Urteil des OLG Frankfurt vom 27.05.2010
OLG Frankfurt: irreführende werbung, broschüre, heilende wirkung, irreführung, wissenschaft, arthrose, beweislast, rehabilitation, patent, osteoporose
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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 254/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 3
Nr 1 HeilMWerbG
Wettbewerbswidrige Heilmittelwerbung: Irreführende
Werbung mit der therapeutischen Wirksamkeit der
Kernspinresonanztherapie
Leitsatz
Zur den Voraussetzungen gesundheitsbezogener Werbung (Kernspinresonanztherapie)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.11.2007 verkündete Urteil der 6.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf ihre Kosten, zu denen
auch die Kosten des Revisionsverfahrens gehören, zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des
Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000 EUR abwenden, wenn nicht
der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Diesem Rechtsstreit ist ein Eilverfahren unter dem Az. 6 U 33/06 (2-6 O 640/05)
vorausgegangen.
Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die von dem Kläger
beanstandeten Äußerungen in der Broschüre „MBST Ärzte- und
Anwenderinformation“ zu unterlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Kläger handele entgegen der Auffassung der Beklagten nicht rechtsmissbräuchlich
gemäß § 8 Abs. 4. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Kläger
nach Durchführung des Eilverfahrens das Hauptsacheverfahren eingeleitet habe,
nachdem die Beklagte sich geweigert habe, eine Abschlusserklärung abzugeben.
Die Klage sei auch begründet, weil die streitgegenständlichen Äußerungen
irreführend seien. Denn sie seien geeignet, die Erwartung zu erwecken, es handele
sich um ein therapeutisch mit Sicherheit wirksames Mittel, das eine heilende
Wirkung entfaltet. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liege bei der Beklagten,
weil der Kläger durch die von ihm vorgelegten Unterlagen substantiiert dargelegt
habe, dass es nicht gesicherter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft
entspreche, dass die Anwendung der Magnetfeldtherapie zu den von der Beklagte
in der beanstandeten Werbeaussage beschriebenen Erfolgen führe. Die Beklagte
habe den ihr obliegenden Nachweis jedoch nicht führen können.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, das
Landgericht habe ihrem Beweisangebot nachgehen müssen, wonach die
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Landgericht habe ihrem Beweisangebot nachgehen müssen, wonach die
wissenschaftlichen Feststellungen in den von ihr vorgelegten Gutachten auch von
einer randomisiert durchgeführten Doppelblindstudie bei einer größeren Gruppe
von Probanden bestätigt würden. Eine Irreführung der allein angesprochenen
Fachkreise sei ausgeschlossen. In die Hände von Patienten gelange die Broschüre
nicht: In ihr werde auf S. 3 („Information zum richtigen Umgang mit
Werbematerial“) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass an Patienten eine für sie
bestimme Informationsbroschüre weitergereicht werde. Die Informationsbroschüre
enthalte einen Aufklärungshinweis des Inhalts, dass die Beklagte verpflichtet sei,
darauf hinzuweisen, dass die Wirksamkeit von Magnetfeldtherapien in der
Wissenschaft umstritten sei. Diese Patienten-Informationsbroschüre war
Gegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens 6 U 5/06 (2-3 O
219/05); die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hatte wegen
Nichterreichens der erforderlichen Beschwer keinen Erfolg.
Der Senat hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er
ausgeführt, die angegriffene Werbung verstoße gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 3 Nr. 1
HWG, weil sie den Eindruck einer therapeutischen Wirksamkeit der Kernspin-
Resonanz-Therapie erwecke, die diese nicht habe. Dabei hat der Senat zu Gunsten
der Beklagten unterstellt, dass die angegriffene Broschüre – nur – an Ärzte zum
Zweck der Weiterleitung an die Krankenkassen ausgegeben worden ist, also nicht
in die Hände von Patienten gelangt ist. Als nicht bedeutsam für die Entscheidung
des Falles hat der Senat die Tatsache bewertet, dass an die Patienten eine
Broschüre verteilt worden ist, die einen Aufklärungshinweis bezüglich der
wissenschaftlichen Umstrittenheit der Magnetfeldtherapie enthält.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 04. Februar 2010 das Urteil des
Senats vom 24. Juli 2008 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den Senat zurückverwiesen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, ausgehend von der Entscheidung des Senats,
wonach zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden könne, dass die
beanstandete Broschüre nur an Ärzte zum Zwecke der Weiterleitung an die
Krankenkassen ausgegeben worden sei, habe die Frage, ob der Aufklärungshinweis
entsprechend dem Vortrag der Beklagten die vom Kläger geltend gemachte
Irreführung verhindere, entweder nicht offen gelassen werden dürfen oder es hätte
dem Vortrag der Beklagten nachgegangen werden müssen, dass (auch) die Ärzte
von dem Aufklärungshinweis (schon vorher) in einer Weise Kenntnis erhielten, die
eine Irreführung ausschließe.
Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die genannten Urteile Bezug
genommen.
Im neu eröffneten Berufungsrechtszug erneuert die Beklagte ihre Auffassung, der
in der Patientenbroschüre enthaltene Aufklärungshinweis schließe eine Irreführung
jedenfalls der Ärzte aus.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II.
Der zulässigen Berufung der Beklagten bleibt der Erfolg in der Sache versagt.
Die Unterlassungsansprüche des Klägers folgen aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 3 Nr. 1
HWG. Denn die Beklagte erweckt durch die Äußerungen in der angegriffenen Form
entgegen § 3 Nr. 1 HWG den Eindruck einer therapeutischen Wirksamkeit der
Kernspin-Resonanz-Therapie, die diese nicht hat.
Dabei unterstellt der Senat zu Gunsten der Beklagten, dass die angegriffene
Broschüre – nur – an Ärzte und Anwender ausgegeben wird, also nicht in die
Hände von Patienten gelangt. Auch bei dieser Betrachtungsweise handelt es sich
jedenfalls um Werbung gegenüber Ärzten, für die das Irreführungsverbot des § 3
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jedenfalls um Werbung gegenüber Ärzten, für die das Irreführungsverbot des § 3
HWG gleichermaßen gilt wie für eine Werbung außerhalb der Fachkreise, wobei die
Fachkenntnisse der Ärzte bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr zu
berücksichtigen sind.
Die Irreführungsgefahr wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte an
diejenigen Ärzte, die die streitgegenständliche Broschüre erhalten haben, zuvor
eine Patientenbroschüre verteilt hat, die folgenden Aufklärungshinweis enthält:
"Aufklärungshinweis!"
Wir sind verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass die Wirksamkeit von
Magnetfeldtherapien in der Wissenschaft umstritten ist. Unsere Therapie, die
MBST-Kernspin-Resonanz-Therapie, ist eine neuartige, innovative
Behandlungsmethode, deren Wirkungsweise auf Kernspinfeldern aufbaut. Wegen
dieser Besonderheit sind unsere Behandlungsgeräte zum Patent angemeldet!"
Abgesehen davon, dass die Beklagte nach Auffassung des Senats nicht schlüssig
dargelegt hat, dass eine hundertprozentige Deckungsgleichheit beider
Adressatenkreise besteht und es grundsätzlich zweifelhaft erscheint, dass die von
einer Broschüre ausgehende Irreführungsgefahr dadurch verhindert werden kann,
dass die Adressaten zu einem früheren Zeitpunkt eine andere Broschüre mit
einem Aufklärungshinweis erhalten haben, ist der hier in Rede stehende
Aufklärungshinweis nicht geeignet, die Gefahr einer Irreführung zu bannen. Der
Senat hat hierzu in seiner Entscheidung vom 24. Mai 2007 (Az. 6 U 5/06)
ausgeführt:
"Irreführend ist nicht bereits der erste Satz dieses Abschnitts, wonach die
Wirksamkeit von Magnetfeldtherapien in der Wissenschaft umstritten sei. Entgegen
der Auffassung des Klägers gibt es durchaus als wissenschaftlich einzustufende
Stimmen, die der MBST-Kernspinresonanztherapie eine Wirksamkeit beimessen
(ebenso OLG München, Urteil vom 23. März 2006,Az. 29 U 4669/05, Seite 13).
