Urteil des OLG Frankfurt vom 30.05.2006
OLG Frankfurt: operation, eingriff, anhörung, gespräch, medizinische indikation, abklärung, dokumentation, behandlungsfehler, schmerzensgeld, depression
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Gericht:
OLG Frankfurt 8.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 155/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 823 BGB, § 831 BGB, § 847
BGB
Ärztliche Aufklärungspflicht: Wahrung des
Selbstbestimmungsrechts; Information über Risiken im
Zeitpunkt der Terminsbestimmung der Operation;
Aufklärung am Vortag bei stationärer Behandlung;
gynäkologische Operation
Leitsatz
Zum Umfang der Aufklärungspflicht des Arztes bei gynäkologischen Operationen
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.7.2003 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2-21 O 116/98 – abgeändert.
Die Beklagten bleiben als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.000,00 €
nebst 4 % Zinsen seit dem 8.4.1998 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zu 89 % und den Beklagten zu 11
% zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheit in Höhe von 110 % des aus
dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz
wegen Behandlungsfehlern, insbesondere fehlender Indikation, bei drei vom
Beklagten zu 1) durchgeführten gynäkologischen Operationen. Außerdem macht
sie Aufklärungsmängeln geltend. Die Beklagte zu 2) ist der Krankenhausträger, bei
welchem der Beklagte zu 1) seinerzeit angestellt war.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.03.2003 (Bl. 697-708 d. A.) Bezug
genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten durch die genannte Entscheidung zur Zahlung
eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.225,84 € = 20.000,00 DM verurteilt, weil
die Klägerin vor der zweiten Operation nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Die
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die Klägerin vor der zweiten Operation nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Die
Vorinstanz hat angenommen, dass alle drei Operationen indiziert gewesen seien
und sich dabei auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 gestützt.
Auch ein Fehler bei der Durchführung der Eingriffe sei dem Beklagten zu 1) nicht
nachgewiesen worden. Vor der zweiten Operation sei die Klägerin indessen nicht
rechtzeitig aufgeklärt worden, da sie erst einen Tag vor dem Eingriff informiert
worden sei. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Klägerin sehr belastet
gewesen sei. Sie habe sich im Zeitpunkt der Aufklärung bereits im Krankenhaus
befunden und sei auf die Operation vorbereitet worden. Die Hysterektomie sei
zudem nicht dringend gewesen. Der Schaden besteht nach Ansicht des
Landgerichts in einer Verstärkung der psychischen Beeinträchtigungen der
Klägerin. Dies gehe aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. SV2 hervor. Die
weiteren, von der Klägerin angegebenen Beschwerden könnten den Beklagten
jedoch nicht zugerechnet werden, weil solche Beeinträchtigungen auch ohne die
Operationen eintreten könnten. Die Feststellungsanträge hat das Landgericht
demgemäß für teilweise begründet erachtet.
Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die
Beklagten machen geltend, dass die Klägerin selbst die vom Landgericht
angenommene fehlerhafte psychische Verarbeitung der Hysterektomie in Abrede
stelle. Im übrigen wiederholen sie ihre Verjährungseinrede. Ihrer Auffassung nach
ist der Lauf der Verjährungsfrist bei Aufklärungsmängeln anders zu beurteilen als
bei Behandlungsfehlern. Hier habe die Klägerin bereits zur Zeit der Aufklärung am
Tag vor der Operation gewusst, dass sie erst einen Tag vor dem Eingriff über
diesen informiert worden sei. Zudem sei die Risikoaufklärung nicht verspätet
erfolgt. Der BGH habe in seiner Entscheidung NJW 2003, 2012 f. die Aufklärung
einen Tag vor der Operation nicht als verspätet angesehen. Außerdem handele es
sich hier nicht um eine Risiko-, sondern um eine therapeutische Aufklärung, die
einen Behandlungsfehler darstelle, wenn sie unterbleibe. Hier sei aber kein
Schaden nachgewiesen, da unklar bleibe, ob die psychische Situation der Klägerin
sich durch die unterbliebene Aufklärung verschlimmert habe oder nicht. Die
Beklagten verweisen insoweit auf die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr.
SV1 und Dr. SV2.
Sie beantragen,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Zum Einwand der Verjährung trägt sie vor, sie habe im Zeitpunkt der gebotenen
Aufklärung nicht gewusst, welche Eingriffe der Beklagte zu 1) durchführen werde
und ob diese Eingriffe indiziert gewesen seien oder nicht. Bei richtiger Aufklärung
wäre sie in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten. Es sei auch nicht
richtig, dass ihr Gesundheitszustand durch die Hysterektomie nicht negativ
beeinflusst worden sei. Sie sei nämlich seit Anfang August 1990 nicht mehr
depressiv gewesen, wie sich aus dem Anästhesieprotokoll vom 17.06.1991 ergebe.
Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Klägerin vor, dass für sämtliche
drei Eingriffe keine medizinische Indikation bestanden habe. Der Sachverständige
Prof. Dr. SV1 sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass vor der ersten
Operation ein Karzinomverdacht bestanden habe. Ausweislich der
Krankenunterlagen des Beklagten zu 1) habe lediglich eine „zystische Resistenz“
vorgelegen.
In dem Gutachten dieses Sachverständigen sei auch der Umfang der bei ihr, der
Klägerin, zurückgebliebenen Dauerschäden nicht abschließend festgestellt worden.
