Urteil des OLG Frankfurt vom 09.02.2009

OLG Frankfurt: ausführung, aufschiebende bedingung, vergütung, aufwand, abrechnung, korrespondenz, einheitspreis, vergleich, aushub, fels

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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 171/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Nr 6 Abs 1 S 1 VOB B, VOB
C, Nr 18299 Abschn 4.2.15
DIN
(VOB-Einheitspreisvertrag: Voraussetzung für den Anfall
einer Bedarfsposition aus dem Leistungsverzeichnis im
Falle der Beseitigung von Findlingen im Baugrund)
Leitsatz
(Keine weiteren Angaben)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.05.2008 verkündete Urteil der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen, soweit sie
nicht durch Teil-Vergleich vom 19.01.2009 erledigt ist.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen, einschließlich der dem
Streithelfer entstandenen Kosten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte
oder der Streithelfer Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die überwiegende Abweisung ihrer
Klage, mit der sie die Beklagte auf restlichen Werklohn in Höhe von noch
138.462,98 € nach Teilerledigungserklärung in Höhe von 5.531,77 € in 1. Instanz
nach wie vor in Anspruch genommen hat.
Die Klägerin war von der Beklagten mit der Durchführung von Rohbauarbeiten an
der Baumaßnahme Neubau Grundschule O1 beauftragt. Der Auftrag wurde unter
dem 24.06.2004 (Anlage K 1 = Bl. 15 d. A.) erteilt. Zu Grunde lag das Angebot der
Klägerin (Anlage K 1 a = Bl. 16-27 d. A.) sowie das Leistungsverzeichnis, das der
Streithelfer erstellt hatte (= Bl. 28-176 d. A.). In Streit zwischen den Parteien steht
nach wie vor aus der Nachberechnung der Klägerin Nr. 5 vom 14.03.2006 (Anlage
K 3 = Bl. 197 ff d. A.) die verlangte Vergütung der Bedarfsposition 1.2.340
"Hindernis im Boden aufnehmen und Entsorgen mit 112.348,80 € netto =
130.324,61 € brutto sowie die Kürzungen der Positionen 1.320/340/360/520/580
mit 7.015,84 € netto = 8.138,37 € brutto.
Hintergrund des Streites wegen der Abrechnung der Bedarfsposition aus dem
Leistungsverzeichnis 1.2.340 (S. 61 d. A.) ist das Auffinden von Findlingen im Zuge
der Aushubarbeiten in der Baugrube - es fanden sich insgesamt 9.960 kg an
Feldsteinen mit einem Durchmesser von über 60 cm = mehr als 0,1 cbm.
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Insoweit rügt die Berufung zwar einen Tatbestandsfehler hinsichtlich der
Mengenansätze auf S. 3 unten des Tatbestandes, der jedoch in vollem Umfang
dem Vortrag der Klägerin auf S. 4 der Klageschrift folgt, wonach die Beklagte in der
Leistungsbeschreibung unter dem Titel 1.2 (Erdarbeiten) den Aushub von 1.800
qm Erde der Bodenklassen 1-5, sowie von 200 cbm der Bodenklassen 6 und 7
ausgeschrieben hatte (Positionen 1.2.310 und 1.2.320, S. 34 des
Leistungsverzeichnisses = Bl. 61 d. A). In diesen Positionen geht es um die
Entsorgung - das Lösen des Erdaushubs ist in den Positionen 1.2.110 und 1.2.120
(S. 29 des Leistungsverzeichnisses = Bl. 56 d. A.) enthalten mit einmal 1700 cbm
und einmal 500 cbm.
Die Leistungsposition 1.2.340 (S. 61) spricht von "größeren Hindernissen", wobei
als Beispiel Findlinge genannt werden, und sieht nicht nur die Aufnahme, sondern
auch das Abfahren und Entsorgen vor, wobei die Abrechnung als Zulage nach
Gewicht erfolgen sollte.