Die Irreführung der angesprochenen Patienten ergibt sich jedoch aus dem Kontext
des Aufklärungshinweises, welcher die MBST-Kernspinresonanztherapie von den
herkömmlichen Magnetfeldtherapien abgrenzt und sie als neuartige, innovative
Behandlungsmethode bezeichnet. Die Erklärung, dass die Wirkungsweise auf
Kernspinfeldern aufbaue, verbunden mit der Aussage, die MBST-
Behandlungsgeräte seien zum Patent angemeldet, wecken bei den
angesprochenen Arthrose-Patienten und Sportverletzten den Eindruck, dass es
sich bei der Kernspinresonanztherapie im Gegensatz zu herkömmlichen
Magnetfeldtherapien um eine neue Behandlungsmethode handelt, deren
therapeutische Wirksamkeit zu Behandlung der Arthrose und Sportverletzungen
erwiesen sei. Eine solche Wirkung ist wissenschaftlich jedoch nicht hinreichend
gesichert und die Werbung hiermit aus diesem Grund irreführend im Sinne von § 3
Nr. 1 HWG (vgl. Doepner, HWG, 2. Auflage, § 3 Rn. 71)."
An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Sie gilt auch mit Blick auf die
umworbenen Ärzte. Denn die Auslegung des Aufklärungshinweis durch den Senat
orientiert sich an dem objektiven Wortlaut des Aufklärungshinweises, der die
beworbene Therapie von den herkömmlichen Magnetfeld Therapien – deren
Wirksamkeit allein als in der Wissenschaft umstritten bezeichnet wird – abgrenzt
und baut nicht etwa auf einem Fehlverständnis der medizinischen und physikalisch
nicht vorgebildeten Patienten trotz objektiver Richtigkeit der Angaben auf.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 2010, der die Aufhebung und
Zurückverweisung auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs stützt, nicht so
verstanden werden, dass der Bundesgerichtshof den Aufklärungshinweis inzident
als die Irreführungsgefahr ausschließend beurteilt habe. Die Notwendigkeit einer
Beweisaufnahme ergab sich aus der Sicht des BGH aus der Weichenstellung des
Senats, die Frage der rechtlichen Bewertung des Aufklärungshinweises offen zu
lassen.
Zur Frage der die therapeutische Wirksamkeit der Kernspin-Resonanz-Therapie hat
der Senat in dem aufgehobenen Urteil ausgeführt:
„Die Darlegungs- und Beweislast für die therapeutische Wirksamkeit der Kernspin-
Resonanz-Therapie liegt bei der Beklagten, da der Kläger, wie schon im
Eilverfahren, substantiiert darlegen konnte, dass die Wirksamkeit der Kernspin-
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Eilverfahren, substantiiert darlegen konnte, dass die Wirksamkeit der Kernspin-
Resonanz-Therapie in den Fachkreisen umstritten ist. Diese Verteilung der
Darlegungs- und Beweislast entspricht der gefestigten Rechtsprechung (BGH
GRUR 1991, 848, 849 – Rheumalind II; OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 295 – Roter
Ginseng).
Der Senat hat hierzu in seinem das Eilverfahren betreffenden Urteil vom
22.06.2006 (6 U 33/06) ausgeführt:
„Der Antragsteller hat die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen
Prof. Dr. med. SV1 in einem Verfahren (gegen eine andere Beklagte) vor dem
Landgericht Flensburg vorgelegt. Dieser Sachverständige beurteilt die Magnetfeld-
Therapie als nicht anerkannte Therapieform. Des Weiteren hat der Antragsteller
ein Gutachten von SV2 et al. vorgelegt, das sich mit der Wirksamkeit der
Magnetfeld-Therapie bei Osteoporose befasst und zu dem Ergebnis kommt, dass
eine reduzierte Frakturhäufigkeit oder ein Anstieg der Knochenmasse durch die
Applikation eines elektromagnetischen Feldes nicht erwiesen sei. Dies begründet
zugleich Zweifel an der Wirksamkeit bei der Bekämpfung der Arthrose durch die
angeblich knorpelaufbauende Wirkung der MBST-Therapie. Der Antragsteller hat
des Weiteren einen Aufsatz von Prof. A vorgelegt, der zu dem Schluss kommt,
dass es möglicherweise Wege der therapeutischen Nutzung elektrischer und
elektromagnetischer Felder gebe, hierfür aber noch sehr intensive
Grundlagenforschung betrieben werden müsse. Schließlich hat der Antragsteller
ein Gutachten von Prof. Dr. med. SV3 vorgelegt, das dieser für das Landgericht
Stuttgart gefertigt hat und das sich mit der Wirksamkeit eines „X-Gerätes“
befasst, welches niederfrequente Magnetfelder erzeugt. Der Sachverständige
kommt zu dem Ergebnis, dass die Wirksamkeit dieses Gerätes nicht erwiesen sei.