Dies sei darauf zurückzuführen, dass der Sachverständige sein Gutachten
ausschließlich nach Aktenlage und ohne vorherige Untersuchung ihrerseits
gefertigt habe. Das Landgericht habe zudem die von ihr vorgelegten Gutachten
des Dr. SV3 nicht berücksichtigt. Es habe außerdem übersehen, dass die Punktion
zur Entleerung von Eierstockzysten gefährlich sei, weil es dadurch zu
Entzündungen und Verwachsungen in der Umgebung des Eierstocks und zu
weiteren Komplikationen kommen könne. Das Landgericht hätte daher einen
groben Behandlungsfehler feststellen und zur Beweislastumkehr gelangen
müssen. Nach Auffassung der Klägerin hätte das Landgericht die
ausgesprochenen Feststellungen nicht lediglich auf die Folgen einer psychischen
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ausgesprochenen Feststellungen nicht lediglich auf die Folgen einer psychischen
Fehlverarbeitung der fehlerhaften ärztlichen Behandlung der Beklagten
beschränken dürfen, sondern hätte die Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche
materiellen und immateriellen Schäden aus Anlass der Operationen feststellen
müssen. Verzugszinsen begehrt die Klägerin ab dem 28.02.1996 aufgrund eines
Mahnschreibens ihrer Rechtsanwälte vom 13.02.1996, woraufhin die Beklagten ihre
Einstandspflicht abgelehnt hätten.
Sie beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes
weiteres Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 28.02.1996 zu
zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr
sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr als Folgen der ärztlichen
Behandlung vom 17.06. bis zum 29.06.1991 und vom 07.04. bis zum 18.04.1992
entstanden sind und noch entstehen werden, soweit kein Anspruchsübergang auf
Sozialversicherungsträger erfolgt oder erfolgt ist,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr,
der Klägerin, sämtliche immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr als Folgen der
ärztlichen Behandlung vom 17.06 bis zum 29.06.1991 und vom 07.04. bis zum
18.04.1992 noch entstehen werden.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie berufen sich auch insoweit auf Verjährung und wiederholen ihr Vorbringen,
dass die Aufklärung der Klägerin ordnungsgemäß erfolgt sei. Sie bestreiten, dass
die Klägerin vor den Eingriffen nicht mehr an Depressionen gelitten habe.Im
Übrigen berufen sie sich auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 6.7.2004 (Bl. 829,
830 d. A.) und vom 21.4.2005 (Bl. 886 d.A.) durch Einholung eines Gutachtens des
Sachverständigen Prof. Dr. SV4 vom 26.7.2005. Außerdem hat der
Sachverständige sein Gutachten im Senatstermin am 13.12.2005 mündlich
erläutert.Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche
Gutachten (Bl. 893-906 d. A.) und das Sitzungsprotokoll vom 13.12.2005 (Bl. 1044,
1048, 1049 d. A.) verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, während die Berufung
der Klägerin unbegründet ist.
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin einen
Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) nicht nachgewiesen hat. Dagegen steht ihr
wegen unzureichender Aufklärung vor der zweiten Operation am 18.6.1991 ein
Schmerzensgeld aus unerlaubter Handlung zu (§§ 847 I, 823 I, 831 I BGB a.F.), das
dem Senat allerdings lediglich in Höhe von 3.000,00 € angemessen erscheint.
Dem Beklagten zu 1) ist bei den drei Operationen der Klägerin, die er am
19.2.1990, 18.6.1991 und am 8.4.1992 bei der Klägerin durchgeführt hat, kein
Behandlungsfehler unterlaufen.
Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem
Gutachten vom 05.07.1999 Fehler bei Durchführung der Eingriffe nicht festgestellt.
Das gleiche gilt für seine mündliche Anhörung am 13.04.2000 und am 14.11.2002.
Die Eingriffe waren auch jeweils medizinisch indiziert. Bei dem ersten Eingriff
handelte es sich um eine fraktionierte Abrasio (Ausschabung) und Pelviskopie
(endoskopische Inspektion des Beckenraumes) mit ausgedehnter Adhäsiolyse
(Ablösung von Verwachsungen) und Ovarialzystenpunktion links. Der
Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten festgestellt, dass es nach
dem Entdecken eines doppelseitigen zystischen Adnexprozesses (Adnexe: Eileiter
und Eierstöcke) gerechtfertigt war, eine weitere Abklärung zu unternehmen. Wenn
wie hier ein Karzinom bei der Vaginalsonographie nicht mit genügender Sicherheit
ausgeschlossen werden könne, sei die Laparoskopie die Methode der Wahl. Wegen
der Notwendigkeit einer sicheren Abklärung sei es daher richtig gewesen, beide
Eierstöcke freizulegen, um einen echten Ovarialtumor als Zweitbefund bei
postentzündlichen Verwachsungen sicher auszuschließen (Gutachten vom
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postentzündlichen Verwachsungen sicher auszuschließen (Gutachten vom
5.7.1999, Seite 15, Bl. 319 d. A.). Auch der in der Berufungsinstanz beauftragte
Sachverständige Prof. Dr. SV4 führt in seinem Gutachten vom 26.7.2005 aus, dass
die Indikation zur diagnostischen Laparoskopie vorlag, weil zystische
Adnexprozesse beidseits wegen ihrer Genese und Dignität abzuklären waren.