Die Klägerin erbat mit Schreiben vom 09.08.2004 (Bl. 206 d. A. = Anlage K 4) die
Beauftragung der Bedarfsposition. In dem vom Streithelfer der Beklagten, dem
Architekten Herrn Dipl.-Ing. A, gefertigten Baustellenprotokoll Nr. 5 anlässlich des
Gesprächs vom gleichen Tag vor Ort wurde festgehalten (Bl. 4 des Protokolls = S.
211 d. A.), dass die Position 1.2.340 nur im Rahmen der Festlegungen der VOB
bzw. bei Zertrümmerung, Abfahrt und Entsorgung von im Zuge der
Baugrubenerstellung gefundenen Steinen bzw. Findlingen entsprechender Größe
anfiele - bei Verbleib der Findlinge vor Ort für die Eigenverwendung des Bauherrn
entfalle die Position. Die Angabe, ob die Steine entsorgt werden oder verbleiben
sollen, erfolgt in der 34. Kalenderwoche von Seiten des Bauherrn.
Mit Schreiben vom 16.08.2004 (Bl. 1212 d. A.) wurde die Beauftragung der
Bedarfsposition abgelehnt und erklärt, die Findlinge sollten zur späteren
Gestaltung der Außenanlage verwendet werden. Es wurde zugesagt, einen
Mehraufwand für das Aussortieren und Beiseiteschaffen der entsprechend großen
Findlinge gemäß VOB zu erstatten.
Die Klägerin transportierte die Findlinge zwecks Wiegens ab und verbrachte sie
wieder zurück - die Beklagte stellt in Abrede, dass ein erhöhter Aufwand gegeben
ist und hat in erster Instanz geltend gemacht, zusätzlicher Aufwand sei der
Klägerin nicht entstanden, von größeren Hindernissen im Sinne der Position
1.2.340 könne nicht die Rede sein -, zum Aussortieren und seitlichen Lagern auf
der Baustelle sei die Klägerin nie aufgefordert worden. Der wesentliche Teil der
Bedarfsposition sei zudem nie erbracht worden.
Zu den Positionen 1.8.320/340/520/580 ist in Streit, ob die unstreitig allesamt als
Fertigteile eingebauten Unterzüge zu den Einheitspreisen der Position des
Leistungsverzeichnisses 1.8.310 (65,89 € netto) bzw. 1.8.330 (98,89 € netto) und
1.8.510 (115,89 € netto) abzurechnen sind, wie dies die Beklagte durch ihre
Kürzungen vornimmt, oder ob die Klägerin berechtigt ist, die Einheitspreise der
Alternativpositionen 1.8.320/340/36 mit 327,75 € bzw. der Position 1.8.520/580
(257,75 €) anzusetzen.
Vorgesehen war die Ausbildung der Unterzüge in den Wänden insgesamt als
Hohlwandelement, wobei die Alternative der Ausführung in Ortbeton bereits im
Leistungsverzeichnis vorgesehen war.
Die Klägerin - der Auffassung ihres Subunternehmers folgend - vertrat die
Auffassung, aus technischen Gründen könnten die Unterzüge als Eckausbildung
nicht aus Hohlwandelementen hergestellt werden.
Dies war Gesprächsthema in einem Ortstermin vom 16.7.2004, über den das
Protokoll Anlage K 12 = Bl. 225 d. A. angefertigt wurde.
Über die Problematik wurde in der Folge korrespondiert - die Beklagte übersandte
das Schreiben der Firma B vom 27.07.2004 (Anlage B 7 = Bl. 282 d. A.), wonach
die gewünschte Ausführung möglich, allerdings teurer sei.
Die Parteien haben darum gestritten und streiten nach wie vor darum, ob die
Ausführung als Hohlwandelement technisch überhaupt möglich bzw. nur unter
einem solch unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, dass eine solche
Ausführung nicht empfohlen werden könne, die Beklagte die Ausführung der
Unterzüge als Fertigteilelemente beauftragte bzw. die Klägerin der Auffassung sein
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Unterzüge als Fertigteilelemente beauftragte bzw. die Klägerin der Auffassung sein
durfte, sie habe den von der Beklagten geforderten Nachweis der technischen
Unmöglichkeit erbracht.
