Urteil des OLG Frankfurt vom 12.09.2002

OLG Frankfurt: drogerie, internet adresse, behinderung, begriff, registrierung, verbraucher, inhaber, verfügung, mitbewerber, geschäftsbetrieb

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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 128/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 226 BGB, § 826 BGB, § 1004
BGB, § 1 UWG, § 3 UWG
(Internet-Domain: Ansprüche eines Drogistenverbands
gegen die Domain "drogerie.de")
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. März 2001 verkündete Urteil der
12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Klage wird - auch mit den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträgen -
auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags
abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beschwer beträgt 102.258,37 € (= 200.000,-- DM).
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Unterlassungs- und Löschungsansprüche wegen der
Internet- Domain www.drogerie.de. Der Kläger ist der Verband Deutscher
Drogisten e.V., zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die
berufsständischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen seiner Mitglieder zu
vertreten. Ihm gehören nach seinem Vortrag über 3500 der insgesamt ca. 5.000
deutschen Drogerien an. Im Internet tritt er unter der Domain
"www.drogistenverband.de" auf. Seit 1997 gibt der Kläger die Verbandszeitschrift
"Drogerie & parfümerie" heraus, für die er Titelschutz in Anspruch nimmt. Der
Kläger möchte dieses Mitgliederforum auch im Internet anbieten und ist deshalb
an einer "griffigen" Internet-Adresse interessiert. Die Beklagte zu 1. ist Inhaberin
der Internet-Domain "www.drogerie.de", der Beklagte zu 2. ist als Geschäftsführer
der Beklagten zu 1. gegenüber der D. e.G., Frankfurt, als administrativer
Ansprechpartner benannt. Die Beklagte zu 1. handelt mit Baustoffen. Sie unterhält
daneben unter der Bezeichnung T. bzw. der Internet-Adresse ... einen
Geschäftsbetrieb, in dessen Rahmen sie elektronische Mehrwertdienstleistungen
und elektronische Werbung (sog. e-publishing) anbietet. Sie hält seit einigen Jahren
über 2.000 Internet-Adressen, die häufig gebräuchliche Gattungsbezeichnungen
enthalten, wie "apotheke-online.de", "versicherungsliste.de", "wohnungen.de",
"tagesmutter.de". Neben der streitgegenständlichen Domain hält die Beklagte
noch weitere Domains mit dem Bestandteil "drogerie": "drogeriebedarf.de",
"drogerieonline.de", "drogerie-online.de". Nach eigenem Vortrag möchte die
Beklagte zu 1. einen Internet-Führer aufbauen, der auf der Basis sog.
Begriffsportale Informationen zu den in der jeweiligen Internet- Domain genannten
Begriffen sammeln und veröffentlichen soll. Gerichtsbekannt war die Beklagte zu 1.
an mehreren Rechtsstreitigkeiten beteiligt, in denen ihr vorgeworfen wurde, die
registrierten Internet-Domains zu blockieren, um sie an die Inhaber
korrespondierender Zeichenrechte lizenzieren oder veräußern zu können. Der
"Auftritt" der Internet-Domain "www.drogerie.de" wurde im Verlauf des
Rechtsstreits zweimal verändert:
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Bei Klageerhebung war die streitbefangene Internet-Domain unter Zuhilfenahme
der sog. Routing-Technik so geschaltet, dass der Internet-Nutzer auf die Internet-
Site "www.paeffgen.com" geführt wurde. Dort wurde ihm mitgeteilt, die Internet-
Domain sei noch nicht aktiv. Weiter hieß es: "...Bis es soweit ist, können Sie unser
Vorhaben im Internet-fuehrer.de verfolgen ! Mehr als 2.000 Domains stehen Ihnen
zur Verfügung.....". Darunter wurde die kostenpflichtige Gewährung einer E-Mail -
Adresse bzw. Subdomain angeboten. (Abl. Bl. 44 d.A.). Unter dem 12. Februar
2002 eröffnete sich dem Internet Nutzer die Ankündigung, unter der Internet-
Domain "www.drogerie.de" werde zukünftig ein Internet-Portal errichtet, mit
Informationen über Drogerien im Internet und zur rechtlichen Behandlung des
Versandhandels von chemisch-pharmazeutischen Produkten und Arzneimitteln
etc. Es bestünde für alle interessierten Firmen und Personen die Möglichkeit,
kostenlose Eintragungen in dafür vorgesehenen Rubriken zu erlangen (Abl. Bl. 86
d.A.)