Heute befürworte man in solchen Fällen zwar ein abwartendes Management, weil
bei Bestehen harmloser Funktionsgebilde der Ovarien, wie z. B. Follikelzysten, die
sich auch wieder zurückbilden könnten, eine Operation vorerst vermieden werden
sollte. Da aber bei der Beurteilung zystischer Adnexprozesse stets ein kleines
Ovarialkarzinom oder eine Vorstufe davon in Betracht käme, sei hier von einer
Indikation auszugehen (S. 2 u. 3 des Gutachtens, Bl. 894, 895 d. A.).Eine Indikation
für die diagnostische Adhäsiolyse hält der Sachverständige für gegeben, da der bei
der Klägerin vorliegende „Verwachsungsbauch“ eine visuelle Darstellung der
Adnexe verhinderte (S. 4 des Gutachtens, Bl. 896 d. A.). Die Indikation zur
fraktionierten Abrasio hat der Sachverständige in seinem Gutachten zwar lediglich
als „nachvollziehbar“ gewertet. Aus der Dokumentation ergebe sich eine zu starke
Menstruation (Hypermenorrhoe) und eine schmerzhafte Monatsblutung
(Dysmenorrhoe) der Klägerin. Die Abrasio diene nicht nur der Abklärung des
Verdachts auf maligne Neoplasien, der hier nicht vorgelegen habe, sondern auch
zum Ausschluss anderer krankhafter Veränderungen, z. B. eines Corpuspolyps u.
a.. Bei seiner mündlichen Anhörung am 13.12.2005 hat der Sachverständige dann
aber zusammenfassend festgestellt, dass er die erste Operation auch nach
heutigen Gesichtspunkten für indiziert halte, weil zuvor noch nicht laparaskopisch
abgeklärt gewesen sei, welche Vorgänge sich im Bauch der Klägerin abspielten.
Insgesamt müsse man sagen, dass Anfang der neunziger Jahre noch mehr
operativ geklärt worden sei als heute (Bl. 1068 d. A.).Unter diesen Umständen
sieht der Senat die erste Operation insgesamt als indiziert an, denn für diese
Frage ist der Facharztstandard zur Zeit des Eingriffs maßgebend. Das bedeutet
gemäß den Ausführungen des Sachverständigen, dass es 1990 noch den
ärztlichen Behandlungsregeln entsprach, in Fällen wie dem vorliegenden zu
operieren.
Die zweite Operation im Juni 1991, die in einer abdominalen Hysterektomie unter
Mitnahme der rechten Adnexe und der linken Tube (Eileiter) sowie einer
ausgedehnten Adhäsiolyse bestand, war ebenfalls medizinisch angezeigt.Der
Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten vom 5.7.1999 zunächst
eine Indikation zur Abklärung festgestellt. Aufgrund des Befundes von bis zu
faustgroßen zystischen Tumoren im kleinen Becken, die innerhalb von vier
Monaten aufgetreten und im Juni 1991 wesentlich größer als bei der
vorausgehenden Laparoskopie vor 16 Monaten gewesen seien, ergebe sich diese
Indikation (Gutachten Seite 17, Bl. 321 d. A.). Bei einer 47jährigen Frau mit einer
Oligomenorrhoe, d. h. den Zeichen einer nahen Menopause (Zeitpunkt der letzten
Menstruation) und zusätzlichen, wenn auch insgesamt relativ harmlosen Befunden
am Uterus (Subseröse Myome, Myomatosis, Zervixpolyp; Gebärmutterhalspolyp)
sowie erheblichen Verwachsungen im kleinen Becken, sei es bei einer Entfernung
der Adnexe üblich und zu empfehlen, den Uterus mit zu entfernen (Gutachten
Seite 18, Bl. 322 d. A.).
Der Sachverständige Prof. Dr. SV4 hält die zweite Operation ebenfalls für indiziert
und führt in seinem Gutachten vom 26.7.2005 aus, der Operateur habe im
damaligen Zeitpunkt aufgrund der 16 Monate zuvor ausgeführten diagnostischen
Laparoskopie gewusst, dass ausgedehnte entzündliche Veränderungen im kleinen
Becken (Verwachsungsbauch, „frozen pelvis“) mit Ausbildung einer Saktosalpinx
rechts vorgelegen hätten. In dieser Situation habe die Möglichkeit einer Neoplasie
für den Eingriff gesprochen. Auch die Größe des polyzystischen Adnexprozesses
von mehr als 7 cm sei ein Grund für eine Operation gewesen (S. 6 und 7 des
Gutachtens, Bl. 898, 899 d. A.). Ebenso sei die Hysterektomie bei einer
Gesamtbetrachtung aufgrund der Vergrößerung des Uterus und der gegebenen
Hyper- und Dysmenorrhoe selbst bei bestehender Depression indiziert und zu
vertreten (S. 10 des Gutachtens, Bl. 902 d. A.). Bei seiner mündlichen Anhörung
hat der Sachverständige angegeben, der Kombinationseingriff sei gut zu vertreten
gewesen. Ein Zuwarten bei weiteren Kontrolluntersuchungen hätte den zystischen
Prozess nicht verändert. Der Adnexprozess hätte sich wieder gezeigt, so dass für
die Klägerin im Zuwarten kein Gewinn gelegen hätte. Der zystische Adnexprozess
hätte sich derart vergrößern können, dass dies zu einer notfallmäßigen Einweisung
der Klägerin ins Krankenhaus hätte führen können (Protokoll des Senatstermins
vom 13.12.2005, Bl. 1069 d. A.).Auch wenn der Sachverständige die zweite
Operation zunächst als „nicht zwingend indiziert“ bezeichnet hat, ist der Eingriff
unter diesen Umständen als medizinisch angezeigt anzusehen.