Das Landgericht hat hinsichtlich des Streits der Parteien über die von der Klägerin
behauptete Vereinbarung der Ausführung der Unterzüge als Hohlwandelemente
gemäß den Beweisbeschlüssen vom 03.08.2007 (Bl. 378 und 379 d. A.) mit den
Ergänzungen vom 12.10.2007 (Bl. 408 d. A.) und 18.01.2008 (Bl. 468 d. A.)
Zeugenbeweis erhoben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird im
Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klägerin lediglich die Kosten
des Mehraufwands für die Aussortierung der Findlinge in Höhe von 28,43 €
zugesprochen und die weitergehende Klage insoweit mit der Begründung
abgewiesen, es fehle an einer Auftragserteilung durch die Beklagte für die
Bedarfsposition. Von einer aufschiebend bedingten Auftragserteilung könne nicht
ausgegangen werden, wie auch die eigenen Schreiben der Klägerin zeigten, die um
Erteilung des Auftrags mehrfach nachgesucht habe.
Die Beklagte habe ausdrücklich klargestellt, dass sie die Bedarfsposition nicht
beauftrage. Die vertragliche Regelung räume der Beklagten auch ein Ermessen
ein.
Das Aussortieren und Beiseiteschaffen der Findlinge entspreche dem Leistungsbild
in Position 1.2.120. Angesichts der von der Beklagten mitgeteilten Absicht der
Wiederverwendung der Findlinge vor Ort habe die Klägerin die Findlinge nicht
zwecks Wiegens abfahren und wieder zurücktransportieren dürfen, sondern habe
das Gewicht schätzen müssen.
Hinsichtlich des Problemkreises Ausführung der Unterzüge als Fertigteile hat das
Landgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend gewürdigt, den
Zeugen Z1 + Z2, die bekundeten, am 16.07.2004 sei eine Vereinbarung
betreffend die Ausführung als auch deren Vergütung getroffen worden, könne
angesichts der Aussagen der übrigen Zeugen unter Berücksichtigung des Inhalts
des Protokolls vom 16.07.2004 nicht der Vorzug gegeben werden, zumal die
Klägerin die angebliche Unrichtigkeit des Protokolls nicht gerügt habe und danach
erfolgte weitere Schreiben der Klägerin auch gegen eine derartige Unrichtigkeit
sprächen.
Von einer verbindlichen Einigung im Termin am 16.07.2004, die Klägerin solle die
Vollfertigteile zu den fiktiven Kosten einer Betonausführung erbringen, könne
deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig könne von einer
Auftragserteilung in der Folgezeit ausgegangen werden. Der Klägerin stehe
deshalb nur die Vergütung zu, die sie bei Erfüllung der Hauptposition
beanspruchen könne.
Gegen diese Bewertung wendet sich die Klägerin mit der Berufung und rügt, das
Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Beklagte habe weder die
Bedarfsposition 1.2.340, noch die Alternativposition 1.8.320/340/350/520/580
beauftragt.
Die Bedarfsposition 1.2.340 sei ausdrücklich, zumindest aber konkludent
beauftragt. Die Korrespondenz habe das Landgericht unzutreffend gewürdigt. Die
Beklagte habe nämlich die Beseitigung gewollt, nur nicht deren
vergütungsrechtliche Konsequenz. So habe sie beim Ortstermin nur die
rechtsirrige Auffassung vertreten, die Position falle nur bei Zertrümmern und
Wegfahren der Steine an - das Bergen der Steine sei dagegen ausdrücklich
angeordnet worden. Das Schreiben vom 16.08.2004 (Anlage K 6 = Bl. 212 d. A.)
stelle eine schriftliche Beauftragung dar, wenn auch mit einer
Änderungsanordnung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B wegen der Wiederverwendung der
Steine.
Die Entfernung der Steine sei auch nicht lediglich der Bedarfsposition 1.2.120
zuzuordnen. Die Beseitigung von Steinen über 0,1 cbm Rauminhalt sei eine
besondere Leistung gemäß VOB/C DIN 18300 Abschnitt 4.1.3 i. V. m. 4.2.4.