Am 20. 2. 2002 trat die Domain nochmals geringfügig geändert auf, und kündigte
an, Informationen und Inhalte zu diesem Begriff veröffentlichen zu wollen (Abl. Bl.
242 d.A.) Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagten behinderten ihn und seine
Mitgliedsfirmen in der sachgerechten Nutzung des Domain-Namens und
täuschten die Internet -Nutzer über den Inhalt ihres Angebots. Wegen des
besonderen Vertrauens, dass Verbraucher dem Begriff "Drogerie"
entgegenbrächten, erwarte ein Internet- Nutzer unter der streitbefangenen
Internet-Adresse fachbezogene Informationen, die von einem Drogisten stammten
oder zumindest von einem Drogisten redigiert oder zusammengestellt worden
seien. Dies könne die Beklagte zu 1. als fachfremdes Unternehmen nicht
gewährleisten.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1. an ihrem
Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken, unter der Domain drogerie.de ohne
unterscheidungskräftigen Zusatz im Internet aufzutreten und/oder diese Domain
selbst oder durch Dritte zu gebrauchen/ gebrauchen zu lassen,
2. gegenüber der D. e.G. einen Verzicht auf die Domain drogerie.de zu erklären.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie halten die Internet-Domain "www.drogerie.de" für einen legitimen Bestandteil
ihrer oben dargestellten Geschäftsstrategie. Eine Behinderung des Klägers liege
nicht vor. Sie würden ihm nämlich auf seinen sachdienlichen Antrag hin gestatten,
an der Internet-Domain zu partizipieren. Eine Irreführungsgefahr sei nicht
ersichtlich. Es stehe ihr offen, ein redaktionell betreutes Internet-Portal zu
errichten.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung des
Unterlassungsanspruchs hat das Gericht ausgeführt, mit der Verwendung der
Domain verstoße die Beklagte zu 1. gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG.
Der Internet-Nutzer erwarte unter www.drogerie.de eine sach- und fachkundige
Unterstützung bei der Suche nach Informationen zum Thema Drogerie. Dazu sei
es erforderlich, dass die eingestellten Informationen durch einen Berufsträger
redaktionell bearbeitet würden, was die Beklagten mit ihrem Geschäftskonzept
nicht sicherstellen könnten. Der durch die Irreführung hervorgerufene
wettbewerbswidrige Zustand rechtfertige einen Verzicht auf die Internet-Domain.
Die Beklagten haben form- und fristgerecht Berufung gegen das landgerichtliche
Urteil eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung
weiterverfolgen.
Sie rügen die rechtliche Würdigung des Landgerichts zur Irreführungsgefahr und
vertreten die Auffassung, im Streit um die Rechte an einer Internet-Domain dürfe
es nicht auf etwaige Inhalte unter dieser Domain ankommen. Momentan könne die
streitbefangene Domain ohnehin nicht zu einer relevanten Beeinträchtigung des
Wettbewerbs führen, weil täglich lediglich ca. 35 Zugriffe erfolgten. Im übrigen
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Wettbewerbs führen, weil täglich lediglich ca. 35 Zugriffe erfolgten. Im übrigen
prüften sie die Wertigkeit der angemeldeten Beiträge für das unter
"www.drogerie.de" geplante Internet-Archiv. Auch der Vorwurf einer Behinderung
des Klägers oder seiner Mitglieder sei unbegründet. Die Beklagten verweisen auf
ihre zwischenzeitlich registrierte deutsche Wort-/Bildmarke DROGERIE.DE (Nr. 301
10 473, Abl. Bl. 149 d.A.) und behaupten, sie wollten selbst in Eigenregie
Drogeriewaren vertreiben bzw. sog. "Subdomains" zum Verkauf von Drogerie-
Artikeln unter dieser Marke vergeben, um einen Online-Shop mit Drogerie-Artikeln
zu errichten. Mit ihrem Geschäftszweig der elektronischen Dienstleistungen erziele
die Beklagte zu 1. bereits Jahresumsätze in sechsstelliger Höhe. Der klägerische
Vorwurf, sie hätten die Domain "www.drogerie.de" nur zur späteren Veräußerung
reserviert, entbehre daher jeglicher Grundlage. Im übrigen sei bereits eine große
Anzahl von Internet-Domains rund um den Begriff "drogerie" durch dritte Personen
registriert worden (Abl. Bl. 309-310 d. A.), weswegen man ihnen auch nicht
vorwerfen könne, sie würden den Begriff im Internet "blockieren".