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Das gilt auch für die dritte Operation am 8.4.1992.Sie umfasste eine
Adnexektomie links mit Adhäsiolyse und Ovarektomie, die als Relaparotomie
durchgeführt wurde. Diesen Eingriff hält der Sachverständige Professor Dr. SV1 für
indiziert, weil bei einem restanten Ovar häufig Beschwerden, insbesondere
Schmerzsituationen, auftreten (Seite 22 d. Gutachtens, Bl. 326 d. A.). Er ist sogar
der Auffassung, dass der rechte Eierstock bereits bei der zweiten Operation hätte
entfernt werden müssen. Nach Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. SV4
war zwar hier das Risiko eines malignen Gewächses gering. Er befürwortet den
Eingriff jedoch wegen der intraoperativ gefundenen großen peritonealen
Einschlusszyste und einer hühnereigroßen Ovarialzyste. Zwar wäre zur Sanierung
der Zysten theoretisch auch ein ovarerhaltender Eingriff durchführbar gewesen.
Jedoch habe die Fixierung des linken Ovars in Adhäsionen und die Vernarbung mit
der Umgebung eine Ovarektomie als geboten erscheinen lassen (Seite 12 d.
Gutachtens, Bl. 904 d. A.). Diese Stellungnahme hat der Sachverständige bei
seiner mündlichen Anhörung bestätigt (Protokoll des Senatstermins vom
13.12.2005, Bl. 1070 d. A.).
Die Einwendungen der Klägerin gegen die Ausführungen der Sachverständigen
sind unbegründet.Soweit beide Gutachter davon ausgehen, dass bei der Klägerin
eine Hyper- und Dysmenorrhoe vorlag, beruht dies auf der ärztlichen
Dokumentation des Beklagten.
Bereits am 14.6.1985 findet sich dort der Eintrag „Ohne Pille: Dysmenorrhoen !!“
(Bl. 1115 d.A.). Am 13.6.1991 hat der Beklagte notiert: „Klage: Periode 14 Tage
überfällig!“ (Bl. 1114 R d. A.). Zudem heißt es im Operationsbericht vom 20.2.1990
„Diagnose: 1. Klimakterische Oligo-Hypermenorrhoe....“ (Bl. 27 d. A.).Der
ärztlichen Dokumentation soll der Richter nach Auffassung des BGH im Normalfall
Glauben schenken (BGH NJW 1978, 1681ff., 1682). Hier besteht kein Anlass, an
den Angaben des Beklagten zu zweifeln. Sie wurden niedergelegt lange bevor der
Streit der Parteien begann. Durch Vorlage einer ordnungsgemäßen
Dokumentation genügt der Arzt seiner Beweispflicht über Anamnese und
Behandlung des Patienten (BGH a.a.O.). Demnach ist nachgewiesen, dass die
Klägerin bereits 1985 ohne Pille unregelmäßige Monatsblutungen hatte, dass bei
dem Eingriff am 20.2.1990 eine Oligo-Hypermenorrhoe bei der Klägerin bestand
und dass ihre Regelblutung am 13.6.1991 seit zwei Wochen überfällig war. Die
Sachverständigen hatten also von diesen Tatbeständen auszugehen.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von ihr vorgelegten
Gutachten der Ärzte Dr. SV3 und Prof. Dr. SV5 nicht berücksichtigt worden seien.
Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat das Gutachten von Dr. SV3 mehrfach bei
seiner Stellungnahme herangezogen, wie ihr auch ausdrücklich zu entnehmen ist.
Dem Sachverständigen Prof. Dr. SV4 war durch Beweisbeschluss des Senats vom
6.7.2004 (Bl. 829, 830) aufgegeben worden, die Gutachten von Dr. SV3 und Prof.
Dr. SV5 in sein eigenes Gutachten mit ein zu beziehen. Wenn die gerichtlichen
Sachverständigen den Aussagen der von der Klägerin herangezogenen Gutachter
nicht folgen, bedeutet dies nicht, dass sie diese nicht beachtet haben.
Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 8.3.2006 (Bl. 1138-1151 d. A.) weitere
Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.
SV4 erhebt, sind diese Rügen verspätet, denn die Schriftsatzfrist war zur
Stellungnahme auf die mündliche Erläuterung des Gutachtens im Termin vom
13.12.2005 gewährt worden (Beschluss des Senats vom 20.12.2005, Bl. 1073 ff.,
1074 d. A.).Die Frist zur Stellungnahme auf das schriftliche Gutachten dieses
Sachverständigen war bereits am 20.9.2005 (Beschluss des Senats vom
26.8.2005, Bl. 916 d. A.) abgelaufen. Auch der Antrag, den Sachverständigen
erneut mündlich anzuhören, der ebenfalls mit dem oben angegeben Schriftsatz
gestellt wurde, ist verspätet. Hier gilt das gleiche wie für die darin vorgebrachten
Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten. Zudem hat der Sachverständige
auf Antrag der Klägerin im Senatstermin am 13.12.2005 sein Gutachten bereits
mündlich erläutert (Protokoll Bl. 1044 f., 1048 f. d. A.).
Dem Beklagten zu 1) fällt allerdings eine unzulängliche Aufklärung der Klägerin vor
der zweiten Operation am 18.6.1991 zur Last, für die auch die Beklagte zu 2)
gemäß § 831 I BGB einzustehen hat.
Die Beklagten haben eine ausreichende Aufklärung der Klägerin über diesen
Eingriff nicht bewiesen.
