Urteil des OLG Frankfurt vom 17.12.2009

OLG Frankfurt: irreführende werbung, börse, einstweilige verfügung, begriff, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, quelle, form, dokumentation, markt

Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 148/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 UWG, § 5 UWG, § 8 Abs 2
Nr 1 UWG
Irreführende Werbung für CFD-Handelsplattform
Leitsatz
1. Der Begriff "CFD-Börse" für eine Handelsplattform, auf der Produkte nur eines
einzigen Anbieters erworben werden können, ist irreführend.
2. Der Begriff "börslich überwacht" ist im Zusammenhang mit dem Angebot von CFDs
irreführend, wenn nach dem Gesamtzusammenhang der unzutreffende Eindruck
entsteht, es finde eine hoheitliche Überwachung seitens der Börse statt.
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerinnen wird das am 10.07.2009 verkündete
Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main
teilweise abgeändert.
Den Antragsgegnerinnen wird es untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken in Bezug auf die Handelsplattform X die Formulierung „Erste
europäische CFD-Börse“ zu verwenden.
Der Antragsgegnerin zu 1) wird es ferner untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken in Bezug auf die Handelsplattform X die Formulierungen
„börslich überwacht“,
„Marktsegment“ oder
„Marktordnung“
zu verwenden, wenn dies geschieht gemäß Anlage A 5 zur Antragsschrift.
Der Antragsgegnerin zu 2) wird es ferner untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken in Bezug auf die Handelsplattform X die Formulierungen
„börslich überwacht“ oder
„Marktsegment“
zu verwenden, wenn dies geschieht gemäß Anlage A 7 zur Antragsschrift.
Der Antragsgegnerin zu 3) wird es ferner untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken in Bezug auf die Handelsplattform X die Formulierungen
„CFD-Börse“ oder
„börslich überwacht“
zu verwenden, wenn dies geschieht gemäß Anlage A 10 zur Antragsschrift.
Den Antragsgegnerinnen wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld
von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Vorständen,
angedroht.
Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 22.05.2009
aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
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Die Gerichtskosten des Eilverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der
Antragstellerin haben die Antragsgegnerin zu 1) zu 20%, die Antragsgegnerin zu
2) zu 20% und die Antragsgegnerin zu 3) zu 15% zu tragen. Die Antragstellerin hat
45% der Gerichtskosten zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) hat die Antragstellerin zu
1/3 zu tragen, die der Antragsgegnerin zu 2) zu 1/3 und die der Antragsgegnerin
zu 3) zu 2/3.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Tatbestand
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO
abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache zum Teil Erfolg. Der Antragstellerin steht
ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5, 8 II Nr. 1 UWG zu, der jedoch einen
Verbotsausspruch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtfertigt.
Die angegriffene Aussage „Erste Europäische CFD-Börse“ ist irreführend (§ 5
UWG). Das gleiche gilt – jeweils im Hinblick auf deren konkrete Verwendung in den
angegriffenen Verletzungshandlungen – für die Formulierungen „Marktsegment“,
„Marktordnung“ und „börslich überwacht“. Zur Begründung kann in vollem
Umfang auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug
genommen werden. Auch das Vorbringen der Antragsgegnerinnen in der
Berufungsinstanz rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung.
Die streitgegenständliche Werbung richtet sich zwar an risikofreudige
Privatanleger, jedoch nicht nur an solche Personen, die mit den Einzelheiten des
Finanzprodukts CFD bereits vertraut sind. Insbesondere die Anlage A 5 macht
deutlich, dass mit der Werbung vor allem auch neue Kundenkreise erschlossen
werden sollen, bei denen zwar ein allgemeines Interesse an spekulativen
Anlagemöglichkeiten, nicht aber vertiefte Kenntnis hierüber besteht. Die Mitglieder
des erkennenden Senats sind in der Lage, die Sichtweise dieses Verkehrskreises
aus eigener Sachkunde zu beurteilen.
Gegenüber den genannten Verkehrskreisen erweckt die Bezeichnung „Erste
Europäische CFD-Börse“ den – unstreitig falschen - Eindruck, bei dem so
beworbenen Angebot „X“ handele es sich um eine multilaterale Handelsplattform.