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel im
geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu unterlassen, unter der Domain
drogerie.de im Internet aufzutreten und/oder diese Domain selbst oder durch
Dritte zu gebrauchen /gebrauchen zu lassen,
- wenn der/die Anbieter der unter der Domain bereitgestellten Informationen nicht
selbst Drogist(en) ist/sind, oder
- die unter der Domain bereitgestellten Informationen nicht vor ihrer Verbreitung
inhaltlich durch einen Drogisten geprüft werden.
Soweit der Kläger den Beklagten eine Irreführung vorwirft, bestreitet er die von
ihnen behaupteten "Zugriffs"zahlen und hält eine wettbewerbsrechtlich relevante
Irreführung für gegeben. Er verweist darauf, dass der Beruf des Drogisten ein
staatlich anerkannter Ausbildungsberuf sei, weswegen Internet-Nutzer seines
Erachtens nach von "www.drogerie.de" eine virtuelle Informationsbasis erwarteten,
unter der sie fachgerecht beraten würden. Die streitbefangene Domain würde
dieses Verbot der "Domainwahrheit" verletzen und zugleich den Berufsstand der
Drogisten diskreditieren. Zum Geschäftsbetrieb einer Drogerie gehöre auch der
Verkauf freiverkäuflicher Arzneimittel, der jedoch nach dem Arzneimittelgesetz
bestimmten Zulassungsvoraussetzungen unterliege. Wenn die Beklagte zu 1. eine
Online -Drogerie betreiben wolle, so müsse sie einen während der
"Ladenöffnungszeiten" präsenten Drogisten beschäftigen, weil sie nach § 50
Arzneimittelgesetz nur dann berechtigt sei, freiverkäufliche Arzneimittel
anzubieten. Die Beklagte zu 1. habe nicht dargelegt, dass sie diese
Voraussetzungen erfüllen könne.
Im übrigen bestreitet der Kläger unter Berufung auf die "Zugriffs"zahlen der
Beklagten ihre ernsthafte Absicht, die Domain für eigene Zwecke zu benutzen. Die
meisten der angemeldeten Domains seien inaktiv, angesichts des von den
Beklagten zusammengekauften "Gemischtwarenladens" könne auch nicht
angenommen werden, dass neben dem sog. Domain-Grabbing ein ernsthafter
Geschäftsbetrieb beabsichtigt sei. Auch die - im übrigen bösgläubige -
Markenanmeldung könne daran nichts ändern, weil die angemeldeten Waren und
Dienstleistungen nicht mit der Internet-Domain korrespondieren würden.
Zuletzt werfe er den Beklagten auch eine gezielte Behinderung seiner Person
sowie seiner Mitglieder vor. Spätestens mit Aufnahme des Rechtsstreits hätten die
Beklagten das Ziel verfolgt, durch wechselnde Einlassungen ihre Domain zu
erhalten, obwohl ihnen bekannt gewesen sei, dass er zur Ausdehnung seines
Verbandsorgans "Drogerie & parfümerie" ein legitimes Interesse an der Nutzung
der Internet-Domain habe.
II.
