Urteil des OLG Frankfurt vom 12.02.2007
OLG Frankfurt: aufschiebende wirkung, fishing expedition, abschlussprüfung, patronatserklärung, rechnungslegung, drucksache, verfügung, tochtergesellschaft, dokumentation, unternehmen
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Gericht:
OLG Frankfurt
Wertpapiererwerbs-
und
Übernahmesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
WpÜG 1/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 37o WpHG, § 37t WpHG, §
37u WpHG, § 43 WpÜG
(Enforcementverfahren: Herstellung der aufschiebenden
Wirkung eines Widerspruchs gegen eine Anordnung der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur
Vorlage der Arbeitspapiere eines Abschlussprüfers)
Leitsatz
1. Der Abschlussprüfer hat auf Verlangen der BaFin im Enforcementverfahren seine
Arbeitspapiere hinsichtlich einer bestimmten Problemstellung vorzulegen.
2. Eine Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs widerspricht im
Regelfall dem Beschleunigungsgebot des Enforcementverfahrens.
Tenor
Der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung wird auf Kosten der
Antragstellerin zurückgewiesen.
Wert: 10.000,00 €
Gründe
I.
Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag die Herstellung der aufschiebenden
Wirkung eines Widerspruchs gegen einen im Rahmen einer zweiten Enforcement-
Stufe ergangenen Bescheids der BaFin.
Die Antragstellerin ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sie war von der A AG,
O1 beauftragt, deren Jahresabschluss zum 31.12.2004 als gesetzlicher
Abschlussprüfer zu prüfen. Im Jahr 2005 hat die … Prüfstelle … e. V., O1,
nachstehend nur noch als Prüfstelle bezeichnet, eine Stichprobenprüfung dieses
Jahresabschlusses gem. § 342 b Abs. 2 HGB angeordnet und durchgeführt. Die
Prüfstelle hat den Jahresabschluss in zwei Punkten beanstandet. Zum einen hat
sie gerügt, dass wegen einer Patronatserklärung für eine Tochtergesellschaft keine
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet worden ist. Außerdem hat
die Prüfstelle einen Hinweis dahingehend gegeben, dass die A AG verpflichtet
gewesen sei, im Hinblick auf ihr Eigenkapital und angesichts der bilanziellen
Überschuldung dieser Tochtergesellschaft sowie der bestehenden
Pensionsverpflichtungen der beiden Tochtergesellschaften, einen
Konzernabschluss aufzustellen.
Mit diesem Prüfungsergebnis war die A AG nicht einverstanden. Daraufhin hat die
BaFin nach entsprechender Unterrichtung ein Prüfungsverfahren nach § 37 o
WpHG eingeleitet.
Im Zusammenhang mit diesem Prüfungsverfahren hat die BaFin der
Antragstellerin mit Bescheid vom 23.10.2006 die Erteilung von Auskünften und die
Vorlage von Unterlagen aufgegeben, wobei es in diesem Verfahren nur noch um
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Vorlage von Unterlagen aufgegeben, wobei es in diesem Verfahren nur noch um
die Anordnung geht, die Arbeitspapiere vorzulegen.
Die Antragstellerin meint, für die Anordnung der BaFin, „Auszüge zu dem oben
genannten Sachverhalt“ vorzulegen, fehle es an der gesetzlichen Grundlage. Eine
entsprechende Anordnungsbefugnis ergebe sich aus § 37 o Abs. 4 S. 1 WpHG
nicht. Das Prüfungsverfahren erstrecke sich ausschließlich auf den Abschluss der A
AG, nicht auf ihre Tätigkeit als Abschlussprüferin. Ein Abschlussprüfer habe der
BaFin nur solche Informationen zur Verfügung zu stellen, die diese benötige, um
den zu prüfenden Abschluss beurteilen zu können und nicht die Tätigkeit des
Abschlussprüfers. § 37 o Abs. 4 Satz 1 WpHG ermögliche der BaFin nur die
Einholung von Auskünften des Abschlussprüfers, die diesem im Rahmen der
Abschlussprüfung bekannt geworden sind. Die Rechtswidrigkeit der getroffenen
Anordnung sei offensichtlich. Nach der Regelung in § 50 Abs. 3 Ziff. 2 WpÜG
genügten ernstliche Zweifel um dem Antrag auf Herstellung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs zum Erfolg zu verhelfen.
