren, konkursgericht, willkür

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Gericht:
OLG Frankfurt 21.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 AR 34/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 S 1 InsO, § 4 InsO, §
36 Abs 1 Nr 6 ZPO, § 281 Abs
2 S 5 ZPO
(Zuständigkeitsbestimmung für ein Insolvenzverfahren:
Bindungswirkung eines fehlerhaften ersten
Verweisungsbeschlusses)
Tenor
Das Amtsgericht Göttingen ist das zuständige Gericht.
Gründe
Der Antragsgegner war Konkursverwalter in dem im Jahre 1998 wegen
Masseunzulänglichkeit eingestellten Konkursverfahren über das Vermögen des in
Göttingen ansässigen ... . Der Antragstellerin steht auf Grund eines
Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Göttingen vom 16.12.98 (4 0
139/98) gegen den Antragsgegner als Konkursverwalter eine Forderung von DM
3.891,80 nebst Zinsen zu, deretwegen im November 1999 ein erfolgloser
Pfändungsversuch stattfand. Wegen dieser Forderung hat die Antragstellerin am
26.1.00 beim Amtsgericht Kassel die Eröffnung des "Konkursverfahrens" gegen
den Antragsgegner als Konkursverwalter beantragt. Das Amtsgericht Kassel hat
die Sache an das Amtsgericht Göttingen verwiesen, welches sich für örtlich
unzuständig erklärt und die Akten dem Senat zur Bestimmung des zuständigen
Gerichts vorgelegt hat.
Gemäß § 4 Insolvenzordnung (InsO) in Verbindung mit § 36 Absatz 1 Nr. 6 ZPO ist
das Amtsgericht Göttingen als das zuständige Gericht zu bestimmen.
Das Amtsgericht Göttingen ist jedenfalls durch den Verweisungsbeschluss des
Amtsgerichts Kassel zuständig geworden, da dieser gemäß § 281 Abs. 2 Satz 5
ZPO § 4 InsO für das Amtsgericht Göttingen als aufnehmendes Gericht bindend
ist. Die Bindungswirkung eines (ersten) Verweisungsbeschlusses, wirkt im
Bestimmungsverfahren nach § 36 Absatz 1 Nr. 6 ZPO fort (Zöller-Vollkommer, 19.
Auflage, Randnummer 28 zu § 36 ZPO; BGH NJW-RR 1993,1091 = EzFamR aktuell
1993, 329). Sie kommt auch fehlerhaften Verweisungsbeschlüssen zu. Denn durch
sie sollen nach Möglichkeit Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Gerichten
vermieden und soll erreicht werden, dass die Gerichte alsbald zu einer
Sachentscheidung gelangen. Die Bindungswirkung entfällt erst, wenn die
Verweisung an ein unzuständiges Gericht auf der Versagung rechtlichen Gehörs
beruht oder jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt und sich daher als willkürlich
erweist (OLG Frankfurt OLG-Report 93, 250 = NJW 93, 2448; BGH NJW-RR 91, 238;
BGH EzFamR ZPO § 281 Nr. 13 und BGB § 11 Nr. 9; BGH NJW 93, 1273; BGH NJW-
RR 94, 126 = FamRZ 94, 437; Fischer NJW 93, 2417 ff). Letzteres kann auch der
Fall sein, wenn der Verweisungsbeschluss keine Begründung enthält und da her
nicht erkennen lässt, ob er auf gesetzlicher Grundlage beruht. Dies ist bei dem
Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Kassel jedoch nicht der Fall. Der
Beschluss lässt erkennen, dass das verweisende Gericht den allgemeinen
Gerichtsstand des "Insolvenzverwalters" dort sieht, wo er seine Tätigkeit
wahrzunehmen hatte und dass deswegen die Verweisung an das seinerzeit
zuständige Konkursgericht, bei dem der Gemeinschuldner seinen allgemeinen
Gerichtsstand hat, erfolgt ist. Die Anknüpfung an den allgemeinen Gerichtsstand
des Antragsgegners als Partei kraft Amtes entspricht § 3 Absatz 1 Satz 1 InsO, da
der Antragsteller seinen "Konkursantrag" ausdrücklich gegen den Antragsgegner
der Antragsteller seinen "Konkursantrag" ausdrücklich gegen den Antragsgegner
"als Konkursverwalter" gerichtet und dies trotz eines gerichtlichen Hinweises des
Amtsgerichts Kassel nicht geändert hat. Ob für den allgemeinen Gerichtsstand des
Konkursverwalters dessen Wohnsitz oder der Sitz der Verwaltung der Masse
maßgeblich ist, ist eine streitige Rechtsfrage (Zöller-Vollkommer, a.a.O.,
Randnummer 15 zu §13 ZPO). Wenn das Amtsgericht Kassel sich der offenbar in
der Kommentarliteratur stärker vertretenen Meinung angeschlossen hat, kann
darin keine Willkür erblickt werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.