Die von dem Antragsteller zu den Akten gereichten Unterlagen widerlegen zwar
nicht die Wirksamkeit des beworbenen Therapieverfahrens, ziehen sie aber derart
in Zweifel, dass es Aufgabe der Antragsgegnerin gewesen wäre, ihrerseits die
Wirksamkeit glaubhaft zu machen.“
Die Beklagte hat sich zum Beleg für die Wirksamkeit der beworbenen Therapie
zunächst auf diejenigen Studien und Publikationen bezogen, die sie schon im
Eilverfahren zur Glaubhaftmachung herangezogen hat. Aus diesen ergibt sich die
therapeutische Wirksamkeit jedoch nicht. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil
zum Eilverfahren ausgeführt:
„Die Studie von Prof. B ist nicht aussagekräftig, weil der Aufsatz auf einer
Untersuchung von nur vierzehn Patientinnen ohne Kontrollgruppe basiert und
daher nicht repräsentativ ist.
Demgegenüber umfassen die Untersuchungen von C et al. zwar immerhin sechzig
Personen, es fehlte aber an einer Kontrollgruppe, ohne die gesicherte
wissenschaftliche Erkenntnisse nach Auffassung des Senats nicht zu gewinnen
sind.
Die Studie von D et al. vom E-Institut wurde zwar mit einem Behandlungsgerät der
Antragsgegnerin durchgeführt. Eingeschlossen waren 62 Rehabilitationspatienten
mit Low Back Pain. Das Behandlungsgerät der Antragsgegnerin wurde aber
lediglich ergänzend zu einem standardisierten Physiotherapie-Programm
angewandt. Dementsprechend kommt D lediglich zu dem Ergebnis, dass die
MBST-Kernspin-Resonanz-Therapie ein ergänzendes Therapieverfahren für die
Rehabilitation von Patienten mit Low Back Pain sei. Über die Wirksamkeit des von
der Antragsgegnerin beworbenen Verfahrens als alleinige Therapieform ist damit
nichts ausgesagt.
Auch die beiden Gutachten SV4 vermögen die objektive Wirksamkeit des
beworbenen Verfahrens nicht zu belegen, da sie lediglich die subjektive
Zufriedenheit der Patienten dokumentieren. SV4 selbst bezeichnet die Ursache für
die subjektiv empfundene Verringerung der Schmerzintensität bei den Patienten
als „noch nicht geklärt“.
Die Untersuchung von F et al. ist nicht aussagekräftig, da sie nur 27 Patienten
umfasste und keine Kontrollgruppe hatte.
Auch aus dem Gutachten von SV5 kann die Antragsgegnerin nichts für sie
Günstiges herleiten. Dort heißt es im Ergebnisteil, die Wechselbeziehungen
zwischen Zelle und Kernspin-Resonanz seien noch ungeklärt.
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Das Gutachten von SV6 befasst sich lediglich mit der Funktion des Gerätes, es
trifft aber keine Aussage zur Wirksamkeit der Therapie.
Ebensowenig befasst sich die Dissertation G mit der Wirksamkeit der MBST; es
werden lediglich Reagenzglasversuche unter Verwendung von Elektroden
ausgewertet.
Die vorgelegte Äußerung von Prof. H besagt lediglich, dass dieser nach Sichtung
von etwa 50 Publikationen zu dem Ergebnis komme, die Wirksamkeit der
Magnetfelder in den verschiedensten Gebieten der Medizin sei nachgewiesen.
Hierbei handelt es sich um eine persönliche Wertung von Prof. H aufgrund des ihm
vorgelegten Materials, die ihrerseits einen Wirksamkeitsnachweis nicht zu
erbringen vermag.
