Urteil des OLG Frankfurt vom 26.05.2009
OLG Frankfurt: hersteller, offenes verfahren, firma, vergabeverfahren, auskunft, markt, hessen, ausschreibung, ausschluss, handbuch
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Gericht:
OLG Frankfurt
Vergabesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 Verg 2/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 21 Nr 1 Abs 2 S 5 VOB A, §
24 VOB A, § 25 Nr 1 Abs 1
Buchst b VOB A
(Vergabeverfahren: Unklarheit bzw. Unbrauchbarkeit der
im Leistungsverzeichnis verlangten Typen- und
Herstellerangaben als Ausschlussgrund; Anspruch des
Bieters auf Aufklärung des Angebots)
Leitsatz
1. Verlangt die Vergabestelle im Leistungsverzeichnis Hersteller- und Typenangaben zu
den angebotenen Produkten, so stehen unklare und unbrauchbare Angaben fehlenden
Angaben gleich, wenn die Vergabestelle das angebotene Produkt nicht identifizieren
kann.
2. Ein Bieter muss, wenn er meint, er brauche den jeweiligen Typ nicht anzugeben, weil
es vom Hersteller keine Typenbezeichnung gibt oder er eine Sonderfertigung anbieten
will, die Vergabestelle darauf hinweisen oder die entsprechende Position des
Leistungsverzeichnisses unverzüglich rügen.
3. Es ist nicht Aufgabe der Vergabestelle, den angebotenen Produkttyp durch Suchen in
Prospekten oder Nachfrage beim Hersteller aufzuklären. Ein Anspruch des Bieters auf
Aufklärung des Angebotes gemäß § 24 VOB/A besteht grundsätzlich nicht.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 2.
Vergabekammer des Landes Hessen vom 24.03.2009 – Az.: 69d VK 06/2009 –
aufgehoben.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens und des
Verfahrens der sofortigen Beschwerde einschließlich der zur Rechtsver-teidigung
erforderlichen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen.
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antrags-gegnerin
wird für erforderlich erklärt.
Der Streitwert wird auf 21.534,93 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin hat im Juli 2008 im Rahmen der Weiterentwicklung Klinikum
A GmbH das Gewerk 6: Schreinerarbeiten – Holzinnentürblätter europaweit
ausgeschrieben. Bei Ende der Angebotsfrist am 10.09.2008 hatten die
Antragstellerin und 12 weitere Bieter Angebote eingereicht. Nach einer ersten
Wertung beabsichtigte die Antragsgegnerin, den Auftrag dem preisgünstigsten
Bieter, der Tischlerei B, zu erteilen (Vergabevermerk v. 13.11.2008). Hiergegen
leitete die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer ein,
die der Antragsgegnerin daraufhin mit Beschluss vom 15.12.2008 aufgab, alle
Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu
zu bewerten. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, das Angebot
des ursprünglich favorisierten Bieters sei wegen Änderung der
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des ursprünglich favorisierten Bieters sei wegen Änderung der
Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b i. V. m. § 21 Abs. 3 VOB/A
auszuschließen.
In Position 2.8 des Leistungsverzeichnisses war gefordert:
„Objekt-Türdrückergarnituren mit Kurzschild gem. nachfolgenden Skizzen,
Ausführung in Edelstahl rostfrei, matt gebürstet, vorgerichtet für Profilzylinder.
Drücker an der Schildunterkonstruktion mittels Ausgleichslager (AGL) festdrehbar
gelagert, um axiale und vertikale Kräfte abzufangen (…).“
Position 2.16 des Leistungsverzeichnisses lautet:
„Objekt-Türdrückergarnitur genau wie in Position 2.8 beschrieben, jedoch
Ausführung als Brandschutzgarnitur für T30-RS-Türen, Türdicke ca. 50 mm.“ …
Nach der nicht angegriffenen Feststellung der Vergabekammer ist Pos. 2.16 so zu
verstehen, dass damit eine Drückergarnitur als Brandschutzgarnitur mit
Ausgleichslager (AGL) gefordert wird.