Das Rechtsmittel der Beklagten ist begründet. Dem Kläger stehen gegen die
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Das Rechtsmittel der Beklagten ist begründet. Dem Kläger stehen gegen die
Beklagten keine Unterlassungs- beziehungsweise Löschungsansprüche im Hinblick
auf die Internet-Domain "www.drogerie.de" zu.
1. Kennzeichenrechtliche Ansprüche aus §§ 15 Abs. 2, 5 Abs. 3 Markengesetz
wegen einer Verletzung des Werktitels seiner Verbandszeitschrift "Drogerie &
parfümerie" kann der Kläger mangels einer Verwechslungsgefahr zwischen dem
Titel und der streitbefangenen Internet-Domain nicht geltend machen. Er hat
deshalb im Senatstermin klargestellt, dass er durch die Berufung auf seine
Titelschutzrechte seine individuellen Interessen im Hinblick auf die geltend
gemachten Ansprüche nach § 1 UWG bzw. § 826 BGB untermauern wolle.
2. Mit Recht hat das Landgericht Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt einer individuellen Behinderung des Klägers abgelehnt.
a) Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis im Hinblick auf die
vom Kläger herausgegebene Verbandszeitschrift "Drogerie und parfümerie". Im
Rahmen dieser Aktivität eröffnet der Kläger nämlich Werbemöglichkeiten für
Unternehmen, die Drogerie-Artikel anbieten (z.B. Kosmetik-Hersteller). Die
Beklagte zu 1. will auf ihrer Web-Site "www.drogerie.de" allen branchennahen
Firmen Präsentationsfläche einräumen und ihnen die Möglichkeit eröffnen,
sachverwandte Produkte zu vertreiben. Damit tritt sie - unabhängig von einer
Entgeltlichkeit ihres Angebots - insoweit in unmittelbare Konkurrenz zum Kläger.
(vgl. dazu LG Hamburg GRUR-RR 2002, 267, 268 - schuhmarkt.de).
b) Eine individuelle Behinderung des Klägers liegt nicht vor. Der Bundesgerichtshof
hat in der hier maßgeblichen Grundsatzentscheidung vom 17. Mai 2001 (WRP
2001, 1286 ff.= GRUR 2001, 1061 ff - Mitwohnzentrale) festgestellt, dass die
Registrierung und Nutzung eines beschreibenden (generischen) Begriffs als
Internet-Domain grundsätzlich noch keine unzulässige Behinderung der
wettbewerbsrechtlichen Entfaltungsmöglichkeiten von Mitbewerbern darstellt. Da
jede Wettbewerbshandlung den Spielraum der Mitbewerber beeinträchtige, werde
erst dann die Grenze des Zulässigen überschritten, wenn ein Mitbewerber gezielt
an seiner Entfaltung im Internet gehindert wird, um ihn zu verdrängen, oder wenn
er seine Leistung im elektronischen Geschäftsverkehr durch eigene Anstrengung
nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (BGH WRP 2001,
1286, 1288 = GRUR 2001, 1061, 1062 - Mitwohnzentrale). Eine Behinderung des
Klägers im Hinblick auf seinen Verbandsnamen "Verband Deutscher Drogisten" ist
nicht ersichtlich. Der Kläger "firmiert" bereits im Internet unter seiner Internet-
Domain "drogistenverband.de". Das Landgericht hat außerdem zutreffend
ausgeführt, dass der Kläger daneben noch die Möglichkeit hätte, an der Internet-
Domain "www.drogerie.de" zu partizipieren, indem er unter "www.VDD.drogerie.de"
eine sog. Sub -Domain eröffnet. Dass sich die Beklagten gezielt an der
Verbandszeitschrift des Klägers "Drogerie & parfümerie" orientiert hätten, lässt
sich ebenfalls nicht feststellen, denn dieses Organ ist bestenfalls in Fachkreisen
bekannt. Den Beklagten kam es vielmehr darauf an, eine große Anzahl
unterschiedlicher generischer Begriffe zu registrieren, wie ihre Internet-Domains
"apotheken-online.de", "feinkostdiscount.de" und "versicherungsliste.de" beweisen.