Nichts anderes gilt für das in der Berufungsinstanz vorgelegte Gutachten des
Pharmakologen Prof. SV7. Auch dieses beruht nicht auf eigenen Untersuchungen,
sondern stellt lediglich eine Bewertung der anderen, von der Antragsgegnerin
vorgelegten Gutachten dar. Diese ergeben nach Auffassung von Prof. SV7 ein
„durchweg positives Bild“, wobei es sich ebenfalls lediglich um eine
Meinungsäußerung, nicht jedoch um einen wissenschaftlichen Beleg handelt.“
Darüber hinaus hat die Beklagte einen weiteren Bericht von D betr. eine von Dr. K
durchgeführte Studie zur Wirksamkeit der Kernspin-Resonanztherapie bei
Fingergelenkarthrosen vorgelegt (Anlage BB 5 zum Schriftsatz vom 30.06.2008,
Bl. 356 ff. d. A.). Abgesehen von dem sehr begrenzten Untersuchungsgegenstand
wurden auch im Rahmen dieser Studie wiederum keine Untersuchungen
durchgeführt, die die Wirkungsweise der Kernspin-Resonanz-Therapie erforschen
könnten, sondern die Patienten wurden nach ihrer Befindlichkeit befragt, das heißt,
sie sollten im Rahmen eines „QUABA-Gesamtscore“ bewerten, wie schmerzhaft
für sie Tätigkeiten wie Strümpfeanziehen oder Hemd zuknöpfen empfunden
werden. Diese subjektive Beurteilung (Einzelheiten zur Durchführung der
Befragung offenbart der Studienvorbericht nicht) erlaubt aber ebenfalls nicht den
Schluss auf die objektive Wirksamkeit der MBST-Kernspin-Resonanz-Therapie.
Daraus folgt, dass der Beklagten zwar nicht verboten werden kann, ihre Geräte
überhaupt zu bewerben, sie darf in der Werbung jedoch nicht den Eindruck einer
nachgewiesenen Wirksamkeit erwecken. Daran ändert der Umstand nichts, dass
die angegriffene Broschüre für die Anwender des von der Antragsgegnerin
vertriebenen Gerätes bestimmt ist. Zwar mag es sein, dass ein Großteil der
Anwender um die wissenschaftliche Umstrittenheit der Magnetfeldtherapie wissen.
Dieser Umstand erlaubt es der Beklagten nicht, entgegen den wissenschaftlichen
Tatsachen die therapeutische Wirksamkeit der von ihr vertriebenen Geräte zu
behaupten. Auch der skeptische Leser kann der Fehlvorstellung erliegen,
sei die Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie belegt, was von der Beklagten im
Übrigen offensichtlich angestrebt wird.
Die vom Kläger angegriffenen Äußerungen enthalten im Kontext der Broschüre
jedoch die Behauptung der nachgewiesenen Wirksamkeit.
Zur Beurteilung der Anträge im Einzelnen kann wiederum auf die Ausführungen im
Urteil des Eilverfahrens verwiesen werden (die Nummerierung folgt dem Tenor des
angefochtenen Urteils):
1.) Mit der Aussage: „Es liegen zwei topaktuelle Studien zur Wirksamkeit der MBST
vor...“ wird nicht etwa nur zum Ausdruck gebracht, dass sich zwei aktuelle Studien
mit der Frage der Wirksamkeit beschäftigen, sondern es wird der Eindruck
vermittelt, zwei aktuelle Studien belegten die Wirksamkeit dieses
Therapieverfahrens.
2.) Die Behauptung, es lägen wissenschaftliche Nachweise vor, die keinen Zweifel
an der Wirksamkeit der Kernspinresonanztherapie ließen, ist aus den oben
dargelegten Gründen falsch.
3.) Indem die Antragsgegnerin behauptet, nach wissenschaftlichen Standards
aufgebaute Patientenfragebögen dienten dazu, die Wirksamkeit der MBST zu
dokumentieren, vermittelt sie nicht den Eindruck, dass die Patientenbögen dazu
dienen könnten, die noch offene Frage nach der Wirksamkeit zu beantworten,
sondern erweckt bei dem Leser den Eindruck, dass jeder Fragebogen die
Wirksamkeit aufs Neue untermauere.
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4.) Die Äußerung, eine GOÄ-Ziffer für die MBST-Therapie zu erhalten, sei ein
weiterer Schritt, um die Therapie als Standard in der Medizin zu etablieren,
vermittelt ebenfalls den unzutreffenden Eindruck, die Wirksamkeit der Therapie sei
belegt, es gehe nur noch darum, sie als „Standard“ durchzusetzen.
5.) Die Behauptung, als eindeutiges Fazit des Treffens habe sich
herauskristallisiert, dass sich die MBST als erfolgreiche, wirkungsvolle und
schonende Behandlungsmethode bei Ärzten und Patienten durchgesetzt habe,
verstößt gegen § 3 Nr. 1 HWG, weil die Antragsgegnerin die Wirksamkeit der
Therapie gerade nicht nachweisen konnte.