Unter Zitat obergerichtlicher Rechtsprechung vertritt die Klägerin weiterhin die
Auffassung, bei unstreitiger Erforderlichkeit der Leistung reiche es zudem aus,
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Auffassung, bei unstreitiger Erforderlichkeit der Leistung reiche es zudem aus,
wenn der Auftraggeber in Kenntnis der Ausführungsbedingungen den
Auftragnehmer zur Fortsetzung seiner Tätigkeit anhalte.
Ein Einheitspreis von 11,28 € sei zum einen nicht sittenwidrig, zum anderen
komme es für die Beurteilung dann auch auf die Gesamtbetrachtung an. Die
Klägerin sei immer bereit gewesen, sich ersparte Aufwendungen für Ladung und
Abtransport anrechnen zu lassen.
Hinsichtlich der Anfertigung der Stahlbetonunterzüge als Vollfertigteile verweist die
Klägerin unter nochmaliger Darstellung des Geschehensablaufs darauf, dass die
Würdigung der Zeugenaussagen Z5 und Z3 durch das Landgericht im Widerspruch
zu der durch schriftliche Unterlagen dokumentierten uneingeschränkten
Beauftragung stehe - soweit die Klägerin im Nachhinein gleichwohl noch einmal
Klarstellung gefordert habe, sei das durch Irritationen ihrerseits bedingt gewesen,
weil die Beklagte durch die Korrespondenz hierfür gesorgt habe. Sie verweist
insbesondere auf die Schreiben der Beklagten vom 27.07.2004, Anlage K 14 = Bl.
229 d. A. und 06.08.2004, Anlage K 16 = Bl. 241 d. A..
Der Zeuge Z3 habe im Protokoll des Ortstermins vom 16.07.2004 den Inhalt der
Besprechung unzutreffend wiedergegeben. Den Zugang des Protokolls habe die
Klägerin dann zum Anlass genommen, mit Schreiben vom 27.07.2004 Klarstellung
zu fordern und Behinderung anzumelden - und zwar noch einmal mit Schreiben
vom 09.08. (Anlage K 18 = Bl. 300 d. A.). In diesem Schreiben ist auch auf die mit
Schreiben des Architekten A vom 28.07.2004 übermittelte Stellungnahme der B-
gruppe eingegangen worden.
Die Klägerin wirft die Frage auf, in welcher Form sie denn den Nachweis hätte
erbringen sollen - für sie habe gar nicht in Zweifel gestanden, dass sie den
Nachweis zur Überzeugung der Beklagten erbracht habe. Schließlich sei die
Behinderungsanzeige der Klägerin ausdrücklich mit der Begründung
zurückgewiesen worden, die Ausführungen der Stahlbetonunterzüge als
Vollfertigteile seien beauftragt, so im Ortstermin 11.08., Anlage K 5 = Bl. 210 d. A..
Es habe keine Pläne gegeben, welche die Ausführung der Fertigteilelemente als
Hohlwandelement vorgesehen haben. Zumindest hätte dann aber nach
Auffassung der Klägerin zur Frage der Unausführbarkeit Beweis erhoben werden
müssen.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage haben die Parteien zur Abgeltung der
Position „Fertigung der Stahlbetonunterzüge als Vollfertigteile“ einen Teil-Vergleich
dergestalt geschlossen, dass der Beklagte einen Betrag von 4.069,19 € zur
Abgeltung dieser Position bezahlt, wobei die Kostenentscheidung dem Schluss-
Urteil vorbehalten blieb. Die Parteien haben diesen Teilvergleich geschlossen,
nachdem die Einzelrichterin unter Würdigung des Protokolls vom 16.7.2004 und
der gewechselten Korrespondenz sowie der Zeugenaussagen, die
Beweisaufnahme insoweit erneuern zu wollen und ggfs. ein
Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main
vom 29.05.2008 zu verurteilen,
an die Klägerin 138.462,98 € sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz des § 247 BGB seit 01.05.2005 zu zahlen,
abzüglich des Betrages von 8.138,37 €, der durch Teilvergleich erledigt ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie nicht durch den Teilvergleich erledigt
ist.