In Erwiderung auf die BaFin führt die Antragstellerin ergänzend aus, es bestehe
kein Streit darüber, ob die BaFin das Recht haben könne, die Vorlage von
Arbeitspapieren zu fordern, die für die Prüfung relevante „Tatsachen“ enthielten
und/oder dokumentierten. Die Antragstellerin bringt hierzu weiter vor, mit der
herrschenden Meinung in der Fachliteratur gehe sie aber davon aus, dass die
BaFin die Vorlage der Arbeitspapiere eines Abschlussprüfers nur unter der
Voraussetzung verlangen darf, dass die Arbeitspapiere „Tatsachen“ enthalten. Es
sei nicht ersichtlich, dass es irgendwelche Gründe für den Gesetzgeber gegeben
haben könnte, der BaFin einen Zugriff auf die Arbeitspapiere auch insoweit zu
ermöglichen, als die Arbeitspapiere über bestimmte „Tatsachen“ hinaus lediglich
die prüfende, beurteilende und wertende Tätigkeit des Abschlussprüfers
dokumentieren. Die BaFin habe nicht dargetan, dass sie irgendwelche
Arbeitspapiere benötige, um die Prüfung bei der A AG durchführen zu können.
Insbesondere sei der BaFin nicht die Darlegung gelungen, dass es sich nicht um
eine „Fishing Expedition“ handele, also um eine Maßnahme, die nicht auf die
Gewinnung einer bestimmten Tatsachen-Information abziele, sondern auf eine
wahllose Ausforschung hinauslaufe. Die Antragserwiderung der BaFin bestätige,
dass die BaFin selbst keine Vorstellung davon habe, welche bestimmten
Tatsachen sie aus den Arbeitspapieren der Antragstellerin ermitteln wolle. Am
Merkmal der Erforderlichkeit fehle es auch dann, wenn es für Prüfungszwecke
ausreichend sei, dass die BaFin einschlägige „Auskünfte“ erhalte. Die
Antragstellerin führt hierzu aus, sie habe der BaFin am 18.12.2006 umfangreiche
Auskünfte erteilt und sämtliche Fragen beantwortet. Es sei nicht ersichtlich, dass
darüber hinaus noch die Vorlage von Unterlagen erforderlich sei.
Die BaFin kenne auch die gesamte Korrespondenz, die zwischen der Prüfstelle und
der A AG geführt worden sei und in die sie als Abschlussprüferin ihr gesamtes
Sachwissen eingebracht habe. Ihre Arbeitspapiere enthielten keine weitergehende
relevante Tatsacheninformation.
Die Antragstellerin beantragt, anzuordnen,
dass der von der Antragstellerin mit Schreiben vom 09. November 2006
eingelegte Widerspruch gegen den Bescheid der BaFin vom 23.10.2006 insoweit
aufschiebende Wirkung habe als die BaFin gem. Ziff. 2 dieses Bescheids die
Vorlage von Auszügen aus den Arbeitspapieren angeordnet hat.
Die BaFin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die BaFin hält die Vorlage der Arbeitspapiere zur Prüfung der Richtigkeit des
Jahresabschlusses in Bezug auf die Frage für erforderlich, ob für die A AG hätten
Rückstellungen wegen der Patronatserklärung gebildet werden müssen. Sie geht
davon aus, dass die Arbeitspapiere prüfungsrelevante Angaben bezüglich der
Frage enthalten, ob aufgrund der am 30.07.1997 abgegebenen
Patronatserklärung „Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten“ hätten
gebildet werden müssen. Sie erwartet aus den Arbeitspapieren Informationen zu
der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der A AG, die ihr Prüfergebnis
beeinflussen können. Die Arbeitspapiere ermöglichten es ihr daher, den der
Prüfung der Rechnungslegung im konkreten Einzelfall zugrunde liegenden
Sachverhalt schnell, effizient und umfassend aufzuklären. Die Arbeitspapiere des
Abschlussprüfers gestatteten eine verlässliche Aussage dahingehend, wie sich die
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Abschlussprüfers gestatteten eine verlässliche Aussage dahingehend, wie sich die
Situation zum damaligen Zeitpunkt dargestellt habe. Hierauf komme es
insbesondere auch bei der Frage an, wie wahrscheinlich eine Inanspruchnahme
aufgrund der Patronatserklärung gewesen sei, denn maßgeblich für die Frage der
Notwendigkeit der Rückstellungsbildung seien der Kenntnisstand und die
Einschätzung zum Zeitpunkt der Bilanzierung. Schließlich sei auch zu
berücksichtigen, dass der Zugriff auf die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers ihr
die Möglichkeit eröffne, gegebenenfalls von dem geprüften Unternehmen erteilte
Auskünfte und vorgelegte Unterlagen auf ihre inhaltliche Richtigkeit und
Vollständigkeit hin zu überprüfen.