6.) Die Aussage, dass in der genannten Praxis Arthrose und Osteoporose
behandelt werde, impliziert die unzutreffende Behauptung, dass diese Krankheiten
wirksam mit der MBST-Therapie behandelt werden könnten.
7.) Betreffend der Aussage „Neueste Studien zur Wirksamkeit der MBST-
Kernspinresonanztherapie“ gilt das oben zu 2. Gesagte.
8.) Hier greift der Antragsteller eine Grafik an, die der Studie D (E-Institut)
entnommen ist. Die Grafik ist an sich korrekt wiedergegeben. Nicht erwähnt wird
allerdings, dass D die MBST lediglich als ergänzendes Therapieverfahren für die
Rehabilitation von Patienten Low Back Pain in Betracht zieht. Stattdessen wird die
Grafik in einem Kontext gezeigt, der unentwegt die Wirksamkeit der MBST anpreist.
9.) Indem die Antragsgegnerin behauptet, die L-GmbH betreibe intensive
Forschung, um die Wirksamkeit der MBST-Kernspinresonanztherapie zu
untermauern behauptet sie implizit die bereits feststehende Wirksamkeit dieser
Therapie, die es nur noch zu untermauern, das heißt durch weitere Beweise zu
belegen gelte.
10.) Hier werden Zitate aus der Studie von D wiedergegeben, die an sich zwar
zutreffend sind, jedoch in einem wesentlichen Punkt unvollständig, weil wiederum
nicht mitgeteilt wird, dass D die MBST nur als ergänzendes Therapieverfahren
eingesetzt hat. Damit wird ein objektiv unzutreffendes Bild hinsichtlich der
Wirksamkeit der Therapie erzeugt.
11.) und 12.) Hier wird aus der Studie von SV5 zitiert. Die Zitate sind zwar
zutreffend. Auch kann unterstellt werden, dass die Empfänger der Werbebroschüre
erkennen, dass es sich um eine nur bedingt aussagekräftige In-Vitro-
Untersuchung an Zellkulturen handelt. Verschwiegen wird dennoch die
entscheidende Aussage der Studie. Denn die Autoren gelangen im Ergebnisteil zu
der Feststellung, dass sie bzw. die Wissenschaft noch einen langen Weg vor sich
haben, bis die Wechselwirkungen zwischen Zellen und der Kernspinresonanz
verstanden sind. Die unvollständige Wiedergabe der Studie vermittelt daher eine
Wirkungsaussage, die so nicht, und zwar gerade auch nicht durch die betreffende
Studie belegt ist.
13.) Es gilt das zu 9. Gesagte.
14.) Die hier getroffene Aussage, die MBST-Therapie könne zur Festigung und
Aufbau durchtrennter Knochen beitragen, wenn ein künstliches Gelenk implantiert
wurde, wird durch keine der von der Antragsgegnerin vorgelegten Publikationen
auch nur ansatzweise unterstützt.
Die Beklagte hat mehrfach die Einholung eines Sachverständigengutachtens
beantragt. Dessen bedurfte es jedoch schon deshalb nicht, weil die vorgelegten
Unterlagen bereits aufgrund ihrer Zielsetzung und Aufgabenstellung und aufgrund
der selbst gezogenen Folgerungen nicht als wissenschaftliche Bestätigung der
streitigen Werbeaussagen herangezogen werden können. Auf eine
sachverständige Bewertung wissenschaftlicher Erkenntnisse kommt es daher nicht
mehr an. Im Übrigen genügt der bloße Antrag auf Einholung eines
Sachverständigengutachtens nicht, um die Richtigkeit gesundheitsbezogener
Werbeangaben ordnungsgemäß darzutun und nachzuweisen. Vielmehr ist es
zunächst die Sache des Werbenden, die wissenschaftlichen Erkenntnisse
substanziiert vorzutragen, auf die er seine Behauptung stützt (Senat, GRUR-RR
2003, 295, 296 – Roter Ginseng). Daran fehlt es hier.“
Dem ist, da sich die Sach- und Rechtslage insoweit nicht geändert hat, nichts
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Dem ist, da sich die Sach- und Rechtslage insoweit nicht geändert hat, nichts
hinzuzufügen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§
543 Abs. 2 ZPO). Maßgebend für die getroffene Entscheidung waren die konkreten
Umstände des vorliegenden Einzelfalles, die das Gericht auf der Grundlage
anerkannter Rechtsgrundsätze bewertet hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.