Der Streithelfer beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen, soweit nicht durch den Teilvergleich Erledigung
eingetreten ist.
Der Beklagte macht nach wie vor geltend, die Position 1.2.340 sei nicht beauftragt,
und das Entfernen von 9,96 Tonnen Findlingen sei dieser Bedarfsposition auch
nicht zuzuordnen, weil die Bauarbeiten nicht behindert worden seien und unstreitig
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nicht zuzuordnen, weil die Bauarbeiten nicht behindert worden seien und unstreitig
kein erhöhter Aufwand angefallen sei. Zudem sei die Bedarfsposition auch nicht
vollständig ausgeführt worden - eine nachvollziehbare Kalkulation habe die Klägerin
bislang nicht vorgelegt. Zugesagt worden sei lediglich die Vergütung eines
Mehraufwands (Schreiben vom 07.10.2004, Anlage K 8).
Auch hinsichtlich der Anfertigung der Stahlbetonunterzüge als Vollfertigteile
verteidigt der Beklagte das angefochtene Urteil und meint, die Aussagen der
Zeugen Z5 und Z3 würden durch den vorgelegten Briefwechsel gestützt. Die
Klägerin selbst habe in der Klageschrift behauptet, sie sei "im Nachgang" zum
Termin 16.07.2004 mit der Ausfertigung der Unterzüge als Vollfertigteile zum Preis
der Alternativposition beauftragt worden, während die Zeugen Z1 und Z2 sowie Z4
eine Auftragserteilung bereits am 16.07.2004 bekundet hätten.
Die Klägerin lasse das Schreiben der Beklagten vom 10.08.2008, Anlage K 26, in
ihrer Darstellung ebenso unberücksichtigt wie den Umstand, dass sie dem Inhalt
des Protokolls nie widersprochen habe. Bei erhöhtem Aufwand sei die Ausführung
wie ursprünglich vorgesehen möglich gewesen, vgl. Schreiben Firma B vom
27.07.2008, Anlage B 7. Das Protokoll vom 11.08.2004 sei im Zusammenhang mit
dem Schreiben vom 10.08.2004 zu sehen (Anlage K 26 = Bl. 503 d. A.).
Der Beklagte macht geltend, auf der Grundlage des Schreibens der B-gruppe
(Schreiben vom 27.07.2004) und damit nach dem Ortstermin 16.07.2004 hätte
das Schreiben des Lieferanten nicht mehr ausgereicht.
Der Streithelfer verweist auf den erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere im
Schriftsatz vom 19.04.2007 (S. 338 ff. d. A.) zur Anwendbarkeit des Abschnitts
4.2.4 der VOB/C DIN 18300.
II.
Die zulässige, weil form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist im Hinblick auf
die Geltendmachung einer Abrechnung weiteren Werklohns im Hinblick auf das
Anfallen der Bedarfsposition 1.2.340 unbegründet.
Zwar hat das Landgericht nicht in Erwägung gezogen, den Anspruch auf § 2 Ziffer
8 Abs. 2 S. 3 VOB/Teil B und § 2 Nr. 6 VOB/B zu stützen. Insbesondere der
Entscheidung des OLG Dresden vom 10.01.2007 BauR 2008, S. 518-521, kann
gerade nicht entnommen werden, dass es allein auf die fehlende Erteilung eines
Auftrags zur Erbringung der Bedarfsleistung ankommt.
Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass die Bedarfsposition
1.2.340 weder konkludent noch ausdrücklich beauftragt ist oder gar eine
aufschiebende Bedingung vorliegt.
Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass der Auftrag insofern erteilt
war, weil der Beklagte die Beseitigung der Findlinge gewünscht hat, aber nicht die
vergütungsrechtliche Konsequenz.