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Die von den Beklagten vorgelegten, von der Klägerin am 17.06.1991
unterschriebenen Aufklärungsformulare stellen keinen ausreichenden Nachweis für
eine ordnungsgemäße Information der Patientin über den geplanten Eingriff
dar.Abgesehen davon, dass die Aufklärung vom Arzt in einem persönlichen
Gespräch mit dem Patienten zu erfolgen hat, enthält das erste Formular,
betreffend die Entfernung der Gebärmutter durch Bauchschnitt und die
„Mitentfernung der erkrankten Organe“, nur eine pauschale Information über das
Operationsverfahren und die Risiken Thrombose, Embolien, Blutungen,
Darmlähmung, Infektionen sowie Verwachsungen und Blasenentzündung (Bl. 219
d. A.). Auch die Verletzung an umliegenden Organen, wie Harnblase, Harnleiter
und Darm wird erwähnt. Von irgendwelchen Hormonstörungen durch den
geplanten Eingriff ist in dem Formular keine Rede. Es wird lediglich gesagt, dass bei
jüngeren Frauen (die Klägerin war damals 47 Jahre alt), wenn beide Eierstöcke
entfernt werden (was bei der Klägerin nicht der Fall war), Wechseljahrsbeschwerden
auftreten können, die sich durch Medikamente weitgehend ausgleichen lassen.
Hinweise auf mögliche psychische Beeinträchtigungen finden sich in dem Formular
ebenfalls nicht. Es sind in ihm keinerlei handschriftliche Eintragungen enthalten.
Das zweite Aufklärungsformular gleichen Datums betrifft operative Eingriffe an
Eileitern und Eierstöcken (Bl. 221-224 d. A.). Auch hier ist wieder „Entfernung der
erkrankten Organe“ angekreuzt. Darunter steht handschriftlich: Eierstock, Eileiter
bei krankhaftem Befund. Auch hier wird wieder das Operationsverfahren erklärt
und Komplikationen wie zum Beispiel Thrombosen usw. genannt. Hinweise auf
Beschwerden, die durch eine eingeschränkte oder ganz entfallende
Hormonproduktion verursacht werden, enthält das Formular nicht. Es wird auch
hier nichts über eventuelle psychische Beeinträchtigungen gesagt.
Handschriftliche Eintragungen zu besonderen Risiken und Fragen der Patientin sind
in dem Schriftstück wiederum nicht enthalten.
Diese Informationen waren für die Aufklärung der Klägerin vor dieser doch
verhältnismäßig umfangreichen Operation nicht ausreichend, und zwar auch
deswegen nicht, weil die Formulare erst am 17.6.1991 unterzeichnet worden sind
und daher ein irgendwie geartetes Gespräch anlässlich der Ausfüllung auch kaum
vorher stattgefunden haben kann.
Die Beklagten haben auch kein Gespräch des Beklagten zu 1) als Operateur mit
der Klägerin nachgewiesen, das den Anforderungen an eine ordnungsgemäße
Aufklärung entsprochen hätte. Der Beklagte zu 1) hat zwar bei seiner
informatorischen Anhörung im Senatstermin am 13.12.2005 angegeben, dass er
die Klägerin bei einem vorausgehenden Gespräch am 13.6.1991 zur Sanierung
einer zystischen Resistenz durch Eröffnung des Bauches geraten habe. Am
17.6.1991 habe er dann mit der Klägerin noch einmal ein ausführliches Gespräch
geführt, nämlich nachdem er sich die Sache nochmals durch den Kopf habe gehen
lassen. Er habe ihr zu der dann am 18.6.1991 durchgeführten Operation geraten,
um die verschiedenen Probleme – Retroflexio der Gebärmutter, myomatöser
Zustand, Polyp, Wachstum der Gebärmutter – ein für allemal zu sanieren.
Teilweise sei dieses Gespräch von einer Mitarbeiterin geführt worden. Er habe aber
zuvor den Rahmen des Eingriffs abgedeckt.
Die informatorische Anhörung der Klägerin im Senatstermin vom 6.7.2004 hat ein
ähnliches Ergebnis gehabt. Die Klägerin hat angegeben, der Beklagte zu 1) habe
ihr vor dem zweiten Krankenhausaufenthalt lediglich mitgeteilt, dass sich wieder
eine Zyste gebildet habe, weswegen sie wieder in die Klinik gegangen sei. Als sie
sich bereits im Krankenhaus befunden habe, sei ihr eröffnet worden, dass er ihr
auch gleich die Gebärmutter herausnehmen wolle. Auf ihre Nachfrage habe er
geäußert, dieses Organ brauche sie nicht mehr. Die Entfernung dieses Organs sei
ein Vorteil, wenn sie in die Wechseljahre komme. Daraufhin habe sie das
Aufklärungsformular unterschrieben. Auch bei einem weiteren Gespräch am
gleichen Tag habe der Beklagte zu 1) nicht von seinem Vorhaben abgelassen. Er
habe ihre Einwände „weggewischt“ und sie an seine Assistentin verwiesen. Diese
habe auf ihre Frage, warum die Gebärmutter entfernt werden solle, geantwortet,
dass sie die Maßnahmen ihres Chefs nicht kritisieren könne (Protokoll vom
6.7.2004, Bl. 828 d. A.).
Diese Gespräche stellen keine ordnungsgemäße Aufklärung dar, denn bei dem
ersten Gespräch stand der Umfang des Eingriffs noch gar nicht fest. Dies war bei
dem zweiten Gespräch zwar der Fall, dieses war indessen – abgesehen von der
Frage seines Inhalts - verspätet, denn eine ordnungsgemäße Aufklärung, die das
Selbstbestimmungsrecht des Patienten ausreichend wahrt, setzt voraus, dass der
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Selbstbestimmungsrecht des Patienten ausreichend wahrt, setzt voraus, dass der
Arzt den Patienten bereits im Zeitpunkt der Terminsbestimmung für den Eingriff
dessen Risiken aufzeigt und diese nicht erst mitteilt, wenn sich der Patient bereits
wegen der Operation im Krankenhaus befindet (BGH NJW 2003, 2012 ff.). Da bei
dem Vorgespräch am 13.6.1991 gemäß den eigenen Angaben des Beklagten zu
1) Art und Umfang des Eingriffs vom 18.6.1991 noch gar nicht feststand, wurde die
Klägerin mit diesen Informationen am 17.6.1991 – am Vortag der Operation –
erstmals konfrontiert. Auch die Risiken des erst jetzt klar umrissenen Eingriffs
können ihr erst an diesem Tag mitgeteilt worden sein. Diesbezüglich hat das
Landgericht zutreffend festgestellt, dass diese Patientin, die am 17.6.1991 bereits
stationär in die Klinik der Beklagten zu 2) aufgenommen war, während die
Vorbereitungen zur Operation bereits liefen, auch in Anbetracht ihrer psychischen
Belastung nicht mehr in der Lage war, sich frei zu entscheiden, ob sie den Eingriff
mit allen seinen Risiken auf sich nehmen wollte.
Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten vom 5.7.1999 hierzu
festgestellt, dass der Eingriff nicht dringend gewesen sei und mit der Klägerin in
Ruhe und möglichst mehrfach, in jedem Fall aber ohne Zeitdruck, hätte
besprochen werden müssen. Dies sei hier besonders wichtig gewesen, da die
Patientin erhebliche psychische Probleme und eine Depression mit zwei
Suizidversuchen hinter sich gehabt habe (Seite 18, 19 des Gutachtens, Bl. 322,
323 d. A.). Wegen dieser Problematik, die dem Beklagten zu 1) zumindest teilweise
bekannt gewesen sei, wäre es unabdingbar gewesen, die Patientin intensiver und
umfassender aufzuklären, als dies geschehen sei, ihr insbesondere Zeit zu geben,
sich auf den Eingriff einzustellen, zumal dieser zwar indiziert, aber nicht dringlich
gewesen sei. Die Klägerin hätte also Bedenkzeit haben müssen, die der
Sachverständige auf mehrere Wochen bemisst (S. 22 des Gutachtens, Bl. 326 d.
A.).
Der Auffassung der Beklagten, die Aufklärung des Patienten sei einen Tag vor der
Operation grundsätzlich noch rechtzeitig, kann sich der Senat unter den im
Streitfall gegebenen Umständen nicht anschließen. Zwar hat der 6. Senat des
BGH in der oben angegebenen Entscheidung ausgesprochen, dass bei stationärer
Behandlung eine Aufklärung im Verlauf des Vortags je nach den Vorkenntnissen
des Patienten grundsätzlich genügen könne, wenn sie zu einer Zeit erfolgt, zu der
sie dem Patienten die Wahrung seines Selbstbestimmungsrechts erlaubt (BGH
a.a.O. mit Hinweis auf Senatsurteil vom 17.3.1998 – Az VI ZR 74/97-). In der
gleichen Entscheidung hat der BGH aber auch ausgeführt, dass ein Patient bei
Aufklärung am Vorabend der Operation in der Regel mit der Verarbeitung der
mitgeteilten Fakten und der von ihm zu treffenden Entscheidung überfordert sei,
wenn er – für ihn überraschend – erstmals aus dem späten Aufklärungsgespräch
von gravierenden Risiken des Eingriffs erfahre, die seine persönliche
Lebensführung entscheidend beeinträchtigen können (BGH a.a.O. mit Hinweis auf
Senatsurteil vom 7.4.1992 – Az VI ZR 48/91- und vom 14.6.1994 – Az. VI ZR
178/93-). Dies ist hier der Fall, denn es ging für die Klägerin um eine Reihe von
operativen Maßnahmen - die Entfernung der Gebärmutter, der rechten Adnexe,
der linken Tube und eine ausgedehnte Adhäsiolyse – , die eine Eröffnung des
Bauchraums erforderten. Ein solcher Eingriff birgt immer eine Reihe von ernsten
Risiken in sich, wie bereits aus den hier verwandten Aufklärungsformularen
hervorgeht. Für die Klägerin ergab sich aber noch das besondere Problem, ob und
wie sie die Entfernung der Gebärmutter sowie der Adnexe rechts und der linken
Tube – also einen verhältnismäßig großen Teil ihrer weiblichen Organe - bei ihren
bereits vorhandenen psychischen Belastungen verarbeiten können würde. Unter
diesen Umständen war eine gründliche und rechtzeitige Konfrontation der Klägerin
mit den geplanten Maßnahmen und ihren Risiken erforderlich.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die mangelhafte Aufklärung nicht
kausal gewesen wäre, weil die Klägerin sich auch bei ausreichender Information
hätte operieren lassen. Sie hat sich bei den beiden Senatsterminen am 6.7.2004
und 13.12.2005 bezüglich aller drei Eingriffe entrüstet gezeigt und von sich aus
Erklärungen in dem Sinne abgegeben, dass sie sich durch die Eingriffe „kastriert“
fühle. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die
Klägerin bei vollständiger Information über die volle Tragweite der Operationen in
diese eingewilligt hätte. Das gilt gerade für den Eingriff am 18.6.1991, da hier nicht
nur ein Adnex und eine Tube, sondern auch die Gebärmutter entfernt wurde.
Daraus folgt, dass die Klägerin über die Operation vom 18.6.1991 nicht
ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Sie hat demnach keine wirksame
Einwilligung zu dem Eingriff erteilt.
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Der Schaden der Klägerin besteht daher in den mit der Operation verbundenen
Schmerzen und Beschwerden sowie den daraus folgenden Beeinträchtigungen.
