Urteil des OLG Frankfurt vom 22.10.2004
OLG Frankfurt: darstellung des sachverhaltes, schiedsrichter, befangenheit, schiedsgericht, obmann, zivilverfahren, schiedsspruch, unparteilichkeit, schiedsverfahren, ermessen
1
2
3
Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Sch 1/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 42 Abs 2 ZPO, § 45 Abs 1
ZPO, § 1037 ZPO
(Richterablehnung: Besorgnis der Befangenheit eines
Schiedsrichters wegen einer falschen Rechtsanwendung)
Leitsatz
Ablehnungsgesuch gegen Schiedsrichter im Schiedsverfahren
Tenor
Das Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 17. März 2004 (Bl. 27 ff. d.A.) in
Verbindung mit dem Antrag des Beklagten vom 08. April 2004 (Bl. 1 d.A.) gegen
1. den Vorsitzenden Richter am Landgericht Wiesbaden A. als Obmann,
2. den Schiedsrichter Rechtsanwalt und Notar Dr. B.,
3. den Schiedsrichter Rechtsanwalt C.,
wird für unbegründet erklärt.
Gründe
Das Ablehnungsgesuch ist zulässig, es wurde form- und fristgerecht eingelegt, hat
in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der erkennende Senat ist zur Entscheidung
über das Befangenheitsgesuch sachlich zuständig. Insoweit wird vollinhaltlich auf
den Beschluss des Senats vom 14. Juli 2004 Bezug genommen, gleichfalls
vollinhaltlich auf die dortige Darstellung des Sachverhaltes.
Soweit der Beklagte Gründe dargetan hat, weshalb er die abgelehnten
Schiedsrichter für befangen hält, so sind diese Gründe weder einzeln noch
zusammengenommen geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der
Schiedsrichter zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO).
Zwar haben die Schiedsrichter unstreitig, nachdem sie vom Beklagten mit
Schriftsatz vom 17. März 2004 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt
worden waren, mit undatiertem Beschluss (Bl. 31 – 33 d.A.) selbst über diesen
Befangenheitsantrag entschieden. Zwar liegt hierin ein Verstoß gegen § 45 Abs. 1
ZPO, der vorliegend Anwendung findet. Insoweit wird vollinhaltlich auf den
Beschluss des Senates vom 14. Juli 2004 verwiesen. Doch sind auch
Verkennungen rechtlicher Bestimmungen kein Grund, Richter wegen Besorgnis der
Befangenheit abzulehnen. In Verkennung der Vorschrift des § 1037 ZPO hatten die
Richter selbst entschieden und dabei nicht beachtet, dass diese Bestimmung
lediglich für die Besetzung des Schiedsgerichtes Anwendung findet, ansonsten
aber § 45 Abs. 1 ZPO anzuwenden ist. Eine unzutreffende Rechtsanwendung
rechtfertigt jedoch nicht die Besorgnis der Befangenheit. „Die Richterablehnung
wegen Besorgnis der Befangenheit ist kein geeignetes Mittel, sich gegen unrichtige
bzw. für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren ...“
(BAG in MDR 93, 383; s. auch bei Hinweis auf Verjährung BGH in NJW 98, 612 im
Ergebnis ferner auch KG in MDR 99, 253).
4
5
6
7
8
9
10
Auch soweit die Schiedsrichter auf die Zuständigkeitsrüge des Beklagten
ablehnend reagiert haben und keinen Zwischenbescheid (§ 1040 Abs. 3 Satz 1
ZPO) erlassen haben, stellt dies keinen Grund für die Besorgnis der Befangenheit
dar. Die Bestimmung des § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist eine
Ermessensentscheidung. Aus § 1040 Abs. 3 Satz 3 ZPO ergibt sich, dass insoweit
dem Schiedsgericht ein Ermessen eingeräumt wird. Vorliegend haben die
Schiedsrichter weder dieses Ermessen überschritten, noch hiervon einen
Fehlgebrauch gemacht, da es ihnen um einen zügigen Verfahrensablauf ging, der
auch im Interesse der Schiedsparteien gegeben war (s. Albers bei Baumbach, 62.