Die BaFin hält die angeordnete Vorlage auch für verhältnismäßig, da die
Antragstellerin dadurch nicht unzumutbar belastet werde. Der mit der Befolgung
des Ersuchens verbundene Aufwand liege im Rahmen des Üblichen. Einen Eingriff
in grundgesetzlich geschützte Positionen der Antragstellerin vermöge sie nicht zu
erkennen. Die Beschränkung der Auskunftspflicht des Abschlussprüfers auf die im
Rahmen seiner Abschlussprüfung bekannt gewordenen Tatsachen enge die
Vorlagepflicht nicht ein. Der Gesetzgeber habe begrifflich zwischen der
Verpflichtung zur Auskunft und der Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen
unterschieden. Angesichts der ablehnenden Rechtsprechung zur Ausdehnung des
Auskunftsverweigerungsrechts auf die Vorlage von Unterlagen hätte der
Gesetzgeber Anlass gehabt, die Einschränkung des § 37 o Abs. 4 Satz 1 zweiter
Halbsatz WpHG auch auf die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen
auszudehnen. Dies habe er aber nicht getan, obwohl dies beispielsweise in § 10
Abs. 2 Satz 4 zweiter Halbsatz Bundesseuchengesetz in der Fassung vom
01.01.2000 geschehen sei.
Die BaFin behauptet weiter, die Antragstellerin habe bei einem Gespräch am
18.12.2006 zunächst verbindlich zugesagt, die geforderten Unterlagen bis Anfang
2007 zu übersenden. Mit Schreiben vom 22.12.2006 habe sie dann aber
mitgeteilt, dass sie den vorliegenden Fall nutzen wolle, um eine generelle
gerichtliche Klärung der Frage herbeizuführen, ob Abschlussprüfer zu der
Herausgabe der von ihnen angefertigten Arbeitspapiere verpflichtet sind. Es sei
daher bereits fraglich, ob die Antragstellerin des nachgesuchten Rechtsschutzes
bedürfe. Die Antragstellerin bestreitet, zugesagt zu haben, die Unterlagen zu
übersenden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst
ihren Anlagen verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig.
Nach § 37 t Abs. 2 WpHG hat der von der Antragstellerin eingelegte Widerspruch
keine aufschiebende Wirkung. Mit dieser Regelung weicht das Gesetz vom dem
allgemeinen Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen bei
belastenden Verwaltungsakten (vgl. hierzu Eyermann/ Schmidt, § 80 VwGO, Rn 32)
ab. Der Gesetzgeber hat sich bei dem neu in das WpHG eingefügten
Enforcementverfahren bewusst für eine Vorleistungspflicht der Unternehmen bzw.
der an der Fertigung des überprüften Jahresabschlusses Beteiligten entschieden,
da nur so der Gesetzeszweck einer zeitnahen, effektiven und beschleunigten
Überprüfung der Rechnungslegung börsennotierter Unternehmen erreicht werden
kann (vgl. BT- Drucksache 15/3421, S. 20/21). Da die BaFin es gegenüber der
Antragstellerin ausdrücklich abgelehnt hat, von der ihr eröffneten Möglichkeit
Gebrauch zu machen, im Verwaltungsverfahren zumindest zeitlich befristet, etwa
bis zur Entscheidung über den Widerspruch, auf eine Durchsetzung der gesetzlich
angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit zu verzichten (vgl. Eyermann/ Schmidt, §
80 Rn 66), ist bereits jetzt ein Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf
Herstellung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 37 u Abs. 2 WpHG, 50 Abs. 3 und
4 WpÜG gegeben (Haarmann/ Schüppen/ Schweitzer, § 50 WpÜG Rn. 24).
Ob die Antragstellerin bei der Besprechung am 18.12.2006 zugesagt hat, die
Arbeitspapiere vorzulegen, wie die BaFin behauptet, die Antragstellerin aber
bestreitet, ist für das Rechtsschutzbedürfnis unerheblich, denn der Antragstellerin
müsste zugestanden werden, dass sie ihre Position im laufenden Verfahren
überdenken und revidieren kann.