Hinsichtlich der genannten Beeinträchtigungen hat das Landgericht, gestützt auf
die Gutachten der Sachverständigen Dr. SV2 und Prof. Dr. SV1, zutreffend auf die
psychischen Belastungen der Klägerin durch die Operation abgestellt. Der
Sachverständige Dr. SV2 hat in seinem Gutachten vom 25.09.2001 ausgeführt,
dass die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin, insbesondere das
Wiederauftreten der Depression, auf die nicht ausreichend aufgeklärte
Hysterektomie mit Entfernung der Eierstöcke und Eileiter zurückzuführen seien.
Gerade die ungenügende Aufklärung verursache eine mangelhafte Verarbeitung
der Operation mit einer neurotischen Entwicklung, die mit einem Gefühl der
Verstümmelung und Missgestaltung im Unterleib und Genitalbereich mit
Auswirkungen auf die sozialen und sexuellen Funktionen einhergeht (S. 6 und 7
des Gutachtens, Bl. 516, 517 d. A.).
Die von der Klägerin für die Zeit nach der Operation vorgetragenen organischen
Beschwerden im Bereich von Blase und Darm können nicht eindeutig auf die
zweite Operation zurückgeführt werden. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat
dargelegt, dass diese rein körperlichen Beschwerden im Klimakterium auch ohne
derartige Eingriffe entstehen können (Seite 22 des Gutachtens, Bl. 326 d.A.).
Die Höhe des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes hat sich demnach an
den von ihr durch die mangelhafte Aufklärung erlittenen Schäden zu orientieren.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei Durchführung des Eingriffs am
18.6.1991 nicht völlig unaufgeklärt war, sondern vom Beklagten zu 1) gemäß
seiner informatorischen Anhörung am 13.12.2005 über Art und Umfang des
Eingriffs sowie auf Risiken desselben hingewiesen wurde. Auch nach der eigenen
informatorischen Anhörung der Klägerin erfolgte zumindest eine teilweise
Aufklärung über den Eingriff. Dies geschah allerdings verspätet und in einer Weise,
durch welche die Klägerin überfordert war.
Ferner kann entgegen der Argumentation der Klägerin nur die unzureichende
Aufklärung über diesen einen Eingriff der Entscheidung zugrunde gelegt werden,
denn sie hat insofern die Entscheidung des Landgerichts hingenommen, das nur
bei der zweiten Operation einen Aufklärungsmangel festgestellt hat. In der
Berufungsbegründung der Klägerin wird zwar erwähnt, dass die Aufklärung bei allen
drei Operationen nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Nähere Ausführungen hierzu
fehlen indessen (Berufungsbegründung vom 27.11.2003, S. 2, Bl. 755 d. A.). Der
spätere Vortrag der Klägerin, sie sei auch bei der ersten und dritten Operation
nicht ausreichend aufgeklärt worden, ist demnach nicht fristgemäß im Sinne von §
520 ZPO erfolgt.Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob dieser Vortrag
verspätet ist im Sinne von §§ 530, 296 I und 4 ZPO, denn der Senat hat aufgrund
der informatorischen Anhörung beider Parteien die Überzeugung gewonnen, dass
die Klägerin bei den anderen Eingriffen ausreichend aufgeklärt wurde.
Der Beklagte zu 1) hat im Senatstermin am 13.12.2005 bekundet, dass er mit der
Klägerin am 8. und 9.2.1990 ausführlich besprochen habe, wie der bei ihr
vorhandene doppelseitige zystische Prozess saniert werden könne. Er habe ihr zur
Abklärung eine laparoskopische Untersuchung vorgeschlagen. Zu diesem
Zeitpunkt habe er ihr auch bereits eine Abrasio vorgeschlagen, weil aus seinen
Unterlagen hervorgegangen sei, dass die Klägerin über unregelmäßige, eher
seltene Monatsblutungen geklagt habe. Er habe besondere Sorgfalt auf die
Aufklärung der Klägerin verwandt, weil er den Eindruck gehabt habe, sie habe eine
schwierige Persönlichkeitsstruktur, weswegen er auch spätere Schwierigkeiten in
dieser Hinsicht befürchtet habe. Sie habe auch alle sie interessierenden Fragen
gestellt und beantwortet bekommen. Die Klägerin hat zwar bei ihrer mündlichen
Anhörung im Senatstermin vom 6.7.2004 angegeben, sie sei vom Beklagten zu 1)
lediglich darüber informiert worden, dass sie eine Zyste habe, die krebserregend
sei. Der Senat hatte indessen den Eindruck, dass die Angaben des Beklagten zu 1)
zuverlässiger sind, denn er hatte seinen Bekundungen zufolge noch eine konkrete
Erinnerung an das Gespräch (Protokoll vom 13.12.2005, Bl. 1045 d. A.).Bei der
dritten Operation hat die Klägerin selbst angegeben, dass sie sich nach dem
Vorschlag des Beklagten zu 1), auch die linken Adnexe zu entfernen, von einem
Dr. A habe beraten lassen, der ihr gesagt habe, dass sie einen nicht
funktionierenden linken Eierstock habe, der eine potentielle Krebsgefahr darstelle
und irgend wann einmal entfernt werden müsse. Daraufhin habe sie sich dann vom
Beklagten zu 1) diesen Eierstock entfernen lassen. Unter diesen Umständen war
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Beklagten zu 1) diesen Eierstock entfernen lassen. Unter diesen Umständen war
die Klägerin bereits durch Dr. A aufgeklärt worden, was den Beklagten zu Gute
kommt.
