Urteil des OLG Frankfurt vom 19.03.2008

OLG Frankfurt: aufschiebende wirkung, anfechtung, anhörung, urlaub, anstalt, bezirk, dokumentation, quelle, zivilprozessrecht, gesetzesänderung

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Ws 1261/07
(StVollz)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 110 StVollzG, § 83 VwGO
(Rechtsbehelfsverfahren gegen die Ablehnung eines
Urlaubsantrages durch die Strafvollzugsbehörde:
Entscheidungszuständige Strafvollstreckungskammer bei
dauerhafter Verlegung des Häftlings in eine andere
Justizvollzugsanstalt)
Leitsatz
Begehrt der Gefangene die Verpflichtung der Vollzugsanstalt zur Gewährung von Urlaub
und wird er während des Verfahrens vor der Strafvollstreckungskammer dauerhaft in
eine Justizvollzugsanstalt verlegt (und nicht lediglich überstellt), deren Sitz im Bezirk
einer anderen Strafvollstreckungskammer liegt, so ist wegen des eingetretenen Partei-
und Zuständigkeitswechsels nach Anhörung der Beteiligten das Verfahren von Amts
wegen an die Strafvollstreckungskammer am Ort der aufnehmenden
Justizvollzugsanstalt zu verweisen.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen,
da eine Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses weder zur Fortbildung des
Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 116
StVollzG).
Gründe
Zu Recht ist die Kammer davon ausgegangen, dass die im Wege des Antrags auf
gerichtliche Entscheidung verfolgte Gewährung von Urlaub nur von derjenigen
Vollzugsbehörde vorgenommen werden kann, welche die Freiheitsstrafe vollzieht.
Im Falle der Verlegung geht mithin die behördliche Zuständigkeit auf die
aufnehmende Justizvollzugsanstalt über. Dieser Wechsel der Antragsgegnerin
(Parteiwechsel) bewirkt zugleich den Wechsel der gerichtlichen Zuständigkeit, es
wird diejenige Strafvollstreckungskammer zuständig, in der die Aufnahmeanstalt
ihren Sitz hat (vgl. BGH, NStZ 1996, 196; Arloth/Lückemann, StVollzG § 110 Rn 4
mwN). Von diesem Grundsatz sind lediglich bloße Überstellungen, das heißt
lediglich vorübergehende Verschubungen, etwa zur Wahrnehmung eines Termins
oder zu einem kürzere Zeit andauernden Krankenhausaufenthalt (vgl. BGH, NStZ
1989, 548 - zur gleich gelagerten Problematik bei § 462a I 1 StPO -; OLG Koblenz,
GA 1981,524; Arloth/Lückemann, § 110 Rn 4 mwN ) anzunehmen. Eine solche
Überstellung lag hier aber nicht vor. Vielmehr stellte die Verlegung des
Verurteilten nach ... eine auf Dauer angelegte Unterbringung des Gefangenen in
dieser Anstalt dar, weil seine Beziehungen zur verlegenden Anstalt endgültig
abgebrochen werden sollten (vgl. OLG Bremen, ZfStrVo 1996, 310, 311 mwN).
Hieran änderte die Anfechtung der Verlegungsentscheidung nichts. Diese hat
keine aufschiebende Wirkung. Ferner ist der Ausgang des gerichtlichen Verfahrens
über die Anfechtung der Aussetzungsentscheidung ungewiss. Das Verfahren über
die Versagung von Lockerungen ist schließlich im besonderen Maße eilbedürftig,
so dass auch dessen Aussetzung über die Verlegung bis zur Entscheidung des
Verfahrens anstelle seiner Verweisung ausscheidet. Allerdings hat die Kammer zu
Unrecht die gebotene Verweisung an die Strafvollstreckungskammer Marburg
abgelehnt und stattdessen den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mangels
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abgelehnt und stattdessen den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mangels
Verweisungsantrags des Gefangenen als unzulässig verworfen. Dies ist
rechtsfehlerhaft. Dem Wechsel der Entscheidungszuständigkeit ist durch einen
Verweisungsbeschluss in entsprechender Anwendung des § 83 VwGO Rechnung zu
tragen (BGH, NStZ 1990, 205). Aufgrund der Neuregelung dieser Vorschrift, die
auf eine entsprechende Anwendung der §§ 17a II und III GVG verweist, ist entgegen
der früheren Rechtslage (hierzu: BGH, NStZ 1990, 205) ein Verweisungsantrag
nicht mehr erforderlich (Senat, Beschl. v. 10.10.2007 – 3 Ws 904/07 StVollz; OLG
Jena; Beschl. v. 28.11.2005 – 1 AR(s) 167/05 – Juris; OLG Celle, ZfStrVo 2002, 245;
Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 83 Rn 11,12). Vielmehr kann nach Anhörung der
Beteiligten von Amts wegen verwiesen werden. Insoweit handelt es sich jedoch um
eine Fehlentscheidung der Kammer im Einzelfall, die ersichtlich darauf beruht,
dass in der strafvollzugsrechtlichen Literatur (vergleiche etwa Arloth/Lückemann, §
110 Rn 4) teilweise noch ausschließlich auf die durch die Gesetzesänderung
überholten Rechtsprechung verwiesen wird. Ein solcher Fehler ist nicht geeignet,
die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 StVollzG zu erfüllen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 500 €
festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.