Urteil des OLG Frankfurt vom 28.08.2009
OLG Frankfurt: namensänderung, widerruf, auflösung, entstehungsgeschichte, absicht, adoption, rechtssicherheit, dokumentation, quelle, ausnahmefall
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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 87/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1355 Abs 4 BGB, § 1355 Abs
5 BGB
Widerruf der Wiederannahme des Geburtsnamens
Leitsatz
Die durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten erfolgte Wiederannahme des
Geburtsnamens oder früher geführten Namens durch den geschiedenen oder
verwitweten Ehegatten kann nicht widerrufen werden.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000,-- EUR.
Gründe
I. Die 88jährige Antragstellerin, die den Geburtsnamen A hatte, heiratete am ...
1950 und führte seitdem den Familiennamen „B“ ihres am ... 1981 verstorbenen
Ehemannes.
Am 02. Februar 2007 erklärte die Antragstellerin durch schriftliche Erklärung
gegenüber dem Standesbeamten in O1, dass sie ihren Geburtsnamen A wieder
annehme. Über die vollzogene Namensänderung wurde ihr am selben Tage eine
Bescheinigung des Standesamtes ausgestellt. Diese Namensänderung beruhte
auf der damaligen Absicht der Antragstellerin, die Kinder ihres verstorbenen
Bruders zu adoptieren.
Nachdem später von dieser Adoption Abstand genommen worden war, begehrte
die Antragstellerin mit mehrfachen Schreiben und Erklärungen gegenüber dem
Standesbeamten in O1, ihren früheren Ehenamen wieder führen zu wollen, wobei
sie zuletzt klarstellte, es gehe ihr nicht um eine Namensänderung nach § 3
NamÄndG, sondern den Widerruf der am 02. Februar 2007 abgegebenen Erklärung
über die Wiederannahme ihres Geburtsnamens.
Nachdem das Standesamt diesem Begehren nicht nachgekommen war, lehnte
das Amtsgericht Marburg einen Antrag der Antragstellerin, das Standesamt zur
Annahme der Widerrufserklärung anzuweisen, mit Beschluss vom 03. März 2008
ab.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin wies das Landgericht mit
Beschluss vom 23. Februar 2009 zurück und führte zur Begründung aus, die nach
§ 1355 Abs. 5 BGB vollzogene Wiederannahme des Geburtsnamens sei
unwiderruflich und werde auch durch die in § 1355 Abs. 5 Satz 3 BGB angeordnete
entsprechende Anwendung des Absatzes 4 dieser Vorschrift nicht eröffnet.
Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit
welcher sie die Rechtsauffassung vertritt, durch die Regelung des § 1355 Abs. 5
Satz 3 BGB werde die in § 1355 Abs. 4 Satz 4 BGB vorgesehene Möglichkeit des
Widerrufes auch auf den hier vorliegenden Fall der vorausgegangenen
Wiederannahme des Geburtsnamens nach Auflösung der Ehe erstreckt.
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II. Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde nach §§ 47, 21 PstG a.F. i.V.m. §§
27, 21 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, da es insbesondere
formgerecht eingelegt wurde. In der Sache führt die weitere Beschwerde nicht zum
Erfolg, da die Vorinstanzen zu Recht eine erneute Änderung des Namens der
Antragstellerin abgelehnt haben.
Nach der am 01. April 1994 mit dem Gesetz zur Neuordnung des
Familiennamensrechts –FamNamRG- eingeführten und heute noch gültigen
Fassung des § 1355 Abs. 5 BGB behält der verwitwete oder geschiedene
Ehegatten den Ehenamen. Gemäß § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB kann der verwitwete
oder geschiedene Ehegatte jedoch durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den
er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat. Des Weiteren kann er dem
Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des
Ehenamens geführten früheren Namen voranstellen oder anfügen. Nach § 1355
Abs. 5 Satz 3 BGB gilt Abs. 4 dieser Vorschrift entsprechend, welche die näheren
Regelungen bezüglich der Beifügung des Geburtsnamens oder früheren Namens
zum Ehenamen während der Dauer der Ehe regelt.
Zwar kommt nach dem bloßen Wortlaut des § 1355 Abs. 4 und 5 BGB die
Interpretation in Betracht, dass der hier von der Antragstellerin erstrebte Widerruf
der Erklärung über die Wiederannahme des Geburtsnamens nach Auflösung der
Ehe durch Tod oder Scheidung möglich wäre. Denn in Satz 4 des § 1355 Abs. 4
BGB, der nach § 1355 Abs. 5 Satz 3 BGB entsprechend gelten soll, ist eine
Widerrufsmöglichkeit eröffnet (so auch Hepting-Gaaz, PStR, Bd. 2 Rn III 762).
