Urteil des OLG Frankfurt vom 03.07.2003

OLG Frankfurt: unrichtigkeit, quelle, einzelrichter, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, sozialplan, meinung, hauptsache, dokumentation

1
Gericht:
OLG Frankfurt 25.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
25 W 35/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 319 Abs 1 ZPO, § 60 InsO, §
61 InsO
(Urteilsberichtigung: Offenbare Unrichtigkeit des
Passivrubrums)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen des Beschluß der 7. Zivilkammer -
Einzelrichter - des Landgerichts K. vom 22. April 2003, durch den das Rubrum des
am 17. September 2002 verkündeten Urteils derselben Zivilkammer hinsichtlich
der dort als „Rechtsanwalt Dr. F. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der
….. Anlagenbau GmbH & Co. KG,“ bezeichneten Beklagtenseite dahin berichtigt
worden ist, daß im Passivrubrum die Worte „als Insolvenzverwalter über das
Vermögen der …. Anlagenbau GmbH & Co. KG“ entfallen, wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem
Gegenstandswert von 5.900 € zu tragen.
Gründe
Die Klägerin hat den Beklagten unter der Bezeichnung -Rechtsanwalt Dr. F., ...
Straße ..., K.- auf Feststellung verklagt, daß der Beklagte gegenüber der Klägerin
persönlich zum Schadensersatz verpflichtet ist, soweit der Sozialplananspruch der
Klägerin aus dem Interessenausgleich vom 22. Dezember 1999 aus der Masse
nicht mehr bedient werden kann. Ausweislich der Klageschrift nimmt die Klägerin
den Beklagten wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflichten als
Insolvenzverwalter zum Nachteil der Beklagten auf Schadensersatz nach §§ 60, 61
Insolvenzordnung in Anspruch, weil er sie nicht in einem Sozialplan
(Interessenausgleich) als abfindungsberechtigt berücksichtigt habe; insoweit hafte
der Beklagte -persönlich- (so auch im Schriftsatz vom 9.7.2002, Bl. 78 d.A.). Daß
die §§ 60, 61 Insolvenzordnung die persönliche Haftung des Verwalters betreffen,
zieht auch der Beklagte nicht in Zweifel (Bl. 2 der Klageerwiderung, Bl. 67 d.A.); er
hat freilich die Auffassung vertreten, die von Klägerseite angenommene
persönliche Haftung nach §§ 60, 61 InsO sei vorliegend nicht begründet. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Im Urteilseingang wird als Beklagter
bezeichnet: -Rechtsanwalt Dr. ... als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ...
Anlagenbau GmbH & Co. KG, ... -Straße, K.-. Ausweislich des Tatbestanden (Bl.
165 d.A.) geht das Urteil davon aus, daß der -Beklagte als Insolvenzverwalter
persönlich in Anspruch genommen- werde; die Meinung der Klägerin, -der Beklagte
hafte nach §§ 60, 61 InsO persönlich-, sei -so die Entscheidungsgründe- auch
zutreffend, da der Beklagte die Pflichten eines ordentlichen Insolvenzverwalters
verletzt habe. Nachdem auf Antrag der Klägerin Kostenfestsetzungsbeschluß
gegen den Beklagten unter der Bezeichnung -Rechtsanwalt Dr. ..., ... Straße , K.-
ergangen war, hatte der Beklagte dagegen mit der sofortigen Beschwerde geltend
gemacht, der Kostenfestsetzungsbeschluß sei gegen die falsche Partei ergangen,
da laut Beklagtenrubrum die Kostengrundentscheidung (Urteil des Landgerichts
Kassel vom 17.9.2002) nicht gegen Rechtsanwalt Dr. F. als natürliche Person,
sondern gegen Rechtsanwalt Dr. F. als Insolvenzverwalter ergangen sei. Daraufhin
hat die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts K. vom 17. September
2002 im Passivrubrum dahingehend zu berichtigen, daß beim Beklagten der
Zusatz -als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... Anlagenbau GmbH &
2
3
Zusatz -als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... Anlagenbau GmbH &
Co. KG- gestrichen wird. Das Landgericht hat dem Antrag mit dem angefochtenen
Beschluß vom 22. April 2003 stattgegeben; die Berichtigung sei nach § 319 ZPO
wegen offensichtlicher Unrichtigkeit begründet; die richtige Parteibezeichnung -
ohne den Zusatz- ergebe sich aus der Klageschrift, der Kläger bestimme aber,
wen er verklage; die Änderung des Rubrums sei auch nicht mit Willen des
erkennenden Richters geschehen, sondern von diesem übersehen worden; schon
am Anfang des Tatbestandes des Urteils sei klargestellt worden, daß der Beklagte
persönlich in Anspruch genommen werde.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Berichtigungsbeschluß ist
nach § 319 Abs. 3 (a. E.) ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Sie bleibt in der
Sache aber ohne Erfolg, da das Landgericht das Passivrubrum zu Recht dahin
berichtigt hat, daß der Beklagte persönlich verurteilt worden ist. Bei der
Falschbezeichnung des Beklagten im Passivrubrum des Urteils vom 17.