Weiter ist bei der Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes der Umstand mit
einzubeziehen, dass die Klägerin bereits vor dem Eingriff unter Depressionen litt
und bereits zwei Suizidversuche unternommen hatte, wie aus dem Gutachten von
Prof. Dr. SV1 hervorgeht. Die Depression ist demnach als Grundleiden der Klägerin
anzusehen, das durch die unzulängliche Aufklärung wieder hervortrat, jedoch –
auch wenn es vor den drei Eingriffen abgeklungen gewesen sein sollte – nicht völlig
neu zur Entstehung gelangte. Diese Beeinträchtigung der Klägerin kann den
Beklagten also nur eingeschränkt zur Last gelegt werden.
Schließlich ist auch zu beachten, dass der Eingriff nach den Feststellungen der
Sachverständigen Prof. Dr. SV1 und Prof. Dr. SV4 indiziert war. Prof. Dr. SV1 hat
sogar dargelegt, dass die Operationen für die Klägerin insofern von Vorteil waren,
als die Klägerin dadurch weniger körperliche Erkrankungen zu erwarten habe.
Durch die Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke bestehe ein wesentlich
geringeres Erkrankungsrisiko (S. 24 des Gutachtens, Bl. 328 d. A.).
Bei Berücksichtigung aller dieser Gesichtspunkte erscheint dem Senat ein
Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 € angemessen und ausreichend.
Dieser Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt.Es handelt sich zwar bei
Schadensersatzansprüchen infolge Aufklärungsmängeln um selbstständige
Ansprüche, deren Verjährung zu einem anderen Zeitpunkt eintreten kann als
Ansprüche aufgrund eines Behandlungsfehlers bei dem gleichen ärztlichen Eingriff.
Der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs. 1 BGB a. F. begann hier aber noch
nicht mit dem Tag der Operation, denn die Klägerin konnte in diesem Zeitpunkt
noch gar nicht wissen, über welche Risiken sie hätte (vollständig) aufgeklärt werden
müssen, da ihr diese allenfalls teilweise genannt wurden. Wenn dem Patienten die
möglichen negativen Folgen des geplanten Eingriffs nicht erklärt werden, kann er
auch nicht beurteilen, ob er überhaupt eine Bedenkzeit braucht. Hier behauptet
die Klägerin, erst am 11.04.1994 bei einer Konsultation von Privatdozent Dr. B
darauf hingewiesen worden zu sein, dass die Indikation der Totaloperation
zweifelhaft sei. Sie habe Dr. B daraufhin die in ihren Händen befindlichen
Unterlagen bezüglich des Eingriffs vorgelegt, worauf dieser nach eingehender
Würdigung ihr mit Schreiben vom 10.07.1995 empfohlen habe, sich wegen der
Indikation zur Entfernung der Gebärmutter und des Eierstockes an die Gutachter-
und Schlichtungsstelle der Landesärztekammer zu wenden (Bl. 247 d. A.). Die
hinsichtlich der Verjährung darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten haben
dem nichts entgegengehalten. Der Lauf der Verjährungsfrist ist daher frühestens
ab diesem Zeitpunkt in Gang gesetzt worden, denn die Aufklärung über den
Eingriff kann ohne die Frage der Indikation nicht beurteilt werden. Die am
19.03.1998 bei Gericht eingegangene Klage wurde daher noch innerhalb der
dreijährigen Verjährungsfrist erhoben.
Der Zinsanspruch der Klägerin wurde vom Landgericht zutreffend festgestellt. Der
von der Klägerin begehrte frühere Beginn des Zinslaufs kann nicht ausgesprochen
werden, weil das von ihr angeführte Schreiben ihrer vorprozessualen
Bevollmächtigten vom 13.2.1996 (Bl. 762 ff., 769 d. A.) lediglich eine Fälligstellung
des beanspruchten Betrags und keine Mahnung im Sinne von § 284 I S. 1 BGB a.F.
enthält.
Gemäß dieser Vorschrift ist die Mahnung erst nach Eintritt der Fälligkeit zulässig.
Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zwar zulässig, er ist jedoch derzeit nicht
mehr begründet.Ein nicht absehbarer Zukunftsschaden ist nämlich nicht
ersichtlich.Die Schäden, die der Klägerin bis heute entstanden sind und in Zukunft
absehbar entstehen werden, sind in das vom Senat bestimmte Schmerzensgeld
eingeflossen.
Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Klägerin die negativen Folgen des
Eingriffs in dem nicht unbeträchtlichen Zeitraum von nahezu 15 Jahren, der seit
der Operation am 18.6.1991 vergangen ist, im wesentlichen verarbeitet hat und
die Beschwerden abgeklungen sind. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in
seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, dass die seelischen Erkrankungen der
Klägerin sich mit zunehmendem Alter bessern dürften, weil sie sich dann in der
Postmenopause befinde (S. 24 des Gutachtens, Bl. 328 d. A.).
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Der Sachverständige Dr. SV2 führt zwar aus, dass die psychischen Störungen der
Klägerin einer psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung bedürften, die
angesichts des komplexen Krankheitsbildes lange Zeit in Anspruch nehmen würde,
die Klägerin habe indessen gute Erfolgsaussichten (S. 7 des Gutachtens, Bl. 517 d.
A.). Daraus folgt, dass die psychischen Störungen der Klägerin behandelt werden
können und heilbar sind. Unabsehbare, auf die Operation vom 18.6.1991
zurückzuführende Beschwerden sind daraus nicht zu entnehmen.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten teilweise begründet, während das
Rechtsmittel der Klägerin erfolglos bleibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 I S.1, 97 I, 269 III S. S. 2 ZPO.Das
Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen
(§ 543 II ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine
grundsätzliche Bedeutung hat. Die Fortbildung des Rechts und die Einheitlichkeit
der Rechtsprechung erfordern im Streitfall keine Entscheidung des
Revisionsgerichts.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.