Der somit zulässige Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs ist jedoch in der Sache nicht begründet.
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Da im vorliegenden Verfahren die §§ 43 ff WpÜG entsprechend anwendbar sind (§
37 u Abs. 2 WpHG), kann im Weg des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes
die Herstellung einer aufschiebenden Wirkung in entsprechender Anwendung der
gesetzlichen Vorgaben des WpüG für das gerichtliche Verfahren nur erfolgen, wenn
eine der Voraussetzungen des § 50 Abs. 3 WpÜG gegeben ist. Da – wie oben
dargelegt - die angegriffene Anordnung der BaFin ohne eine
Sofortvollzugsanordnung der BaFin kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, ist ein
Anwendungsfall des § 50 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG nicht gegeben. Die Herstellung der
aufschiebenden Wirkung hängt danach davon ab, ob ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestehen (§ 50 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG)
oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende
öffentliche Interessen gebotene Härte (§ 50 Abs. Nr. 3 WpÜG) zur Folge hat.
Beides ist hier nicht der Fall.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung sowohl in
tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht vermag der Senat in diesem
summarischen Verfahren jedenfalls soweit sie hier nur noch zur Überprüfung
gestellt ist, nicht zu erkennen. Die Antragstellerin war die verantwortliche
Wirtschaftsprüferin bei der Feststellung des beanstandeten Jahresabschlusses.
Gem. § 37 o Abs. 4 WpHG ist die Antragstellerin der BaFin gegenüber
auskunftspflichtig. Sie hat nach dieser Vorschrift auf Verlangen Auskünfte zu
erteilen und Unterlagen vorzulegen, soweit dies zur Prüfung erforderlich ist. Soweit
die Antragstellerin vorbringt, sie habe bereits alle Auskünfte gegeben, spricht dies
nicht gegen die Erforderlichkeit der Vorlage. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür,
dass die BaFin die Vorlage der Arbeitspapiere ohne Not angefordert hat.
Insbesondere kann entgegen der Rüge der Antragstellerin von einer „Fishing
Expedition“ oder einer Ausforschung „ins Blaue hinein“ nicht die Rede sein, da die
Vorlagepflicht in Ziff. 2 des Bescheids vom 23.10.2006 sich konkret nur auf den
Problembereich der Bildung einer Rückstellung für die bestehenden
Pensionsverpflichtungen einer Tochtergesellschaft aufgrund der
Patronatserklärung bezieht und die BaFin diesen Punkt einer Überprüfung
unterziehen darf.
Ein Wirtschaftsprüfer hat bei einer Prüfung grundsätzlich Arbeitspapiere
anzufertigen. Die Arbeitspapiere eines Abschlussprüfers sollen nach ihrem Zweck
zusammen mit dem Prüfbericht alle erforderlichen Informationen hinsichtlich des
Prüfergebnisses und der einzelnen Prüfungsfeststellungen enthalten. Sie sind so
anzulegen, dass sich ein Prüfer, der nicht mit der Prüfung befasst war, in
angemessener Zeit ein Bild über die Abwicklung der Prüfung machen kann, wobei
nicht ausgeschlossen ist, dass ordnungsgemäße Arbeitspapiere auch dann
vorliegen können, wenn ein Verständnis für Detailaspekte der Abschlussprüfung
erst durch eine Erörterung der Arbeitspapiere mit deren Ersteller erlangt werden
kann. (Ziff. 9 und 10 des IDW PS 460). Die Arbeitspapiere enthalten auch die
Überlegungen des Abschlussprüfers zu allen wichtigen Sachverhalten, denen
Ermessensentscheidungen zugrunde liegen, sowie die hierzu vom Abschlussprüfer
gezogenen Schlussfolgerungen (Ziff. 13 IDW PS 460). Damit sind die
Arbeitspapiere des Abschlussprüfers von der Anlage her für jeden
außenstehenden Prüfer eine Möglichkeit, verhältnismäßig rasch bei kritischen
Bilanzpunkten zu einer Beurteilung zu kommen.