Dem Kläger stehen zumutbare Ausweichmöglichkeiten für die geplante Online-
Erweiterung seiner Verbandszeitschrift zur Verfügung. Der Werktitel seiner
Fachmitteilungen setzt sich aus den beiden beschreibenden Teilen "Drogerie" und
"parfümerie" zusammen. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, warum der Kläger
darauf angewiesen wäre, die Online -Version seiner Fachmitteilungen künftig nur
unter "www.drogerie.de" zu verbreiten. Hinzu kommt, dass ihm mit der eigenen
Internet- Adresse "drogistenverband.de" eine geeignete Plattform zur Verfügung
steht, von der aus ein interessierter Internet-Nutzer diese Online-Version auffinden
könnte und wo er sie am ehesten erwarten würde.
3. Dem Kläger steht gegen die Beklagten wegen der Registrierung der Internet-
Domain "www.drogerie.de" auch kein Unterlassungsanspruch aus §§ 826, 226,
1004 BGB zu. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine sittenwidrige und in
Schädigungsabsicht vorgenommene Behinderung vorliegen, wenn die
Registrierung oder die Aufrechterhaltung einer Internet-Domain mit dem Ziel
erfolgt, einen Dritten in der Ausübung seiner berechtigten Interessen zu behindern
und sich durch den Verkauf bzw. die Lizenzierung der Internet-Domain zu
bereichern (Senatsentscheidungen WRP 2000, 645 - weideglück.de; MMR 2001,
696 - weltonline. de; CR 2001, 620 - praline-tv.de; vgl. dazu auch LG Düsseldorf
MMR 2002, 126 - literaturen.de; Köhler/Piper UWG, 3. Aufl. Rn 429 zu § 1 UWG
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MMR 2002, 126 - literaturen.de; Köhler/Piper UWG, 3. Aufl. Rn 429 zu § 1 UWG
m.w.N.; Viefhues MMR Beilage 8/2001).
a) Es kann offen bleiben, ob die Beklagten ihre Internet-Domain zu
Spekulationszwecken angemeldet haben und sie nun aufrechterhalten, um sie an
den Meistbietenden "zu verhökern". Nach den vom Kläger dargelegten Indizien
lässt sich dies nicht ohne weiteres ausschließen. Immerhin hat die Beklagte zu 1.
von ihren unzähligen Domains erst ca. 15 - 20 für Begriffsportale genutzt und noch
nicht erklärt, wie sie die Vielzahl unterschiedlicher Internet-Angebote überwachen
und deren Inhalte überprüfen will. Sie muss sich auch ihre Beteiligung an
zahlreichen Rechtsstreitigkeiten wegen Kennzeichenverletzungen durch ihre
Internet- Domains vorhalten lassen. Die streitbefangene Internet-Domain war
schon vor Klageerhebung seit längerer Zeit "im Aufbau". Gleiches gilt für die
parallelen Internet- Domains "drogerie-online.de" und "drogerie-bedarf.de". Die
Vermarktungspläne der Beklagten sind während des Rechtsstreits mehrfach
modifiziert und in vermeintlichem Vorgriff auf Argumente der Prozessgegenseite
"angepasst" worden. Sie wurden bis heute noch nicht hinlänglich substantiiert und
konkretisiert. Die Tatsache, dass die Beklagte zu 1. unter anderen Internet-
Domains bereits Begriffsportale errichtet hat, schließt es nicht aus, dass sie
einzelne Internet-Adressen veräußert, um ihre beträchtlichen Investitionskosten zu
finanzieren.
b) Dies allein würde jedoch das Verhalten der Beklagten nicht sittenwidrig machen.
Das Sammeln unterschiedlicher Internet-Domains mit dem Ziel, sie später
gewinnbringend zu verkaufen oder zu lizenzieren ist als solches
wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, weil sich der Domain-Inhaber nur die
Vorteile sichert, die er durch seinen schnellen Zugriff bei der D. e.G. erlangt hat.
