Urteil des OLG Frankfurt vom 28.05.2007
OLG Frankfurt: kontradiktorisches verfahren, rechtliches gehör, hauptsache, geschäftsführer, bruchteil, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, eltern, befangenheit
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Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 23/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 42 ZPO, § 91 ZPO, § 567
ZPO
Kostentragungspflicht im Beschwerdeverfahren über
Richterablehnung; Höhe des Streitwerts
Leitsatz
1. Bei einer im Beschwerderechtszug erfolgreichen Richterablehnung sind die Kosten
des Beschwerdeverfahrens solche des Rechtsstreits; sie sind weder dem Gegner noch
der Staatskasse aufzuerlegen.
2. Der Senat hält für eine derartige Beschwerde den vollen Streitwert des
Hauptsacheverfahrens für unangemessen; er setzt ihn regelmäßig auf einen Bruchteil
des Werts des Hauptsacheverfahrens an (hier: 25 %).
Tenor
Der als Gehörsrüge zu wertende Antrag der Beklagten vom 14.05.2007, die Kosten
des mit Senatsbeschluss vom 07.05.2007 erfolgreichen Beschwerdeverfahrens auf
Ablehnung des Richters am Landgericht ... dem Kläger oder hilfsweise der
Staatskasse aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Auf die als Gehörsrüge zu wertende Eingabe der Bevollmächtigten der Beklagten
wird der Beschluss des Senats vom 07.05.2007 dahingehend abgeändert, dass
der Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 16.892,50 € festgesetzt wird.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter der im Rubrum genannten Schuldnerin
den Beklagten zu 1) als Geschäftsführer bzw. faktischen Geschäftsführer der
Schuldnerin - eines Sportstudios - in Haftung für nicht rechtmäßiges Verhalten in
der Krise; u.a. sei auch ein Darlehensbetrag von 15.000 € an die Beklagten zu 2)
und 3), seine Eltern, zurückgezahlt worden.
Mit Senatsbeschluss vom 07.05.2007 hat der Senat auf die Beschwerde der
Beklagten hin deren Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Landgericht ... für
begründet erklärt. Von einer Kostenentscheidung hat der Senat abgesehen und
dazu ausgeführt, eine solche sei bei einer - wie hier - erfolgreichen Beschwerde mit
dem Ziel der Richterablehnung nicht veranlasst. Gesonderte Gerichtskosten für
das Beschwerdeverfahren fielen nicht an (vgl. GKG-KV 1812), und die
außergerichtlichen Kosten seien solche des Rechtsstreits (Zöller-Vollkommer,
ZPO, 26. Aufl. 2007, § 46 Rn. 20; Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 46 Rn.
20; OLG Frankfurt am Main NJW-RR 1997, 1084, 1085); es wäre unbillig, angesichts
der nur quasi-kontradiktorischen Natur des Ablehnungsverfahrens die Kosten des
Ablehnungsverfahrens dem an der erfolgreichen Ablehnung nicht beteiligten
Gegner aufzuerlegen. Außerdem hat der Senat den Beschwerdewert auf 10% des
Hauptsachestreitwerts festgesetzt.
Gegen beides wendet sich die Beklagtenseite mit ihrer am 14.05.2007
eingegangenen Eingabe. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien dem Gegner
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eingegangenen Eingabe. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien dem Gegner
oder hilfsweise wegen falscher Sachbehandlung der Staatskasse aufzuerlegen. Als
Wert des Beschwerdeverfahrens sei der Wert der Hauptsache anzusetzen.
II.
1. Die Eingabe ist als Gehörsrüge aufzufassen, und zwar bezüglich der
Kostenentscheidung als eine solche nach § 321 a ZPO, bezüglich des Streitwerts
als eine solche nach § 69 a GKG. Zu letzterer versteht der Senat die Ausführungen
in der Eingabe vom 14.05.2007 dahingehend, dass die Bevollmächtigten der
Beklagten diese Eingabe, welche auf die Festsetzung eines höheren Streitwerts
gerichtet ist, im eigenen Namen erheben; sie ist demgemäß aufgrund § 32 Abs. 2
RVG statthaft.