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitspapiere internen Zwecken
dienen und nicht zur Weitergabe bestimmt sind. Die Arbeitspapiere dokumentieren
im Übrigen das prüferische Können und Wissen des Wirtschaftsprüfers, das den
Schutz des Art. 12 GG genießt (WP Handbuch 2006, A Rn 538). Im
Zusammenhang mit der durch § 37 o Abs. 4 WpHG normierten Auskunftspflicht
vermag dies aber die Zurückhaltung der Arbeitspapiere zu speziellen
Fragestellungen nicht zu rechtfertigen, denn prüferisches Können und Wissen wird
auch bei einer Befragung im Rahmen der Auskunftsverpflichtung deutlich. Im
Übrigen sind Einsichtsnahmen in die Arbeitspapiere der beruflichen Praxis im
Rahmen von Qualitätskontrollen auch keineswegs fremd (vgl. WP Handbuch 2006,
R Rn 782). Dass sich die Auskunftspflicht der Abschlussprüfer nur auf Tatsachen
beschränkt, die ihnen im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden sind (§
370 Abs. 4 Satz 1 HS 2 WpHG), führt ebenfalls nicht zu weiteren Einschränkungen,
denn die Arbeitspapiere, um die es hier geht, sind die Dokumentation der
Abschlussprüfung. Bereits im Vorfeld der Gesetzesberatung haben sich die
Wirtschaftsprüferkammer und das Institut der Wirtschaftsprüfer dafür eingesetzt,
dass die Vorlage der Arbeitspapiere ausgenommen werden soll (Stellungnahme
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dass die Vorlage der Arbeitspapiere ausgenommen werden soll (Stellungnahme
der Wirtschaftsprüferkammer vom 19.01.2004 zum Entwurf eines
Bilanzkontrollgesetzes, sowie die Stellungnahmen der Wirtschaftsprüferkammer
vom 21.04.2004 zum Regierungsentwurf eines Bilanzkontrollgesetzes;
Stellungnahme des IDW vom 19.01.2004 zum Referentenentwurf). Dies ist jedoch
nicht geschehen. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber die Vorlage
der Arbeitspapiere nicht von der Vorlagepflicht ausnehmen wollte.
Der Senat vertritt mit der BaFin die Auffassung, dass die Arbeitspapiere soweit sie
für die Prüfung eines speziellen möglichen Fehlers in der Rechnungslegung
relevant sind, grundsätzlich von der Vorlagepflicht erfasst werden. Der Umstand,
dass durch die Arbeitspapiere auch die Tätigkeit des Abschlussprüfers allgemein
dokumentiert ist, ist nicht geeignet, die Arbeitspapiere generell von der
Vorlagepflicht auszunehmen. Dies scheint auch die Antragstellerin nicht (mehr)
vertreten zu wollen, indem sie darauf abhebt, dass vorliegend das Erfordernis einer
Vorlage nicht dargetan sei. Ob die Vorlagepflicht, etwa durch Schwärzungen,
eingeschränkt werden könnte, wenn die Arbeitspapiere Angaben enthalten, die
dem Abschlussprüfer nicht im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden
sind (vgl. hierzu Hönsch in Assmann/Uwe H. Schneider [Hrsg], WPHG, 2006, § 37o
Rn 41, 42; Kämpfer, Enforcementverfahren und Abschlussprüfer, BB 2005, 13 ff,
15) kann dahinstehen, denn solche Umstände hat die Antragstellerin weder
konkret vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Soweit Gelhausen / Hönsch (Das
neue Enforcement-Verfahren für Jahres- und Konzernabschlüsse, AG 2005, 511 ff,
523) die Auffassung vertreten, dass Arbeitspapiere nur ausnahmsweise von der
Vorlagepflicht erfasst werden, soweit sich aus ihnen Tatsachen ergeben, die dem
Abschlussprüfer während der Prüfung bekannt geworden sind, widerspricht dies der
Ansicht des Senats nicht durchgreifend. Der Senat geht lediglich von einem
anderen Regel-Ausnahmeverhältnis aus, was dadurch begründet ist, dass die hier
in Rede stehenden Arbeitspapiere zur Dokumentation der Abschlussprüfung
angelegt sind und nicht davon auszugehen ist, dass der Abschlussprüfer die
Mehrheit seiner Informationen nicht im Rahmen der Abschlussprüfung erworben
hat.