Der Bundesgerichtshof hat in der oben zitierten Entscheidung ausdrücklich
klargestellt, dass bei dem von der D. e. G. praktizierten Registrierungsverfahren
allein das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität über die Registrierung eines
Gattungsbegriffs entscheidet , weswegen der Vorteil eines Wettbewerbers, der
anderen bei der Registrierung zuvorgekommen ist, grundsätzlich nicht als unlauter
angesehen werden kann (BGH WRP 2001, 1286, 1290 = GRUR 2001, 1061, 1064 -
Mitwohnzentrale). Als sittenwidrig könnte das Verhalten eines Domain-Inhabers
erst dann beurteilt werden, wenn er das auf eigenen subjektiven Rechten
beruhende vorrangige Interesse eines Dritten an der Innehabung der Domain zur
Gewinnerzielung ausbeutet (Senatentscheidung MMR 2001, 264 - weltonline.de; LG
Düsseldorf CR 2002, 138 -literaturen.de). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.
Ein auf Kennzeichen- oder Namensrechten beruhendes vorrangiges Interesse des
Klägers besteht nicht. In Betracht kommt wiederum lediglich seine
Verbandsbezeichnung bzw. der Werktitel seiner Verbandszeitschrift "Drogerie &
parfümerie". Diese Bezeichnungen blockieren die Beklagten aus den oben
dargestellten Gründen aber gerade nicht. Anhaltspunkte, wonach die
angesprochenen Verkehrskreise die an sich nicht unterscheidungskräftige
Bezeichnung "Drogerie" als Kurztitel der Verbandszeitschrift des Klägers auffassen,
und damit einer Verwechslung unterliegen könnten, liegen nicht vor. Somit
verbleibt nur das verbandspolitische Interesse des Klägers, die
Etablissementbezeichnung "Drogerie" dem Zugriff fachfremder Personen zu
entziehen, um fachlich unrichtige und diskreditierende Inhalte auf der
entsprechenden Web-Site zu verhindern. Dieses Interesse kann aber im Streit um
die Inhaberschaft an einer Internet-Domain nicht geltend gemacht werden und
rechtfertigt auch nicht deren "Stillegung", weil es dem Kläger offen bleibt, gegen
etwaige irreführende, verbraucherschädliche oder ehrverletzende Inhalte der Web-
Site zivilrechtlich vorzugehen.
4. Der Kläger kann auch keine Unterlassungsansprüche aus §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2
UWG wegen einer individuellen Behinderung seiner Mitgliedsunternehmen geltend
machen. Dabei hat der Senat angenommen, dass dem Kläger eine erhebliche
Anzahl von Mitbewerbern der Beklagten zu 1. angehören. Die Beklagten bieten
zwar unter ihrem Geschäftszweig "T." Dienstleitungen des elektronischen
Geschäftsverkehrs an und vertreiben somit grundsätzlich keine gewerblichen
Leistungen, die denjenigen der Mitgliedsunternehmen des Klägers gleich oder
verwandt wären. Nun möchte die Beklagten zu 1. aber zukünftig selbst Drogerie-
Artikel unter der Marke "DROGERIE.DE" vertreiben und vertreiben lassen, womit sie
in Wettbewerb zu den Mitgliedsfirmen des Klägers treten würde. Eine unlautere
Behinderung der Mitgliedsunternehmen des Klägers lässt sich nicht feststellen.
Ausgangspunkt ist die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung
"Mitwohnzentrale" getroffene Grundwertung, wonach der Inhaber einer generischen
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"Mitwohnzentrale" getroffene Grundwertung, wonach der Inhaber einer generischen
Domain das Internet-Suchverhalten der Interessenten grundsätzlich nicht zum
Abfangen sondern zum Hinlenken der Kunden auf sein eigenes Angebot nutzt.
Diese Vorgehensweise bewirkt ebenso wie die durch die Priorität gewonnene
Exklusivität grundsätzlich einen nicht zu missbilligenden Wettbewerbsvorsprung
(ebenso OLG Hamm MMR 2001, 237, 238 - sauna.de; OLG München MMR 2001,
615 - autovermietung.com).