Unter den jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses waren vom Bieter das
angebotene Fabrikat und der angebotene Garniturtyp anzugeben. Die
Antragstellerin gab in den Positionen 2.8 und 2.16 unter Fabrikat jeweils den
Hersteller „C“ an. Unter Garniturtyp gab sie in Position 2.8 „AGL 7270 04
Edelstahl“ und in Position 2.16 „AGL 7670 04 Edelstahl“ an.
In dem aktuellen Produktkatalog der Firma C (C-Handbuch 2008/2009) findet sich
unter der Produktfamilie „Modell 1070“ eine Drückergarnitur mit der Bezeichnung
7270 04, bei der es sich um eine Drückergarnitur mit Objektbeschlag und
Ausgleichslager (AGL) handelt. Bei der Typenbezeichnung 7670 04 handelt es sich
nach dem Produktkatalog um eine Drückergarnitur mit einem
Feuerschutzbeschlag oder einem Feuerschutzbeschlag/EN 179, jedoch ohne
Ausgleichslager (AGL).
Nach erneuter Wertung im Anschluss an das erste Nachprüfungsverfahren kam
die Antragsgegnerin entsprechend dem Vergabevermerk des von ihr beauftragten
Projektsteuerers zu dem Ergebnis, dass kein den Ausschreibungsbedingungen
entsprechendes Angebot eingegangen sei (Vergabevermerk vom 19.01.2009).
Hinsichtlich der Antragstellerin wird darin aufgeführt, ein Garniturtyp AGL 7670 04,
wie von der Firma D angeboten, könne im C-Handbuch 2008 nicht ausfindig
gemacht werden. Zur weiteren Aufklärung habe das Architekturbüro im Dezember
2008 eine telefonische Anfrage bei der technischen Abteilung der Firma C
vorgenommen, ob es die Garnitur C 7670 04 Brandschutzgarnitur mit AGL-Technik
gebe. Nach Aussage der technischen Abteilung seien solche Drückergarnituren
mit AGL-Technik zur Zeit in der Prüfung, aber noch nicht auf dem Markt erhältlich.
Auch nach Auskunft des Großhändlers E im Dezember 2008 sei ein solcher
Garniturtyp nicht lieferbar. Die aufklärenden Maßnahmen hätten somit zu dem
Ergebnis geführt, dass eine Drückergarnitur 7670 04 mit AGL-Technik der Firma C
nicht erhältlich sei. Das vom Bieter D angebotene Fabrikat sei daher zum
Zeitpunkt der Angebotslegung nicht existent. Das Angebot müsse deshalb
ebenfalls wegen unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen zwingend
ausgeschlossen werden.
Mit Schreiben vom 26.01.2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit,
dass das Vergabeverfahren gemäß § 26 Nr. 1 a VOB/A aufgehoben worden sei,
weil kein Angebot eingegangen sei, das den Ausschreibungsbedingungen
entspricht. Es sei beabsichtigt, ein offenes Verfahren durchzuführen.
Mit Schreiben vom 28.01.2009 widersprach die Antragstellerin der Aufhebung des
Vergabeverfahrens und erbat eine Begründung. Nachdem eine solche mit
Schreiben des Projektsteuerers vom 02.02.2009 abgelehnt wurde, rügte die
Antragstellerin die Aufhebung mit anwaltlichem Schreiben vom 03.02.2009 und
wies darauf hin, dass zumindest ihr Angebot sämtliche
Ausschreibungsbedingungen erfülle.
Nachdem sich die Antragsgegnerin nachfolgend weigerte, die Aufhebung des
Ausschreibungsverfahrens rückgängig zu machen, reichte die Antragstellerin unter
dem 12.02.2009 einen Nachprüfungsantrag ein, zu dessen Begründung sie im
Wesentlichen ausgeführt hat:
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Die Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens sei rechtswidrig, weil jedenfalls ihr,
der Antragstellerin, Angebot wertbar sei. Ein zwingender Ausschlussgrund wegen
unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen in Bezug auf Position 2.16 des
Leistungsverzeichnisses liege nicht vor. Der Hersteller C biete neben den im
aktuellen Produktkatalog ausgewiesenen Serientypen eine Vielzahl von
Sonderanfertigungen und Sondermodellen an, die, soweit dies technisch möglich
sei und vom Kunden gewünscht werde, lieferbar seien. Hierzu zählten auch
Drückergarnituren mit Feuerschutzbeschlägen und Ausgleichslagertechnik,
worüber sie, die Antragstellerin, sich bei Erstellung des Angebotes erkundigt habe.