Die Frage der konkreten Erforderlichkeit der Vorlage der Arbeitspapiere kann nicht
ohne Rücksicht auf den Sinn und Zweck des Enforcementverfahrens bestimmt
werden. Der Gesetzgeber hat sich zur Verabschiedung eines
Bilanzkontrollgesetzes veranlasst gesehen, das die Enforcement-Vorschriften im
WpHG und HGB enthält, auf die es in diesem Verfahren ankommt. Anlass war das
Bemühen, angesichts von Unternehmensskandalen das Vertrauen der Anleger in
die Richtigkeit von Unternehmensabschlüssen und damit in den Kapitalmarkt
wiederherzustellen und nachhaltig zu stärken (Drucksache BT 15/4055, S. 1;
Drucksache BR 325/04, S. 1; Drucksache BT 15/3421, S. 11; Hommelhoff, /
Mattheus, BB-Gesetzgebungsreport: Verlässliche Rechnungslegung – Enforcement
nach dem geplanten Bilanzkontrollgesetz, BB 2004, 93 ff). Die Arbeitspapiere sind
eine wichtige Ergänzung des Prüfberichts (Bräutigam/ Heyer, Das Prüfverfahren
durch die Prüfstelle für Rechnungslegung, AG 2006, 188 ff, 193).
Eine unbillige Härte für die Antragstellerin liegt im Sofortvollzug ebenfalls nicht.
Eine solche wäre anzunehmen, wenn sie durch die Vorlage schwerwiegende
Nachteile hätte, die nicht oder nur schwer reparabel wären (vgl. Haarmann/
Schüppen/ Schweizer, § 50 WpÜG, Rn 23). Solche schwerwiegende Nachteile aus
dem Sofortvollzug hat die Antragstellerin nicht dargetan. Aus der Pflicht zur
Berufsverschwiegenheit folgen sie nicht, denn diese ist durch die gesetzliche
Auskunfts- und Vorlagepflicht durchbrochen. Der Grundsatz, dass niemand
gehalten ist, sich selbst zu belasten, auf den u. a. die Wirtschaftsprüferkammer im
Gesetzgebungsverfahren abgestellt hat, gibt für den vorliegenden Fall nichts her.
Die Antragstellerin hat ihre Weigerung nicht auf diesen Grundsatz gestützt und
auch nicht vorgetragen, dass die Prüfstelle ihr gegenüber Beanstandungen nach §
342 b Abs. 8 HGB hinsichtlich ihrer Prüfungstätigkeit vorgebracht habe.
Da das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache – wie dargelegt - allenfalls als
offen bezeichnet werden kann, hat der Senat einerseits die Folgen abzuwägen, die
eintreten würden, wenn die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet würde, die
Antragstellerin aber in der Hauptsache obsiegen würde sowie andererseits die
Nachteile, die entstünden, wenn die aufschiebende Wirkung hergestellt würde, die
Antragstellerin im Ergebnis aber unterliegen würde. Auch diese Folgenabwägung
kann nicht zu der von der Antragstellerin beantragten Anordnung führen.
Das Enforcementverfahren muss im Interesse der Beteiligten und des Marktes
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Das Enforcementverfahren muss im Interesse der Beteiligten und des Marktes
rasch abgewickelt werden. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass
der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Dass die Interessen der
Antragstellerin hier die öffentlichen Interessen an der zügigen
Verfahrensabwicklung überwiegen, ist weder dargetan noch ersichtlich.
Die Wertfestsetzung ist nach Einschätzung der Bedeutung des Verfahrens für die
Antragstellerin nach freiem Ermessen erfolgt (§§ 37 u WpHG, 48 WpÜG, 50 Abs. 1
Nr. 3 GKG, 3 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.