Die vorgenannte Alternativposition differenziert nämlich im Gegensatz zu den
sonstigen Positionen des Leistungsverzeichnisses zunächst einmal nicht zwischen
dem Aushub bzw. der Aufnahme als solchem und dem Ladevorgang und dem
Abtransport.
Die Bedarfsposition ist bereits nicht insgesamt erbracht. Wenn man sich die
Positionen des Leistungsverzeichnisses und die Einheitspreise anschaut, ist der
Einheitspreis des Ladens und Abtransport jedenfalls in der Regel höher angesetzt,
als der des Aushubs selbst.
Anhaltspunkte, worauf hier der Schwerpunkt gelegen haben könnte, gibt es nicht.
Die Parteien haben dazu nichts vorgetragen, obwohl die Beklagte von vornherein
darauf hingewiesen hatte, dass kein Mehraufwand entstanden ist. Der
Rechtsstandpunkt des Landgerichts trifft auch zu, die Klägerin hätte hier die
Findlinge nicht abfahren, wiegen und wieder zurücktransportieren dürfen, weil eine
Wiederverwendung vor Ort erfolgen sollte. Es fehlt insoweit an einer
Nachtragskalkulation.
Es kann offen bleiben, ob die Klägerin in zulässiger Weise zu einer derartigen
Nachtragskalkulation noch in der Berufungsinstanz aufgefordert werden kann,
denn die Bergung der Findlinge im Sinne eines Aussortierens unterfällt auch nicht
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denn die Bergung der Findlinge im Sinne eines Aussortierens unterfällt auch nicht
teilweise der Bedarfsposition.
Dabei geht die Einzelrichterin davon aus, dass der Beklagte durchaus gegen seine
Kooperationspflicht verstoßen hätte, wenn er den Auftrag nicht erteilt hätte,
obgleich das Aussortieren der Steine jedenfalls teilweise unter die Bedarfsposition
1.2.340 zu subsumieren wäre.
Die Bedarfsposition 1.2.340 des Leistungsverzeichnisses sieht nämlich nur vor,
dass größere Hindernisse, wobei Findlinge als Beispiel genannt sind, im Erdreich
gefunden werden, den Anfall der Bedarfspositionen auslösen.
Was die Vertragsparteien entweder übereinstimmend unter „Hindernissen“
verstanden haben, bzw. was die Klägerin unter Zugrundelegung der
Verhandlungen über diesen Punkt darunter verstehen durfte, hat die Klägerin nicht
dargelegt.
Über den bloßen Wortlaut der Bedarfsposition hinaus ist nichts vorgetragen, das
darauf hindeutet, die Klägerin habe unabhängig von jedem Mehraufwand der
Beseitigung bereits Findlinge mit einem Rauminhalt von mehr als 0,1 cbm (=
Durchmesser über 60 cm) verstehen dürfen, wobei die als Anlage zum Schriftsatz
vom 27.10.2006 vorgelegten Fotos (Anlage B 1 = Bl. 272, 273 d. A.) zeigen, dass
die Steine auch keinen größeren Rauminhalt hatten.
Insofern kann die Bedarfsposition nur so verstanden werden, dass darunter die
Beseitigung von Hindernissen im Sinne des Abschnitts 4.2.15 der DIN 18299
VOB/C verstanden werden kann. Dafür spricht auch der angesetzte Einheitspreis
von 11,28 €/kg.
Hierunter sind aber nur unerwartete Hindernisse an der Baustelle zu verstehen,
die zu erheblichen Zeitverzögerungen bei der Ausführung der Bauarbeiten, die
gleichfalls auch zu erheblichen Kostensteigerungen führen, wozu auch große
Steine oder Felsbrocken - also sogenannte Findlinge - gehören können, soweit sie
nur mit erheblichem Mehraufwand geborgen werden können (vgl. Englert/Grau-
vogl/Katzenbach in Beckscher VOB- u. Vergaberechts-Kommentar für Bau-
leistungen Teil C, Rn. 177 z. DIN 18299; sowie Fröhlich, Komm. z. VOB/Teil C, 14.
Aufl. S. 16 unter DIN 18299, 4.2.15).