Durch die Bezeichnung AGL 7670 04 habe sie eindeutig klargestellt, dass ein
Produkt angeboten werde, welches über die spezielle Ausgleichslagertechnik
verfüge. Die Bezifferung 7670 04 mache deutlich, dass es sich in Anlehnung an
den im Hauptsortiment enthaltenen Serientyp 7670 04 um einen
Brandschutzbeschlag handele. Es ergäben sich insoweit keine Abweichungen zu
den Anforderungen in den Verdingungsunterlagen.
Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Beschluss
aufgegeben, bei Fortbestehen der Vergabeabsicht das Verfahren fortzusetzen und
das Angebot der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der
Vergabekammer erneut zu werten.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen angeführt:
Das Angebot der Antragstellerin sei zuschlagsfähig, da kein zwingender
Ausschlussgrund bestehe. Das Leistungsverzeichnis sei so zu verstehen, dass
unter Position 2.16 eine Drückergarnitur als Brandschutzgarnitur mit
Ausgleichslager gefordert gewesen sei. Die Firma C habe in einem Schreiben vom
25.02.2009 gegenüber der Antragstellerin eindeutig erklärt, dass die Garnitur in
Sonderanfertigung auf Einzelentscheidung hergestellt werden könne. Auf
telefonische Nachfrage der Vergabekammer vom 26.02.2009 sei dies der
Vergabekammer von der Firma C ebenfalls versichert worden. Damit sei
hinreichend dargetan, dass das Produkt rechtzeitig herstellbar sei und von der
Antragstellerin eingebaut werden könne. Der Rückschluss der Antragsgegnerin,
dass etwas, was im Katalog nicht enthalten sei, nicht existent sei und nicht
angeboten werden könne, sei in dieser verkürzten Form nicht haltbar. Sofern die
Antragsgegnerin Zweifel gehabt habe, hätte sie diesbezüglich eine Aufklärung
anfordern können. Nichts spreche dagegen, wenn sich ein Auftraggeber bei
Unklarheiten über ein Angebot beim Bieter über nähere Einzelheiten informiere.
Wenn die Antragsgegnerin es stattdessen vorgezogen habe, anderweitige
Informationen beim Hersteller einzufordern, so trage sie das Risiko der
fehlerhaften Auskunft.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug
genommen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, zu deren
Begründung die Antragsgegnerin wie folgt vorträgt:
Der Nachprüfungsantrag sei schon wegen mangelnder Zulässigkeit
zurückzuweisen. Der Antragstellerin fehle die notwendige Antragsbefugnis gemäß
§ 107 Abs. 2 GWB, weil ihr Angebot zwingend auszuschließen sei. Die von der
Antragstellerin angebotene Drückergarnitur werde von der Firma C nicht
hergestellt, sondern sei auf dem Markt nicht erhältlich. Zu Unrecht habe die
Vergabekammer die Auffassung vertreten, die Antragstellerin habe hinreichend
dargelegt, dass es sich bei der von ihr angebotenen Drückergarnitur um eine
Sonderanfertigung handele. Sie, die Antragsgegnerin, habe von dem Hersteller die
Auskunft erhalten, dass eine derartige Drückergarnitur zur Zeit noch nicht auf dem
Markt erhältlich sei. Diese Erkenntnisse habe die Vergabekammer nur
unzureichend gewürdigt. Sie, die Antragsgegnerin, dürfe davon ausgehen, dass sie
unmittelbar von der technischen Abteilung des Herstellers zutreffende Auskünfte
erhalte. Auch aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben der Firma C
vom 25.02.2009 ergebe sich nichts anderes, weil dort die Sonderanfertigung von
einer Einzelentscheidung abhängig gemacht werde. Es handele sich nicht um eine
konkrete Bestätigung, sondern nur um eine abstrakte Möglichkeit des technisch
Machbaren.