Dass die Beklagte zu 1. den Mitgliedsunternehmen des Klägers einen notwendigen
Zugang zur Internet-Präsentation ihres Angebots versperren würde, ist nicht
ersichtlich. Bei jeder der bislang vorgelegten Nutzungsvarianten will die Beklagte
zu 1. interessierten Dritten die Möglichkeit eröffnen, unter der streitbefangenen
Internet-Domain aufzutreten und sich zu präsentieren. Den Mitgliedsunternehmen
des Klägers stehen daneben ausreichende Alternativen für ihren "Online-Auftritt"
zur Verfügung. Dies wird durch die von den Beklagten vorgelegte Liste mit aktiven
Internet-Domains, die den Bestandteil "drogerie" enthalten (Abl. Bl. 309 f.) belegt.
Dort sind zahlreiche Internet-Domains aufgeführt, bei denen der Gattungsbegriff
mit dem Firmennamen verknüpft wurde, um den Kunden ein schnelleres Auffinden
des eigenen Angebots zu ermöglichen (Beispiele: drogerie-mueller.de;
ideadrogerie; drogerie-trapp.de) . Die Entscheidung mag anders ausfallen, wenn
der Domain-Inhaber auch das Umfeld der generischen Domain "besetzt" und
damit Dritten die Chance verwehrt, den generischen Begriff unter anderen sog.
Top-Level-Domains (zum Beispiel unter der Top-Level-Domain ".com") oder in
anderer Schreibweise zu nutzen (BGH aaO. WRP 2001, 1286, 1290 = GRUR 2001,
1061, 1064 - Mitwohnzentrale). Die Beklagte zu 1. hat zwar auch Internet-Domains
aus dem begrifflichen Umfeld reserviert (drogerie-bedarf.de, drogeriebedarf.de,
drogerieonline.de und drogerieonline. de), weitere denkbare Anschriften
(drogerie.com; drogerie-versand.de; drogeriewaren.de) jedoch nicht "belegt". Auf
die bereits erwähnte Übersicht (Abl. Bl. 309 d. A.) wird verwiesen. Die Gefahr der
Monopolisierung des Gattungsbegriffs im Internet ist jedenfalls hier nicht gegeben.
Hinzu kommt zuletzt, dass Drogerien heutzutage ein breites Spektrum der Waren
des täglichen Bedarfs anbieten. Dazu gehören neben Naturkostpräparaten,
Kosmetika, Pflanzenschutzmitteln, Haushaltswaren, Chemieartikel, Photos und
frei- verkäuflichen Arzneimitteln auch noch eine große Anzahl weiterer Artikel. Dies
beeinflusst selbstverständlich auch die Suche im Internet und führt nach allg.
Lebenserfahrung eher zu einem produktbezogenen als zu einem
unternehmensbezogenen Suchverhalten der Kunden. Eine wettbewerbsrelevante
Behinderung von Drogerieunternehmen ist aus den genannten Gründen nicht
gegeben.
5. Somit verbleibt am Ende die vom Landgericht bejahte Frage, ob dem Kläger ein
Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zusteht, weil die Beklagte
zu 1. durch die Registrierung und Nutzung der Internet-Domain "www.drogerie.de"
eine Irreführungsgefahr der angesprochenen Verkehrskreise herbeiführt. Der
Kläger hat zunächst mit Recht darauf hingewiesen, dass die Internet-Domain
"www.drogerie.de" einen "sprechenden" d.h. beschreibenden Inhalt hat, der
grundsätzlich geeignet ist, bei den angesprochenen Verbrauchern bestimmte
Vorstellungen über den Inhalt der Web-Site hervorzurufen. Er hat allerdings
gleichzeitig einräumen müssen, dass der Begriff "Drogerie" - anders als der
gesetzlich geregelte Ausbildungsberuf "Drogist" - nicht gesetzlich geschützt ist.