Unwidersprochen bildeten die aufgefundenen Findlinge kein derartiges Hindernis,
das zeit- und kostenaufwendig beseitigt werden musste, sondern konnten mit der
Baggerschaufel aufgenommen und seitlich abgelegt werden.
Zwar ist die Beseitigung von Steinen mit einem Rauminhalt von mehr als 0,1 cbm
eine besondere Leistung im Sinne des Abschnitts 4.2 der DIN 18300.
Der genannte Abschnitt erwähnt dies zwar nicht, doch folgt dies auch ohne
besondere Erwähnung aus dem Wortlaut der DIN 18299 (vgl.
Putzier/Katzenbach/Werner, Beckscher VOB- u. Vergaberechts-Kommentar Teil C,
Rn. 134 z. DIN 18300).
Nicht subsumiert kann dies allerdings unter 4.2.4 der Besonderen Leistungen
gemäß 4.2 der DIN 18300, weil es sich nicht um den Aushub für Gräben mit einer
Sohlenbreite bis 80 cm handelt, bei denen das Auffinden von Steinen zu einer
nicht vorgesehenen erheblichen Verbreiterung des Grabenaushubs führen könnte,
und damit einem erheblichen Aufwand.
Die Klägerin konnte wegen der Bergung dieser Steine zwar eine zusätzliche
Vergütung beanspruchen, hat aber keine Nachtragskalkulation vorgelegt, weil sie
die Bergung der Findlinge fälschlich unter die Bedarfsposition 1.2.340 des
Leistungsverzeichnisses subsumierte.
Eine Nachtragskalkulation ist im jetzigen Stadium aber entbehrlich, weil die
Klägerin mehr als den vom Landgericht zugesprochenen Betrag nicht verlangen
kann.
Wie sich aus der Entscheidung des BGH vom 17.12.1964, VII ZR 107/63, im
Umkehrschluss ergibt, bildet die Einordnung des Aushubbodens als Fels die
äußerste Grenze der Vergütung.
Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung (abgedruckt bei
Schäfer/Finnern unter Z. 2.310 Bl. 12) einem Werkunternehmer die Einordnung
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Schäfer/Finnern unter Z. 2.310 Bl. 12) einem Werkunternehmer die Einordnung
des Aushubbodens als Fels verweigert, weil der Gesamtvolumenanteil nur 1,4 %
betragen hatte.
Das Landgericht hat die Bergung der streitgegenständlichen Findlinge unter das
Leistungsbild in Pos. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses (Erdaushub der
Bodenklasse 6-7) - das ist schwer lösbarer Fels – eingeordnet und die Bergung mit
einem Betrag von 6,77 €/cbm bei einem Volumen von 4,2 cbm abgerechnet. Mehr
kann die Klägerin nicht beanspruchen.
Soweit sie in der mündlichen Verhandlung vor der Einzelrichterin des Senats
darauf verwiesen hat, sie sinke dann weit unter den Angebotspreis, kann dies nicht
an der streitgegenständlichen Position liegen, die im Angebot naturgemäß nicht
kalkuliert war, weil von vornherein nicht absehbar war, ob die Bedarfsposition
und/oder besondere Leistungen des Abschnitts 4.2 der DIN 18300 anfallen würden.
Die Klägerin kann auf diese Weise ihre Schlussrechnung nicht korrigieren, wobei
vorliegend weder beurteilt werden kann noch darf, woran es liegen könnte, dass
die Schlussrechnung ohne die Abrechnung der streitgegenständlichen Position die
Angebotssumme weit unterschreitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 91 a ZPO. Soweit
der Rechtsstreit durch Teil-Vergleich erledigt wurde, kommt § 91 a ZPO zur
Anwendung. Im Rahmen der gemischten Kostenentscheidung war der Beklagte
allerdings an den Kosten der Berufung/des Rechtsstreits nicht bzw. nicht weiter zu
beteiligen, denn der Betrag, über den die Parteien sich hier verglichen haben, ist
geringfügig und verursacht keinen Kostensprung.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO i.
V. m. § 711 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.