Entscheidend sei darauf abzustellen, ob für das konkrete Vergabeverfahren eine
hinreichende Sicherheit für die Antragsgegnerin bestehe, dass im Falle der
Zuschlagserteilung eine generelle Lieferbarkeit gesichert sei.
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Der Angabe seitens des Herstellers C sei schließlich nicht zu entnehmen, ob die
Sonderanfertigung über die notwendige CE-Kennzeichnung verfüge. Dieser bedürfe
es aber um feststellen zu können, ob das Produkt die gesetzlichen Anforderungen
an die Produktsicherheit erfülle. Einen entsprechenden Produktnachweis habe die
Antragstellerin nicht erbracht.
Überdies sei die Antragstellerin mit ihrer Rüge präkludiert. Denn auf Seite 8 des
Beschlusses der Vergabekammer vom 15.12.2008 (69d VK 60/2008) sei bereits
ein Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 09.12.2008 erwähnt, in welchem sie, die
Antragsgegnerin, die Auffassung vertreten habe, das Angebot der Antragstellerin
enthalte unter Position 2.16 ein Produkt, das nicht existiere. Bei sorgfältiger
Durchsicht des Beschlusses hätte die Antragstellerin spätestens mit dessen
Zustellung positive Kenntnis von den maßgeblichen Umständen gehabt und eine
entsprechende Rüge anbringen müssen.
Da das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen sei, sei auch die
Aufhebung der Ausschreibung gemäß § 26 Nr. 1 a VOB/A rechtmäßig.
Die Antragstellerin beantragt:
1. Der Nachprüfungsantrag wird, unter Abänderung der Entscheidung der 2.
Vergabekammer Hessen vom 24.03.2009 (Az.: 69d VK-06/2009), zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.
3. Die der Antragsgegnerin zur Wahrnehmung ihrer Rechte entstandenen Kosten
werden für notwendig erklärt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tritt dem Antrag entgegen und verteidigt die Entscheidung der
Vergabekammer.
II. Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete
Beschwerde (§§ 116, 117 GWB) hat auch in der Sache Erfolg.
1. Zu Unrecht meint die Antragsgegnerin allerdings, der Nachprüfungsantrag sei
bereits gemäß § 107 Abs. 2 und Abs. 3 GWB unzulässig.
a) Für die Antragsbefugnis genügt es, wenn mit dem Antrag schlüssig vorgetragen
wird, dass dem Antragsteller infolge der behaupteten Rechtsverletzung ein
Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ob dies tatsächlich der Fall ist,
ist eine Frage der Begründetheit. Einem Bieter, der auf die Ausschreibung hin ein
Angebot abgegeben und damit sein Interesse an dem Auftrag bekundet hat, und
im Nachprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des
Auftraggebers, sein Angebot nicht als bestes Angebot zu bewerten, zur
Überprüfung stellt, kann der Zugang zum Nachprüfungsverfahren daher nicht mit
der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als mit dem
Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen,
so dass ihm wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden
erwachsen sei oder drohe. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist daher
erforderlich, aber auch ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende
Bieter schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im
Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen, und dass er ohne die
Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der
behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung
vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist (EuGH, VergR 2003, 541; BGHZ
159, 186). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor
b) Die Rüge der Aufhebung der Ausschreibung bzw. des Ausschlusses der
Antragstellerin ist auch nicht präkludiert (§ 107 Abs. 3 GWB). Insofern hat die
Vergabekammer zutreffend ausgeführt, dass die Äußerung einer bestimmten
Rechtsauffassung in einem Nachprüfungsverfahren für sich allein noch keinen
Verstoß gegen Vergabevorschriften begründet, der die Rügepflicht auslösen
könnte. Ein möglicher Verstoß lag also im Zugang des Nachprüfungsbeschlusses
vom 15.12.2008 nicht vor, so dass der Antragstellerin auch keine (vorbeugende)
Rüge oblag.
2. Die sofortige Beschwerde hat jedoch Erfolg, weil der gegen ihren Ausschluss
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2. Die sofortige Beschwerde hat jedoch Erfolg, weil der gegen ihren Ausschluss
gerichtete Nachprüfungsantrag der Antragstellerin unbegründet und daher
zurückzuweisen ist.
a) Dabei kann letztlich dahin stehen, ob das Angebot einer Türdrückergarnitur,
deren Verfügbarkeit zwischen den Parteien nach wie vor streitig ist, (auch) zu
einem zwingenden Ausschluss wegen unzulässiger Änderung der
Verdingungsunterlagen führt (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A).