Aufl. 2004, Anm. 4 zu § 1040; so auch Geimer bei Zöller, 23. Aufl. 2002, Anm. 8 zu
§ 1040).
Ferner ist auch der Umstand, dass das Schiedsgericht seine Zuständigkeit als
gegeben angesehen hat, kein Befangenheitsgrund. Das Schiedsverfahren war
insgesamt noch nicht beendet. Aus der Schiedsvereinbarung der Parteien war
ersichtlich, dass diese für die Auseinandersetzung ihrer Sozietät die Zuständigkeit
des Schiedsgerichtes vereinbart hatten. Nach Sinn und Zweck (§§ 133, 157 BGB)
gilt dies aber für das gesamte Verfahren, was erst dann beendet ist, wenn
sämtliche Auseinandersetzungsansprüche abschließend geklärt worden sind, was
vorliegend nicht der Fall war.
Soweit der Beklagte ferner meint, dass die Tatsache, dass der Schiedsspruch
inhaltlich in einem Zivilverfahren zwischen dem Kläger und der Ehefrau des
Beklagten bekannt geworden sei, deshalb die Vertraulichkeit des Schiedsspruchs
nicht gewahrt worden sei und darin ein Befangenheitsantrag liege, folgt dem der
Senat gleichfalls nicht. Der Kläger als Schiedspartei und der Beklagte waren
durchaus berechtigt, das Ergebnis des Schiedsspruchs in einem Zivilverfahren mit
einzuführen. Hätten die Parteien dies nicht gewollt, dann hätten sie es in der
Schiedsvereinbarung ausdrücklich erwähnen müssen. Da sie dies nicht getan
haben, bestehen keine Bedenken, dass der Schiedsspruch in dem Zivilverfahren
miteingeführt worden ist.
Auch der Umstand, dass das Schiedsgericht mit seinem Schiedsspruch ablehnend
gegen den Beklagten, wie er meint, entschieden hat, rechtfertigt die Besorgnis der
Befangenheit nicht. Andernfalls wären Richter oder Schiedsrichter immer dann
befangen, wenn sie bereits in einem Verfahrensabschnitt oder in einem früheren
Verfahren gegen eine Partei entschieden hätten. Dies widerspricht aber dem
Rechtsgrundsatz des gesetzlichen Richters.
Auch dadurch, dass der Obmann des Schiedsgerichts an den Kläger folgende
Hinweise nach § 139 ZPO gegeben hat:
1. vorliegend solle nicht auf Zahlung, sondern auf Feststellung geklagt werden,
2. das Schiedsgericht könne nicht über Salden, sondern nur über einzelne
Positionen befinden,
3. der Obmann habe auf die Schlüssigkeit der Schiedsklage Einfluss ausgeübt,
sieht der Senat hierin keinen Befangenheitsgrund. Nach § 139 ZPO soll ein
Gericht, auch ein Schiedsgericht, auf sachdienliche Anträge achten und darauf
hinweisen, dass diese gestellt werden. Auch soll das Gericht darauf hinweisen, ob
ein Vortrag eines Klägers schlüssig oder eines Beklagten erheblich ist. Die
Grenzziehung zur einseitigen Einflussnahme zu Gunsten einer Partei sieht der
Senat vorliegend als gewahrt an. Der Rahmen des § 139 ZPO wurde vorliegend
von dem Obmann nicht überschritten. Vielmehr waren seine Hinweise sachdienlich
und bewegten sich durchaus im Rahmen des § 139 ZPO. Anders nur im Falle der
Willkür (BVerfG 42, 64 (78), der hier aber nicht vorlag.
Auch unter Berücksichtigung sämtlicher vom Beklagten vorgetragenen Gründe
sieht der Senat keinen Anlass, dass in den Augen eines unbeteiligten Dritten die
drei abgelehnten Schiedsrichter in ihrer Unparteilichkeit befangen sein könnten.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.