Urteil des OLG Frankfurt vom 19.02.2010
OLG Frankfurt: vergütung, akteneinsicht, zivilprozessrecht, quelle, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, gebühr, beauftragter, anmerkung, jugendamt
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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 UF 29/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 158 Abs 7 Ziff 3 FamFG, §
158 Abs 1 FamFG, § 11 RPflG,
§ 158 Abs 4 S 3 FamFG, § 61
Abs 2 FamFG
Vergütung des Verfahrensbeistands: Anspruch auf die
erhöhte Vergütung wegen Tätigkeiten im Rahmen
zusätzlicher vom Gericht beauftragter Aufgaben
Anmerkung
(Keine weiteren Angaben)
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Die dem Verfahrensbeistand aus der Staatskasse zu erstattende Pauschale wird
auf 550,00 € festgesetzt.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 200,00 €.
Gründe
I.
In einem Unterbringungsverfahren nach § 1631b BGB hat das Amtsgericht mit
Beschluss vom 12.11.2009 den Beschwerdeführer gemäß § 158 Abs. 1 FamFG als
Verfahrensbeistand bestellt und ihn mit den besonderen Aufgaben nach § 158
Abs. 4 S. 3 FamFG beauftragt. Dieser hat Akteneinsicht genommen, dem Kind und
den Eltern schriftliche Terminsvorschläge für ein Gespräch gemacht und versucht,
telefonisch mit dem Jugendamt Kontakt aufzunehmen. Zu weiteren Tätigkeiten ist
es nicht mehr gekommen, weil der Genehmigungsantrag bereits am 19.11.2009
wieder zurückgenommen worden ist.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin die dem
Verfahrensbeistand aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 350,00 €
festgesetzt. Den in § 158 Abs. 7 Ziff. 3 FamFG vorgesehenen Erhöhungsbetrag hat
sie abgesetzt, weil es wegen der Rücknahme zu Elterngesprächen nicht mehr
gekommen ist.
Der dagegen gerichteten Erinnerung des Verfahrensbeistands hat die
Rechtspflegerin mit Beschluss vom 04.02.2010 nicht abgeholfen, zugleich aber
nachträglich wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen.
II.
Das gemäß § 58 FamFG statthafte Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Beschwerde zum Senat ist zulässig, weil die Rechtspflegerin die ansonsten
wegen Unterschreitens des Mindestbeschwerdewerts unzulässige Beschwerde
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wegen Unterschreitens des Mindestbeschwerdewerts unzulässige Beschwerde
gemäß § 61 Abs. 2 FamFG zugelassen hat, was im Wege der Teilabhilfe einer
Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zulässig ist (Keidel/Meyer-Holz,
FamFG, 16. Aufl., Rz. 34 zu § 61).
2. In der Sache hat der Beschwerdeführer Anspruch auf Erstattung der nach § 158
Abs. 7 Nr. 3 FamFG erhöhten Gebühr, denn das Amtsgericht hat ihn unter
Übertragung der zusätzlichen Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG als
Verfahrensbeistand bestellt und er hat dafür notwendige Tätigkeiten entfaltet.
Dass es tatsächlich zu Elterngesprächen nicht gekommen ist, rechtfertigt die
Absetzung des Erhöhungsbetrages nicht.
In Abkehr von der zuvor an den Stundenaufwand geknüpften Vergütung des
Verfahrenspflegers hat der Gesetzgeber in § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung des
Verfahrensbeistands als Fallpauschale gestaltet. Die Besonderheit einer Pauschale
besteht darin, dass die Vergütung von dem konkreten Arbeitsaufwand unabhängig
ist. In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-DruckS. 16/9733 S.
294) ist als gesetzgeberisches Ziel eine „ unaufwändige und unbürokratische
Handhabung“ des Vergütungsfestsetzungsverfahrens bezeichnet. Dem
Verfahrensbeistand und der Justiz soll erheblicher Abrechnungs- und
Kontrollaufwand erspart werden, so dass sich der Verfahrensbeistand auf seine
eigentliche Tätigkeit – die Wahrnehmung der Kindesinteressen – konzentrieren
kann (a.a.O.). Dem entspräche es nicht, wenn der Anfall der erhöhten Pauschale
davon abhängig wäre, ob der Verfahrensbeistand die in § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG
bezeichneten Tätigkeiten zu Ende geführt hat oder nicht.
Aus der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (a.a.O. S. 294) ergibt sich
weiter, dass mit der Einführung der Fallpauschale eine Annäherung der Vergütung
des Verfahrensbeistands an die gebührenorientierte Vergütung der Rechtsanwälte
bewirkt werden soll. Die der Fallpauschale etwa vergleichbare Verfahrensgebühr
des Rechtsanwalts entsteht, wenn der Rechtsanwalt von einer Partei zum
Verfahrensbevollmächtigten bestellt worden ist und eine unter die
Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, also im Regelfall mit der
Entgegennahme der ersten Information nach Erteilung des Auftrags (etwa
Gerold/Schmidt/Müller Raabe, RVG. 16. Aufl., Vorbem. 3 VV, Rz. 29). Auch dies
spricht dafür, dass die erhöhte Pauschale in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der
Verfahrensbeistand mit den besonderen Aufgaben des § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG
beauftragt worden und sich – wie hier – etwa durch Akteneinsicht über die Sache
informiert hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.