Der Begriff ist zwar weit auszulegen. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das
Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen
Verdingungsunterlagen entspricht. Der Auftraggeber soll davor geschützt werden,
den Zuschlag auf ein unbemerkt geändertes Angebot in der möglicherweise irrigen
Annahme zu erteilen, dies sei das Wirtschaftlichste (Weyand, VergR, 2. Aufl. Rn.
5533 a; Juris PK-VergR/Dippel § 21 VOB/A Rn. 29 ff.). Änderungen können in
Ergänzungen und Streichungen bestehen. Sie können sich aber auch auf den
(technischen) Inhalt der Leistungen beziehen. Eine Änderung der
Verdingungsunterlagen liegt daher vor, wenn der Bieter die zu erbringende
Leistung abändert und eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet
(Weyand a.a.O. Rn. 5538). Auch wenn ein Unternehmen wesentliche Teile der
ausgeschriebenen Leistung nicht so wie verlangt anbietet, stellt dies eine
Änderung der Verdingungsunterlagen dar. Zweifel am Inhalt des Angebots sind
hier aber nur deswegen aufgekommen, weil die Herstellerfirma C weder unter der
angegebenen Typenbezeichnung noch unter einer sonst im Katalog ersichtlichen
Bezeichnung eine entsprechende Garnitur serienmäßig anbietet.
b) Das Angebot der Antragstellerin war jedenfalls deshalb zwingend
auszuschließen, weil es von der Vergabestelle geforderte Angaben und
Erklärungen nicht enthielt (§ 21 Nr.1 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 1 b)
VOB/A). Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 S. 5 VOB/A sollen die Angebote nur die Preise
und die geforderten Erklärungen enthalten. Dies führt nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes i. V. m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A zwingend zum
Ausschluss, wenn geforderte Preis- oder Typenangaben nicht gemacht werden
(BGH NZBau 03, 293). Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter
beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich Angebote
gewertet werden, die in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden
Hinsicht vergleichbar sind. Fehlende Typenangaben eines Bieters beeinträchtigen
die Vergleichbarkeit seines Angebots mit den Angeboten anderer Bieter. Dem
Angebot ist letztlich nicht zu entnehmen, ob der Bieter mit den von ihm zur
Verwendung vorgesehenen Produkten die abstrakten Anforderungen des
Leistungsverzeichnisses wird erfüllen können, weil seine Angaben zur
Produktidentifizierung nicht ausreichen. Ein solches Angebot ist grundsätzlich
zwingend auszuschließen (BGH a.a.O.: Weyand a.a.O. 5453;
Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 3. Aufl. § 25 VOB/A, Rn. 90 ff; OLG
Frankfurt am Main, Beschluss v. 16.09.2003, – 11 Verg 11/03 ZfBR 2004, 292; Juris
PK-VergR/Summa, § 25 VOB/A Rn. 103 f.; vgl. auch OLG Dresden, VergR 2004, 92
ff; VK Nordbayern, Beschl. v. 9.5.2006, 2 VK 3194 – 13/06 u. st. Rspr.).
Die Angabe einer unzutreffenden, weil nicht einer (offiziellen) Bezeichnung des
Herstellers folgenden Typenangabe liegt ähnlich. Die Angabe einer vom Hersteller
nicht verwendeten und damit nicht existierenden Typenbezeichnung wirft die
gleichen Probleme auf wie eine fehlende Typenbezeichnung, weil die Vergabestelle
das angebotene Produkt nicht identifizieren kann und die Angabe damit für die
Wertung unbrauchbar ist. Aus dem Leistungsverzeichnis heraus kann der
Auftraggeber nicht ersehen, mit welchem konkreten Produkt der Auftragnehmer
den Vertrag erfüllen wird. Unvollständige und deshalb unbrauchbare Erklärungen
stehen fehlenden gleich. Es ist nicht die Aufgabe der Vergabestelle, anhand von
Prospekten und Datenblättern einzelne Positionen des Angebots zu ergänzen, um
festzustellen, was der Bieter eventuell angeboten haben könnte. Es ist die Aufgabe
des Bieters, bei der Abgabe des Angebots das Produkt auszuwählen, das den
Vorgaben der Leistungsbeschreibung entspricht (VK Nord-Bayern a.a.O.).