2. Die Gehörsrüge zur Kostenentscheidung hat keinen Erfolg. Es verbleibt dabei,
dass bei einer - wie hier - erfolgreichen Beschwerde mit dem Ziel der
Richterablehnung eine Kostenentscheidung nicht veranlasst ist, sondern die
insoweit allein anfallenden außergerichtlichen Kosten als solche des Rechtsstreits
zu behandeln sind.
a) Zum einen sind die Kosten nicht dem Gegner des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Auch wenn der Gegner sich am Beschwerdeverfahren beteiligt, handelt es sich
nicht um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen den Parteien des
Rechtsstreits; die Formulierung, dass es sich um ein quasi-kontradiktorisches
Verfahren handele, bringt zum Ausdruck, dass in einer Ablehnungssache auch
dem Gegner rechtliches Gehör zu gewähren ist, da es auch für ihn um den
gesetzlichen Richter geht. Selbst wenn er sich aus seiner Sicht gegen die
Ablehnung des Richters wendet, unterliegt er aber nicht in diesem selbständigen
Zwischenverfahren. Die von den Beklagten angeführte Entscheidung des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in NJW-RR 1986, 740 besagt lediglich, dass
der Gegner, wenn er zum Ablehnungsgesuch Stellung nimmt, insoweit Erstattung
seiner außergerichtlichen Kosten als solche der notwendigen Rechtsverteidigung
im Sinne von § 91 ZPO verlangen kann. Offenbar missverstehen die Beklagten die
Bedeutung der Formulierung des Senats, dass die Kosten des
Beschwerdeverfahrens solche des Rechtsstreits seien. Dies bedeutet nicht, dass
diese der erfolgreiche Ablehnungsführer zu tragen hätte, sondern dass sie Teil der
Kosten des Rechtsstreits insgesamt werden. Daran ist aus den vorgenannten
Gründen festzuhalten. Anders ist die rechtliche Situation zu beurteilen, wenn eine
auf Ablehnung eines Richters gerichtete Beschwerde zurückgewiesen wird; dann
handelt es sich um ein ohne Erfolg gebliebenes Rechtsmittel, dessen Kosten in
entsprechender Anwendung des § 97 ZPO der Rechtsmittelführer zu tragen hat;
dies ist aber nicht der hier in Rede stehende Sachverhalt.
b) Ebensowenig sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse
aufzuerlegen. Denn eine entsprechende Norm existiert nicht. Insbesondere ist
nicht § 21 GKG einschlägig, der eine solche Möglichkeit nur bei unrichtiger
Sachbehandlung und auch dann nur in sehr engen Grenzen (vgl. Hartmann,
Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 21 GKG Rn. 8 ff) vorsieht. Hiermit ist der Fall einer
erfolgreichen Richterablehnung nicht vergleichbar; auch eine analoge Anwendung
der Vorschrift kommt nicht in Betracht.
3. Auf die Gehörsrüge der Bevollmächtigten der Beklagten sieht der Senat
Veranlassung, den Beschwerdewert statt auf 10% nunmehr auf 25% des Werts des
Hauptsacheverfahrens festzusetzen. Wie der Gegenstandswert in einer
Ablehnungssache anzusetzen ist, wird erheblich kontrovers diskutiert (vgl. im
einzelnen Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 3 Rn. 16 „Ablehnung eines
Richters“; Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., Anh. I § 48 [§ 3 ZPO] Rn. 10).
Maßstab hat zu sein das Interesse einer Partei an einer Entscheidung des
Rechtsstreits durch einen unbefangenen Richter. Der Senat sieht die Auffassung,
dass damit der Streitwert gleich dem Hauptsachewert anzusetzen sei (zuletzt BGH
IX ZB 60/06, BGHReport 2007, 357 [juris Rn. 13]), nicht als gerechtfertigt an. Denn
aus der Tatsache, dass eine Besorgnis der Befangenheit zu bejahen war, folgt
nicht, wie der mit Erfolg abgelehnte Richter die Sache letztlich entschieden hätte.
Es erscheint daher sachgerecht, einen nach § 3 ZPO zu schätzenden Bruchteil des
Werts der Hauptsache anzusetzen. Diesen hat der Senat in seinem Beschluss
vom 07.05.2007 auf 10% des Streitwerts der Hauptsache festgesetzt. Daran hält
der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr fest. Vielmehr erscheint es
ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als gerechtfertigt,
diesen hier mit 25% des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens anzunehmen.
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diesen hier mit 25% des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens anzunehmen.
Zwar handelt es sich auch hierbei um einen eher „gegriffenen“ Wert; andererseits
sollte das Interesse einer Partei an der Entscheidung der Sache durch einen
unbefangenen Richter nicht dadurch dem Eindruck einer Geringschätzung
unterliegen, dass der Wert des Beschwerdeverfahrens niedrig angesetzt wird.
4. Eine Kostenpflicht für die vorliegende Entscheidung über die Gehörsrüge ergibt
sich, soweit sich diese dagegen wendet, dass der Senatsbeschluss vom
07.05.2007 ausdrücklich keine Kostenentscheidung getroffen hat, aus GKG-KV
1812 in Höhe von 50 €, da diese Gehörsrüge zurückgewiesen wurde; soweit die
Gehörsrüge sich gegen die Streitwertfestsetzung richtet, ist diese kostenfrei (§§ 1,
69 a Abs. 6 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.