Urteil des OLG Frankfurt vom 25.01.2000

OLG Frankfurt: befangenheit, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, umweltrecht, zivilprozessrecht, zustand, dokumentation, datum, beschränkung

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Gericht:
OLG Frankfurt 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 W 30/99
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 43 ZPO
Richterablehnung und Einlassen in die Verhandlung
Orientierungssatz
Als ein Einlassen in die Verhandlung im Sinne von § 43 ZPO ist jedes prozessuale und
der Erledigung eines Streitpunktes dienende Handeln der Partei anzusehen, das eine
Sachbearbeitung durch den Richter ermöglicht, insbesondere auch das Einreichen von
Schriftsätzen
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer
des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juni 1999 wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 32.249,60 DM festgesetzt.
Gründe
(Übernommen aus OLGR Frankfurt)
Es kann dahinstehen, ob dem Beklagten gegen den Richter am LG E. ein
Ablehnungsrecht aus den Gründen zustand, die er in seinem Schriftsatz vom
8.6.1998 (richtig 8.6.1999) ausgeführt hat. Der Beklagte ist nämlich mit den darin
genannten Ablehnungsgründen gem. § 43 ZPO ausgeschlossen. Danach kann
eine Partei einen Richter nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen,
wenn sie sich bei ihm in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat,
ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen. Diese
Beschränkung des Ablehnungsrechts dient der schnellen und endgültigen Klärung
der weiteren Mitwirkung des Richters nach Bekanntwerden eines
Ablehnungsgrundes. Die ablehnende Partei soll gezwungen sein, sich sofort nach
Kenntnis von dem Befangenheitsgrund zu entscheiden, ob sie sich darauf berufen
will oder nicht. Damit soll Klarheit über die Besetzung der Richterbank geschaffen
und der Rechtsstreit beschleunigt werden (Feiber in MünchKomm/ZPO, § 43 Rz. 4;
vgl. auch OLG Stuttgart v. 25.11.1997 - 9 W 79/97, OLGR Stuttgart 1998, 75 f; KG
v. 4.9.1997 - 28 W 6249/97, KGR Berlin 1998, 33 f). Als ein Einlassen in die
Verhandlung in diesem Sinne wird deshalb jedes prozessuale und der Erledigung
eines Streitpunktes dienende Handeln der Partei angesehen, das eine
Sachbearbeitung durch den Richter ermöglicht, insbesondere auch das Einreichen
von Schriftsätzen (OLG Stuttgart v. 25.11.1997 - 9 W 79/97, OLGR Stuttgart 1998,
75 f, m.w.N.; KG v. 4.9.1997 - 28 W 6249/97, KGR Berlin 1998, 33 f).
Hier war dem Beklagten die Beteiligung des abgelehnten Richters am LG E. an
dem vorliegenden Verfahren bereits am 30.9.1998 bekannt, denn unter diesem
Datum hat er sämtliche Richter, die an dem Beschluß des LG vom 3.7.1998
mitgewirkt hatten, mithin auch den namentlich bezeichneten Richter am LG E.,
wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt kannte er
auch die Gründe, auf die er die am 8.6.1999 gegen den Richter am LG E.
gerichtete Ablehnung gestützt hat, denn sie beruhen auf einer Äußerung des
abgelehnten Richters in einem Rechtsstreit aus dem Jahre 1994.
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Gleichwohl hat er sich in der Zeit zwischen der Ablehnung seines
Befangenheitsgesuchs vom 30.9.1998 und seinem Gesuch vom 8.6.1999 in die
Verhandlung mit dem Richter am LG E. eingelassen. Er hat nach Erhalt der
Beschwerdeentscheidung des OLG vom 11.1.1999 mit Schriftsatz vom 9.3.1999
auf die Klage erwidert und seinen Klageabweisungsantrag angekündigt, sowie
unter dem 31.5.1999 und 4.6.1999 weitere Schriftsätze zur Vorbereitung der auf
den 8.6.1999 anberaumten mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht, ohne
sich dabei auf die Gründe zur Befangenheit des Richters am LG E. zu berufen, auf
die er sein Ablehnungsgesuch vom 8.6.1999 gestützt hat. Damit hat er durch sein
Verhalten vor dem 8.6.1999 zu erkennen gegeben, daß er trotz der ihm
bekannten Umstände anläßlich des im Jahr 1994 geführten Rechtsstreits
Vertrauen in die Person des Richters am LG E. hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.