Seines Erachtens verknüpfen die angesprochenen Verkehrskreise dennoch den
Begriff "Drogerie" auch im Internet unweigerlich mit der Präsenz eines Drogisten
und erwarteten entsprechende fachliche Beratung. Dieser Argumentation kann
nicht gefolgt werden. Dass ein verständiger und aufgeklärter Internet-Nutzer hinter
der Domain "www.drogerie.de" eine Web-Site vermutet, die zwingend von einem
Drogisten gestaltet oder zumindest kontrolliert wird, ist nicht zu erwarten.
Dagegen spricht bereits, dass der Begriff "Drogerie" für die Bezeichnung einer
Web-Site zu vielsagend und damit zu unbestimmt ist. Bereits die Annahme des
Klägers, die Internet- Domain "www.drogerie.de" suggeriere dem Verbraucher
einen Handel mit Drogeriewaren kann nicht geteilt werden. Die Vorstellungen eines
Internet-Nutzers von einer generischen Internet-Domain sind vielmehr eher diffus,
weil im Internet sehr unterschiedliche Präsentationen existieren (neben
kommerziellen Angeboten auch nicht-kommerzielle Kommunikations- und
Informationsforen), weil das Internet als dynamisches Netz ständigen
Veränderungen unterliegt und weil es bislang in ers- ter Linie als Werbemedium
und nicht unmittelbar zum Handel genutzt wird (vgl. dazu Abel WRP 2001, 1426,
1428; Mulch OLG Report 2002 K 39, K 41). Den Internet-Geschäftszweig einer
bestimmten Drogerie würde der Verbraucher am ehesten unter deren
Geschäftsbezeichnung erwarten. Informationen über Drogisten könnte er sich in
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Geschäftsbezeichnung erwarten. Informationen über Drogisten könnte er sich in
erster Linie unter einem entsprechenden Informations- Portal vorstellen. Wer durch
Direkteingabe einer generischen Domain im Internet surft, der erwartet
demgegenüber irgendeine Präsentation, die mit der Branchenbezeichnung in
Zusammenhang steht, rechnet aber auch mit der Möglichkeit eines Fehlschlags,
weil sich die Seite erst im Aufbau befindet oder keine entsprechende Domain
existiert (OLG Hamm aaO - sauna.de; OLG München aaO. Autovermietung. com).
Die Hoffnung, ein allgemeines und weiterführendes Internet-Portal mit
sachbezogenen Präsentationen zum Thema "Drogerie" zu finden, dürfte nur in
seltenen Ausnahmefällen mit der Erwartung verknüpft sein, "hinter" der Internet-
Domain stünde ein Drogist. Dem steht bereits entgegen, dass die Verbraucher
auch im stationären Drogerie-Handel angesichts der zunehmenden Anzahl von
Filialbetrieben und SB-Drogerien nicht notwendigerweise in jedem Geschäftslokal
einen ausgebildeten Drogisten vermuten. Dem verständigen und aufgeklärten
Verbraucher ist außerdem bekannt, dass die Bündelung unterschiedlicher
Mitbewerber einer Branche auf einem Portal nicht notwendigerweise von einem
Berufsträger vorgenommen werden muss. Mit Recht haben die Beklagten darauf
hingewiesen, dass die Redaktion eines entsprechenden Portals mit der Tätigkeit
eines Verlags gleichgesetzt wird und dass der Käufer eines bestimmten
Verlagsprodukts, etwa einer Fachzeitschrift oder eines Gastronomieführers, nicht
notwendigerweise eine bestimmte Fachkenntnis des Verlags voraussetzt. Dies gilt
vor allem auch deshalb, weil - wie ausgeführt - die streitgegenständliche Domain
einen Berufsträger mit seiner Berufsbezeichnung gar nicht benennt. Andere
Irreführungsgründe, wie etwa eine Alleinstellungswerbung der Beklagten, sind nicht
erkennbar.
6. Mangels eines wettbewerbswidrigen Zustands scheidet ein Anspruch auf
Verzicht im Hinblick auf die streitbefangene Internet-Domain (Klageantrag zu 2.)
aus. Auch der Hilfsantrag ist aus den dargestellten Gründen nicht begründet.
Das erstinstanzliche Urteil war deshalb abzuändern und die Klage mit der
Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zugelassen,
§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.