September 2002 handelte es sich um eine -offenbare- Unrichtigkeit (§ 319 Abs. 1
ZPO). Beide Parteien haben, wie sich aus den oben zitierten Schriftsätzen ergibt,
in der ersten Instanz ausschließlich um die Haftung des Beklagten nach §§ 60, 61
InsO gestritten. Daß die Haftung des Insolvenzverwalters nach §§ 60, 61 InsO eine
persönliche Haftung des Verwalters begründet, ist unbestritten (vgl. etwa
Münchener Kommentar, Brandes, 2001, Rdn. 1 zu §§ 60, 61 InsO), wie dies auch
für den Vorläufer der Bestimmung, § 82 Konkursordnung, anerkannt war (BGHZ
85, 75, 77). Die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters nach §§ 60, 61 InsO
bedeutet, daß die Person, die das Amt des Insolvenzverwalters ausübt, mit ihrem
persönlichen Vermögen auf Schadensersatz haftet, ohne daß es darauf ankommt,
ob daneben etwa auch die Insolvenzmasse haftet. Daß der Beklagte persönlich auf
Schadensersatz in Anspruch genommen wurde, hat die Klägerin
unmißverständlich in der Bezeichnung der Beklagtenseite schon im Klagerubrum,
aber auch sonst an mehreren Stellen deutlich gemacht. Der Beklagte hat dies
auch richtig dahin verstanden, daß er persönlich in Anspruch genommen werde,
denn die Klageerwiderung beschäftigt sich ab II (Bl. 67 d.A.) gerade damit, daß
eine persönliche Haftung des Beklagten aus §§ 60, 61 InsO nicht bestehe. Diesen
Sachverhalt hat auch das Landgericht ausweislich des Tatbestandes nicht
verkannt, denn der Tatbestand umschreibt den Streitgegenstand dahin, daß der
Beklagte als Insolvenzverwalter -persönlich in Anspruch genommen- werde.
Allerdings hat das Landgericht im übrigen -dies ist der Beschwerdebegründung
zuzugeben- nicht mehr mit der gebotenen Deutlichkeit zwischen dem Beklagten
persönlich und dem Beklagten in seiner Rolle als Amtswalter unterschieden.
Gleichwohl ist auch in der landgerichtlichen Entscheidung klar zum Ausdruck
gekommen, daß das Gericht nur den allein streitgegenständlichen Streit um die
persönliche Haftung des Beklagten nach §§ 60,61 InsO entscheiden wollte und ihn
gegen den Beklagten entschieden hat. Unter diesen Umständen stellt die falsche,
mindestens sehr mißverständliche Bezeichnung des Beklagten im Passivrubrum
des Urteils eine für alle Beteiligten offenbare Unrichtigkeit dar, die deshalb nach §
319 Abs. 1 ZPO korrigiert werden darf und korrigiert werden muß.
Da der Beklagte mit seinem Rechtsmittel unterliegt, hat er nach § 97 ZPO dessen
Kosten zu tragen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ergibt sich aus § 3 ZPO;
er beschränkt sich nicht auf das Kosteninteresse, obwohl das Verfahren durch den
obengenannten Kostenfestsetzungsbeschluß ausgelöst wurde. Mit der sofortigen
Beschwerde möchte der Beklagte nämlich nicht nur die Belastung mit dem sich
aus dem Urteil ergebenden Kosten vermeiden, sondern auch seine persönliche
Haftung in der Hauptsache abwehren.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.