Ein Bieter muss, wenn er der Auffassung ist, er brauche den jeweiligen Typ nicht zu
nennen, weil es von dem Hersteller keine Typbezeichnung gibt, die Vergabestelle
darauf hinweisen bzw. die Forderung nach Nennung eines Typs bei der Position des
Leistungsverzeichnisses rügen (VK Hessen, Beschluss v. 04.04.2005 – 69d VK-
05/2005; VK Brandenburg, Beschl. v. 28.06.2005 – VK 20/05 zit. nach juris).
Soweit die Antragstellerin vorträgt, kein Hersteller biete den verlangten
Drückergarniturtyp als Serienfertigung an, hätte sie daher entweder die im
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Drückergarniturtyp als Serienfertigung an, hätte sie daher entweder die im
Leistungsverzeichnis geforderte Angabe unverzüglich rügen oder mit ihrem
Angebot klarstellen müssen, dass sie eine Sonderanfertigung des Herstellers C
anbiete, der keine Typenbezeichnung hat. Wenn sie statt dessen eine vom
Hersteller nicht verwendete Bezeichnung „kreiert“ und der Vergabestelle damit die
Identifizierung des Angebots mangels jeglicher weiterer Angaben unmöglich
macht, trägt sie die Konsequenzen der sich daraus ergebenden Unklarheiten.
c) Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, mit der Antragstellerin ein
Aufklärungsgespräch nach § 24 VOB/A zu führen. Soweit die Vergabekammer
meint, die Antragsgegnerin hätte eine Aufklärung anfordern können, es spreche
nichts dagegen, wenn sich ein Auftraggeber bei Unklarheiten über ein Angebot
beim Bieter über nähere Einzelheiten informiere, berücksichtigt sie nicht, dass
Aufklärungsgespräche gem. § 24 VOB/A nur in engen Grenzen zulässig sind.
Selbst wenn die Vergabestelle hier befugt gewesen wäre, von der Antragstellerin
klarstellende Angaben im Rahmen einer Nachverhandlung gemäß § 24 VOB/A zu
verlangen, könnte die Antragstellerin solche Aufklärungsgespräche nicht
einfordern. Denn einen Anspruch auf Nachverhandlung hat ein Bieter, der ein
unklares Angebot vorgelegt hat, grundsätzlich nicht (OLG Dresden a.a.O.). Nur in –
hier nicht gegebenen - Ausnahmefällen kann sich das grundsätzliche
Aufklärungsermessen des Auftraggebers zu einer Aufklärungspflicht verdichten,
nämlich wenn der Auftraggeber selbst Zweifel in Bezug auf das Angebot
verursacht hat oder aus Gründen der Gleichbehandlung. In derartigen Fällen kann
der Auftraggeber verpflichtet sein, die Zweifel durch Nachfrage bei dem Bieter
aufzuklären (Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen a.a.O. § 24 Rn. 16 a m. w. N.).
Auch die Vergabekammer Brandenburg hat in dem bereits erwähnten Beschluss
eine Aufklärung des Angebots nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nur aus Gründen der
Gleichbehandlung für zulässig und erforderlich gehalten, weil die Vergabestelle
anderen Bietern bei ähnlich gelagertem Sachverhalt Gelegenheit zur
Angebotsaufklärung gegeben hatte.
Aus dem Gleichbehandlungsgebot lässt sich im vorliegenden Fall eine
Verpflichtung zu Aufklärungsgesprächen nicht herleiten. Es liegt auch kein Zweifel
vor, der seine Ursache in einer Unklarheit des Ausschreibungstextes hätte (OLG
Celle, Beschluss v. 05.08.2003 – 13 Verg 13/03 – zitiert nach IBR-Online). Es kann
schließlich keine Rede davon sein, dass die Vergabestelle vorliegend selbst erst
durch ihre Nachfrage beim Hersteller Zweifel im Hinblick auf das Angebot
hervorgerufen hat.