Zu Recht sind die Vorinstanzen jedoch davon ausgegangen, dass eine solche
Auslegung mit der Entstehungsgeschichte und dem Gesamtzusammenhang sowie
Sinn und Zweck der Vorschrift nicht im Einklang steht. Mit der Neuregelung des §
1355 BGB durch das FamNamRG wurden unter anderem die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts aus dessen Beschluss vom 5. März 1991 (BVerfGE 84,
9 = StAZ 1991, 89) umgesetzt, wonach es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz
des Art. 3 Abs. 2 GG nicht vereinbar war, dass nach der bisherigen Regelung der
Mannesname von Gesetzes wegen zum Ehenamen wurde, wenn die Ehegatten
keinen ihrer Geburtsnamen zum Ehenamen bestimmten. Deshalb wurde die
Beibehaltung der bisherigen Namen für den Fall der fehlenden Bestimmung eines
Ehenamens in § 1355 Abs. 1 Satz 3 BGB eingeführt. Um dennoch dem
rechtspolitisch vorrangig verfolgten Ziel der Namenseinheit in der Ehe möglichst
breite Geltung zu verschaffen, wurde eingangs in § 1355 Abs. 1 Satz 1 BGB die
Soll-Vorschrift zur Bestimmung eines Ehenamens verankert und des weiteren in §
1355 Abs. 4 BGB eine zeitlich unbefristete und auf möglichst viele
Kombinationsmöglichkeiten ausgedehnte Regelung zur Führung eines sog.
Begleitnamens geschaffen. Diese beinhaltet in § 1355 Abs. 4 Satz 4 BGB auch die
einmalige Widerrufsmöglichkeit, mit der der Begleitname wieder abgelegt werden
kann. Hiermit sollte zusätzlich das gesetzgeberisch favorisierte Ziel des
einheitlichen Familiennamens der beiden Ehegatten gefördert werden (vgl. BT-
Drucks. 12/3163 S. 11 ff und 12/5982 S. 18 ff; sowie ausführlich zum
Gesetzgebungsverfahren Wagenitz / Bornhofen, FamNamRG, Teil B Rn. 11 ff).
In diesem Zusammenhang ist auch die Regelung des § 1355 Abs. 5 Satz 3 BGB zu
verstehen, die dem verwitweten oder geschiedenen Ehegatten zunächst die
Möglichkeit zur Wiederannahme des Geburtsnamens oder früheren Namens
eröffnet und daneben - auf Initiative des Rechtsausschusses (vgl. BT-Drucks.
12/5982, S. 18) – zusätzlich auch nach Beendigung der Ehe noch die Wahl eines
Begleitnamens und damit die Führung eines Doppelnamens in gleichem Umfang
wie während der bestehenden Ehe gestattet. Aus dieser Entstehungsgeschichte
und dem Gesamtzusammenhang der Regelung folgt, dass die in § 1355 Abs. 5
Satz 3 BGB angeordnete entsprechende Anwendung des Abs. 4 eine
Widerrufsmöglichkeit nur für den dort geregelten Ausnahmefall der
vorausgegangenen Wahl eines aus dem Ehenamen und einem Begleitnamen
zusammengesetzten Doppelnamens gestattet, jedoch keine umfassende
Widerrufsmöglichkeit für die Wiederannahme eines Geburtsnamens oder früheren
Namens schaffen sollte (so auch die ganz überwiegende Auffassung in der Lit:
Erman/Heckelmann, BGB, 11. Aufl., § 1355 Rn. 12; Staudinger/Voppel, BGB,
Neubearb. 2007, § 1355 Rn. 101; Wagenitz/Bornhofen, a.a.O., Teil B, § 1355 Rn.
121; Anwaltskommentar-BGB/ Wellenhofer, § 1355, Rn. 14; MünchKomm/Wacke,
BGB, 4. Aufl., § 1355 Rn. 26; Kraus, Fachausschuss der Deutschen
Standesbeamten Nr. 3737 in StAZ 2005, 211).
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Da die Namensbestimmung aus Gründen der Rechtssicherheit auch unanfechtbar
ist (vgl. Hepting/Gaaz, a.a.O., Bd 1, § 15 c PStG Rn. 27 m.w.N.), wurde die
Antragstellerin bereits bei Aufnahme der Erklärung über die Wiederannahme des
Geburtsnamens durch den Standesbeamten rechtlich zutreffend auf die
Unwiderruflichkeit dieser Namenswahl hingewiesen.
Die weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.