Denn wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, wird der Begriff der Börse
jedenfalls im Bereich des Finanzmarktes in diesem Sinne verstanden. Ohne Erfolg
berufen sich die Antragsgegnerinnen in diesem Zusammenhang darauf, dass
dieser Begriff auch von anderen CFD-Anbietern in deren Werbung benutzt werde.
Zum einen kann ohnehin nicht davon ausgegangen werden, dass dadurch die am
allgemeinen Verständnis orientierte Verkehrsauffassung bereits maßgeblich
beeinflusst worden sein könnte. Zum andern handelt es sich bei den dargestellten
Beispielen weit überwiegend um Verwendungsformen des Begriffs der Börse, die
mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbar sind.
Die in den Anlagen A 5 und A 7 verwendeten Formulierungen „Marktsegment“ und
„Marktordnung“ hat das Landgericht ebenfalls zutreffend als irreführend
eingestuft. In den Werbeverlautbarungen heißt es, dass „X“ ein Marktsegment der
Bayerischen Börse sei (Anlagen A 5 und A 7), welche hierzu eine entsprechende
Marktordnung erlassen habe (Anlage A 5). Im Zusammenhang der jeweiligen
Gesamtwerbung wird damit aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs zum
Ausdruck gebracht, dass es sich um einen Teil des Börsenangebots und damit
wiederum um eine multilaterale Handelsplattform handele.
Wie das Landgericht weiter mit Recht ausgeführt hat, erweist sich auch die
Formulierung „börslich überwacht“ als irreführend, da sie – jedenfalls wenn sie wie
in den Anlagen A 5, A 7 und A 10 ohne weitere Erläuterungen benutzt wird – dahin
missverstanden wird, das Angebot „X“ unterliege einer hoheitlichen Überwachung
durch die Börse. Aus dem Inhalt der genannten Anlagen erschließt sich für den
Leser jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit, dass mit der Aussage – wie
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Leser jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit, dass mit der Aussage – wie
die Antragsgegnerinnen vortragen – lediglich eine Überwachung nach börslichen
Standards beansprucht werden soll.
Die aus sich selbst heraus irreführende Aussage „Erste Europäische CFD-Börse“
kann antragsgemäß isoliert untersagt werden, da die von der Aussage
ausgehende Irreführungsgefahr auch durch die Verwendung in einem anderen
Gesamtzusammenhang nicht ausgeräumt werden könnte. Demgegenüber ergibt
sich der irreführende Gehalt der anderen Formulierungen erst aus dem
Gesamtzusammenhang der konkreten Werbung, so dass auch der
Unterlassungsanspruch hierauf Bezug nehmen muss, während der weitergehende
Unterlassungsantrag insoweit unbegründet ist.
Ebenso wenig hat der Verfügungsantrag Erfolg, soweit er sich auf das Verbot der
Begriffe „Börse“ und „Markt“ richtet, da diese Begriffe in den Anlagen A 5, A 7 und
A 10 in isolierter Form nicht verwendet worden sind.
Weiter fehlt es für eine Untersagung der englischen Begriffe „Exchange“ und
„Market“ bereits an der erforderlichen tatsächlichen Grundlage, da die
Antragstellerin die entsprechende konkrete Verletzungsform nicht vorgelegt hat;
ohne die konkrete Verletzungsform kann nicht beurteilt werden, wie der
angesprochene Verkehr diese Begriffe in ihrem Gesamtzusammenhang versteht.
Schließlich können den einzelnen Antragsgegnerinnen nur diejenigen Aussagen
untersagt werden, die sie in der von ihnen jeweils veranlassten Werbung verwendet
haben. Insbesondere sind die Voraussetzungen für eine etwaige Zurechnung nach
§ 8 II UWG nicht dargetan.
Die dargestellten Erwägungen rechtfertigen lediglich ein Verbot gemäß dem vom
Senat nach § 938 ZPO formulierten Unterlassungstenor, wobei klarstellend darauf
hinzuweisen ist, dass dieses Verbot auch kerngleiche Abwandlungen, die den
untersagten Aussagen unter Berücksichtigung der vorstehenden Gründe
unmittelbar vergleichbar sind, umfasst. Im Übrigen waren der Eilantrag
zurückzuweisen und die Beschlussverfügung aufzuheben. Die weitergehende
Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.