Zweifel in Bezug auf das Angebot sind entstanden, weil die Antragstellerin sich
einer Typenbezeichnung bedient hat, die vom Hersteller selbst so nicht
vorgesehen und in keinen Prospektunterlagen ausgewiesen ist. Fragt in einem
solchen Fall der Auftraggeber beim Hersteller konkret nach, so trägt nicht er,
sondern der Bieter, der die Nachfrage erst durch seine unklare Angabe veranlasst
hat, das Risiko der fehlerhaften Information. Die dem Bieter abverlangten
Hersteller- und Typenangaben sollen das Produkt genau bezeichnen, damit der
Auftraggeber überprüfen kann, ob diese tatsächlich den Anforderungen der
Leistungsbeschreibung genügt. Die Auswahl des Produkts hat dabei der Bieter zu
treffen, der dementsprechend das Risiko trägt, ein Produkt anzubieten, das den
Anforderungen aus Sicht des Auftraggebers nicht genügt. Wenn ein Bieter
dagegen lediglich den Hersteller benennt und es dem Auftraggeber überlässt, sich
aus der Angebotspalette des Herstellers das geeignete Produkt auszusuchen,
verlagert er das Auswahlrisiko auf den Auftraggeber. Unsicherheiten über den
Angebotsgegenstand, die durch die vom Bieter zu machenden Angaben
vermieden werden sollten, bleiben in diesem Fall zunächst unbemerkt. Darüber
hinaus ist es denkbar, dass der Auftraggeber ein anderes Produkt für
ausschreibungskonform hält als der Bieter. Liefert dieser dann ein anderes als das
vom Auftraggeber erwartete Erzeugnis, so entstehen im Rahmen der
Vertragsausführung genau jene Meinungsverschiedenheiten, denen mit der
geforderten Produktidentifizierung in der Angebotsphase hätte vorgebeugt werden
können (2. VK Bund, Beschluss v. 30.05.2007 – VK 2-39/07).
Im Hinblick auf die vom Hersteller erteilte Auskunft, Brandschutzgarnituren mit
AGL-Technik seien zur Zeit in Prüfung, aber noch nicht am Markt erhältlich, wäre
eine weitere Aufklärung gem. § 24 VOB/A nicht nur nicht geboten, sondern wohl
unzulässig gewesen. Zumindest aus Sicht des Auftraggebers bestand nämlich die
Gefahr, dass sich die Erläuterung nicht mehr nur auf den wirklichen Angebotswillen
des Bieters bezieht, sondern auf eine etwaige Änderung des Angebotes
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des Bieters bezieht, sondern auf eine etwaige Änderung des Angebotes
hinauslaufen könnte, weil die tatsächlich angebotene Garnitur nicht erhältlich ist.
Vor diesem Hintergrund kann der Antragsgegnerin jedenfalls kein
Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen können, wenn sie von
Aufklärungsgesprächen mit der Antragstellerin gemäß § 24 VOB/A abgesehen und
das Angebot ohne weiteres ausgeschlossen hat.
d) Darauf, dass die unklare Position im Leistungsverzeichnis nur einen Betrag von
1.053,-- € für insgesamt 13 Stück der angebotenen Garnituren innerhalb eines
Gesamtauftragsumfanges von 435.000,-- € ausmacht, kommt es nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht an (BGH a.a.O. sowie weitere
Nachweise bei Weyand a.a.O. Rn. 5439). Dem öffentlichen Auftraggeber steht kein
Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe zu. Er ist
gezwungen, das Angebot aus der Wertung zu nehmen, weil nur in jeder Hinsicht
vergleichbare Angebote in der Wertung verbleiben dürfen.
3.Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin als unterlegene Partei zu
tragen(§ 91 Abs. 1 ZPO entsprechend).Die Hinzuziehung eines
Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war wegen der
Schwierigkeit und der Bedeutung des Nachprüfungsverfahrens veranlasst.
Der Streitwert war gem. § 50 Abs. 2 GKG in Höhe von 5% der
Bruttoauftragssumme (430.698,65 EUR) festzusetzen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.